--Blütenstaub--
Teil 5
-Gute Nacht-
Emotional overkill – don't die of a broken heart
-Teil: 5/ 7 (6 und 7 Epilog 1 & 2)
-Name: Teil 5 – (Gute Nacht) Emotional overkill : don't die of a broken heart.
Teil 4 – velvet touch : spider and the fly
Teil 3 – famous last words: isn't it funny how it hurts
Teil 2 – without you I'm nothing : feed you with a kiss
Teil 1 – united and lost: something for the pain
-Pairing: Omi/Nagi hauptsächlich... (Aya X Yohji; Brad X Schu)
-Warnung: TASCHENTÜCHER Ahead!!!! Achtung! Das ist das Death-Kapitel!
-Kommentar: Oh... das ist ein langer Teil, aber ich konnte nicht mehr anhalten beim Schreiben. Ich bin sicher, man hätte auch das eine oder andere weglassen können, aber ich finde es gut so. Mein Gott.. ich habe wirklich das erste Mal einen Chara so... traurig sterben lassen. Fand den Schreibprozess dieses Teils persönlich sehr aufwühlend puuhhh und ich bin froh, dass ich es geschafft habe. Sogar recht schnell dieses Mal! Das Lied „Gute Nacht" ist von „Schock" vom Album ‚Glamour' (nein, es ist nicht tuffig, auch wenn es sich so anhört -). Habe nur aus „meine Göttin" mal eben „mein Gott" gemacht.
Das ganze „WeißKreuz-Wunderland" gehört nicht mir und Geld gibt es sowieso nicht, da wir alle ganz arm sind. Ich arbeite nur wegen den Reviews und den Leuten, die das gerne lesen
-Finales Beta von meiner Beta-Maus Koishii knuff:
-Ihr Kommentar:Erstma: haste ma nen Tempo-heul-schnief-Tränen wegwisch- Gott, das is ja schrecklich! Warum müssen die so sehr leiden?? Ich muss ehrlich sagen, dass ich selten eine so mitreißende und, so grotesk es klingen mag, schön/toll geschriebene Szene gelesen hab wie du sie uns hier bringst. Ich bin wirklich voll getroffen und bestürzt, weil ich trotz allem noch dran geglaubt hab, dass er es vielleicht doch schafft...und ich glaube, die Art, wie er stirbt, diese eine Szene, in der Omi auf den Gang läuft, ich glaube, das macht das Bedrückende, Schockierende und den Schmerz aus, den man empfindet, wenn man die Geschichte dann zu Ende liest...Wirklich gute Arbeit, wenn auch eben traurig, aber solche Geschichten braucht man schließlich auch.
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Nur widerwillig habe ich mich von dir aus dem Bett schmeißen lassen. Dabei trafen immer 2 Sachen aufeinander, die mir den Weg in die Schule besonders schwer machten: 1. Es war viel zu früh und entgegen meinen Erwartungen waren diese Krankenhausbetten voll bequem... und 2. Ich musste dich zurücklassen und ich weiß, wie sehr viel bedrückender ein Krankenhauszimmer wirkt, wenn man allein darin ist.
Obwohl um diese Tageszeit noch kein Stau an den Fahrstühlen herrscht, nehme ich die Treppe. Warum? Ganz einfach... ich laufe Gefahr, während der Fahrt im Aufzug einfach wieder einzuschlafen. Die kalte Luft außerhalb des Gebäudes, auf dem Weg zum Laden und damit zum Frühstück mit den meinen ‚Killer-Freunden', sorgt dafür, dass ich relativ munter in die Küche stürme. Bei dem ganzen Krankenhausessen bekommt man unglaublichen Hunger, sobald man außerhalb des Gebäudes ist.
Ken umarmt mich und ich freue mich ehrlich, ihn zu sehen. Yohji hängt ziemlich verschlafen auf dem Stuhl, wurde anscheinend nur aus dem Bett geholt, um an der Mahlzeit teilzunehmen.
