KAPITEL ZWEI
Anya blickte auf, als das Glöckchen über der Tür leise klingelte. Ein Kunde?
Heute hatte sie noch nicht so viele Kunden gehabt und das war schade. Wo sollte sie sonst das Geld her nehmen? Seit Giles weg war ging es dem Laden nicht besonders. Er hielt sich, sogar besser als manche anderen Privatunternehmen, was wahrscheinlich am Höllenschlund lag, aber der Profit war bei weitem nicht so hoch wie vor einem Jahr, als der Laden noch neu gewesen war. Mittlerweile kamen nur noch echte Profis oder Leute, die ihren Verwandten ein Geschenk kaufen mussten aber keine große Lust hatten. Sie kauften dann Amulette und ähnliches.
Aber die Profis waren meist nicht besser. Sie kauften Sachen und eine Woche später erzählte Buffy dann, dass sie ein Kerl mit genau dem gleichen Zauber überfallen hat, wie der Typ von vor einer Woche, der ihn hier gekauft hatte. Das war auch der Höllenschlund schuld. Aber sie wollte ihn nicht verfluchen, denn immerhin florierten deswegen die Zauberläden und die Jägerin langweilte sich nie. Was wollte man mehr?
Die Person, die herein kam war Anya fremd. „Oh Klasse.", murmelte sie leise und rieb sich erwartungsvoll die Hände. Sie blickte auf ihre Uhr. Kurz nach zwölf: Erster Kunde! Die junge Frau, die jetzt vorne stand und sich umsah, hatte braunes, gewelltes Haar und trug ein gelbes T-Shirt und einen braunen Rock. Kunden waren schon was tolles, da war es egal was sie trugen. Anya rief sich auch in Erinnerung, was Xander und die anderen ihr beigebracht hatten. Immer nett und höflich sein, niemals zu viel Rückgeld geben und das wichtigste: Der Kunde war König.
Anya schritt hinterm Tresen hervor und ging auf die junge Frau zu, die einige der Amulette in ihren Fingern hielt und sie ansah. „Kann ich ihnen behilflich sein?", wollte die Verkäuferin fröhlich wissen. Sie war voll in ihrer Rolle. Die junge Frau lächelte verlegen: „Ja. Ich bräuchte einige Bücher." „Bücher haben wir dahinten.", sie weiß auf den Ständer unter der Privatgalerie von Giles.
Die Frau nickte dankbar und schritt zu den Büchern hin. Anya ließ sie alleine. Kunden mochten es nicht, wenn man ihnen auf Schritt und Tritt folgte, sie fühlten sich dann ungewollt und hatten auch nicht den Wunsch etwas zu kaufen. Das war nicht gut, denn dann fehlte Geld.
Also strich sie stattdessen ihre Bluse glatt und blickte zu Tara, die in dem Moment die Stufen von der Galerie hinabging.
Sie war immer dann hier, wenn Willow und die anderen gerade unterwegs waren. Sie schien sich noch immer nicht mit ihrer Freundin vertragen zu haben. Tara grüßte die junge Frau freundlich und ging dann zu Anya hin: „Ein Kunde, erstaunlich.", sie lächelte. Die Ex Dämonin lächelte sanft und nickte, dann ging sie zurück hinter den Tresen und machte sich daran die Zeitschriften über Hochzeit zu wälzen. Bald war es so weit. Noch sieben Tage, dann waren sie und Xander endlich verheiratet. Und die Verwandten würden auch endlich verschwinden. Sie mochte sie...manchmal, aber im Moment nervten sie eigentlich nur. Es waren einfach zu viele, die sich kein Hotel leisten konnten, weil sie Arbeitslos waren (Xanders Verwandte) oder weil sie einfach so hässlich waren (Anyas Freunde). Doch einige von ihnen hatten lange und anstrengende Reisen durch die Dimensionen unternommen, nur um Anyanka beizustehen.
Viele waren aber auch einfach wegen dem Gratisessen gekommen. Wie diese Familie von Grotog Dämonen. Tierisch hässlich, einwenig stinkig und vor allem darauf aus Menschenfleisch zu kosten. Dummerweise hatten sie es nicht ausgehalten und waren Nachts durch Sunnydale gezogen. Daraufhin hatte Buffy sie erwischt und puff...schon hatte Anya vier Plätze weniger auf ihrer Seite der Gäste.
Dabei hatte Anya alle vorher ausdrücklich gewarnt, sie sollen, wenn sie schon rausgehen, niemanden anfallen und vor allem irgendeinen Beweis dabei haben, dass sie nur wegen der Hochzeit und nicht wegen dem Höllenschlund gekommen waren. Wo sie wieder beim Höllenschlund war. Doch bevor sie den Gedanken weiter verfolgen konnte, kam die junge Frau mit zwei Büchern in der Hand zu ihr. Anya nahm sie entgegen und besah sich unauffällig die Einbände. Kulte, Sekten und Religionen und Rituale zur Seelenleerung. Beide Bände waren nicht sonderbar interessant, aber die Frau schien es eilig zu haben. Also kassierte sie das Geld, was nebenbei bemerkt unverschämt wenig war für zwei Bücher, packte alles in eine Tüte, gab sie der Frau und meinte: „Schönen Tag noch."
„Danke gleichfalls.", erwiderte diese, nahm die Tüte und ging. Tara lächelte sie noch einmal an, dann klingelte das Glöckchen ein weiteres Mal und der Laden war still. Bis auf das plötzliche Klirr. „Oh.", entfuhr es Tara.
Im nächsten Moment war Anya bereits bei ihr, um den Schaden zu begutachten. Tara hatte beim herausnehmen einer Salbe eine Flasche umgeschmissen, die nun auf dem Boden zersprungen war. „Das ist Dämonenurin, den bekomm ich nie wieder aus dem Boden heraus." „Tut mir Leid.", entfuhr es Tara kleinlaut. „Ach.", winkte Anya ab, was eher wie deine Entschuldigungen jucken mich nicht wirken sollten: „Hol mir lieber Krauses Lehrbuch." Die Hexe nickte kurz, stand auf und stürmte zum Buchständer, wühlte dort einwenig herum und kam mit einem Buch zurück.
„Danke.", Anya nahm es entgegen und öffnete kurze Zeit später die richtige Salbe. „Ein Verschwindungszauber?", wunderte sich Tara: „Das kann schief gehen."
„Hey, ich bin immerhin Rachedämonin gewesen. Dann schaff ich das auch.", zischte Anya, wütend über das Missgeschick, dass Tara wiederfahren war. Sie konzentrierte sich und murmelte leise die lateinischen Silben, dabei schloss sie die Augen, während Tara sich erhob und tiefer in den Laden hineinging.
Als sie die Augen wieder öffnete war die Flüssigkeit und die Scherben verschwunden. Sie lächelte und schlug das Buch zu. Erschrocken blickte sie aber ihre Hände an, als diese aufeinander schlugen und keine Buchseiten. Das Buch war verschwunden. „Ups.", entfuhr es Anya. Sie hoffte, dass keine weiteren Konsequenzen aus diesem Zauber hervorgehen würden.
Buffy betrat eine dreiviertel Stunde später den Zauberladen. Das Glöckchen über der Tür kündete ihre Ankunft an. Im Laden selbst herrschte Stille. Anya saß am Tisch und lass. Tara wühlte hinten in den Regalen, auf der Suche nach irgendwas. „Hey.", grüßte Buffy die beiden Frauen und stellte die Tüte mit den Lebensmitteln auf einem der Stühle ab, streifte ihre Jacke ab und hing diese über denselben Stuhl: „Was gibt's neues?"
„Hm.", war alles, was Anya erwiderte. Sie war total vertieft in ihre Lektüre, die sich übrigens als Zauberbuch entpuppte. Schließlich gab Tara die Antwort: „Nichts!", dabei wirkte sie allerdings einwenig verwirrt: „Und ich denke, ich gehe jetzt. Tschüss." Kurze Zeit später war das verklingende Glöckchen alles, was von ihrer Anwesenheit zeugte.
„Das war ja seltsam.", die Jägerin zuckte mit den Schultern und sah sich in dem Laden um: „Sieht leer aus." „Wir haben auch geschlossen.", erklärte die Ladenbesitzerin abwesend. Buffy hob fragend beide Augenbrauen, beließ es aber dabei: „Xander ist nicht hier?" „Doch. Hinten im Trainingsraum. Er repariert gerade einiges.", erstaunlich wie Anya gleichzeitig reden und lesen konnte.
Buffy nickte abwesend und sah sich im Laden um. Sie hatte schon kurz bevor sie den Laden erreicht hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend verspürt doch es schien jetzt einwenig stärker zu werden. Und trotz ihrer gründlichen Inspektion kam ihr nichts seltsam vor. Alles war beim alten. Außer...sie blickte hinauf zur Galerie. Vielleicht war da oben irgendwas. Ein Parasit, der wuchs, oder ein Dämon oder einfach nur eine Ratte.
Jedenfalls wollte sie oben nachschauen gehen. Also trat sie zu der Leiter hin und kletterte hinauf.
Auf halber Höhe verfehlte sie eine Sprosse und fiel beinah Kopfüber auf den Tisch, was diesem nicht gut bekommen hätte. Aber dank ihrer Reflexe konnte sie sich oben noch festhalten. Mit dem Fuß suchte sie die nächste Sprosse, doch da war keine. Geschickt sprang sie zu Boden und blickte die Leiter an. Tatsächlich!
In der Mitte fehlte ein Stück. Doch es war bis gerade eben doch noch da gewesen? „Anya. Sieh dir das mal an.", sie deutete hinauf. Die Ex Rachedämonin folgte ihrer Hand und erschrak: „Oh shit.", entfuhr es ihr, dann begann sie wieder (dieses Mal etwas hektischer) in ihrem Buch zu blättern.
„Okay. Vielen Danke für die Antwort.", murmelte Buffy zynisch und blickte noch mal zu der fehlenden Leitersprosse hinauf. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Doch sie wollte sich nicht damit befassen, dass war Sache des Ladenbesitzers, der allerdings im Moment in England verweilte. Ihr Blick fiel auf die Uhr: Kurz nach zwei. Willow würde erst in zwei Stunden hier ankommen, das hieß sie hatte Zeit ihre Kräfte einwenig zu trainieren. Also ging sie nach hinten in die Übungshalle, wo sie auch auf Xander stieß.
„Na du.", grüßte er sie. Sie erwiderte mit einem Lächeln. „Willst wohl wieder auf die arme Strohpuppe einkloppen.", er grinste. „Japp. Hatte ich vor.", dann entschied sie, es Xander schon jetzt zu sagen: „Du wirst nicht glauben wer in der Stadt ist." Xander schwieg. Und sie fuhr fort: „Deine Ex!"
„Cordy!", er wirkte äußerst erstaunt: „Und warum?" Buffy zuckte mit den Schultern: „Sie sprach nicht unbedingt aus dem Nähkästchen." „Cordy?", Xander lachte auf: „Die Queen of Lästernis persönlich?" Buffy nickte: „Sie scheint sich verändert zu haben. Wirkt nicht mehr so Oberflächlich, wenn du verstehst was ich meine."
„Ich war ein Jahr mit ihr zusammen, ich weiß was du meinst.", erwiderte Xander und drehte noch einige Schrauben fest, prüfte dann ob der Schreibtisch hielt. Währenddessen zog Buffy ihre Hose aus und ging zu den Trainingsklamotten, die sie von vor einiger Zeit noch hier liegen hatte und schlüpfte in bequeme Hosen. Dabei störte es sie nicht sonderlich, dass Xander ihre Unterwäsche hätte bewundern können.
Denn er tat es nicht. Er war ein richtiger Gentleman geworden. Und das wollte bei Xander schon was heißen. Die Jägerin begann mit einigen Dehnübungen, um sich dann wie wild auf den Boxsack zu stürzen.
Fast zwei Stunden später hörte sie mit dem Training auf und zog sich wieder um. Vor einer Stunde war Xander wieder aus der Übungshalle verschwunden und sie war mit ihren Sachen alleine geblieben. Sie hatte noch einige neue Moves auf der Matte probiert, hatte Xanders Puppe (anstelle von Spike) bearbeitet und hatte, warum auch nicht, zu Musik getanzt. Das hielt fit und brachte sie ins schwitzen.
Aber als sie wieder fertig angezogen war, ihre Haare zu einem Zopf gebunden hatte und zu den anderen stieß, fühlte sie sich keineswegs fit. Eher ausgelaugt und müde. Was wohl an ihren seltsamen Arbeitszeiten lag. Meistens arbeitete sie Abends. Aber einige Mal musste sie auch Nachts einspringen, obwohl sie eigentlich besseres tun könnte: Zum Beispiel schlafen.
Sie waren alle da. Xander, Willow, Dawn, Anya und Spike. Tara fehlte, aber das war seit einiger Zeit nichts neues mehr.
Tara hatte sich einwenig distanziert. „Hey Buffy.", grüßte Willow ihre Freundin. Buffy schenkte ihr ein warmes Lächeln und wand sich an Dawn: „Hey. Wie war denn die Schule?" „Wie immer.", als die anderen nicht nickten, wie Dawn erwartete fügte sie hinzu: „Ätzend."
„Ich wusste was sie meint, aber ich bin Opportunist.", fügte Xander schnell hinzu und erntete fragende Blicke: „Hey. Ihr wisst doch noch wie viele Stunden ich während der gesamten High School Zeit in etwa im Unterricht war."
„Zwei?", fragte Anya. „Wie kommst du denn darauf?", wollte Willow von ihr wissen. „Na ja. Ich hab die Unterrichtsstunden gezählt, wo ich ihn gesehen hab.", erklärte die Ex Rachedämonin. Buffy überließ ihre Freunde ihren Spielerein und wand sich kurz an Spike, der sie die ganze Zeit über genauestens beobachtete. Sie blickte ihn einen Moment schweigend an, dann sah sie weg.
„Okay. Der Grund, dass ich euch alle hier versammelt hab ist...", Buffy legte eine künstlerische Pause von wenigen Sekunden ein. „Wir.", in dem Moment schritten drei Gestalten in den Laden. Wieso hatte keiner von ihnen das Glöckchen gehört?
Wesley, Cordelia und Fred kamen in den laden. Die letzte musste Fred sein, da Cordelia sie erwähnt hatte und sie die einzige war, die Buffy fremd war. „Hey. Das ist die Frau von vorhin.", meinte Anya und deutete auf die schüchtern wirkende junge Frau mit der Brille. „Hallo Leute.", grüßte Cordelia die anderen. Willow erhob sich und umarmte ihre ehemalige Freundin kurz.
Cordelia erwiderte diese Geste, wenn auch etwas zögerlich. „Wow. Eine Familienfeier.", murmelte Spike sarkastisch. Wesley blickte ihn geschockt an: „Sind sie nicht William der Blutige?" „Japp.", Spike grinste, erfreut darüber wenigstens bei jemandem noch ein leichtes Panikgefühl auszulösen. Doch Buffy machte ihm das (nur zu gerne) kaputt: „Er ist vollkommen harmlos."
Ihr ehemaliger Wächter schien nicht sonderlich begeistert von der Erklärung zu sein und ging lieber einwenig auf Abstand. „Jedenfalls hat Cordy mir von einer Bedrohung erzählt.", begann Buffy, nachdem sich die allgemeine Aufregung einwenig gelegt hatte: „Und da sie jetzt da sind, könntet ihr es vielleicht genauer erläutern."
Cordelia nickte und Fred trat vor: „Habt ihr vielleicht irgendwas zum schreiben, eine Tafel oder so?" Xander nickte: „Haben wir. Spike hilfst du mir." „Warum ich?", wollte Spike wissen. „Weil ich dich nerven will.", erwiderte Xander düster und der Vampir erhob sich widerwillig. Da er Xander nur mit Worten treffen konnte und dieser auf dieser Ebene so gut wie unangreifbar war, schwieg er lieber.
Fortsetzung folgt:
