Danke für dein neues Review, Celebne! "Minas Tirith" der Hobbits klingt cool. Hab ich mir auch so ähnlich gedacht. Nur dass mir jetzt komischerweise eher Troja im Kopf herumschwirrt. Hm... Mit Elkano und Elanor scheint es wirklich spannend zu werden. Wegen Elkanos "Problemen". Und der Krieg... jaah... bis dahin sind noch einige Kapitel. Zwischendurch passiert aber auch was.


Kapitel 7: Die Halle der Ruhmreichen

Am nächsten Tag nach dem Frühstück beschloss Elanor, sich den Palast anzusehen. Tinwen erklärte sich bereit, sie durch die vielen Korridore zu führen und ein wenig zu erzählen.
"In disem Korridor ist die Portrait-Galerie", sagte sie und bog in einen Gang ein, der mit Gemälden tapeziert war. "Hier sind alle Könige und Königinnen Celebhîths... Meine Vorfahren..."
Elanor musterte die Gemälde aufmerksam. Da haben richtige Künstler daran gearbeitet, denn die abgebildeten Personen sahen sehr lebendig aus. Auf der rechten Seite befanden sich die Könige, auf der linken die Königinnen. Am Ende des Korridors hing ein besonders schönes Gemälde. Darauf war ein großgewachsener Halbling abgebildet, der eine silbern schimmernde Rüstung trug - Elkanos Rüstung. Elanor war sich sicher, dass dies der Vater des jungen, unglücklichen Königs war. Die Auenländerin stellte fest, dass Elkano ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, nur dass sein Vater nicht diese faszinierenden, leuchtenden Elbenaugen hatte. Gegenüber hing das Bild einer sehr schönen Frau, die mit Tinwen eine große Ähnlichkeit hatte. An ihr war eindeutig nichts Hobbitisches, denn sie war eine reinblütige Elbin.
"Ihr seid eine Halbelbin?", fragte Elanor die Schwester des Königs. "Ich habe geahnt, dass Ihr elbische Vorfahren habt, aber..."
"Ja, Elkano und ich sind Halbelben", bestätigte Tinwen lächelnd. "Nur im Gegensatz zu den anderen Halbelben ist unsere andere Hälfte nicht menschlich, sondern hobbitisch. So sind wohl nur Elkano und ich."
"Sie ist wunderschön", flüsterte Elanor bewundernd.
"Sie lebte in Bruchtal, seit dem ihre Heimat Eregion zerstört wurde", begann Tinwen plötzlich. "Sie stand dort in Ehren, weil sie eine entfernte Verwandte von Elrond war. Als eine Noldo war sie eine große Künstlerin und hat dort vieles Schöne erschaffen."
"Und Ihr und Elkano?", überlegte Elanor. "Ihr habt das doch geerbt, oder?"
"Jaah...", hauchte Tinwen ein wenig traurig. "Du solltest vielleicht sehen, wie Elkano früher malen konnte. Diese ganzen Gemälde sind im Gegensatz zu seinen Werken hässliche Pinselstriche. Doch dann, als unsere Eltern umkamen und in ihm der Hass entflammt war... Zuerst hat er nur noch dunkle Farben benutzt und dann gänzlich aufgehört."
"Meint Ihr, er könnte ein Bild von mir malen?", fragte Elanor neugierig und lief etwas rot an.
"Wenn du ihn überreden kannst...", meinte Tinwen mit einem breiten Lächeln. "Das würde ihm gut tun. Frag' ihn doch mal. Aber jetzt komm'. - Ich werde dir ein Bild von ihm zeigen."
Sie führte das Mädchen in ihre Privatgemächer, wo sie aus einer Schublade ein Pergament herauskramte.
"Das bin ich", sagte sie und reichte es Elanor. "Das hat er mit sieben Jahren gezeichnet. Jetzt bezeichnet er es als eine ungelungene Federkritzelei."
