KAPITEL 1

Tonks knallte ihre Haustür zu und zog sich im Rennen einen Pullover über den Kopf. Sie war zu spät! Schon wieder! Innerlich verfluchte sie sich selbst und rannte etwas schneller. Wenn sie diesen Bus verpassen würde, wäre es vermutlich aus. Fudge hatte ihr schon beim letzten Mal gedroht, sie rauszuwerfen und Tonks hatte keine Lust, sich davon zu überzeugen, ob er seine Drohung wahr machen würde. Sie war in ihrem Probejahr, sie hatte gerade erst die Prüfung zur Aurorin geschafft und schon stand ihr Job auf dem Spiel, nur weil sie nicht früh genug aus den Federn kam. Plötzlich knallte sie gegen etwas hartes und wollte sich gerade schon entschuldigen, als sie bemerkte, dass es nur ein Pfosten war. Trotz ihrer misslichen Lage musste sie grinsen. So doof konnte auch nur sie sein.

"Geht es Ihnen gut, Miss Tonks?", hörte sie eine mehr oder weniger (eher weniger) vertraute Stimme hinter sich und drehte sich um. Ihre Nachbarin stand vor ihr, Mrs. Smalt, eine ältere Frau, die sie sowieso schon für leicht verwirrt hielt. Das hatte Tonks gerade noch gefehlt! Sie stand dümmlich kichernd vor einem Posten und starrte ihn an, als pob er Jesus persönlich wäre. Deswegen sagte sie nur:

"Ja, vielen Dank. Ich muss aber los, ich bin schon zu spät!"

Mit diesen Worten setzte sie sich wieder in Bewegung und kam nach weiterem Röcheln endlich am Bus an. Sie hatte ihn erwischt. Gerade so. Immernoch keuchend ließ sie sich auf einem Vierersitz nieder, seufzte und ließ ihren Rucksack zu Boden fallen. Jetzt fuhr sie schon seit Wochen mit diesem Bus. Einem Muggelbus, wohlgemerkt. Am liebsten wäre sie appariert, aber es war schon blöd, wenn man aus Versehen auf einem Yorkshire-Terrier landet und deswegen für ein paar Monate den Schein abgenommen bekommt. Ein Räuspern ließ sie aufblicken. Der Mann, der ihr gegenüber saß, lächelte sie seltsam auffordernd an. Da Tonks nicht wusste, was sie tun sollte, lächelte sie ebenso auffordernd zurück. Sein Lächeln wurde etwas breiter, fast amüsiert. Tonks Grinsen wurde ebenfalls breiter und sie zeigte alle ihre Zähne. Der Mann musste Lachen und Tonks lachte mit.

"Sie haben keine Ahnung, wieso ich Sie so angeschaut habe, oder?", wollte er, immernoch grinsend, wissen. Tonks entschloss sich zu einer ehrlichen Antwort.

"Nein, leider nicht."

"Also, zum einen haben sie einen großen Nutellafleck auf der Wange..." Tonks wischte sich entsetzt darüber. "...und dann haben sie ihre Tasche auf den Schwanz meines Hundes gestellt."

Fast wie zur Unterstützung seiner Worte kam von unten ein bösartiges Knurren und als Tonks hinsah, fragte sie sich, wie sie dieses Riesenvieh hatte übersehen können. Es war weitaus größer als die Hunde, die sie bis jetzt kennengelernt hatte.

"Oh Gott, das tut mir Leid! Entschuldige bitte, du Süßer.", sagte sie und lief blutrot an. Schnell nahm sie den Rucksack hoch und stellte ihn auf ihren Schoß.

"Darf ich ihm zur Entschuldigung einen Keks geben? Ich müsste noch irgendwo einen haben..."

"Hm, ich denke, er hat nichts dagegen.", schmunzelte der Mann und starrte dann wieder abwesend aus dem Fenster.

Tonks kramte nach ein paar Minuten endlich zwei Butterkekse aus und hielt sie dem Hund hin, der sie lüstern musterte. Tonks wollte gerade nach seinem Namen fragen, als sie bemerkte, dass der Bus gerade die Haltestelle hinter sich ließ, an der sie hätte aussteigen müssen.

"Ahhh je, ich bin gefeuert.", seufzte sie und stand auf. Sie lächelte ihrem Gegenüber nochmal zu und kämpfte sich dann zur Tür, um an der nächsten Haltestelle auszusteigen.

Als sie am Eingang des Zaubereiministeriums ankam, war sie bereits über eine halbe Stunde im Zeitrückstand. Im Laufschritt hastete sie zu ihrem Büro, in der Hoffnung, dass Fudge ihr Fehlen nicht bemerkt hatte, doch sie wurde enttäuscht. Es schien fast so, als ob Fudge jeden Morgen extra vor ihrer Tür Wache halten würde, damit er es auch ja mitbekam, wenn sie eine Millisekunde zu spät kam.

"Na, mal wieder zu spät, Miss Tonks?", sagte Fudge mit gut hörbarem Tadel in der Stimme.

"Ja, im Bus war so ein Hund, dem ich Kekse geben musste, weil mein Rucksack auf seinem Schwanz gestanden hatte und er hatte gesagt, der Hund wollte einen Keks haben, aber dann hab ich die Haltestelle verpasst und da-", sprudelte Tonks hervor, doch sie stoppte, als sie den zweifelnden Blick des Ministers sah.

"Moment, sie fahren doch mit einem Muggelbus, oder?" Tonks nickte. "Und da hat ihnen ein Hund gesagt, dass er einen Keks haben will, weil sie ihm den Rucksack auf den Schwanz gestellt haben?"

"Nein, doch nicht der Hund, sondern sein Herrchen und der hat auch nicht gesagt, dass ich das machen soll, weil ich-"

"Ja, ist gut. Hören Sie, ich sehe nochmal darüber hinweg, aber nur unter einer Bedingung: Sie müssen mich morgen Abend auf einen Empfang begleiten. Der bulgarische Premierminister kommt, wegen dem Turnier in Hogwarts, und meine Frau hat sich eine Erkältung eingefangen. Nur deswegen stehe ich schon die ganze Zeit hier herum."

Tonks war zwar irritiert, aber dann sagte sie:

"Oh, ähm, ja, klar, gerne."

"Gut, dann an die Arbeit, Miss Tonks."

Und damit ließ er eine ziemlich verwirrte, aber erleichterte Tonks zurück.