Kapitel 2: Ein unvergessliches Fest
Alle waren da. Sams Freunde, ihre Familien, Goldfranses Kumpel- und Freundinnenschar und auch die Eardin-Geschwister. Elkano tanzte mit der glücklichen Elanor, während seine ältere Schwester Tinwen sich mit Sam, Merry und Pippin unterhielt. Sie war schöner als viele der Elben. Ihr schwarzes Haar war kunstvoll frisiert und in ihren dunklen Augen sah man manchmal ein Funkeln, der wie ein Stern in der Nacht glitzerte. Ihre Stimme war ruhig und geheimnisvoll. Nichts außer ihrem in die Ferne gerichteten Blick deutete auf ihr Alter hin, denn sie sah zwanzig Jahre jünger aus als sie in Wirklichkeit war.
"Und wo kommt Ihr her?", wollte Merry neugierig wissen.
"Wir haben früher in den Emyn Uial gewohnt", antwortete Tinwen. "Dort leben viele von uns."
"Viele von euch?", verstand Pippin nicht.
"Also", begann Tinwen zu erklären. "Ich habe hier im Auenland eine Legende gehört: Einst haben viele abenteuerlustige Halblinge das Auenland verlassen und sind nie wieder zurückgekehrt. Sie sind zu tapferen Kriegern geworden und hatten ihr Reich irgendwo im Norden. Ich sage nur: Das ist wahr und das Königreich liegt in den Emyn Uial."
"Und Ihr gehört zu ihnen?", murmelte Sam bewundernd.
"Wir nennen uns die 'Aglar Periain'", sagte Tinwen.
Merry und Pippins Frauen Estella und Juweline, die gerade von den Aglar Periain mitgehört hatten, gesellten sich ihnen an.
"Er zählt doch bitte mehr von eurem Volk", bat Estella.
"Es gibt nichts zu erzählen", sagte Elkano, der sich ebenfalls dazusetzte. Elanor tanzte weiter.
"Nun...", stotterte Tinwen.
Es war klar: Die beiden Geschwister verheimlichten etwas und wollten deshalb nicht über die Kriegerhobbits reden.
Plötzlich ertönte ein entsetzter Schrei und alle blickten erschrocken zur Tanzfläche. Dort, im Licht des Mondes und der Sterne, sahen sie einige hässliche Gestalten: Orks. Und einer von ihnen umklammerte mit seinen dreckigen Händen Elanor und hielt ihr ein Messer an den Hals. Elanor war der Ohnmacht nahe.
"Liefert uns ihren Vater und seine zwei Freunde aus, sonst ist sie tot", zischte der Ork.
Elkano überlegte nicht lange. Er schnappte ein Messer vom Tisch, schleuderte es professionell auf den Ork und traf ihn im Hals. Der Ork ließ sein Messer fallen, bevor er Elanor damit umbringen konnte. Die anderen Orks stoßen sie beiseite warfen sich mit wildem Geschrei auf Elkano, der ihnen unbewaffnet gegenüberstand.
Doch der erfahrene Halbling reagierte schneller als sie. Er überwältigte den ersten Ork mit einem schlauen Trick und nahm ihm das Schwert ab, mit dem er die anderen einen nach dem anderen erschlug. Die Umstehenden hatten vor Schreck anscheinend vergessen, wie man sich bewegt und standen nur noch da und starrten schockiert auf die Kämpfenden. Schließlich, als alle Orks tot waren, brach Elkano blutbespritzt und schwer atmend auf dem Leichenhaufen zusammen.
Elanor besann sich als erste und lief zu ihm.
"Alles in Ordnung?", fragte sie besorgt und wischte ihm das Blut vom Gesicht.
"Jaah...", keuchte er. "Ich denke, schon. Hauptsache, es geht dir gut."
Nun eilten auch andere Hobbits herbei, die Elkano auf die Beine halfen und die Orkleichen angewidert fortschleppten. Elkano wurde schnell ins Haus gebracht und Tinwen untersuchte seine Wunden.
"Ist es schlimm?", flüsterte Elanor.
"Nein", beruhigte sie Tinwen. "Er hat nur ein paar Schnittwunden." Und mit einem Blick in Elanors ängstliches Gesicht fügte sie hinzu: "Ich habe schon viel schlimmere Sachen erlebt, glaub' mir."
"Was wollten die hier eigentlich?", sagte Pippin nachdenklich.
"Rache", antwortete Elkano. "Rache, weil ihr Mittelerde gerettet habt."
"Aber dann", murmelte Merry. "Sind wir eine Bedrohung für das Auenland."
"Ich fürchte, ja", nickte Tinwen mitfühlend und legte um Elkanos Schulter ein Verband.
"Dann müssen wir fort", seufzte Merry mit einem schweren Stein im Herzen.
"Nicht für immer", versuchte Tinwen die drei Freunde zu trösten. "Sobald die Orks besiegt sind, könnt ihr zurückkehren."
"Aber wohin sollen wir gehen?", seufzte Sam.
"In die Emyn Uial", sagte Tinwen ohne zu zögern. "Es ist nicht weit von hier und ihr seid bei den Aglar Periain sicher."
"Aber wer weiß, ob der König, oder wen auch immer ihr dort habt, uns gestattet, dort zu verweilen und sein Volk in Gefahr zu bringen?", meinte Pippin.
"Der König?", wiederholte Elkano und ließ ein heiseres und freudloses Lachen hören. "Seit dem Tod meines Vaters vor siebenunddreißig Jahren bin ich der König, bekannt als Elkano Amandil Celebdur Nimfalas Nenril Culandun Arvedui Minastan Taros Eardin."
Mit geöffneten Mündern starrten die Umstehenden den König an und hörten die lange Aufzählung seiner Namen.
"Ihr seid e-e-ein K-könig!", nuschelte Rose, Sams Frau, die Elkano bereits während der Feier ins Herz geschlossen hatte, und Elkano nickte.
"Der Herr von Celebhîth, den Halbling-Königreich in den Emyn Uial", bestätigte Tinwen.