Aya wirft ihm versöhnliche Blicke zu und ich merke, dass auch er noch nicht wirklich ausgeschlafen ist. Lächelnd stelle ich – auch laut genug für die anderen – fest, dass dort wohl jemand eine lange Nacht gehabt hat. Aya errötet leicht und fragt mich, ob ich Kaffe oder Kakao möchte. Mein Herz stellt mit leicht trübseligem Seufzen fest, dass ich das hier vermisse.
Mein Schulweg gestaltet sich anschließend um einiges heiterer als für gewöhnlich, da Ken mich begleitet. Ihm ist es egal, welchen Häuserblock er bei seiner morgendlichen Joggingtour umrundet. Lächelnd gebe ich ihm Recht, freue mich über seine Gesellschaft und empfinde den Weg zur Schule das erste Mal für zu kurz.
Der folgende Unterricht vergeht – je später es wird – immer langsamer. Außerdem sind hier nur wenige Personen im Stande, mich vom „Minuten-bis-ich-wieder-bei-Nagi-bin" – Zählen ablenken zu können. Der Gedanke an meinen Notenschnitt – und wie verärgert du darüber sein würdest, wenn ich Zitat Nagi aus den falschen Gründen auch noch meine Zukunft in den Sand setze – hält mich in Mathe und Englisch relativ konzentriert. Sport – am Ende des Schultages – kann mein Interesse jedoch nicht im Geringsten halten, weswegen ich mich den düsteren Gedanken um dich, deine Krankheit und um ‚uns' hingebe.
Schlussendlich bin ich so besorgt und eingewickelt von einer unterschwelligen, schleichenden Angst, dass ich nach dem Abpfiff des laienhaften Fußballspiels – das ich als Auswechselspieler von der Bank aus.... nicht wirklich wahrgenommen habe – aus der Halle stürze und fast vergesse, mich umzuziehen.
Die Nummern der Krankenzimmer rasen an mir vorbei. Ich renne streckenweise die endlos erscheinenden Gänge entlang, nur wenn mich der strafende Blick einer Krankenschwester trifft, verfalle ich in einen nicht minder hastigen Gang.
Dieses Mal zögere ich keine Sekunde und betrete das Zimmer, in Erwartung deines lächelnden Gesichts, das alle meine Sorgen für grundlos erklärt und vertreibt. Doch was ich sehe, verstärkt den Klammergriff der eisigen Hand, die sich um mein Herz gelegt hat, deutlich. Meine Tasche fällt unweit der Tür zu Boden, ich gehe wie paralysiert auf dein Bett zu. Eine Schwester unterbricht kurz ihre Tätigkeit und sieht mich an. Ich bekomme kein Wort heraus, starre nur – Übelkeit unterdrückend – auf die Flüssigkeit, welche durch die dafür vorgesehene ‚Einrichtung' auf deinem Handrücken, in deinen Körper fließt, dein blasses Gesicht, deine vor Schmerzen verzogenen Augen, deine Hände, die sich in die Bettdecke krallen. Erst jetzt fällt mir auf, dass mein Bett weggeschoben wurde. Die Krankenschwester war meinem Blick gefolgt. „Wir mussten für die Behandlung von beiden Seiten an das Bett. Ich frage den Arzt, ob du es nachher wieder ranschieben darfst."
Dazu kann ich nichts sagen. Immer noch hält mich dein Anblick gefangen. Mir war bewusst, dass du die ganze Zeit nicht gesund warst... aber jetzt... jetzt siehst du so krank aus, dass es mir fast den Glauben an eine Zukunft für uns raubt. Du schläfst wohl, atmest aber unregelmäßig.
„Was ist passiert?", bringe ich endlich – nach fast 5 Minuten heraus. Die Schwester streicht dir noch einmal über die Stirn – erst jetzt fällt mir eine genähte Wunde dort auf, da sie vorher von deinen Haaren verdeckt wurde – und über deine Wange, wodurch sich deine Gesichtszüge etwas entspannen. Ich halte mich zurück, denn fast hätte ich ihr gesagt, dass sie das gefälligst zu lassen hat. Sie umrundet das Bett und setzt sich dann auf das zweite, leere Krankenhausbett im Zimmer. Verwirrt nehme ich neben ihr Platz.
