Danke für dein Review, Celebne! Ich habe mich riesig gefreut. Diese Kriegerhobbits geistern übrigens schon seit Jahren in meinem Kopf herum.
Aber jetzt geht's weiter. (Mit einem nicht so spannenden Kapitel.)
Kapitel 6: Ithilion
Sie ritten den ganzen Tag durch und erreichten am Abend eine große Stadt. Über ihren hohen Türmen wehten Fahnen. Sie waren schwarz mit einem rotgoldenen Feuer darauf. Die Stadt selbst war gut befestigt und ihre hohen Mauern boten den Bürgern den besten Schutz, den man sich vorstellen konnte. Die Aglar Periain waren eine fremdartige Kultur. Sie hatten keine runden Fenster wie im Auenland, sondern sie waren dreieckig. Bei den wohlhabenderen Bürgern hatten die Fenster kunstvolle Dreieck-Muster aus Buntglas. Die Türme und Häuserdächer strebten dem Himmel entgegen und die Straßen waren meist breit, sodass ein großes Heer sich schnell durch die Stadt bewegen konnte.
"Willkommen in Ainaelin-Orodos!", sagte Dagorheru, als sie durch das große Holztor die Stadt betraten.
Von allen Seiten kam Jubel und Elanor konnte die Kleidung der Bürger mustern. Die Frauen trugen meist einfache Kleider mit Schürzen, doch sie waren ein kleines Bisschen kürzer als üblich, sodass man gerade noch ihre in der Regel vergoldeten Fußreife erkennen konnte. Die Männer trugen größtenteils Leder und (was Elanor ganz lustig fand) sie hatten in ihren langen Haaren hier und da dünne Zöpfchen. Die meisten Einwohner der Hauptstadt Celebhîths hatten blonde, lockige Haare und blaue Augen. Und was Elanor besonders ins Auge fiel, war die Tatsache, dass fast alle, die älter als dreißig Jahre waren, Schrammen, Augenklappen oder sogar fehlende Körperteile hatten. - Alles Spuren des Ringkriegs. Sam, Merry und Pippin stellten erfreut fest, dass Bier und das Pfeiferauchen hier nicht weniger beliebt war als im Auenland.
Die Bürger jubelten Elkano in Westron zu, sodass die Auenländer sie verstehen konnten. Sie nannten ihn bei seinen ganzen Namen und noch einem neuen: Ithilion.
"Warum 'Ithilion'?", wandte sich Elanor an Tinwen, die neben ihr ritt.
"Wir haben einen Brauch", antwortete sie. "Bei besonderen Ereignissen bekommt der König zusätzlich einen neuen Namen. Deshalb hat Elkano so viele. Aber im Vergleich zu den anderen Königen sind das wenige. Die Rekordzahl der Namen war dreißig und sie waren alle die unseres Vaters."
Sie erreichten nun den großen Palast in der Stadtmitte. Dort stiegen sie von ihren Reittieren ab und ließen die Diener diese in die Ställe führen. Elkano stieg als erster die Marmortreppe hoch, wo sich hinter einem mächtigen Tor der Eingang in das Schloss befand. Zwei Diener eilten herbei und legten einen prächtigen Umhang um die Schultern des Königs. Dieser wandte sich um und blickte auf sein Volk herab. Er hob gebieterisch die Hand und die Menge verstummte allmählich. Dagorheru trat zu ihm und rief zu den Aglar Periain:
"Lange habe ich euch regiert, da der König es mir befohlen hatte. Doch nun ist er in diesen unruhigen Zeiten zurückgekehrt. Soll er wieder die Krone tragen?"
Die Menge jubelte zustimmend. Warum fürchtete Elkano sich vor der Rückkehr? Das Volk liebte ihn doch.
"Dann soll es so sein!", beschloss der Heerführer und setzte einen silbernen Reif mit einem weißen Stein auf Elkanos Haupt. Nur Elanor bemerkte die eine Träne, die wie eine glitzernde Perle über sein Gesicht rann, als der weiße Edelstein auf seiner Stirn aufleuchtete. Er zwang sich zu einem Lächeln.
"Heil Ithilion, König von Celebhîth!", rief jemand aus der Menge und die anderen wiederholten begeistert: "Heil Ithilion!"
Elkano tat Elanor mächtig Leid. Sie trat zu ihm und schenkte ihm ein Lächeln, doch seine Miene wurde nur noch düsterer.
Elanor wälzte sich in dieser Nacht hin und her. Was sie auch tat, sie konnte nicht einschlafen. Sie musste die ganze Zeit an Elkano denken. Warum hasste er sich? Schließlich wurde es ihr in ihrem Zimmer zu heiß und sie öffnete das Fenster. Während sich das Zimmer abkühlte, beschloss sie ein wenig im Garten zu spazieren. Dort stand Elkano, düster wie ein Schatten.
"Ich vermisse dein Lächeln", sagte sie.
"Lächeln?"
"Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe - und an Goldfranses Geburtstag, als wir zusammen getanzt haben. Da hast du gelächelt. Und seit dem nur künstlich oder freudlos."
"Das war eine kurze Zeit des Friedens. Es ist nicht mein Schicksal, ihn zu haben."
"Kannst du denn wissen, was das Schicksal für dich bereithält?", fragte Elanor.
Elkano antwortete nicht, sondern blickte zum Himmel.
"Der Himmel ist klar, heute Nacht", murmelte er. "Wie damals."
"Wann?"
"Als Tinwen und ich zu Waisen wurden."
"Doch der Sonnenuntergang war heute wie an dem Tag, als wir uns zum ersten Mal begegneten."
Elkano musterte sie aufmerksam.
"Ich kann mich noch gut erinnern", fuhr Elanor fort. "Du kamst angeritten wie ein edler Krieger aus einer uralten Legende. Und du hattest die Sonne im Rücken. Es wehte ein kühler Wind, der mir sanft übers Gesicht strich..."
Sogar Elkano musste bei dieser Erinnerung lächeln.
"Jaah...", hauchte er nachdenklich. "Das war ein wundelvoller Abend. Und das größte Wunder warst du."
Elanor fühlte, wie sie rot anlief.
"Meinst du, dass wir uns später auch an unser jetziges Treffen erinnern werden?", fragte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
Elkano legte den Arm um sie und antwortete etwas traurig: "Vielleicht. Doch seit Kurzem gibt es wieder viele Orks in dieser Gegend. Mein Herz sagt, dass es bald wieder Krieg geben wird. Ich kann daher nicht sagen, ob es ein Später gibt."