Vorsichtig nahm Elnanor das Pergament in die Hand und ihr stockte der Atem. Mit schwarzer Tinte war dort ein wunderschönes Muster gezeichnet, in dem man ganz deutlich die Gestalt eines Mädchens erkannte. Jeder einzelne Strich hatte eine besondere Bedeutung. Anscheinend hatte er Tinwen beim Zeichnen nicht mit dem normalen Auge gesehen. Als Halbelb hatte er die Gabe, in die Welt der Unsichtbaren hineinzublicken. Er hatte Tinwens Seele, nicht ihre irdische Gestalt gezeichnet. Das Bild zeigte sie, wie sie wirklich war.
"Ich kann es nicht fassen, dass er damit aufgehört hat", flüsterte sie, als ob sie fürchtete, mit einer lauten Stimme den Zauber des Kunstwerks zu verscheuchen.
"Ich auch nicht", sagte Tinwen und schüttelte traurig den Kopf.
Sie standen lange Zeit da und bewunderten das Bild. Schließlich unterbrach Tinwen die Stille.
"Ich möchte dir noch einen Ort zeigen", sprach sie mit einem seltsamen Leuchten in den Augen.
Sie wanderten durch unzählige Korridore und kamen schließlich in eine große Halle. Dort standen kunstvolle Statuen von Kriegern, die bis an die Zähne bewaffnet waren. Jede Statue stand auf einem Podest, an dem ein Schild befestigt war.
Eine Statue zog Elanors Blick sofort an. Es war ein sehr junger Krieger. Sie zweifelte, ob er schon volljährig war. Sein Haar wehte leicht und er schien Dinge zu sehen, die anderen verschlossen blieben. Und sein Blick... Er kam Elanor ziemlich bekannt vor...
"Das sind Standbilder von den größten Helden unseres Volkes", erzählte Tinwen. "Dass man hier verewigt wird, ist die größte Ehre, die wir jemandem erweisen können."
Mit diesen Worten führte sie Elanor zu der Statue, die dem Mädchen bereits aufgefallen war. Nun war sie nah genug, damit die Auenländerin das Schild lesen konnte: "Dagorheru, Amarthions Sohn. - Für seine Weisheit, Treue und Opferbereitschaft."
Tinwen seufzte, als sie Elanors überraschtes Gesicht sah.
"Er war nicht immer gesichtslos", murmelte sie mit zitternder Stimme. "Er war als Krieger und Offizier hoch begabt. Noch bevor er volljährig wurde, wurde er zum Heerführer ernannt. Doch mit fünfunddreißig Jahren ist er einer Gruppe Orks in die Hände gefallen. Er war allein - und von ihnen waren Hunderte da. Sie verschleppten ihn nach Mordor, wo er gefoltert wurde. Ich will erst gar nicht daran denken, wie. Sauron wollte von ihm wissen, wo das Auenland lag, denn durch Gollum hatte er erfahren, dass dort der Eine Ring verborgen wurde. Es heißt, Dagorheru habe bei all den Schmerzen keinen einzigen Ton von sich gegeben. Schließlich bekamen selbst Orks Achtung vor ihm und brachten ihn zurück. Seine Wunden konnten wir heilen, doch sein Gesicht hatte er für immer verloren. Und du kannst dir sicher vorstellen, wie es ist, so abschreckend auszusehen. Und das auch, wenn man doch noch so jung ist... Dies war der Preis dafür, dass Frodo genug Zeit hatte, das Auenland zu verlassen."
Tinwen rannen Tränen übers Gesicht. Auch Elanor war gerührt von Dagorherus Tat. Wenn er nicht gewesen wäre, gäbe es Mittelerde vielleicht gar nicht mehr.
"Er war zuerst entsetzt über seinen Anblick", fuhr die Halbelbin schluchzend fort. "Er wollte nicht mehr leben und - und - Wir waren verlobt, doch er traute mir nicht mehr über den Weg. Er konnte es kaum glauben, dass ich ihn dann noch liebte. So blieben wir unverheiratet."
Elanor versuchte sie zu trösten, indem sie Tinwen umarmte. Doch sie selbst weinte. Dagorheru war also nicht nur ein großer Krieger, sondern er hatte auch eine der größten Heldentaten von Mittelerde vollbracht. Und dies war nirgendwo außer in Celebhîth bekannt.