„Heute Morgen, ungefähr 2 Stunden nachdem du weg warst, hatte er starke Kopfschmerzen." Als ich sie ansehe, um ihren Worten zu folgen, bemerke ich erst jetzt, dass ich sie kenne. Ihre gelockten Haare sind in einem Zopf zusammengefasst und ich erinnere mich daran, wie sie dich und mich immer besonders liebevoll, fast freundschaftlich behandelt hat.
„Dann..." Ich schrecke fast zusammen, als sie weiterspricht. Nein, ich will kein ‚dann' hören!
„...hatte er einen Anfall. Gerade als ich ihm das Frühstück bringen wollte, hörte ich, wie er vor Schmerzen aufschrie." In meinem Mund breitet sich ein unangenehmer Geschmack aus.
„Die Ärzte waren nur wenige Zimmer entfernt bei der morgendlichen Kontrolle. Ich kam als erstes ins Zimmer. Fast wäre mir das Tablett aus den Händen gerutscht. Er.. Er lag auf dem Boden, die Hände in den Haaren verkrampft und die Beine fest an den Körper gezogen."
Tränen steigen in meine Augen, ich beiße mir auf die Lippe und sehe dich an, wie du reglos in deinem Bett liegst. Du wirkst so klein und dünn... fast verloren auf der riesigen Matratze und unter der Decke.
„Er war nicht ansprechbar, hat seinen Kopf immer wieder auf den Boden geschlagen. Als ich dazu kam, hatte er das Blut schon über sein Gesicht verschmiert. Ich konnte ihn nicht beruhigen...." Einige Tränen laufen über meine Wangen und wenn ich mir nur vorstelle, wie du dich selbst verletzt – in der Hoffnung, den Schmerz in deinem Kopf gegen einen anderen, greifbareren ersetzen zu können – würde ich mich am Liebsten an deine Seite, zu dir ins Bett legen. Ich merke aber auch, dass die Schwester um ihre Fassung bemüht ist.
„Dann kamen die Ärzte. Als wir versucht haben, seine verkrampften Hände aus den Haaren zu befreien, hat er angefangen zu schreien... Seine gesamten Muskeln waren dermaßen angespannt, dass wir ihn so nicht aus dieser... Position befreien konnten. Es war ein riesiges Durcheinander und dann sind auch noch die Vasen und Gläser zersprungen..."
Dass die Blumen fehlten bemerke ich auch erst in diesem Moment. Das Personal war über deine ‚Außergewöhnlichkeit' schon früh unterrichtet worden und jetzt haben sie selbst ein wenig davon ‚kosten' können... Ich wundere mich, dass du deine Kräfte auch in dieser Situation noch so sehr im Griff hattest, denn es hätte auch locker mehr zu Bruch gehen können.
Sie reicht mir ein Taschentuch, das ich jedoch nur in meinen Händen halte und zerpflücke, anstatt die Tränen an ihrem Weg – über meine Wangen und das Kinn, auf mein Shirt und meine Hose – zu hindern.
„Schließlich haben wir es geschafft, ihn mit Medikamenten zu beruhigen. Zur Überwachung war er in den folgenden 3 Stunden auf einer anderen Station. Seitdem schläft er... mehr oder weniger ruhig."
Mir wird bewusst, dass sie das alles nicht hätte erzählen müssen oder dürfen. So gut es geht sehe ich sie dankbar an. Gemeinsam schweigen wir einige Augenblicke. Als sie sich schließlich erhebt, mir noch einmal über den Arm streicht, bevor sie dann das Zimmer verlässt, halte auch ich es nicht mehr auf dem Bett aus. Energisch wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht, bin mit wenigen Schritten bei dir.
Die Wunde auf deiner Stirn springt mich nun fast an. Das Bild deines blutüberströmten, im Schrei verkrampften Gesichts taucht vor meinem inneren Auge auf. Ich schließe die Augen, versuche es zu vertreiben. Doch es wirkt nicht.
