"Jetzt legen wir mal richtig los." Bellatrix war voll in ihrem Element. "Diese Nulpen sollen nicht sagen, dass sie jemals vor uns sicher waren." Sie wurde niemals müde, jedem zu erzählen, wie zuwider ihr Cousin Sirius war. "Er ist einfach ein kleines Ferkel." pflegte sie zu sagen. Bellatrix war sich nicht bewusst, dass sie während der Schulzeit immer mehr Muggelschimpfworte aufschnappte und auch benutzte. Severus unterließ es aber, sie darauf hinzuweisen, Muggelworte machten sie so - menschlich.
"Regulus ist in Ordnung." meinte Severus, "Ich freue mich schon darauf, wenn er im nächsten Jahr zu uns kommt." Bellatrix nickte. "Ja, er wird ein Slytherin, zweifellos. Tante Elladora würde es auch nicht überleben, wenn noch einer ihrer wertvollen Söhne nach Gryffindor kommt." Sirius' Mutter hatte daheim bei Blacks immer das große Wort geführt, weil die anderen Blacks 'nur' drei Mädchen hatten. "Was macht deine große Schwester eigentlich?" fragte Severus so nebenbei. "Oh, hättest du das nur nicht gefragt!" seufzte Bellatrix, "Sie ist das schwarze Schaf der Familie. Hat einen Muggel geheiratet. Heißt jetzt Tonks!"
Severus wiegte seinen Kopf ein wenig hin und her. Die Rede vom schwarzen Schaf und Muggeln und so weiter und so fort, konnte er auswendig herbeten. Er kannte sie selbst zur Genüge. Nicht, dass er Bellatrix davon etwas sagen würde. "Kann ja mal vorkommen." sagte er schließlich versöhnlich und Bellatrix atmete hörbar auf. "Was machen wir nun?" fragte er rhetorische in die Runde. "Du hast doch bestimmt was in der Hinterhand, wenn du so fragst." antwortete Evan ebenso rhetorisch und grinste von einem Ohr zum anderen. "Hm." meinte Severus, "Ich hatte da heute nacht so eine Idee..."
Da Lucius noch immer einen eigenen Hauself in der Hogwartsküche hatte, war es nicht allzu schwer, eine kleine süße Lieferung von sauren Drops an die Gryffindor-Gang zu bewerktstelligen. Lotty, der Elf hatte einen recht guten Ruf unter den Hogwarts-Elfen und konnte allerhand zustande bringen. Also tauchte an einem bis dato friedlichen Mittwochmorgen im März eine kleine Schale mit verführerischen Bonbons in allen möglichen Farben auf. Peter Pettigrew bemerkte sie zuerst und ohne sich zu fragen, was sie wohl für diese Belohnung getan hätten, stopfte er sich einen hellgrünen mit Waldmeistergeschmack in den Mund. "Irre gut" schmatzte er und bot Remus und Sirius auch welche an. Sirius ließ sich das nicht zweimal sagen und wählte einen dunkelroten mit reichem Erdbeergeschmack. "Wahnsinn!" freute er sich und schob sich gleich ein gutes Dutzend in die Hosentasche. James Potter sah die Bonbons lange an. Einerseits wollte er unbedingt kosten, andererseits wunderte es ihn, dass die anderen Tische keine hatten. Aber er verwarf diese Gewissensbisse sofort und beruhigte sich mit dem Gedanken, dass die anderen wohl gleich bedient würden.
Er nahm einen orangefarbenen mit Ananasgeschmack und fühlte sich auch gleich viel besser. Sie teilten ihren bunten Schatz untereinander auf, um während der nächsten womöglich langweiligen Stunden etwas zu Naschen zu haben.
Erstmal geschah gar nichts. In der Doppelstunde Transfiguration jedoch, als die Klasse fein säuberlich nach Slytherins und Gryffindors getrennt an ihren Bänken saß und Professor McGonnagal beim Verwandeln eines Goldfisches in einen Fingerhut beobachteten, passierte es.
"Würden Sie bitte die einzelnen Schritte noch einmal erklären, Mr. Black" fragte Frau Professor und Sirius erhob sich kichernd von seinem Stuhl: "Nö!" grunzte er, "ich kann mir nicht vorstellen, solchen Unsinn jemals zu brauchen." sprach's und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Professor McGonnagal war für einem Moment wirklich sprachlos, donnerte dann jedoch mit ihrem dürren Zeigefinger auf Sirius weisend: "Vor die Tür! Zwanzig Punkte Abzug von Gryffindor und eine Woche Strafarbeit mit Mr. Filch!".
"Mir egal! Hauptsache gelacht!" grinste Sirius und schlug sich gleich darauf erschrocken auf den Mund. Er schlich vor die Tür und ließ sie laut zuschnappen. "Wer erklärt nun die einzelnen Schritte?" fragte sie noch einmal mit gepresster Stimme. "Ich wär' lieber mit Sirius vor der Tür!" maulte nun Potter. "Das kannst Du haben, James Potter, zwanzig Punkte Abzug und Strafarbeit bei mir! Raus!" Sie war nun schon recht zornig und wandte sich an die Klasse: "Sollte noch jemand von Ihnen heute zu Scherzen aufgelegt sein, dann gebe ich hiermit bekannt, dass dies 100 Punkte kosten wird und ein Gespräch mit dem Direktor nach sich zieht!" Sie atmete tief und machte weiter. Glücklicherweise meldete sich nun ein Mädchen aus Slytherin und rezitierte die Schritte noch einmal genau.
Evan und Severus hielten jedesmal die Luft an, sie versuchten nicht lachen zu müssen. Es gelang ihnen, dank des Buches recht gut. Sie lachten nur mit, wenn die ganze Klasse lachte und beobachteten ansonsten Remus und Peter, sich noch nicht auffällig verhalten hatten. 'Vielleicht wirken die Waldmeisterbonbons ander? Das wäre ja interessant!' dachte Severus gerade, als Remus Lupin einen sehr lauten Lachanfall hatte, den er durch Husten zu überdecken suchte.
Professor McGonnagal ließ sich diesmal nicht stören und machte ungerührt damit weiter, einen Igel in ein Nadelkissen zu verwandeln. Lupin hustete und prustete weiter und schließlich brach es aus ihm heraus: "Warum sie wohl keine Katzen nimmt?" Die Klasse hielt gemeinsam den Atem an. Professor McGonnagal holte noch einmal tief Luft und wurde nun richtig laut: "Mr. Lupin, 100 Punkte minus und Sie melden sich umgehend beim Direktor, er wird über ihre Strafe entscheiden!". Lupin schlich aus dem Zimmer, nicht ohne zu bemerken: "Ist schon gut, Katzen schmecken eh' nicht." Die Klasse brüllte diesmal vor Lachen und die Professorin erwog, den Unterricht abzubrechen. Aber einen Versuch wollte sie noch starten.
Der Rest der Stunde verlief ruhig, was wohl auch daran lag, dass Peter Pettigrew sich die ganze Zeit den Mund zuhielt und sich hin und wieder in den Arm zwickte.
Beim Hinausgehen allerdings platzte er heraus: "Endlich frei!". McGonnagal ließ es durchgehen. Während sie sich wieder teilten, Slytherin ging in die Gewächshäuser, Gryffindor zu Geschichte der Magie, hörte Severus von fern die Worte: "Na Schlammblut, gehen wir heute abend aus?". Er nickte vor sich hin, jetzt zeigten die Muggelfreunde ihr wahres Gesicht und Waldmeister wirkte doch!
Auf dem Weg zum Gewächshaus kamen ihnen die Zweitklässler entgegen. Er gestikulierte zu Bellatrix mit Daumen nach oben und einem breiten Grinsen, dass der Streich gelungen war. Sie winkte ihm zu und grinste zurück.
Keine Viertelstunde später kam der Direktor in Begleitung der Professoren Slughorn und Dorsey in das Gewächshaus. Evan und Severus ließen eine gleichmütige Maske über ihre Gesichter gleiten und fummelten weiter an den Rankpflanzen, die sie gerade festbanden.
Dumbledore klatschte zweimal in die Hände und rief: "Meine jungen Damen und Herren! Ich bitte kurz um Ihre Aufmerksamkeit. Wir haben einen Vorfall von Lebensmittelvergiftung im Hause Gryffindor, nichts Schlimmes, oh nein, aber unangenehm für die armen Opfer. Diese haben den Verdacht geäußert, dass ihre Freunde aus Haus Slytherin damit zu tun haben könnten. Wir werden deshalb jetzt eine kleine Kontrolle durchführen. Professor Slughorn, Professor Dorsey, beginnen Sie bitte."
