Kapitel 2

Noch lange dachte Harry an die grausamen Bilder in seinem Kopf. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, waren sie da und ließen ihm keinen Schlaf. Er dachte an Remus' Wort, die ihn stutzig gemacht hatten. Was sollte das bedeuten, er hatte niemanden umgebracht und doch war es kein Traum...

Schon lange war Harry aufgestanden, hatte das Licht eingeschaltet, um sich mit etwas beschäftigen zu können. Nun saß er im Schneidersitz auf dem Bett und betrachtete die ersten Strahlen der Morgensonne durch das geschlossene Fenster.

Er wartete... wartete auf Remus oder auch Black, wer auch immer mit ihm reden würde. Lauthals seufzend schaute er auf das gefüllte Tablett hinunter. Nichts würde er davon zu sich nehmen, ob nun auf Trotz oder Vorsicht, konnte er sich selbst nicht erklären.

Es schienen Tage zu vergehen, eh sich vor der Tür etwas rührte. Der Schlüssel wurde herumgedreht, darauf folge ein längeres Zögern, bis schließlich die Klinge heruntergedrückt wurde und einer seiner Entführer eintrat.

Remus John Lupin sah ihn vorsichtig an und trat dann langsam näher an das Bett.

„Du hast ja gar nicht gegessen", stellte er mit einem Anflug von Sorge in der Stimme fest.

„Ich werde auch weiterhin nichts essen, bis ich hier wieder raus bin", gab der dreizehnjährige trotzig wieder.

Sein Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste zog skeptisch die Augenbrauen höher. Er spürte, dass der Junge abwartete, was als nächstes geschehen sollte, doch Remus konnte ihm keine Antworten geben.

„Komm mit nach unten, Harry! Sirius ist nicht da und ich kann dir das Haus zeigen."

„Würden er es Ihnen nicht erlauben, wenn Sie mich hier herumführen?", fragte der Junge in lauerndem Ton.

Remus lächelte leicht. „Ich möchte nicht, dass er sich von dir provozieren lässt, ehe er dazu bereit ist. Er war lange Zeit allein und muss wieder lernen, mit den Menschen besser umgehen zu können."

„Zwölf Jahre", warf Harry beinahe tonlos ein. „Eine gerechte Strafe für das, was er getan hat."

Der Mann ging nicht auf die Provokation ein, sondern wandte sich der Tür zu. „Komm!"

Zögernd erhob Harry sich und ging Remus nach. Er fühlte sich immer noch sehr schwach und geschlagen von dem hohen Fieber, doch ein paar Minuten würde er sicherlich ausharren können.

„Wie fühlst du dich? Dein Fieber ist immer noch ziemlich hoch", meinte Remus, als wenn er seine Gedanken gelesen hätte.

Harry antwortete nicht. „Wann kann ich hier weg?", fragte er stattdessen und sah sich in dem Flur um, den er vor einigen Tagen schon gesehen hatte.

„Sobald du dich mit Sirius ausgesprochen hast, steht es dir frei zu gehen." Die Stimme des Professors klang resigniert und ruhig, doch Harry wusste, dass er es nicht wollte, wenn Harry sich als Gefangener fühlte.

„Dann soll er kommen! Ich will nämlich jetzt gehen!", sagte Harry lauter als notwendig.

„Beruhige dich, Harry! Wir werden dir nichts antun", versprach Remus, während er den Dreizehnjährigen die Treppe hinabführte. Sie Stufen endeten in einem Raum mit Kochnische und Esszimmer. „Möchtest du etwas essen?"

„Nein!", sagte er ernst und dachte dabei an das unberührte Tablett in seinem Zimmer. Plötzlich fiel ihm etwas ein, was er schon fast wieder vergessen hatte. „Sie haben mir irgendeinen Beruhigungstrank gegeben, oder?"

„Ja, ich hielt das für besser, nach den Strapazen mit dem Telefon. Außerdem brauchst du in deinem Zustand regelmäßigen, tiefen Schlaf."

„Was genau meinen Sie mit ,in meinem Zustand'?", fragte Harry unsicher.