Ich sehe dich auf dem Boden liegend, weinend, schreiend... den Kopf gegen den Boden schlagend. Plötzlich durchzieht auch mein Kopf ein zerreißender Schmerz. Mit einer Hand fasse ich an meine Stirn, will das Bild vertreiben, meine Augen öffnen, während ich versuche, mich mit der anderen am Bett abzustützen. Als ich auch an meine Schläfe drücke, sinke ich auf die Knie.
Längst laufen wieder Tränen über meine Wangen, doch ich registriere sie nicht. Merke nur, wie der –eingebildete – Schmerz verklingt. Ich fühle mich alt, kraftlos, mutlos. Irgendwie hieve ich mich hoch, lege mich neben deinen Körper an den Rand des Bettes. Vorsichtig, aber bestimmt lege ich einen Arm um deine Taille, vergrabe mein Gesicht in der Bettdecke auf deinem Bauch, rücke ganz dicht an dich heran. Immer noch werde ich von Schluchzern geschüttelt, während meine Tränen in dem Stoff der Decke versickern. Langsam beruhigt sich auch meine Atmung und ich gleite in die willkommene Dunkelheit des Schlafes.
Wodurch ich wach werde, weiß ich nicht. Bewegungslos bleibe ich so liegen, wie ich eingeschlafen bin. Mein Kopf scheint noch herrlich leer und ich achte nur auf den Rhythmus deiner Atmung, in welchem sich auch deine Bauchdecke hebt und senkt.
Als sich bei mir der Gedanke einschleicht, dass dir das Gewicht meines Kopfes und meines Armes vielleicht unangenehm oder hinderlich sein könnte, spüre ich eine Bewegung in meinen Haaren. Feingliedrige Finger gleiten durch meine blonden Zotteln und lassen ein warmes Gefühl in mir aufsteigen. Ein Seufzer löst sich und kommt geräuschvoll durch meinen Mund.
‚Er ist wach.', erreicht die freudige Botschaft auch endlich mein Gehirn.
Deine geschlossenen Augen und ein leichtes Lächeln beruhigen meine bereits wieder aufgekeimte Sorge um dich. Ich drehe mich etwas mehr auf den Bauch und greife nach deiner Hand, die bis eben noch durch mein Haar gefahren ist. Während ich sie vorsichtig küsse, dich dabei von unten her ansehe, öffnest du nun auch deine Augen und erwiderst meinen Blick.
Ich erkenne die tiefe Angst darin, die du mir nicht anders hättest eindrücklicher zeigen können. „Es ist schön, dich zu sehen."
Sofort rutsche ich höher, um dich direkt ansehen zu können. Fast panisch schlingst du deine Arme um mich, drückst dein Gesicht in meine Halsbeuge. „Ich bin so froh, dass du hier bist, Omi. Es tat so weh...." Was soll ich darauf sagen? Zwar kann ich mir die Schmerzen vorstellen, aber das hilft weder dir noch mir. Und wieder fühle ich mich in einem Moment, in dem ich – für uns beide – stark sein sollte, so unendlich hilflos.
Deine Hände haben sich in meinem Shirt festgekrallt. Beruhigend lasse ich meine Lippen über deinen Hals wandern. Du löst dich ein wenig, um unsere Münder für einen Kuss zusammen zu bringen, in dem all unsere Verzweiflung zum Ausdruck kommt. Ich schmecke dich und versuche, mir Geschmack und Gefühl einzuprägen.
„Ich habe gedacht, du würdest nie wieder deine Augen öffnen."
„So habe ich mich auch gefühlt. Ich konnte gar nichts machen... es war wie ein Film und als ich wieder aufgewacht bin, lagst du bei mir." Du sinkst wieder vollständig zurück in die Kissen und ziehst mich mit dir.
