KAPITEL EINS

Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, so gegen kurz nach sieben, lag Buffy bereits wach in ihrem Bett. Sie hatte die halbe Nacht nicht schlafen können. Woran das lag, dass wusste sie nicht. Vielleicht an Spike der bis kurz vor Sonnenaufgang unten auf dem Gehsteig gestanden hatte. Sie hatte ihn spüren können. Seine Blicke, wie sie sich zu ihr hinauf ins Zimmer gerichtet hatten.

Aber sie war nicht aufgestanden, um nachzusehen. Sie wollte nicht schwach werden. Sie sollte ihm sowieso aus dem Weg gehen. Das war besser für alle. Und vor allem besser für Leute, die es nicht mitbekommen sollten. Nur Tara wusste davon und auch nur, weil Buffy mit ihr darüber geredet hatte.

Sie hatte das erste Mal richtig mit Tara geredet und jetzt war Tara fort. Sie und Willow hatten sich zerstritten. Wegen der Magie. Aber Buffy war auch der Ansicht, dass Willow zu viel Magie benutzte. Sie hatte sogar Dawn in Gefahr gebracht und viele andere hätte aus auch treffen können. Doch Buffy wollte ihr verzeihen, denn Willow bemühte sich wirklich. Schon komisch, dass der sich erst bemühte, wenn etwas verloren ging und man bemerkte wie sehr man es zu schätzen gewusst haben sollte.

So war es auch bei Will und Tara. Aber die beiden kamen sich wieder näher. Anfangs, als damals Willow auf dem Colleg von Oz verlassen worden war, hatte sie, Buffy, es einwenig seltsam empfunden, dass Tara und Willow zusammen waren. Aber mit der Zeit war es ein solider Anblick und Buffy fand es auch nicht weiter schlimm. Doch Dawn war total davon begeistert und das war nicht gut. Sie hatte nichts dagegen, dass Willow lesbisch war, doch Dawn war eben einfach zu jung und ihre Schwester.

Buffy wollte das nicht.

Unten konnte sie die anderen herumwuseln hören. Das Radio spielte leise einen Song, den Buffy noch aus High School Zeiten kannte. Sie schloss die Augen und versuchte die Geräusche auszublenden. Sie wollte noch nicht aufstehen. Und es gelang ihr.

Als sie das nächste Mal erwachte, war es bereits kurz nach elf. Das Geklirre von Geschirr und das Radio hatten aufgehört und es war still. Bis auf das penetrante Klingeln an der Haustür. Langsam erhob sich die Jägerin und ging ohne sich anzuziehen hinab in den Flur. Sie trug noch ihren String und das rosa Unterhemd, in dem sie geschlafen hatte. Dann öffnete sie die Tür.

Doch da war niemand. Wahrscheinlich war der Jemand wieder gegangen, als er bemerkt hatte, dass hier niemand war. Buffy schleppte sich die Stufen wieder hinauf und ins Bad, wo sie erst mal eine ordentliche Dusche nahm. Sie genoss das belebende Gefühl von heißem Wasser auf ihrer kühlen Haut. Als sie fertig war, wickelte sie sich in ein Frottehandtuch und ging zurück in ihr Schlafzimmer, wo sie sich komplett anzog. Sie wählte ein blaues T-Shirt, eine schwarze Hose und dazu passende Schuhe.

Dann vernahm sie das Geräusch eines aufbrausenden Motors. Erschrocken fuhr sie herum. Das kam aus ihrem Garten. So schnell es ging, ohne zu rennen ging sie die Stufen hinab und drehte dann nach links durchs Esszimmer in die Küche. Und von dort durch die Hintertür hinaus in den Garten. Der Anblick der sich ihr bot war irgendwie erstaunlich. Xander mit dem Rasenmäher ihrer Mutter, den er aus dem kleinen Geräteschuppen genommen hatte. Als er seine Freundin erblickte, winkte er ihr zu und löschte den Motor.

„Was machst du da?", wollte Buffy wissen, wobei eine steile Falte auf ihrer Stirn erschien. „Rasen mähen, wonach sieht es denn aus?", wollte er belustigt wissen: „Einer Invasion von Rasenmähern?", er lachte kurz auf, verstummte aber, als ihm klar wurde welchen Schwachsinn er gerade geredet hatte.

„Ich meinte eher warum du das tust?", erwiderte Buffy und kniff die Augen zusammen, da die Sonne hell von oben auf sie herab schien. „Du hast mich darum gebeten, schon vergessen?", erinnerte sie Xander. Und sie musste ihm Recht geben. Vor einigen Tagen hatte sie gefragt, ob er nicht Zeit hatte für sie. „Dann hast du vorhin an der Tür geklingelt?", die Frage war eher rhetorisch, denn die Antwort kannte sie schon. Xander nickte kurz: „Und da mir weder vorne noch hinten einer aufgemacht hatte. Hab ich mich eben selbst bedient."