„Du bist krank, Harry. Als der Dementor dich beinahe geküsst hätte, da…" Remus brach ab und schien zu überlegen, wie er seine Gedanken Ausdruck verleihen konnte. Er entschied sich schnell dazu, dass Thema zu wechseln. „Was isst du gerne? Lass mich raten: Pfannkuchen!"

Harry nickte überrascht. Remus erklärte milde lächelnd: „Die hat James auch Zeit seines Lebens geliebt."

„Bis Sirius ihn verraten hat!", stellte Harry nüchtern fest, während Remus ihn mit einer Geste aufforderte sich an den Tisch zu setzen. Der Junge sah sich kurz um und erkennte, die Eingangstür, doch er wusste, dass Remus ihn nicht entkommen lassen würde.

Plötzlich schwebte durch das geöffnete Küchenfenster eine dunkelgrau8e Eule hinein. Remus entdeckte sie zunächst nicht, da er gerade damit beschäftigt war, den Teig für die Pfannkuchen zu mixen. Mit einem prüfenden Blick auf den Werwolf stellte der Junge sicher, dass er abgelenkt war und so löste er vorsichtig den Brief. Die Eule schwebte lautlos an ihm vorbei, um sich auf eine Sitzstange im Wohnzimmer niederzulassen.

„Was möchtest du drauf, Harry? Marmelade, Zucker oder vielleicht Apfelmus?", fragte der Mann während er in die Schränke spähte und gleichzeitig die Pfannkuchen wendete, ohne sich zu seinem Schützling umzudrehen.

„Marmelade bitte." Harry entrollte langsam de3n Brief und erkannte ein geschwungene, saubere Handschrift, die ihm bekannt vorkamen. Er begann zu lesen.

,Remus,
auch wenn ihr beide für den Orden im Moment unauffindbar scheint, so seid ihr es für deine Eule offensichtlich nicht. Ich denke nicht, dass du oder Sirius etwas davon wissen, aber Ronald Weasley und Hermione Granger haben Peter Pettigrew an dem Abend deiner Flucht gefunden und eingefangen. Die beiden wollten eure Geschichte zunächst nicht glauben, übergaben mir die Ratte einige Tage später aber dennoch. Peter befindet sich derzeit in den Kerkern von Hogwarts. Fugde hat verhindert, dass es in dem Tagespropheten gedruckt wurde und wir haben euch nicht erreich können. Peter hat bereits gestanden und unser allseits beliebte Zaubereiminister hat zugestimmt Sirius' Verhandlung erneut aufzunehmen. Die Chancen für ihn stehen nicht schlecht, doch eure Entführung Harrys macht das Ganze wieder komplizierten, es sei denn, ihr überzeugt ihn davon, dass ihr die Wahrheit sagt. Dann könnte er euch bei der Anhörung sicherlich helfen. Viele der Geschworenen haben eine Schwäche für ihn und werden ihm glauben. Grüß Sirius und Harry von mir und meldet euch! Ich kann Sirius nicht helfen, wenn ihr dem Ministerium als erstes in die Hände fallt.
Albus

„Steht was interessanten drin?", fragte Remus und Harry zuckte erschrocken zusammen. Der Mann setzte ihm einen Teller vor und gab ihm Messer und Gabel in die Hand. „Ent- Entschuldigen Sie, i-ich…"

„Ich schon gut", sagte der Mann milde lächelnd und stellte das Marmeladenglas auf den Tisch. Er nahm Harry den Brief aus den Händen und tischte dem etwas verdutzen Jungen einen Pfannkuchen auf. „Iss!"

Harry behorchte und verzehrte langsam sein Essen, während Remus den Brief las und zunehmen erstaunt aussah. Nachdem er fertig war, schaute er blass aus und starrte eine Weile stumm in die Ferne, bis Harry sich schließlich bemerkbar machte.

„Wann kommt Black wieder?", fragte er, doch es klang nicht sehr interessiert.

„Ich.. ähm.. weiß nicht. Möchtest du noch einen Pfannkuchen?"

Harry schüttelte den Kopf. „Möchtest du etwas trinken?", fragte er weiter höflich.