„Wie spät ist es?" Ich denke, du weißt genauso gut wie ich, dass diese Frage nicht nur zur Ablenkung gedacht ist. „Viertel vor 6. Meinst du...?" Langsam löse ich mich von dir und zucke mit den Schultern. „Weiß nicht. Ich frage nach." Nickend entlässt du mich ganz aus deinen Armen. Bevor ich aus dem Zimmer gehe, drücke ich dir noch einen Kuss auf die Stirn. Ich hoffe, dass dein Arzt noch im Hause ist. Auf keinen Fall werde ich bei dir sitzen und warten, bis du wieder einen Anfall bekommst. Ich habe das Gefühl, dass wir etwas tun müssen, nicht so lange ignorieren sollten...
„Wie fühlst du dich?" Schuldig steht am Fußende deines Bettes. Brad nur wenige Zentimeter dahinter. Tapfer versuchst du zu lächeln.
„Es geht. Nervös." Noch 15 Minuten.
Ich sitze neben dir, habe unsere verschränkten Hände auf meinem Schoß und sehe sie an. Es ist unglaublich, wie locker du aussiehst. Wahrscheinlich bin ich wesentlich nervöser als du, jedenfalls nach außen hin. Ich sehe genau, dass du mit dir kämpfst, wenn du dich im Raum umsiehst. Sie sind alle hier. Sogar Farf sitzt dicht an deinem Bett, auf einem Stuhl. Ab und zu streicht er dir eine Strähne aus dem Gesicht.
Ken und Yohji sitzen auf dem zweiten Bett. Letzterer drückt und knautscht ununterbrochen das Kopfkissen auf seinem Schoß. Auch eine Art, die Anspannung abzuarbeiten. Aya steht am Fenster. Sein Blick ruht auf mir und dir. Er beobachtet uns schon die ganze Zeit, hat aber auch noch kein Wort gesagt. Muss er auch nicht, ich sehe, dass er leidet... fast so sehr als würde er mein Leid mit übernehmen.
Noch 10 Minuten.
Crawford bewegt sich und tritt neben das Bett, steht nun direkt vor mir. Du richtest dich auf und siehst ihn an, weißt, dass es Zeit ist. Ich bin etwas überrascht, als er sich zu dir beugt und dich fest umarmt. Noch überraschter bin ich, als er selbiges auch bei mir tut. Eigentlich müsste ich weinen – der Rührung wegen –, aber ich habe das Gefühl, dass ich meine Tränen noch brauchen werde. Dann verlässt Brad den Raum. Schuldig haucht dir einen Kuss auf die Stirn und stupst meine Nase an, bevor er seinem Geliebten folgt. Normalerweise hätte ich gegrummelt, aber mir ist nicht danach.
„Ken." Du siehst meinen Freund an. Er lächelt leicht und nickt dir zu. „Ja, versprochen. Ich kümmere mich um ihn." Dann sieht er mich an und geht. Farf folgt ihm nur wenige Herzschläge später, nachdem er deine Haare ein letztes Mal berührt hat.
Aya bewegt sich nicht und somit ist es Yohji, der auf uns zukommt. Du erschrickst etwas, als er deinen Kopf in die Hände nimmt und deiner Schädeldecke schließlich „Komm raus du Drecks-Ding. Du hast ja keine Ahnung, wie sauer ich auf dich bin!" zuflüstert.
„Das wird den Tumor bestimmt (!) einschüchtern, Yohji." Aya stellt sich neben ihn, sieht aber uns beide abwechselnd an. Ohne weitere Worte geht er in die Knie und drückt unsere verschränkten Hände mit den seinen, scheint still – mit gesenktem Kopf – zu beten.
Dann sind wir allein.
Noch 5 Minuten.
„Wirst du mich auch ohne Haare mögen?" Du lächelst mich so gut es geht an. Ich nicke und ziehe deinen Kopf zu mir heran. Meine Stirn berührt deine, während ich meine Augen geschlossen halte. „Sie wachsen nach... Aber... bitte komm wieder zurück zu mir."
Wir küssen uns stürmisch.
„Ich weiß nicht... ich habe Angst. Was ist, wenn ich nicht mehr ich bin? Was ist, wenn ich gar nicht mehr..." „Wir sehen uns wieder.", unterbreche ich deine Horrorvisionen.