„Na dann.", Buffy klopfte ihm aufbauend auf die Schulter: „Ich geh wieder rein. Wenn du fertig bist, kannst du auf einen Kaffee reinkommen." Jetzt grinste er wieder wie ein Schuljunge und machte sich voller Eifer an seinen Job. Während Buffy sich abwand und wieder ins Haus ging. Sie würde heute zur Magic Box gehen und dort von ihrem seltsamen Gefühl gestern erzählen. Dann überlegte sie noch, was zu tun war. Die Müllabfuhr war erst vor kurzem da gewesen. Dawns Schule hatte keine Tadel oder ähnliches verschickt und kein Treffen gefordert. Die Frau von dem Jugendamt hatte sich nicht wieder gemeldet.

Es sah alles so aus, als hätte sich Buffy Summers einen freien Tag ergattert. Über den Gedanken musste sie lächeln. Auch wenn es in ihrem Leben nicht viel zu lächeln gab. Es war okay, aber eben nicht überragend. Anderen ging es um einiges besser. Und das schon immer, nicht erst seit ihre Freunde sie aus dem Himmel gerissen hatten.

Sie musste an Spikes Worte denken, die er im Song geträllert hatte: „Den Schmerz, den du fühlst kannst du nur durch leben heilen." Das war schon eine äußerst seltsame Erfahrung gewesen. Zu singen und zu tanzen. Und obwohl der Bann sich bereits gelegt hatte, so hatte sie noch immer manchmal das Verlangen einfach loszusingen. Das tat sie sogar manchmal.

Jedenfalls leise und auch nur, wenn sie auf den Friedhöfen war, denn die einzigen Zeugen lebten eh nicht sonderlich lang.

Wenn sich in ihrem Leben alles normalisierte, vielleicht würde sie Spike oder Xander erneut den Dämon rufen lassen, denn irgendwie hatte ihr das gefallen. Es war erleichternd gewesen, sich den Frust von der Seele zu singen. Aber zuerst sollte sie ihr Leben wieder in Ordnung bringen. Und sich vielleicht einen besseren Job suchen. Aber was konnte sie schon außer Vampire jagen? Das Colleg wollte sie nicht mehr! Sie hatte keine fertige Ausbildung! Da war der Doublemeat Palace sogar schon wirklich ein toller Job.

Es hätte sie auch noch schlimmer treffen können. Zum Beispiel Lehrerin oder Toilettenputze. Nichts gegen die beiden Jobs. Aber Buffy war nicht so ein Fan von Unterricht und von Toiletten sowieso nicht.

Sie schloss die Tür hinter sich, lies sie aber so, dass man sie von außen öffnen konnte. Dann sah sie sich in der Küche um. Der Berg an Tellern stieg auch immer weiter, seit niemand mehr da war, der ihn entfernte. Okay, Willow manchmal, aber sie war im Moment ja auch nicht zu Hause. Also machte Buffy sich an die Arbeit. Doch bevor sie loslegte, fiel ihr Blick auf einen Zettel auf dem Tisch.

Willows Handschrift.

Hi Süße
Ich bin am Colleg. Du weißt schon , der Ort mit den vielen Büchern und den spuckenden Lamaprofessoren. Die Vorlesungen dauern so bis kurz nach vier, danach bin ich in der Magic Box und sehe Anya einwenig auf die Finger. Dawn ist in der Schule, wo auch sonst... Danach kommt sie auch in den Zauberladen. Erschreck nicht, Xander kommt noch vorbei (falls du es vergessen hattest)...
Kuss
Willow

Buffy schmunzelte und war gleichzeitig einwenig traurig. Immerhin konnte sie nicht mehr zum Colleg und dabei hatte sie sich gerade angefangen darin wohl zu fühlen. In der Rolle der Studentin. Es hatte sogar Spaß gemacht mit Willow nach den Vorlesungen zu diskutieren. Einfach toll, war alles was ihr einfiel. Aber jetzt war die Zeit vorbei. Und würde Willow nicht bei ihr wohnen, dann würden sie sich wahrscheinlich kaum noch sehen.

Sie entfernte sich leider von ihren Freunden. Auch wenn jetzt bald bei Anyas und Xanders Hochzeit in einer Woche alle wieder beisammen waren. Doch jeder hatte sein eigenes Leben und das musste nun mal bestanden werden. Deswegen war es auch schade, dass Buffys Leben sich nur noch in Gefahrensituationen mit ihren Freunden überschnitt.

Und auch nur, weil sie als Anlaufstelle die Magic Box hatten. Sie warf den gelesenen Zettel in die Papiertonne und begann damit die dreckigen Teller und das Besteck zu waschen. So konnte sie sich beschäftigen, solange Xander ihren Garten auf Vordermann brachte. Dafür war sie ihm sehr dankbar. Denn sie konnte es zwar selbst machen, aber irgendwie fühlte sie sich überhaupt nicht motiviert dazu. Und dabei hatte Buffys Mom doch so viel Mühe in den Garten gelegt. Deswegen wollte sie ihn auch nicht verkommen lassen. Ein letztes Andenken an ihre Mom. Trauer stieg in ihr auf, die sie aber schnell wieder runterkämpfte. Sie wollte nicht mehr traurig sein. Nachdem der Abwasch erledigt war, öffnete sich auch kurz danach die Tür und Xander kam rein: „Hey. Ich konnte die Sache mit dem Kaffee nicht abschlagen.", er setzte sich an den Küchentisch und blickte seine Freundin erwartungsvoll an.

„Sicher. Aber vorher muss ich dann den Kaffee erst mal machen.", sie begann damit Kaffeefilter und Kaffeepulver herauszukramen. „Also wirklich Buffy. Ich dachte du hättest alles schon fertig. Hast du etwa bei dem Hausfrauenkurs am Colleg nicht teilgenommen?", fragte Xander vollkommen trocken. Die Jägerin blickte ihn geschockt an: „Wie? So was gab es da?", bis ihr plötzlich klar wurde, dass sie mit Xander sprach. So hundertprozentig Ernst durfte man nichts nehmen, außer es ging um Standpauken und die hatte er Buffy zu genüge gehalten. Hauptsächlich wegen Angel. Und eine wegen Riley. Doch diese hatte er gehalten, um sie zur Vernunft zu bringen ihn zu halten. Er hatte Riley leiden können.

Eigentlich hatte das jeder. Und doch war er jetzt fort. Doch ob er das richtige für sie gewesen wäre? Sam und ihm ging es sicher besser. Denn Buffy wurde immer stärker und Riley war einfach ein Mensch. Er würde nicht mit ihr mithalten können. Und das hatte ihn doch gestört, auch wenn er es niemals zugegeben hatte. Schade, denn Buffy hatte ihn geliebt. Sie hatte ihn Bedingungslos geliebt und doch war er weg.

Genauso wie Angel! Sie hatte kein besonders gutes Händchen für Männer, da fragte sie sich manchmal ob Willow nicht den besseren Weg gewählt hatte. Sie schmunzelte und wartete, bis der Kaffee durchgelaufen war, dann schenkte sie Xander eine Tasse ein und reichte sie ihm: „Hier für den Herren." „Danke.", er griff nach der Tasse und nippte daran, während Buffy sich zu ihm hinbeugte: „Und gibt es irgendwas neues im Leben des Xander Harris?" „Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Quasi gestern?", er überlegte: „Nö. Aber die Verwandten bringen mich noch um.

Die spinnen total und Anyas Dämonen Freunde legen sich die ganze Zeit mit denen an.", er nippte noch mal an der Tasse: „Echt. Es ist schon gut, dass meine Verwandten alle entweder so besoffen sind, dass sie nicht realisieren wen sie vor sich haben, oder einfach nur so beschränkt sind...oder beides!" Buffy lächelte: „Du hast es echt nicht leicht mein Großer. Aber ich wette es wird eine schöne Hochzeit." „Ich auch. Und danach fliegen Anya und ich erst mal weg. Und wer weiß, vielleicht kommen wir ja nicht wieder.", er grinste ironisch. „Wer weiß.", meinte Buffy nachdenklich und ging zum Kühlschrank, öffnete diesen und fand immer noch gähnende Leere. Sie sollte echt wieder einkaufen gehen. Xander trank seinen Kaffee aus, während sie noch einwenig über Gott und die Welt redeten. Sie taten es nicht wirklich, aber ihre Gespräche waren total oberflächlich und von ihrer Freundschaft sah man kaum was. Schließlich stand Xander auf, umarmte Buffy zum Abschied und ging: „Anya wartet in der Magic Box.", er zuckte mit den Schultern, als wolle er sich entschuldigen. „Dann sehen wir uns ja noch.", erwiderte Buffy und geleitete ihn zur Eingangstür: „Bis später.", sie schloss die Tür und blickte sich in dem leeren Haus um. Langeweile! Leere! Routine!