„Nein", antwortete Harry etwas trotzig. „Das letzte Getränk, das ihr mit gegeben habt, beinhaltete irgendeinen Beruhigungstrank.", erinnerte der Dreizehnjährige ihn nochmals.

Remus lächelte etwas über den Jungen. Wie anders er doch war als James und doch glichen sie sich wie ein Ei dem anderen. Äußerlich wie auch innerlich.

„Ich werde dir ein Glas Wasser holen", sagte Remus immer noch lächelnd und begab sich in den Nachbarraum. Er ließ die Tür geöffnet, doch er hatte keinen Blickkontakt, also erhob Harry sich von seinem Stuhl und sprintete lautlos auf die Haustür zu. Ohne ein Geräusch zu verursachen drückte er die Klinge hinunter und war wenige Sekunden später im Freien, während er hörte, dass Remus noch immer nach dem Wasser suchte.

Doch seine neu gewonnene Freiheit hielt nicht sehr lange an, da er einen riesigen, schwarzen Hund aus dem Rand des Waldes auf sich zutraben sah.

Resigniert stöhnte er auf, als das Tier sich in einen jungen Mann verwandelte und seinen Zauberstab zückte.

„Was hast du mit Remus gemacht?", fragte er. Mit der einen Hand hielt er seinen Zauberstab, während die andere nach seinen Oberarm griff und ihn wieder mit in das kleine Haus zog.

Sie prallten mit einem sehr überraschter Remus zusammen, der offensichtlich gerade hinaus wollte, um Harry zu suchen.

„Remus, du kannst ihn doch nicht einfach so hier rumlaufen lassen. Du müsstest am besten wissen, was hier in den Wälder für Viecher herumlaufen!"

„Ja, ich weiß", sagte Remus zerknirscht, „Harry, wieso bist du weggelaufen? Du hast den Brief doch gelesen."

„Sind Sie wirklich so naiv und glauben Dumbledore?", fragte der Junge bloß leicht aggressiv und riss sich erfolgreich von Sirius los.

„Welcher Brief?", fragte Sirius verwirrt.

„Hier!", meinte Remus nur und drückte seinem Freund den Brief in die Hände. Während dieser las, zog Remus Harry zur Sitzecke und gab ihm das Wasserglas. Sie warteten, bis Sirius zu ende gelesen hatte und sich zu ihnen setzte. „Ich denke, die Zeit für Gespräche ist jetzt gekommen."

„Ich will telefonieren!", forderte Harry und blickte seine Entführer abwechselnd herausfordernd an. Die Männer tauschten fragende Blicke aus und offensichtlich brauchten sie keine Worte, denn einen Moment später seufzte Remus laut auf und nickte schließlich.

„Okay, du kannst Hermione anrufen", sagte er aufgebend. „Aber wir hören zu und du wird nicht lange Zeit haben!" Harry nickte und Remus deutete auf das schnurlose Telefon neben sich.

Der Junge wählte die Nummer und drückte auf die Lautsprechfunktion. Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann wurde abgenommen.

„Harry?" Er kannte die männliche Stimme und es war definitiv nicht Mr. Granger.

„Professor?", fragte Harry mehr als überrascht. Im nächsten Moment wurde ihm der Telefonhörer aus der Hand gerissen. Todesblicke sendend starrte Harry Sirius vernichtend an.

„Albus?", fragte der Mann, der die Stimme ebenfalls erkannt hatte.

„Sirius!", stellte der Schulleiter fest und Harry wusste nicht, welche Stimmung er aus der Stimme heraushörte, doch er glaubte, dass er Missbilligung war. „Habt ihr meinen Brief erhalten?"

„Ja, ich.. ich hab ihn gerade gelesen."

Dumbledore seufzte. „Was machst du nur für Sachen, Sirius? Ich hoffe, du weißt, was du dir und Remus damit eingehandelt hast", fragte er müde. „Wie geht es dem Jungen?" „Frag ihn selbst!" Sirius drückte Harry den Hörer wieder zurück in die Hand.