„Ja...", flüsterst du gegen meine Lippen.
Ich höre, dass die Tür geöffnet wird, doch es bleibt still. Meine Augen bleiben geschlossen, mein Griff um deine Hände verstärkt sich.
„Wir müssen los. Der OP ist bereit." Die Schwester mit den gelockten, langen Haaren sieht uns an. Ihr Blick ist traurig, ihre Stimme leise.
„Ja." Ich muss mich zwingen, mich von dir zu lösen. Eine zweite Schwester kommt in den Raum. „Du kannst noch mitkommen bis vor den OP." Nun muss ich nicken, bringe einfach kein Wort mehr heraus. Kraftlos lässt du dich wieder in die Kissen sinken, während die Schwestern die Blockierung der Räder lösen. Bevor wir den Raum verlassen, bekommst du eine Spritze und Tabletten. Nun gibt es wirklich kein Zurück mehr.
Vor der Tür, im Gang, sitzen unsere 6 Freunde. Ich kann sie nicht ansehen, denn mein Blick ruht auf deinem Gesicht.
Der Weg zum OP ist unglaublich kurz und die Stimme der Schwester reißt mich aus den Gedanken. „Weiter darfst du leider nicht mit."
Ich nicke, beuge mich zu dir hinab. „Gib nicht auf.", flüsterst du mir zu. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das mein Text wäre, aber ich weiß, was du meinst. „Ich liebe..."
Ich unterbreche dich, muss dich einfach küssen. „Ich dich auch." Noch ein letzter tiefer Kuss, bevor die Schwestern mit deinem Bett hinter einer Tür verschwinden.
Tränen sammeln sich in meinen Augen. Ich habe Angst, denn der Kuss schmeckte nach Abschied.
Meine Füße tragen mich irgendwie durch die Gänge zurück zu den anderen. Ich weine, als ich dort ankomme. Und ich weine noch stärker, als ich Ken in die Arme falle.
Sanft rüttelt jemand an meiner Schulter. Erst komme ich nur schwer in die Gänge, dann schrecke ich jedoch auf und sitze sofort aufrecht im Bett. Die Krankenschwester steht vor mir, lächelt leicht. „Ist die OP vorbei?" Ich komme nicht umhin zu bemerken, dass ich totalen Schwachsinn rede. Sie wird mich sicherlich nicht wecken, weil das Zimmer geputzt werden muss.
„Ja." Der Alarm in meinem Kopf geht los und als ich versuche, aus dem Bett zu steigen, falle ich fast, da ich schon näher am Rand bin, als ich gedacht habe.
„Wie geht es ihm?" „Den Umständen entsprechend."
Mit ihren Worten kann ich gar nichts anfangen. „Was heißt das? Er... er..."
Sie legt beruhigend eine Hand auf meine Schulter. „Ja, er lebt und der Tumor wurde entfernt."
„Kann ich ihn sehen?"
„Er liegt noch auf der Intensivstation. Ich muss den Arzt fragen, aber du kannst mit nach hinten kommen." Hastig nicke ich und mache mich daran, meine Schuhe anzuziehen.
Bevor wir den Raum verlassen, blicke ich noch einmal zu Ken. Da ich das Krankenhaus nicht verlassen wollte, war er bei mir geblieben und liegt immer noch schlafend im Bett. Ich beschließe, ihn nicht zu wecken.
Durch eine Scheibe kann ich in das Zimmer gucken. Geschockt starre ich auf die vielen Schläuche, die von überallher aus seinem Körper zu kommen scheinen.
„Es kommt darauf an, wie er die nächsten Stunden übersteht. Er ist noch nicht über den Berg." Die Schwester steht wieder neben mir. Zusammen sehen wir schweigend in den Raum.
„Der Arzt hat gesagt, dass du zu ihm darfst... musst nur ein bisschen was anderes anziehen."
Wenig später schlurfe ich in einer OP-Kluft durch den Flur. Die Farbe ist schrecklich, aber ich muss so was ja Gott sei Dank nicht öfter anziehen.
Unentschlossen stehe ich dann am Fußende des Bettes. Du hast einen Verband um den Kopf, der mir einen kleinen Eindruck davon gibt, wie du wohl ohne Haare aussiehst. Neben dem Bett steht ein Stuhl, auf dem ich mich – immer noch wie gelähmt – niederlasse.
Erst jetzt wird mir der Umfang dieser OP – die du grade erst hinter dich gebracht hast – richtig klar, dass die Ärzte dir deinen Schädel geöffnet haben, dass sie etwas aus deinem Gehirn entfernt haben.
Eigentlich habe ich gedacht, dass meine Angst abnehmen würde, wenn ich dich sehe. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wie kannst du am Leben sein mit all diesen... Schläuchen und...
Dieses Piepen macht mich WAHNSINNIG!!
‚Mach die Augen auf!' Wenn ich mich bewegen könnte und nicht immer noch auf dein ausdrucksloses Gesicht blicken würde, hätte ich schon lange versucht, dich wach zu rütteln.
Ich möchte, dass du aufwachst und gleichzeitig möchte ich es auch nicht. Wirst es immer noch du sein, der dieses Leben lebt? Hat dich der Eingriff verändert? Hat er vielleicht sogar deine Gefühle für mich ausgelöscht?
Endlich traue ich mich, vorsichtig über deinen Unterarm zu streichen, dann über deine Hand bis zu den Fingerspitzen. In diesem Moment würde ich alles dafür tun, dein Lachen zu hören.
Mein Zeitgefühl ist außerhalb des Raumes geblieben. Ich kann also nicht genau sagen, wie spät es ist oder wie früh. Aber ich habe sowieso das Gefühl, dass Tageszeiten hier keine Rolle spielen. Es gibt kein großes Fenster zur Parkanlage des Krankenhauses wie in deinem anderen Zimmer. Zwei winzige, getönte Fenster – die eher Löchern gleichen und nur zum gelegentlichen Luftaustausch dienen – machen es nötig, dass die ganze Zeit grelle Leuchtstoffröhren für künstliches Licht sorgen müssen.
du hast versprochendu lässt mich nie allein
du hast gesagt
du würdest immer bei mir sein
Ich analysiere gerade die Form und Beschaffenheit deiner Fingernägel, wobei ich immer wieder die zarten Glieder deiner Hand nachfahre, als das monotone Piepen unregelmäßiger, schneller wird.
Nervös und erschrocken sehe ich zu den Geräten, dann zu dir. Bevor ich mich vollständig dazu durchringen kann, der Schwester Bescheid zu sagen, öffnen sich plötzlich deine Augen. Nach einer kurzen Orientierung im Raum siehst du mich an. Ich will etwas sagen, tun, doch ich kann nicht. Schon nach wenigen Sekunden flattern deine Lider. Du bist noch zu schwach, kannst kaum deine Augen richtig offen halten.
„Ich bleibe hier, schlaf weiter." Bevor dein Körper sich wieder ganz auf den Erschöpfungsschlaf einstellt, verziehst du für wenige Herzschläge deinen Mund zu einem entkräfteten Lächeln. Mir kommt es jedoch wie das schönste Lächeln vor, das du mir jemals geschenkt hast.
Das nervende Piepen verfällt wieder in einen monoton ruhigen Rhythmus. Ich bin sicher, du schläfst, deshalb verlasse ich den Raum eilig. Einige Schwestern kommen auf mich zu, als ich noch nicht mal vollständig auf dem Gang stehe.
„Was ist los?"
„Er ist kurz aufge..." Ich stocke mitten im Satz und drehe mich wieder zu dir um.
Die Maschinen um dich herum schlagen lauthals Alarm.
Noch bevor sich die Schwestern an mir vorbei in den Raum drängen können, wird es still... bis auf den ohrenbetäubenden durchgehenden Ton, der jetzt das rhythmische Piepsen ersetzt. ‚Nein!!'
warst mein gott, mein wahres glückdu bist gegangen und ich blieb hier zurück
du bist weg, endlos weit von hier
doch nicht weit genug, denn ich folge dir
Ich werde aus dem Raum gedrängt, während Hektik – und in meinen Augen auch Chaos – ausbricht. Einige Schwestern schreien durch die Flure. Aus anderen Zimmern kommen Ärzte und noch mehr Krankenschwestern angerannt. Die Geräusche um mich herum werden zu einem Brei, schwellen an, bis ein dumpfes Dröhnen in meinem Kopf herrscht. Alle Bilder laufen vor mir wie in Zeitlupe ab. Ein Stummfilm, nur in Farbe.
Wo bist du? Was machen sie mit dir? Die weiß bekittelten Personen um das Bett herum verdecken dich völlig. Im Augenwinkel sehe ich Ken auf mich zulaufen.
Ich habe meine Hände gegen die Scheibe gepresst, bis plötzlich eine Jalousie von innen heruntergelassen wird, die mir nun völlig die Sicht nimmt. Das Letzte, woran ich mich erinnere, sind Kens Arme die mich einfangen und an den Körper meines Freundes ziehen.
du hast mir gute nacht gewünscht
hast deine augen zugemacht
am morgen hab ich dich geküsst
doch du bist nicht aufgewacht
Soweit ich mich entsinnen kann, bin ich schließlich auch in Kens Armen aufgewacht. Irritiert sehe ich mich um, frage mich, wieso Aya und Yohji hier sind....
Noch bevor ich mich bewusst erinnere, laufen mir die Tränen über die Wangen. Wenn ich in ihre Gesichter sehe, ist meine Frage beantwortet.
Es war kein Traum.
Wie hypnotisiert bewege ich mich durch die Gänge. Die Tränen verschleiern mir meinen Blick, aber das ist egal, denn meine Füße wissen den Weg.
Vor der Tür stehen Brad, Farf und ein erbärmlich aussehender Schuldig.
Als erstes fällt mir die Stille auf, nachdem ich den Raum betreten habe. Im Türrahmen bleibe ich stehen und nehme das Bild in mir auf. Ich muss lächeln... du siehst aus als wärst du nur tief in deinen Träumen gefangen. So unschuldig... als wüsstest du nicht, was du mir damit antust.
Für diesen Moment bin ich mit der Schuldfrage – egal wie irrational sie doch ist – überfordert... mit der Schwäche, die erbarmungslos auf mich einhackt, mit der Einsamkeit – die wahrscheinlich noch irrationaler ist, denn ich spüre deutlich die Anwesenheit der anderen hinter mir.
50 zu 50... das war die Chance und davon gibt es definitiv nur eine. Ich habe das genauso gut gewusst wie du... Aber warum tut es trotzdem so verdammt weh?
Ich fühle mich wie ein Bettler kurz vor dem Hungertod, dem man einen Kanten Brot reicht, nur um zu sehen wie er leidet, nachdem man es ihm wieder aus den Händen reißt.
du hast geschworendu lässt mich nie im stich
du hast gelogen
und dafür hasse ich dich
was hab ich falsch gemacht, ich kann es nicht verstehen
doch wo du auch bist, du wirst mich wiedersehen
du bist fort, doch ich such nach dir
denn für alle zeit gehörst du mir
Ich besinne mich deiner Worte. ‚Gib nicht auf'.... Für dich werde ich es versuchen, auch wenn ich im Moment das Gefühl habe, dass ich sowieso nichts mehr besitze, was ich aufgeben könnte.
-------------------/ Ende Teil 5 - Hauptteil /-------------------
Danke fürs Lesen. Auch wenn ich mir nicht so sicher bin, dass überhaupt jemand mitliest...
Nun stehen nur noch die Epiloge aus, in denen es um die beiden anderen Paare geht, die mit Rückblenden in Omis „Erholungs- und Erinnerungsphase" eingebaut werden.
PS: hab meinen Studierendenausweis lol abgeholt.. mein Gott.. das Foto is so schlecht kotz
Tschöhö schnief
Vampirekiss
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