Diese drei Worte beschrieben Buffys Leben nur zu genau. Sie wollte wieder etwas neues unternehmen. Also griff sie nach dem Haustürschlüssel ging hinaus, nicht ohne einen Pflock vorher in ihrer Jeansjacke, die sie sich übergezogen hatte, verschwinden zu lassen. Sie konnte Xanders Wagen vom Revello Drive biegen sehen, dann war er bereits verschwunden. Sie blickte zu ihrem eigenen Wagen, dem SUV ihrer Mutter. Doch sie entschied sich dagegen. Der Tag war viel zu schön, um nicht zu Fuß zu gehen. Außerdem wollte sie ja Zeit totschlagen gehen. Also wählte sie den Weg zur Sunnydale Mall, obwohl dieses etwas außerhalb der Stadt lag. Sie brauchte eine volle halbe Stunde und einige zerquetschte Minuten um das große Gebäude zu erreichen. Aber sie schaffte es und sie war auch keineswegs erschöpft.

Sie betrat das Gebäude und suchte sich einen der Supermärkte in diesem Gebäude aus und blickte in ihr Portmonee. Auch dort herrschte gähnende Leere. Sie hatte nur zehn Dollar in ihm. Und auf ihrem Konto besaß sie auch nicht besonders viel. Der Job im Doublemeat war eben nicht besonders Gewinnbringend. Es reichte gerade aus, um das Haus auf dem neusten Stand zu bringen (das meiste machte Xander) und die Rechnungen für Storm, Gas, Wasser, Telefon und ähnliches zu zahlen. Desinteressiert schlenderte sie durch die von Regalen gesäumten Gänge und blickte auf die verschiedenen Lebensmittel, packte einiges in einen Korb ein. „Summers? Buffy Summers?", erschrocken blickte die angesprochene auf. Zuerst realisierte sie nicht wirklich, wen sie da vor sich hatte. Doch dann viel es ihr wie Schuppen von den Augen: „Cordelia?" Sie war wie versteinert.

Was zur Hölle tat Cordelia hier. War sie nicht bei Angel in L.A? Und das wichtigste: „Seit wann kaufst du ein?" Sie wollte sich auf die Zunge beißen, dass sie das laut gesagt hatte. „Seit einiger Zeit. Seit es mit meiner Schauspielkarriere nicht so gut geklappt hat.", erklärte die ehemalige Queen der High School. Sie hatte sich stark verändert. „Nicht so gut?", Buffy zog eine Augenbraue hoch. „Na gut, sagen wir: Gar nicht.", erwiderte Cordelia und sah sich in den Regalen nach etwas um, was sie in ihre Tüte stopfen konnte. „Aber was tust du hier?", wollte Buffy von ihr wissen. „Ich? Ach so...stimmt ja, dass ist Sunnydale. Hab ich irgendwie verdrängt.", sie atmete einmal tief durch und erklärte dann: „Angel hat von einer Gefahr die ganz Sunnydale infiltrieren wird gesprochen und Wes, Fred und mich geschickt, um nach dem Rechten zu sehen."

„Er weiß doch sicher, dass wir hier alles unter Kontrolle haben, oder?", sie wusste nicht, warum sie so patzig antwortete. Aber sie hatte es einfach satt, dass Angel sie immer bemutterte. Hallo, sie war gestorben und aufgehalten hatte es sie trotzdem nicht. „Sicher, sicher. Er zweifelt nicht an eurem können, denk ich.", Cordy zuckte mit den Schultern: „Jedenfalls sind wir jetzt hier und ich kaufe für die anderen ein." „Gut.", Buffy setzte sich in Bewegung. Doch Cordelias Nächste Worte ließen sie stocken: „Er meint, dass er dich vermisst, Buffy." Sie schluckte einen schweren Kloß runter.

Hatte er die ganze Zeit gewartet? Während sie sich mit Männern vergnügt hatte? Hatte er niemanden neues? Niemanden vampirisches? „Und er will Unterstützung holen, dann kommt er her.", fuhr Cordy fort. Buffy drehte sich zu ihr um, lächelte: „Okay.", Cordy drehte sich weg, um ihren Weg fortzusetzen, doch jetzt war Buffy an der Reihe sie aufzuhalten: „Kennst du den alten Zauberladen in der Innenstadt?", Cordelia nickte: „Wenn du willst, komm dahin.

Er gehört jetzt uns." Dann drehte sie Cordelia den Rücken zu und setzte ihren Einkauf fort, bezahlte mit der EC Karte und verließ die Mall. Vielleicht war die Gefahr, vor der Angel sprach dieselbe, die auch Buffy gestern gespürt hatte. Sie mussten schnell mehr herausfinden. Und außerdem sollten die anderen vielleicht erfahren, wer in der Stadt ist. Ihr Schritt wurde immer schneller. Sie hatte es plötzlich ganz eilig zu den anderen zu gehen.

Fortsetzung folgt: