Nachschub!!

Ich bin etwas verwirrt. Ich habe heute Chap. 03 ausgehfein gemacht und gleichzeitig schreibe ich an Chap. 10. (Richtet euch also schon mal auf eine lange Fic ein! Ich hab höchstens zwei Drittel der Geschichte erzählt, die ich im Kopf habe. Ich hoffe, das ist ok. ;o))

Hier jetzt erst mal Auftritt Dray. (Wer kann es nur sein? Ich weiß nicht, ich weiß nicht.)

Viel Spaß, Yulah


03.

„Hermine, ich mach mir Sorgen um Harry. Warum sagt Dumbledore uns nicht wo er ist? Irgendetwas stimmt da nicht."

„Ich weiß, Schatz. Ich wüsste auch gern wo man ihn hingebracht hat, aber ich vertraue Dumbledore. Bestimmt geht es Harry gut. Und du musst zugeben, dass er niemals zugestimmt hätte wegzugehen. Sie mussten ihn also entführen."

„Trotzdem. Ich will wissen, wer diese Kerle waren. Ich meine, sie sind auf Drachen geritten! Ich finde das nicht geheuer. Ich muss immer daran denken, was Goyle uns damals erzählt hat, kurz bevor er verschwand. Was, wenn Dumbledore sich geirrt hat, wenn dass eine Falle war?"

„Das glaub ich nicht. Dumbledore war sich absolut sicher, dass diese Leute in Ordnung waren. Und die Drachen schienen ihn auch nicht zu beunruhigen. Und wenn wirklich die Todesser dahinter stecken, dann müssten doch mittlerweile die richtigen Leute aufgetaucht sein und das ist bisher nicht passiert."

Hermine und Ron saßen in der großen Halle und unterhielten sich wieder einmal über den Verbleib ihres besten Freundes. Ron hatte den Schock über Harrys Entführung und die Tatsache, dass er nichts hatte unternehmen können noch immer nicht ganz verwunden. Zum ersten Mal konnte er Snape verstehen, der sich seit Jahren die Schuld an Malfoys Tod gab.

Zwar hatte Dumbledore ihnen mehrmals versichert, dass er hinter dieser Aktion steckte und alles in Ordnung war, trotzdem glaubte der jüngste der Weasleybrüder nicht so ganz daran.

„Ron, Hermine, wie schön, da sind Sie ja. Gute Nachrichten."Als hätte er ihre Unterhaltung gehört, kam der Schulleiter in diesem Moment mit wehender Robe auf sie zu. Er hielt einen Bogen Pergament in der Hand und wedelte aufmunternd damit. „Ein Brief von meiner Kontaktperson. Harry geht es den Umständen entsprechende gut. Er ist gestern zum ersten Mal nach fünf Tagen aufgewacht. Wie es scheint hat er sich zähneknirschend mit seinem Schicksal abgefunden."

„Oh, das ist ja wunderbar. Hast du gehört, Ron? Du machst dir ganz unnötig Sorgen."

Ron streckte die Hand nach dem Brief aus. „Darf ich mal sehen?"

Sofort ließ Dumbledore das Pergament in seinen weiten Ärmeln verschwinden. „Nein, tut mir leid. Da stehen auch einige vertrauliche Dinge drin. Ich dachte nur, dass es Sie beide sicher beruhigen wird zu erfahren, dass es Harry gut geht."

„Wann wird er wieder kommen?"

„Oh, ich fürchte, er wird eine ganze Weile wegbleiben. Irgendwann im Frühjahr vermutlich."

„Was??? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Harry bleibt niemals freiwillig so lange weg!"

„Nun, ich denke in diesem Punkt hat Mr. Potter keinerlei Mitspracherecht. Er wird auf keinen Fall vor Anfang März wieder hier sein. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen."

„Hast du das gehört, Hermine? Ich wusste es! Harry wird irgendwo gefangen gehalten. Und Dumbledore weiß wo und will es uns nicht verraten."

„Ron, du weißt doch gar nicht warum er erst im März wieder kommen kann. Vielleicht ist er kranker als wir gedacht haben."

Er sah sie entsetzt an „Oh nein, glaubst du das wirklich? Das wäre ja furchtbar. Armer Harry."

„Warten wir einfach ab, Schatz. Solange Dumbledore meint, dass alles in Ordnung ist, sollten wir ihm vertrauen."

--

Harry starrte den Bogen vergilbten Pergaments in seinen Händen mit gerunzelter Stirn an. Das konnte unmöglich richtig sein. Laut der Karte sollte er vor der Tür zum Speisesaal stehen, stattdessen war da bloß eine Wand. Er drehte das Blatt mehrmals um, ohne dadurch einen besseren Überblick zu bekommen. „Das kann doch nicht sein. Ich kann doch nicht schon wieder falsch abgebogen sein."

Seid dem Tag an dem er aufgewacht war und erfahren hatte, dass Charlie und Ginny lebten, waren fast drei Wochen vergangen. Auf Anweisung von Celeste, der Heilerin hatte er noch weitere zwei Wochen im Bett verbracht. Während dieser Zeit hatte er das gute Essen und die Ruhe genossen und versucht nicht an den Krieg und seine Freunde zu denken. Ein ständiger Strom Besucher machte ihm diese Aufgabe leicht. Ginny und Stella kamen regelmäßig vorbei um ihn aufzumuntern und mit Scherzen und Gelächter zu unterhalten. Harry hatte sich bei Stella für seine anfängliche Unhöflichkeit entschuldigt und die stets fröhliche Frau, die ihm nicht böse war, schnell ins Herz geschlossen. Mittlerweile wusste er schon, dass sie und Charlie sich in Rumänien kennen gelernt hatten, und dass sie nach Ausbruch des Krieges gemeinsam hergekommen waren. Allem Anschein nach stammte Stellas Familie von dieser Insel. Harry lernte ihren Bruder Paul kennen, der ihr zum Verwechseln ähnlich sah und ein ebenso übermütiges, sonniges Gemüt hatte.

Am zweiten Tag erlebte er eine weitere angenehme Überraschung, als Angelina Johnson-Wood plötzlich in seinem Zimmer stand. Harry erfuhr, dass sie auf der Suche nach den Mördern ihres geliebten Oliver hier gelandet war und statt der ersehnten Rache ihren Frieden gefunden hatte. Sie unterhielten sich lange über den Tag als die Todesser die Quidditchmeisterschaften angegriffen hatten und warum sie beide mit dem Leben davon gekommen waren, während andere starben. Charlie kam zwei oder dreimal vorbei, um zu sehen, ob Harry sich in sein Schicksal ergeben hatte und um ihm noch mal zu versichern, dass seine Freunde in Hogwarts wussten, dass er in Sicherheit war. Harrys Bitte, einen Brief an Ron und Hermine schicken zu dürfen schlug er allerdings aus. Zusammen mit Ginny kam auch Greg Goyle und Harry war über alle Maßen erstaunt wie sehr sich der ehemalige Slytherin verändert hatte. Er war noch immer ein Riese, aber er strahlte dabei eine Sanftmut und Ruhe aus, die an einen Teddybären erinnerten. Er lächelte viel und wie alle hier schien er seinen inneren Frieden gefunden zu haben und mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Von der Verbitterung und der Verzweiflung die ihn bei ihrer letzten Begegnung deutlich sichtbar umgeben hatten war nichts mehr zu spüren. Auch er schien sein Leben den Spionen der Drachenreiter zu verdanken, die ihn entführt und hergebracht hatten. Allerdings wurde Harry das Gefühl nicht los, dass Greg einen Teil seiner Geschichte zurückbehielt, auch wenn der Gryffindor sich nicht vorstellen konnte was. Und dann war da noch die Sache mit Malfoy. Irgendwann während einer ihrer Unterhaltungen kam die Sprache auch auf Gregs toten besten Freund. Aber statt Trauer oder Schmerz sah Harry nur ein seltsames Glitzern in den braunen Augen des Slytherin, der das Thema mit einem leicht amüsierten Lächeln abtat. Entweder hatte er den grausamen Tod seines besten Freundes inzwischen verwunden oder es steckte mehr hinter dieser Geschichte, als Harry im Moment sehen konnte. Trotzdem, ihn und Ginny zusammen zu sehen war merkwürdig, aber irgendwie auch passend. Es war eindeutig, wer in dieser Ehe das Sagen hatte. Und trotz des krassen Unterschieds zwischen der zierlichen Ginny und dem hünenhaften Greg waren sie offensichtlich ein absolut glückliches Paar. Ein einziger Blick in Gregs braune Augen, wenn seine Frau in der Nähe war genügte, um zu sehen, dass er Ginny anbetete. Die Töchter der beiden, Tash und Mona, waren zusammen mit Charlies Sohn Ben direkt am zweiten Tag hergekommen. Die vierjährigen Zwillinge, die sich kein bisschen ähnlich sahen und der kluge siebenjährige Junge, dem man die Zugehörigkeit zur Weasley-Familie schon von Weitem ansah, hatten anders als andere Kinder in dem Alter keinerlei Scheu vor dem Fremden. Sie mussten trotz des drohenden Untergangs ein sehr behütetes Leben führen.

Aber auch vollkommen Fremde, die er nie zuvor gesehen und von denen er nie gehört hatte kamen ihn besuchen. Alle waren ohne Ausnahme nett und freundlich zu ihm. Sie kannte seinen Namen, wussten wer er war, aber keiner starrte ihn an oder stellte ihm persönliche Fragen. Harry fragte sich ein paar Mal, wer von den Leuten die er kennen gelernt hatte wohl dieser Dray war von dem Charlie gesprochen hatte, der, der ihn entführt hatte. Doch es stellte sich ihm niemand diesen Namens vor. Dann fiel ihm ein, dass es vielleicht nur ein Spitzname war und der richtige Name wahrscheinlich ganz anders lautete. Trotzdem war Harry sicher, dass er ihm seit dem Tag in Hogsmeade nicht mehr begegnet war, denn obwohl er nicht wusste wie sein Retter aussah, konnte er sich doch an die seltsamen, silbernen Augen erinnern und bisher war ihm niemand mit solchen Augen begegnet. Das enttäuschte ihn etwas, denn er hätte sich gern für seine Rettung in letzter Sekunde bedankt. Harry war sich längst darüber klar geworden, dass er ohne das Eingreifen der Drachen und ihrer Reiter an diesem Tag gestorben wäre, zusammen mit Ron und dem Rest seiner Freunde. Zwischendurch war Harry immer mal wieder ein paar Stunden allein, wenn all seine üblichen Besucher ihren Pflichten nachgingen und keine Zeit für ihn hatten.

Vor zwei Tagen dann hatte Celeste ihn für kräftig genug erklärt um aufzustehen. Er bekam ein Paar schwarze Hosen von Paul, ein dunkelgrünes Hemd von Charlie und seine eigenen Schuhe geflickt und neu besohlt zurück. Dann drückte ihm Ginny die Karte in die Hand, die ihr Bruder ihm am ersten Tag gegeben hatte und wünschte ihm viel Spaß dabei sein vorübergehendes neues Zuhause zu erforschen.

Diese Karte war, ähnlich wie die Karte des Herumtreibers, magisch und veränderte sich ständig. Leider hatte niemand Harry erklärt wie sie funktionierte. Außerdem hatte er inzwischen den Verdacht, dass sich dieses Gebäude, ähnlich wie Hogwarts ebenfalls bewegte, und dass die Karte mit den Veränderungen nicht mitkam. Gestern hatte Ginny ihn in den Speisesaal und zurück zu seinem Zimmer begleitet und er hatte nicht auf die Karte geachtet. Jetzt versuchte er sich an den Weg zu erinnern. Gestern war es ihm gar nicht so schwierig erschienen. Sie waren ein paar Mal links und rechts abgebogen, waren eine Treppe hochgegangen. Oder runter? Es war als hätte jemand seine Erinnerung gelöscht. Und die Karte war keine wirkliche Hilfe. Er irrte seit Ewigkeiten durch die Gänge und hatte bisher nur die Wäscherei, ein fremdes, zum Glück leeres, Schlafzimmer und eine Abstellkammer gefunden. Außerdem hatte er das ungute Gefühl verfolgt zu werden, aber immer wenn er sich umdrehte, egal ob schnell oder unauffällig, war der Gang hinter ihm leer. Von Stella wusste er, dass dieses Gemäuer eine alte Festung war, die auf einer Klippe stehend den höchsten Punkt der Insel darstellte. Leider half ihm das im Moment auch nicht weiter. Es verringerte nur seine Hoffnung jemals in den Speisesaal zu finden. In einem so großen Gebäude konnte er tagelang umherirren, ohne irgendwohin zu finden. Er hatte sogar schon überlegt aufzugeben und in sein Zimmer zurückzukehren, wenn er den Weg gefunden hätte.

„Na schön, Karte. Du willst mich also für dumm verkaufen. Aber nicht mit mir. Siehst du diesen Zauberstab hier? Also, zum letzten Mal, zeig mir den Weg zum Speisesaal, sonst verbrenn ich dich!"Wie als Antwort auf seine Worte hörte er jemanden leise lachen. Sofort wurde er knallrot. Irgendjemand hatte zugehört, wie er ein Stück Papier bedrohte.

„Wer ist da?"

Keine Antwort. Harry drehte sich langsam um sich selbst und sah sich im Gang um. Es war niemand zu sehen.

„Ich weiß dass jemand hier ist. Zeig dich!"

Stille. Er ging ein paar Schritte zurück und suchte die Wände nach verborgenen Nischen ab. Nichts. Er war allein.

„Also langsam wird mir dieser Ort echt unheimlich. Ok, Karte. Vielleicht zeigst du mir jetzt doch lieber den Weg zurück in mein Zimmer."

Sofort schimmerte das Pergament auf und veränderte sich. Es schien ganz einfach zu sein. Hier war er und dort war sein Zimmer.

„In Ordnung. Neuer Versuch."

Er warf noch einen misstrauischen Blick über die Schulter und folgte dann dem Weg den die Karte ihm anzeigte.

Eine halbe Stunde später hätte Harry vor Wut heulen können. Er war einem vielversprechenden Lichtschein gefolgt im Glauben endlich den Gang mit den weißen Kristalleuchtern wiedergefunden zu haben und stand jetzt vor einem hohen Fenster. Sonnenstrahlen malten ein helles Rechteck auf den Boden, draußen waren die vertrauten Schreie der Möwen und das Rauschen des Meeres zu hören. Leider war das Fenster so hoch in der Wand angebracht, dass man nicht hinaussehen konnte. Harry erkannte nur ein Stück hellblauen Winterhimmel.

„So ein verfluchter Mist! Ich werde nie wieder hier rausfinden. Ich werde verhungern und in hundert Jahren oder so wird irgendjemand mein Skelett finden und sich fragen wer ich wohl mal war."Er lehnte sich gegen die Wand und rutschte langsam zu Boden. Eine Weile starrte er schmollend vor sich in, dann zog er wieder die nichtsnutzigen Karte aus der Tasche. Sie war wunderschön gearbeitet, mit schnörkeliger, altmodischer Schrift, kleinen Symbolen und am Rand, den unvermeidlichen Drachen. „Schön, aber unnütz." murmelte er. Dann sah er es plötzlich: Die kleinen, verschlungenen Buchstaben, die auf einem gemalten Schild zwischen den Klauen eines winzigen Drachen hingen waren ihm schon vorher aufgefallen und er hatte über ihre Bedeutung gerätselt: Ein I und ein V. Jetzt traf in die Erkenntnis mit voller Wucht: Das war eine Zahl! Eine römische Vier! Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

„Oh Potter, du bist so ein Hornochse! Du suchst die ganze Zeit im falschen Stockwerk."Ginny hatte gestern erwähnt, dass der Speisesaal einer der wenigen Räume war, die auf fast gleicher Höhe mit dem Innenhof, also sozusagen im Erdgeschoss lagen. Scheinbar lag der Rest der Festung höher oder tiefer. Da konnte er im vierten Stockwerk lange suchen. Nach kurzem Herumirren fand er eine schmale Treppe, die nach unten führte. Er machte sich rasch an den Abstieg. Die Stufen waren schmal und ausgetreten. Ein gutes Zeichen. Das bedeutete, dass sie oft benutzt wurden.

Er war bereits ein oder zwei Stockwerke tiefer, als er plötzlich stehen blieb. Da war es wieder. Er hielt den Atem an und lauschte angestrengt hinter sich. Nichts. Keine Schritte, keine Atemzüge, nichts was auf die Anwesenheit einer anderen Person hinwies. Aber Harry war sich sicher beobachtet zu werden. Irgendjemand folgte ihm, auch wenn er niemanden sah. Langsam setzte er seinen Weg fort, hörte dabei aufmerksam auf Geräusche hinter sich. Die Treppe wendelte sich immer weiter hinunter. Dann, als Harry schon glaubte doch wieder den falschen Weg erwischt zu haben und vielleicht tief im Inneren der Klippen zu landen hörten die Stufen plötzlich auf und er trat auf einen neuen Gang. Der war breiter als der letzte und an den Wänden hingen Gemälde von Rittern und Zauberern und – natürlich – Drachen. Harry war sich sicher, einige der Bilder wieder zu erkennen. Ja, da drüben war die alte Rüstung und der mottenzerfressene Wandteppich. War der nicht gestern noch blau gewesen? Nein, vermutlich hatte er sich geirrt. Ja, genau, da war sie ja. Die schmale Seitentür durch die er auch gestern in den Speisesaal gelangt war. Die unheimliche Präsenz hinter ihm war vergessen. Er lief schnell zu der Tür und riss sie mit einem triumphierenden „Hab ich dich!"auf.

Eine Maus, die ein Regal des Wandschrankes inspiziert hatte, sah in verwundert an und flüchtete dann zwischen die Borsten eines alten Besens. Hinter Harry erklang lautes Gelächter. Er wirbelte herum und sah einen jungen Mann, der auf der untersten Treppenstufe saß und sich keinerlei Mühe gab sein Lachen zurückzuhalten.

„Wolltest du fegen?"

„Wusste ich es doch! Ich hab doch gemerkt, dass mir jemand nachläuft. Warum verfolgst du mich? Und hör auf so dämlich zu lachen! Das ist alles andere als lustig! Ich irre seit Stunden in diesem vermaledeiten Schloss oder Festung oder was auch immer rum und weiß langsam nicht mehr wo oben und unten ist! Ich hatte mich schon an den Gedanken gewöhnt als Schlossgespenst zu enden!"Während er den Fremden wütend anfauchte, war Harry mit hoch erhobenem Zauberstab auf ihn zugelaufen. Jetzt stand dieser auf und hob abwehrend die Hände. Noch immer kämpfte er gegen ein Lachen an.

„Jetzt mach mal halblang. Ich bin dir nachgegangen, weil ich wissen wollte wo du hinwillst. Das du stundenlang durch die Festung irrst und dich dabei mit Karten, Rüstungen und Mäusen unterhältst konnte ich ja nicht wissen."

Harry musterte sein Gegenüber. Er war etwa in seinem Alter, nur wenig kleiner und ebenso schlank, wenn auch nicht so ausgezerrt. Lange, hellblonde Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten, der fast bis zur Taille reichte. Einzelne Strähnen hatten sich daraus gelöst und fielen in leichten Wellen um ein schmales, blasses Gesicht. Er trug wie alle hier schwarze Hosen und kniehohe, schwarze Stiefel, war aber der Erste den Harry sah, der auch ein schwarzes Hemd anhatte. Doch am auffälligsten waren die Augen: Groß und leicht schräg wie die Augen einer Katze, Augen von der Farben flüssigen Silbers. Augen die nicht zu einem Menschen zu gehören schienen. Augen, die er manchmal in seinen Träumen gesehen hatte.

„Du bist das! Du bist Dray! Du hast mich aus Hogsmeade entführt. Du hast mich betäubt und hierher gebracht."

Der Fremde hörte auf zu lachen. Zurück blieb ein feines, leicht amüsiertes Lächeln, dass seine feingeschwungenen Lippen umspielte.

„Sehr aufmerksam, Harry. Ich bin beeindruckt."Da war er wieder, dieser warme, samtige Tonfall, der sich in sein Gedächtnis gebrannt hatte.

„Woher weißt du wer ich bin? Ich meine, wie hast du mich erkannt?" Gleichzeitig dachte er: „Blöde Frage, Harry, jeder weiß wer du bist und es ist ja auch sooo schwer dich zu erkennen."

„Sehr merkwürdige Frage. Wer hätte noch nicht von Harry Potter gehört? Und außerdem, ich hab dich hergebracht, erinnerst du dich? Während du auf dem Rücken meines Drachen in meinen Armen lagst, hatte ich viele Stunden Zeit mir dein hübsches Gesicht anzusehen."Das Lächeln vertiefte sich, die Stimme wurde noch eine Spur rauchiger. Und Harry merkte wie er knallrote Ohren bekam. „Na typisch,"dachte er, „da steh ich hier mit einem umwerfend attraktiven Kerl, der ganz offensichtlich mit mir flirtet und der mir obendrein noch das Leben gerettet hat und ich führ mich auf wie eine verknallte Zehnjährige."

Laut sagte er: „Ähh. Danke. Dass du mir gerettet..., ach... ich meine mich geholfen, Du meine Güte! Das du mich vor den Dementoren gerettet hast."Innerlich schrie Harry sich selbst an: „Das darf doch wohl nicht wahr sein, so wie ich hier rumstottere muss er ja denken ich hätte nicht alle Tassen im Schrank!' So gut sieht er auch wieder nicht aus, dass ich gleich den Verstand verlieren muss."

Dray lächelte: „Gern geschehen. Was hältst du davon, wenn ich dir jetzt den Weg zur Halle zeige? Wir wollen doch nicht, dass all die Mühe umsonst war und ich dir nur geholfen habe, damit du jetzt verhungerst. Als Skelett würdest du doch einiges an Charme einbüßen."

„Das wäre echt nett. Diese Dreckskarte taugt nicht das Geringste!"

„Oh, ich weiß nicht. Wenn du sie richtig herum hältst und weißt wie du sie benutzen musst, ist sie schon recht nützlich."Er nahm Harry das Pergament ab und strich es mit einer eleganten Bewegung seiner langen, schlanken Finger glatt. Dann murmelte er: „Via, Speisesaal!"Sofort verschwanden alle unnötigen Schnörkel und ein einfacher Lageplan erschien. Zwei blaue Punkte zeigten ihren Standort, ein roter, der mit „Speisesaal"beschriftet war, das Ziel. Harry schüttelte den Kopf und schwor Ginny in Gedanken Rache.

Sein Unterbewusstsein, dass mit den Armen wedelte, auf und ab hüpfte und versuchte ihn auf etwas aufmerksam zu machen ignorierte er.

„Na klasse. Wenn ich gewusst hätte, dass das so einfach ist."

„Gin hat dir nicht verraten wie die Karte funktioniert, stimmt's."

„Woher weißt du das?"

Ein weiteres Lachen: „Ich kenne sie. Dieses Spielchen treibt sie mit jedem der neu hier ist. Keine Sorge. Wenn du ne Weile hier bist, brauchst du die Karte nicht mehr."

Eine Weile liefen sie nebeneinander her und unterhielten sich über Ginny, dann blieb Harry plötzlich stehen. Sein Unterbewusstsein war dazu übergegangen mit Spruchbändern vor seinem inneren Auge hin- und herzulaufen und schaffte es so seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

„Was ist los?"Sein Begleiter sah ihn fragend an. Harry antwortete nicht. Stattdessen zog er wieder die Karte aus der Tasche. Da war immer noch der Weg und die beiden blauen und der rote Punkt. Jetzt sah er, dass auch die blauen Tupfen jeweils ein kleines Schild trugen, wie er es von der Karte des Herumtreibers kannte. Der eine Punkt war mit „H. Potter"beschriftet. Das Schildchen des anderen lautete: „D. Malfoy"

„Malfoy?"

„Ja? Was hast du plötzlich?"

„Du bist Draco Malfoy?"

„Ja, aber das weißt du doch, oder? Hey, du kennst mich seit 12 Jahren!"

„Nein! Ich dachte, ich mein... aber Draco Malfoy ist tot!"

„Ich dachte, du hättest mittlerweile mitgekriegt, dass das hier nichts Ungewöhnliches ist. Ginny, Greg und Charlie gelten auch als tot. Und sie sind nicht die Einzigen."

Harry schüttelte unwillig den Kopf. „Ich weiß, dass hier etliche Leute rumlaufen, die für tot erklärt wurden, aber bei denen hat keiner gesehen wie sie starben. Bei Draco haben Greg Goyle und Professor Snape zugesehen wie er getötet wurde. Du kannst mir nicht erzählen, dass du er bist, und dass du lebst. Das glaub ich nicht!"

„Greg und Snape sind beide von einem Drachen außer Gefecht gesetzt worden. Sie haben nicht gesehen was passiert ist. Übrigens, der selbe Drache hat dich hergebracht. Liebe Güte, ich dachte, du weißt wer ich bin. Du hast doch vorhin meinen Namen gesagt. Ich dachte du wüsstest, dass Dray die Abkürzung für Draco ist. Sonst hätte ich doch was gesagt. Komm schon, warum regst du dich denn so auf. Ich meine, du wirst ja nicht gerade um mich getrauert haben, oder?"Er lächelte Harry schief an.

„Nein, es ist nur, ich bin einfach überrascht, dass ist alles. Professor Snape macht sich seit Jahren Vorwürfe, weil er glaubt an deinem Tod schuld zu sein, und dann stehst du hier vor mir. Und ehrlich gesagt hast du dich ziemlich verändert. Ich hätte dich nie im Leben erkannt. Du siehst vollkommen anders aus als früher. Du warst damals nicht so... so.... ich weiß auch nicht."Harry bemerkte im letzten Moment, dass er fast laut ausgesprochen hatte, wie attraktiv er Draco fand. Es gelang ihm noch so gerade eben den Satz ins Leere laufen zu lassen. Das leichte Lächeln und der amüsierte Ausdruck in den Silberaugen entgingen ihm dabei.

Er entschied sich, rasch das Thema zu wechseln: „Jetzt weiß ich wenigstens, warum Greg immer so komisch gegrinst hat, wenn die Sprache auf dich kam."

„Vermutlich. Ich hab ihn schwören lassen, dass er nichts verrät. Ich hoffe nur, du planst jetzt nicht da weiterzumachen, wo wir vor sechseinhalb Jahren aufgehört haben. Das wirst du dann allein machen müssen."

„Nein. Ich würde sagen, nach allem was in der Zwischenzeit passiert ist und wenn man berücksichtigt, dass wir erwachsen sind, vergessen wir was war." Er streckte die Hand aus und war seltsam erleichtert, als Draco einschlug.

Sie gingen eine Weile schweigen weiter, jeder hing den eigenen Gedanken nach. Harry warf dem ehemaligen Slytherin ab und zu verstohlene Blicke zu. Er hatte sich wirklich verändert. Die früher so spitzen Gesichtszüge waren weicher geworden, der höhnische Ausdruck um den Mund war verschwunden, ebenso das kalte Glitzern in den grauen Augen. Der Eispanzer der ihn immer umgeben hatte schien geschmolzen zu sein. Und er hätte nie erwartet, dass aus Malfoy, dem Frettchen einmal eine solche Schönheit werden würde.

„Wunderschön."murmelte er.

„Danke."

Harry lief sofort feuerrot an. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass er laut gesprochen hatte.

„Ich... ich meinte nicht... ich...."

Draco grinste: „Du bist echt süß wenn du so rumstotterst. Ich nehm dich doch nur auf den Arm. Da wären wir."

Harry nahm dankbar zur Kenntnis, dass sie eine große Flügeltür erreicht hatten, hinter der sich der Speisesaal erstreckte.

Mehrer Dutzend Menschen saßen in unterschiedlich großen Gruppen zusammen, aßen, tranken und redeten. Es herrschte das gleiche mittäglich Durcheinander, dass auch in Hogwarts um diese Tageszeit üblich war.

„Draco! Harry! Hier drüben sind wir."Ginnys Stimme schallte über den allgemeinen Lärm. Draco schlängelte sich zwischen den Tischen durch und ließ sich neben ihr auf die Bank fallen.

„Du Schlitzohr! Wirst du es eigentlich nie leid, die Leute in die Irre zu führen?"

„Ich weiß gar nicht wovon du redest, Süßer!"Ginnys breites Grinsen, strafte ihre Worte Lügen.

Harry setzte sich ihr gegenüber neben Stella und fiel dann sofort über seine Freundin her. „Virginia Goyle! Du bist so eine dumme Nuss! Warum gibst du mir diese bescheuerte Karte und verrätst mir nicht wie sie funktioniert? Ich bin stundenlang wie blöd durch die Gegend gerannt. Wenn Draco mich nicht aufgesammelt hätte, dann würde ich morgen noch da rumstehen!"

„Wo warst du denn?"

„Er war in Sir Balduins Gang."

„Was???"Ginny brach in schallendes Gelächter aus. „Das ist ja meilenweit weg von hier!"

Stella schüttelte den Kopf. „Und was hast du da gemacht, Dray?"

Draco zog eine Augenbraue hoch und lächelte geheimnisvoll. Harry antwortete an seiner Stelle: „Er ist plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht. Keine Ahnung wo er herkam."

„Oh, ich hab gesehen, wie du dein Zimmer verlassen hast und wollte eigentlich nur mal sehen wo du hinwillst. Da ich auch auf dem Weg hierher war, dachte ich, ich könnte dir genauso gut folgen. Und als du dann dreimal falsch abgebogen bist, hab ich beschlossen lieber in der Nähe zu bleiben, bevor du dich noch weiter verirrst."

„Dann bist du mir zwei Stunden lang hinterherlaufen? Ich hab gemerkt, dass mich jemand verfolgt. Aber immer wenn ich mich umgedreht habe, war niemand da. Das warst du die ganze Zeit? Warum hast du nichts gesagt?"

„Es war einfach zu komisch. Und ich dachte, du würdest den Weg schon noch finden. Es war echt schwer mir das Lachen zu verbeißen. Aber als du die Maus in der Besenkammer angeschrieen hast, konnte ich nicht mehr. Das war einfach zu süß!"

„Harry! Du kriegst ja rote Ohren!"

„Weil mir das peinlich ist. Ich renn stundenlang wie ein so orientierungsloses Schaf durch die Gegend. Ein Glück, dass mich sonst niemand gesehen hat."

„Ach, Harry. Du bist echt klasse."

„Und du bist eine alte Mistbiene."

„Sie kann nichts dafür. Die Weasleygene sind einfach zu stark!"

„Malfoy! Ich warne dich! Strapazier dein Glück nicht zu sehr. Ich weiß wo du wohnst!"

Draco lachte so sehr, dass er fast von der Bank fiel. „Oje, was mach ich jetzt nur? Mafia-Gin hat mich bedroht. Hilfe! Paul, rette mich! Steckst du mir jetzt einen abgetrennten Pferdekopf ins Bett? Oder schüttest du mir Zement in die Stiefel? Los, spuck's aus, Puppe! Wie gedenkst du meinem elenden Dasein ein Ende zu bereiten?"

Harry sah mit offenem Mund zwischen den beiden hin und her. Ginny hatte angefangen Draco mit Erbsen zu bombardieren. Stella und Paul seufzten bloß und wanden sich ihrem Essen zu ohne auf die Streithähne zu achten. Harry schüttelte den Kopf: Das würde Ron ihm niemals glauben.


A/N: Sorry Lara-Lynx. Die Haare bei Draco müssen sein!

Aber bei Harry wird sich das vielleicht noch ändern. ;o)

Frage an alle: Bei Harry Haare ab oder nicht??? Lara-Lynx meint ab. Was sagt der Rest? Ich bin ja kooperationsbereit. SMILE

Bis bald. R&R