Slughorn baute sich vor Rosier und Snape auf und raunzte: "Hände herzeigen!". Severus schaute Evan an zuckte mit den Schultern und hob seine erdbeschmutzten Hände vor das Gesicht des Zaubertranklehrers. Er wählte dafür den Gesichtsausdruck 'Engelchen', den er mit Rosier damals stundenlang geübt hatte. "Hm." brummte Slughorn. "Dreckig aber sonst sauber. Rosier!". Evan zeigte seine Hände. Slughorn wandte sich entsetzt ab. Dorsey lächelte beiden aufmunternd zu und zerwuselte ihnen die Haare.
"Nichts!" grunzte Slughorn enttäuscht und die drei Lehrer zogen wieder ab. Florence Wilkes gesellte sich zu Rosier und Snape. "Die haben vielleicht Nerven!" schimpfte sie, "Ich dachte es ist was passiert!". Snape seufzte. "Ich hätte lieber Dorsey als Hauslehrer." gab er zu. "Er ist unser Hauslehrer." korrigierte Evan, "Nur eben nicht offiziell." Florence hob einen dreckigen Zeigefinger und philosophierte: "Wenn jemals der offizielle und inoffizielle Hauslehrer von Slytherin ein und dieselbe Person wären, wäre das nicht das Ende der Welt?". "Sowas gibt es gar nicht!" antworteten die beiden Jungs wie aus einem Munde.
Die Sache mit den Bonbons verlief im Sand. Nun ja, nicht direkt im Sande. Abends wurde Severus aus dem Gemeinschaftsraum gerufen und zum Direktor gebracht. Slughorn schob ihn durch die Tür und ließ ihn dann los als fürchte er, sich die Finger schmutzig zu machen. Er blieb auch nicht mit im Raum, sondern knallte die Tür zu. Professor Dumbledore saß hinter seinem Schreibtisch, nebenan hockte ein Phönix auf einer Sitzstange und putzte sein Gefieder.
Severus konnte seinen Blick kaum von dem schönen Tier abwenden, er hatte bis dahin nicht gewusst, dass es Phönixe wirklich gab. Der Direktor strich über seinen langen weißen Bart und wies Severus einen Stuhl zu. "Nun reden wir mal Klartext, junger Mann." begann Dumbledore, "Was haben Sie sich von der Sache versprochen? Wozu das alles?" Severus schaute dem alten Zauberer ins Gesicht und sammelte sich kurz. Was sollte er darauf sagen? Dumbledore legte eine Sammlung bunter Bonbons auf seinen Schreibtisch. Severus fühlte sich ertappt. Siedendheiß fielen ihm die Fruchtgummis von Neujahr ein. Klar, dass Dumbledore von selbstgemachten Süßigkeiten sofort auf ihn schloss. Blöd! Er entschied sich für die Wahrheit, wenigstens einen größeren Teil davon.
"Ich wollte in Ruhe gelassen werden. Mehr nicht." begann er sein Geständnis. "Sie sticheln immer an mir rum, sie versauen meine Tränke. Das kann ich unmöglich zulassen, zumal Professor Slughorn ..." hier hörte er auf. Dumbledore nickte aufmunternd. "na ja, er mag meine Arbeitsweise nicht und nimmt nur zu gern irgendwelche Feuerwerkskörper in meinem Kessel zum Anlass, mich vor allen anderen runterzumachen. Als würde ich meine eigenen Tränke sprengen, das ist doch absurd!".
Er lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte störrisch die Arme. 'Meinetwegen kann er mir Strafarbeiten geben, mir doch egal.' dachte er zornig. 'Was Recht ist, muss Recht bleiben.' Sagte Oma Snape so schön.
Dumbledore seufzte. Er mochte James Potter, er mochte auch Sirius Black. Dieses Kind hier, kannte er kaum. Es war nicht direkt ein kleiner Verbrecher, aber doch...
"Gut." sagte er schließlich, "Strafarbeiten mit Mr. Filch für den Rest der Woche einschließlich Wochenende. Weiterhin bleibt Ihnen das Labor verschlossen für die nächsten - drei Wochen. Und 25 Punkte Abzug für Slytherin. Ich will nichts wieder davon hören, verstanden?" Severus nickte beklommen. "Und mit Professor Slughorn rede ich, er soll dich woanders hin setzen. Gut?"
Severus nickte wieder. Draußen atmete er auf. Er war noch einmal davongekomen.
Nur nicht für die Gryffindors, die argwöhnisch jede Bewegung am Slytherintisch verfolgten. Während des Unterrichts gab es keine Vorfälle mehr. Der Punkteabzug schien rückgängig gemacht worden zu sein, die Strafarbeiten jedoch nicht. Es lag in der Luft, dass Potters Truppe etwas plante. Nur was?