„Professor? Mir geht's gut, wenn ich mal davon absehe, dass mich ein Dementor fast geküsst hat und ich von zwei Irren hier festgehalten werde."

„Hör zu Harry! Hab keine Angst, sie werden dir nichts tun. Sie sind auch nicht verrückt, aber ich denke, du wirst noch etwas bei ihnen bleiben müssen. Wir haben aber ein Geständnis von Peter Pettigrew, das besagt, dass Sirius wirklich unschuldig ist."

„Sie meinen, man hat Black zwölf Jahre nach Azkaban geschickt, obwohl er unschuldig war?", fragte Harry entsetzt.

Wieder seufzte der alte Mann. „Das befürchte ich."

Harry spürte die abwartenden Blicke seines Paten in seinem Rücken, als bedeutete eine Ablehnung von ihm seinen Tod. Wieder nahm ihm Jemand das Telefon aus der Hand, doch dies Mal war es Remus.

„Albus… es gibt da noch ein Problem", gab er zögernd zu und wechselte einen besorgten Blick mit Sirius. „Du weißt doch, was mit Menschen passiert, die beinahe von einem Dementor geküsst würden, nicht wahr?"

Albus zögerte kurz, bevor er sehr schnell reagierte: „Ihr solltet so schnell wie möglich zurück nach Hogwarts kommen!"

Nun war es an Remus zu zögern. „Wir werden es versuchen." Dann legte er auf.

„Ich dachte, ich dürfte telefonieren", meinte Harry trocken und fügte dann nebensächlich hinzu: „Was passiert denn mit jemandem, der fast von Dementoren geküsst wurde?"

Sirius und Remus tauschten besorgte Blicke, während der Junge von einem zum anderen guckte. Schließlich erhob Remus sich und zog auch Harry auf die Beine.

„Komm, Harry! Du solltest dich noch etwas hinlegen, während wir unsere Sachen zusammensuchen."

„Professor, was soll das? Warum sagen Sie mir nicht einfach –"

„Ich bin nicht mehr dein Professor. Warum nennst du mich nicht einfach Remus?"

Harry verdrehte die Augen. „Du lenkst schon wieder ab!"

Remus führte den Jungen in sein Zimmer und wartete, bis er sich hingelegt hatte, dann schloss er die Tür und zögerte kurz, als er darüber nachdachte, ob er abschließen sollte oder nicht, entschloss sich jedoch schnell dazu, es zu tun. Bei der unerschütterlichen Neugierde des Jungen, konnte man nie wissen…

Schnell machte er sich wieder aus den Weg nach unten, nur um festzustellen, dass Sirius noch nicht damit begonnen hatte, ihre Sachen zusammenzusuchen. Sein bester Freund sah noch immer auf dem Sofa und starrte apathisch ins Leere.

„Er hasst mich", stellte er sachlich fest.

„Hör auf, Sirius, er hasst dich nicht!"

Sirius seufzte und erhob sich. Zufällig streifte sein Blick das Fenster. „Shit! Moony, wir müssen hier weg und zwar mehr als dringend!"

„Was ist los?", fragte Remus sofort.

„Sieh nicht hin, aber da draußen laufen mindestens drei Auroren rum. Such unauffällig, aber schnell die nötigsten Sachen zusammen, dann komm nach oben! Ich weck den Jungen und schmeiß den Kamin an."

„Sirius, das ist ein Muggelhaus, wir können nicht über den Kamin raus", sagte Remus und Panik schwang in seiner Stimme mit.

„Shit!", war Sirius Kommentar dazu.

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Ich trau mich ja fast gar nicht mehr mich bei dieser Story blicken zu lassen:

Erst lass ich euch so lange warten und dann ist da noch so ein gemeiner Cliff und die Frage nach dem ,Warum' ist auch noch lange nicht geklärt. Aber ich denke, dass wir hier jetzt etwas schneller voran gehen. Ich versuch das wenigstens! Und hab auch schon viele neue Ideen.

Dank an Vroni, kathleen potter, Lea, Mona, Samantha Black, seerose, TheSnitch, Ken, janine black, PadfootLi, DarkWish, Pe, Megagirli, lola, GefallenerEngel