„Ich verstehe das nicht, wie konnte Dumbledore diese, diese Tussi zur Vertreterin von Professor Snape machen?", schimpfte Melissa auf dem Weg zu den Gewächshäusern. „Diese Stunde war doch einfach eine Zumutung!"
„Und ich verstehe nicht, warum du dich dermaßen aufregst", sagte Diane kopfschüttelnd. „Selbst wenn die Stunde fachlich wirklich nicht so prickelnd war..."
„Oh, das gibst also sogar du zu!", sagte Melissa immer noch aufgebracht.
Diane ließ sich ausnahmsweise nicht beeindrucken. „Selbst wenn die Stunde nicht so prickelnd war, war sie doch vom menschlichen her einfach netter als die Standard-Zaubertrankstunde, oder nicht?"
Melissa grummelte ungehalten.
„Außerdem glaube ich nicht, dass Professor Dumbledore eine große Wahl hatte", mischte sich nun Dorothy ein. „Schließlich musste er ganz schnell einen Ersatz für Snape finden und da kam ihm die olle Trewlaney wahrscheinlich gerade recht. Ich bin mir sicher, er weiß, dass ihr Unterricht nicht so berauschend sein kann, aber wahrscheinlich wollte er einfach eine Aufsicht haben."
„Woher willst du wissen, dass er schnell einen Ersatz für Snape brauchte? Wir wissen ja noch nicht einmal, wann dieser seltsame Unfall gewesen sein soll", brummte Melissa, jetzt allerdings schon wieder halbwegs versöhnt.
„Meine Mutter wusste noch nichts davon und glaub mir, wenn das nicht vor ganz kurzer Zeit passiert wäre, hätte sie etwas gewusst. Sie ist zwar keine Reporterin mehr, aber ihr entgeht trotzdem nichts."
„Hmpf, das ist ein Argument", gab Melissa widerwillig zu.
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In der Kräuterkundestunde teilten sich die vier wie immer einen Arbeitstisch. Vor ihnen stand ein großer Kaktus mit vier herrlichen Blüten.
„Ich frage mich, was das wohl ist. Sieht irgendwie langweilig aus." Alexa begutachtete den Kaktus abschätzig.
„Wenn ihr mich fragt, dann ist das eine Kneifende Kaktee", bemerkte Dorothy überlegen.
„Hört sich irgendwie harmlos an. Ich dachte, wir kommen nun zu den wirklich spannenden Sachen", sagte Melissa enttäuscht.
„Also ich fand die Pflanzen vom letzten Jahr sehr nett", entgegnete Dorothy. „Da konnte man sich wenigstens sicher sein, all seine Gliedmaßen zu behalten."
„Was meinst du damit?", fragte Diane argwöhnisch.
„Du wirst schon noch sehen."
Professor Herbicit war vor die Klasse getreten.
„Willkommen zurück", begrüßte er seine Schüler gut gelaunt. „Jetzt sind Sie also schon in der zweiten Klasse – und damit alt genug um sich auch mit gefährlicheren Pflanzen zu befassen. Heute werden wir den Samen der Kneifenden Kakteen ernten. Ich habe diese wunderschönen Exemplare von meiner verehrten Vorgängerin Professor Sprout aus ihrem Alterssitz in den Anden bekommen. Ihr Samen hat einige interessante Eigenschaften, je nach Art der Verarbeitung – aber darauf kommen wir nächste Stunde zu sprechen. Jetzt kommt erst einmal der interessante Teil: Die Ernte. Wie fast alle magischen Pflanzen hält auch die Kneifende Kaktee nicht viel von menschlicher Zuwendung. Wer von Ihnen weiß, was Sie machen müssen, wenn sie den Samen einer kneifen Kaktee ernten wollen? Mr. Rickman?"
Dorothy ließ beleidigt ihren Arm sinken. Warum hatte Professor Herbicit nicht sie, sondern diesen Ravenclaw aufgerufen?
„Zwei Personen sollten die Kaktee festhalten, einer sollte mit einem Pinsel die Unterseite der Blüten kitzeln, während der vierte die Samen aus den Kelchen holt."
„Sehr gut, Mr. Rickman, fünf Punkt für Ravenclaw! Dies ist das erste Mal, dass Sie mit einer gefährlicheren Pflanze arbeiten dürfen, seinen Sie deshalb besonders vorsichtig. Die Blütenblätter der Kneifenden Kaktee sind hart wie Stahl und bleiben nur solange geöffnet, wie Sie die Blüte kitzeln. Wenn also einer von Ihnen mit dem Kitzeln aufhört, solange der andere noch seine Finger in der Blüte hat, kann sich derjenige von seinen Fingern verabschieden." Professor Herbicit grinste, als er die entsetzten Blicke seiner Klasse sah, ein bisschen Dramatisierung konnte durchaus helfen, die Vorsicht seiner Schüler zu vergrößern. „Natürlich halten die Schutzhandschuhe schon ein bisschen was ab", setzte er dann noch leichthin hinzu.
Skeptisch beäugten die vier Mädchen die Pflanze auf ihrem Tisch.
„Sieht doch irgendwie ganz friedlich aus", sagte Alexa.
„Ja, jetzt!", erklärte Dorothy, während sie ihre Schutzhandschuhe überstreiften. „Aber das ändert sich, sobald wir an ihre Samen wollen. Also ich möchte da meine Finger nicht reinstecken. Ich habe da Sachen gelesen..."
„Ich würde vorschlagen, wir wechseln durch und jeder übernimmt eine Blüte", schlug Melissa zögerlich vor. „Ich glaube, das ist am fairsten."
„Und wer fängt an?", fragte Diane skeptisch.
„Ich," Man konnte Melissa deutlich ansehen, dass diese Entscheidung sie einige Überwindung gekostet hatte. „dann habe ich es wenigstens hinter mir."
„Okay, und wer kitzelt?", fragte Dorothy erleichtert. Sie hoffte immer noch darauf, dass in dieser Stunde irgendetwas geschehen würde, dass sie davor bewahren würde, ebenfalls Samen ernten zu müssen.
„Ich mach das", erklärte Alexa.
„Gut, dann halten wir zwei."
Dorothy nickte Diane zu. Beide Mädchen holten kurz Luft und packten die Kaktee dann an den beiden Armen. Das schien der Pflanze gar nicht zu gefallen. Sie begann sich zu wehren, die Arme zuckten und die beiden mussten ihre ganze Kraft aufwenden um sie zu halten. Die Blüten hatten sich mit der ersten Berührung augenblicklich geschlossen.
„Na los, mach schon", zischte Diane Alexa zu.
Die zückte jetzt den Pinsel und fuhr vorsichtig über die Unterseite einer Blüte. Sofort öffnete sich der Kelch und die Samen wurden sichtbar. Melissa arbeitete schnell und präzise, nach kurzer Zeit hatte sie alle Samen geerntet.
„So, das wär's. Ihr könnt aufhören."
Erleichtert ließen die anderen von der Kaktee ab.
„Man das ist eine Arbeit!" Diane wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Dieses Mal möchte ich kitzeln."
„Und wer hält?", fragte Alexa.
„Ich würde sagen, Melissa und ich", sagte Dorothy schnell. „Das halten war so anstrengend, ich habe noch ganz zittrige Hände. Ich würde vorschlagen, immer der, der gekitzelt hat, ist als nächstes mit dem Ausräumen dran."
Zum Glück schien den anderen nicht aufzufallen, dass Dorothy auf diese Art und Weise als letzte mit dem Ausräumen dran war. Sie selbst fand ihre Argumentation aber auch sehr gelungen.
„Also gut", sagte Alexa betont munter, „wird bestimmt ein Spaß."
Tatsächlich hatte sie nach erstaunlich kurzer Zeit ihren Samen geerntet.
„So Diane, jetzt bist du dran."
Melissa und Alexa hielten den immer noch heftig protestierenden Kaktus fest, Dorothy kitzelte vorsichtig die vorletzte Blüte und Diane machte sich daran, den Samen zu ernten. Und auch dieses Mal wäre alles gut gegangen – wenn nicht die Gruppe von Napoleon Malfoy beschlossen hätte, eine kurze Pause einzulegen.
Vielleicht wollte Napoleon seine Freundlichkeit vom Morgen wieder ausgleichen, vielleicht wollte er sich auch für Dianes Voraussage bezüglich seiner Zukunft revanchieren, auf jeden Fall schlich er sich von hinten an Alexa heran und setzte ihr eine unschuldige, aber trotzdem ziemlich eklige und fette Spinne, die er an seinem Arbeitsplatz aufgelesen hatte, in den Nacken.
Alexa schrie entsetzt auf und machte einen Satz zurück – dafür musste sie natürlich die Kaktee loslassen, diese nutzte ihre neugewonnen Freiheit um Dorothy einen Kinnhaken zu verpassen, woraufhin die k.o. ging. Die Blüte – befreit vom lästigen Gekitzelt-werden – schnappte sofort zu, was wiederum Dianes Finger alles andere als gut tat. Diane schrie wie am Spieß, als große Mengen Blut aus ihrem Schutzhandschuh quollen.
Professor Herbicit war sofort zur Stelle. Der Lehrer war kreidebleich. Mit einem Erste-Hilfe-Zauber brachte er Dianes Blutung vorerst zum stehen.
„Ich bringe Sie sofort zur Krankenstation, die restliche Klasse wartet bitte vor dem Gewächshaus auf mich. Sobald ich wiederkomme, werde ich herausbekommen, wer hierfür verantwortlich ist und eins kann ich jetzt schon sagen: Derjenige kann sich auf einiges gefasst machen!"
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Madam Pomfrey reagierte etwas ungehalten, als Professor Herbicit die beiden Pechvögel in der Krankenstation ablieferte. Grummelnd versorgte sie die beiden.
„Kann hier denn niemand mehr aufpassen? Warum scheint hier keiner zu verstehen, dass Zauberei kein Kinderspiel ist? Immer müssen alle diese gefährlichen Sachen machen – und ich darf sie dann wieder zusammenflicken."
„Tut mir leid, Poppy", sagte Professor Herbicit beschwichtigend. „Aber irgendwie müssen die Kinder ja den Umgang mit all diesen Dingen lernen und da passieren nun mal Unfälle."
„Wenn es wenigstens nur die Kinder wären", murrte die Krankenschwester und warf einen vielsagenden Blick in eine Ecke des Raumes, die durch einen Vorhang abgeteilt war. „Aber da gibt es ja noch ganz andere, die sich und ihre Mitmenschen aus reiner Eitelkeit in Gefahr bringen."
„Wie geht es ihm denn?", erkundigte sich Professor Herbicit mitfühlend. Diane und Dorothy spitzen die Ohren. Das schien ja interessant zu werden.
„Besser", sagte Madam Pomfrey kurz angebunden und machte damit alle Hoffnungen ihrer Patientinnen auf lohnende Informationen ein Ende. „So das wär's fürs erste, Diane. Dein Finger wird noch etwas brauchen bis er völlig verheilt ist. Außerdem solltest du das hier schlucken, das hilft den Blutverlust schnell wieder auszugleichen." Sie reichte Diane ein metallisch und säuerlich riechendes Gebräu. Diane verzog angewidert das Gesicht, schluckte es aber schicksalsergeben.
„Und du scheinst auch soweit in Ordnung zu sein, Dorothy", wandte sich Madam Pomfrey ihrer zweiten Patientin zu. „Ihr könnt beide in euer Zimmer gehen und euch etwas ausruhen, ich schreibe euch eine Entschuldigung für den Rest des Tages. Oh hallo, Minerva. Geh doch schon einmal in mein Büro, ich komme sofort."
Professor McGonagall, die gerade die Krankenstation betreten hatte, nickte den Anwesenden freundlich zu und verschwand im Büro der Krankenschwester.
Diane und Dorothy waren wie elektrisiert. Was hatte die stellvertretende Schulleiterin wohl mit Madam Pomfrey zu besprechen? Beiden fiel spontan nur ein Thema ein.
Unwillig folgten sie Professor Herbicit aus der Krankenstation. Kaum waren sie ein paar Schritte gegangen, sagte Diane laut: „Oh Mist, ich habe meinen Geldbeutel in der Krankenstation liegen lassen. Ich muss noch einmal schnell zurück. Kommst du mit, Dorothy?"
Professor Herbicit drehte sich um. „Ihr braucht mich doch nicht mehr Kinder, oder? Ich muss wieder zur Klasse zurück."
„Nein, kein Problem, Sir", versicherten die beiden unisono. Das hätte ja auch gerade noch gefehlt, einen Lehrer konnten sie bei ihrem Vorhaben nun überhaupt nicht brauchen.
Leise betraten sie die Krankenstation und schlichen zur Madam Pomfreys Büro. Glücklicherweise hatte die die Tür nur angelehnt gelassen, so dass die beiden Lauscherinnen das Gespräch wortwörtlich verstehen konnten.
„Der Heilschlaf hat hervorragend gewirkt, ich denke er wird morgen aufstehen dürfen und ist dann bald wieder auf dem Damm", hörten sie Madam Pomfrey gerade sagen.
„Und was denkst du, wann wird er wieder unterrichten können?" Das war Professor McGonagall.
„Nächste Woche noch nicht, aber für übernächste Woche bin ich zuversichtlich."
„Da bin ich froh, es war zwar sehr nett von Sybill sich als Vertretung anzubieten, aber die Kinder brauchen richtigen Unterricht. Ich hatte schon angefangen mich nach einer Vertretung umzusehen. Es ist gar nicht so einfach, jemand geeigneten zu finden."
„Du hast dir wirklich Sorgen gemacht, oder?", fragte Madam Pomfrey warm.
„Ich hatte ja noch nicht einmal geglaubt, dass er diese Explosion überlebt hat. Eine Druckwelle, die ganz Hogwarts erschüttert – etwas derartiges hatte ich bisher noch nie erlebt. Ein Wunder, dass nicht mehr geschehen ist. Aber Severus Klassenzimmer war ja völlig zerstört und mitten in diesem Trümmerfeld Severus. Diesen Anblick werde ich so schnell nicht vergessen. So eine Verwüstung habe ich seit den Tagen von du-weißt-schon-wem nicht mehr gesehen. Ich verstehe immer noch nicht, wie er das überleben konnte – obwohl ich natürlich froh bin", fügte Professor McGonagall schnell hinzu.
„Ich frage mich, was Severus da zusammengebraut hat", sagte die Krankenschwester nachdenklich.
„Ich auch, er hat wohl schon seit Jahren an irgendeiner geheimen Rezeptur gearbeitet, aber niemand wusste worum es geht. Die Aufzeichnungen sind wohl durch die Explosion zerstört worden, jedenfalls konnten wir nichts finden. Jetzt kann niemand mehr rekonstruieren was eigentlich genau geschehen ist."
„Du meinst, Severus hat einen Fehler gemacht?"
„So muss es wohl gewesen sein, obwohl das eigentlich schwer vorstellbar ist. Severus macht keine Fehler – nicht bei Zaubertränken. Nun ja, auf jeden Fall bin ich froh, dass es ihm besser geht. Ich werde ihn jetzt wohl noch kurz besuchen."
Die Mädchen hörten Stühle scharren und machten sich schleunigst aus dem Staub.
„Was sagst du dazu?", fragte Diane als sie in der Sicherheit ihres Zimmers waren. „Das ist doch einfach unglaublich."
AN:
Katharina-B: Du glaubst also nicht, das Severus Teekochen für wichtig hält?
Silke Riddle: Ich nehme mal, dass Dumbleodre wusste, dass Snape nicht kommen kann
Zutzi alias Susi: Vielen Dank für deinen Zuspruch. Und falls gerade Mittwoch Vormittag sein sollte, wenn du dies liest, kannst du mir die Daumen drücken. Vier Stunden lang Klausur #ganz viel Selbstmitleid#
Tamira: Firenze hat sie wohl einfach nicht in Betracht gezogen. Wo die Bezüge zu den Namen herkommen, weiß ich auch nicht so genau – andererseits hatte ich ja 25 Jahre lang Zeit eine ganze Menge Bücher zu lesen und fern zu sehen. Und bei manchen Figuren drängen sich die Namen ganz einfach auf, z.B. war ich gerade auf der Suche nach einem Namen für die Vertrauensschülerin als ich eine Folge von „Für alle Fälle Amy" gesehen habe und schupp, schon war der Name da! Außerdem muss ich zugeben, dass es mir langsam Spaß macht, Namen zu verstecken.
