So, da wären wir wieder. Weiter geht es.
Ich sag euch jetzt schon mal, dass ihr in diesem Chap. auf Draco verzichten müsst. Zumindest wird er nicht persönlich auftauchen.
14.
Drei Monate später...
„...ich bin mir aber sicher, das er etwas gesagt hat!"
„Ron! Jamie ist fünf Monate alt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er heute morgen aufgewachte ist und sich überlegt hat, heute das erste Gespräch mit seinem Vater zu führen. Lexie war über ein Jahr, bevor sie das erste Wort gesagt hat und dieses Wort war ‚Rallab' Wir wissen bis heute nicht, was sie uns damit sagen wollte."
„Ich habe aber gehört, dass er gesprochen hat! Vielleicht ist mein Sohn ein Wunderkind! Kann doch sein!"
„Ja, bei dem Vater wäre es wirklich ein Wunder..."
„Hast du was gesagt, Hermine?"
„Nein, Schatz."
Harry grinste in seine Teetasse.
Seid Tagen lauerte Ron darauf, dass sein Sohn endlich das erste Wort sagen würde und er interpretierte jedes Gluckern und Prusten, dass das Baby von sich gab als Ankündigung einer Rede.
Jamie dagegen dachte nicht daran zu sprechen. Er hing im Tragetuch seiner Mutter, betrachtete die Welt aus großen, kugelrunden, blauen Augen und tat seine Zufriedenheit mit fröhlichem Quietschen und gelegentlichem Auf- und Abhopsen kund, ohne auf die wachsende Verzweiflung seines Erzeugers zu achten. Allem Anschein nach war der jüngste Spross des Weasley-Clans fest entschlossen vorerst kein Wunderkind zu werden.
Harry betrachtete seinen kleinen Namensvetter liebevoll. In den hellblauen Augen und hellroten Löckchen waren die Weasleygene mehr als deutlicht zu erkennen. Er dachte kurz an Ben. Auch ihm sah man den Weasley von Weitem an. Harry fragte sich, was sein kleiner Freund wohl gerade machte. Wahrscheinlich turnte er mit seinen Cousinen im Drachenhort herum oder schlich durch die Küche um seinem Onkel ein paar Kekse abzuschwatzen. Einen Moment lang spürte Harry einen Anflug von Heimweh nach der Dracheninsel. Doch das Gefühl verging so schnell es gekommen war. Verging, bevor seine Gedanken von den Kindern seiner Freunde zu anderen Bewohnern der Feste gleiten konnten. Bevor er erneut in sehnsüchtigen Erinnerungen versinken konnte.
Er hatte Wort gehalten.
Niemand wusste von der Dracheninsel und ihren Bewohnern. Zwar hatten ihn seine Freunde mit Fragen regelrecht gelöchert, und auch nachdem sie nur ausweichende, oberflächliche Antworten bekamen, hatten die Fragen nicht aufgehört. Harry hatte ihnen schließlich erzählt, dass er an einen Schwur gebunden war und das schienen sie akzeptieren.
So wussten sie nur, dass man ihn gepflegt und gut behandelt hatte, dass er den Schwertkampf erlernt hatte, und dass auch seine neuen, ungewöhnlichen Kleidungsstücke von diesem Ort stammten.
Die Drachen zu erklären, die sie damals in Hogsmeade gesehen hatte, war schwieriger gewesen. Es war Simon gewesen, der ihm die Idee für eine plausible Ausrede geliefert hatte. Der blonde Drachenreiter, geübt darin seinen diversen Liebschaften Ausreden aufzutischen, hatte bei ihrem Abschied auf den Orkneyinseln eine Erklärung angeboten, die selbst in Harrys Ohren logisch klang. So dachten die Bewohner Hogwarts' jetzt, dass die Leute, die sich um Harry gekümmert hatten, eine Handvoll Hornschwänze und Stachelbuckel gegen den Erlass des Ministeriums aufgezogen und abgerichtet hatten. Dann hatten sie einen Zauber entwickelt, der die Echsen größer und bedrohlicher erscheinen ließ, als sie wirklich waren. Seine Freunde hatten diese Erklärung bereitwillig geschluckt. Nur Ron war misstrauisch geblieben, schließlich hatte er die Drachen damals aus nächster Nähe gesehen, aber als Harry alle schwören ließ, nichts von dem Verstoß gegen die Gesetze des Ministeriums zu erzählen und nebenbei eine Bemerkung über Halluzinationen erzeugende Gifte fallen ließ, war auch der jüngste Weasley überzeugt.
Es gefiel Harry nicht, seine Freunde belügen zu müssen, aber er wusste nur zu gut, was auf dem Spiel stand. Das hatte man ihm deutlich vor Augen geführt. Noch immer geisterten die Bilder aus der Vision durch seine Träume und mehr als einmal war er schweißgebadete aufgewacht. Auf der Insel waren die Schatten dieser Träume immer schnell verschwunden, schließlich hatte der Beweis, dass das alles vergangen war stets in seinen Armen gelegen wenn er erwachte, bereit jeden Rest von Angst mit sanften Küssen und zärtlichen Berührungen zu verscheuchen.
Doch hier war er allein. Und so musste er sich allein der Erinnerung stellen.
Justin hatte wieder angefangen ihm überall hinterher zu laufen und ihn als seinen Freund zu bezeichnen. Die Tatsache, dass Harry ihn jeden Abend aus dem Zimmer warf, wenn er ins Bett ging und auch sonst jeden Annäherungsversuch im Keim erstickte, schien ihn nicht weiter zu bekümmern. So war sein Harry halt, wie er gern jedem erzählte.
Eine Weile spielte Harry mit dem Gedanken seine Affäre mit Justin oder Blaise wieder aufleben zu lassen. War das nicht besser, als wieder jede Nacht allein in einem leeren Bett zu schlafen?
Aber dann entschied er sich dagegen. Nein. Er würde niemanden mehr in sein Bett lassen. Nichts würde die Erinnerung verdrängen, überlagern oder gar ersetzen. Er würde diesen Krieg vermutlich ohnehin nicht überleben und so konnte er wenigstens auf fünf wundervolle Monate zurückblicken. Fünf Monate, in denen aus Freundschaft Liebe geworden war. In denen er sich einem anderen Menschen so nah gefühlt hatte, wie niemals zuvor in seinem Leben; einem Menschen, der seine Seele berührt hatte. Diese Monate waren mehr, als viele andere hatten. Er würde sich an dieser Erinnerung wärmen, würde mit ihrem Licht die Einsamkeit vertreiben und wenn die Bedürfnisse seines Körpers zu stark wurden... nun, er hatte seine Hände und die Erinnerung.
Harry wusste inzwischen, dass er Draco aus ganzem Herzen und tiefster Seele liebte und darum war er sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Es war die richtige Entscheidung, denn sie würde Dracos Leben schützen, würde ihn vor neuem Schmerz bewahren. Und vielleicht, ganz vielleicht, würden sie sich eines Tages wieder gegenüberstehen und dann könnten sie zumindest Freunde sein.
Doch manchmal, wenn Harry allein in der Dunkelheit lag wünschte er sich fast, etwas egoistischer gewesen zu sein.
Hinzu kam, dass er, ohne es sich einzugestehen, enttäuscht war. Ein Teil von ihm hatte erwartet und auch ein bisschen gehofft, dass Draco wutschäumend hier auftauchen und ihn zur Rede stellen würde. Immerhin hatte er das hitzige Temperament des Slytherin auch schon wegen weniger zu spüren bekommen. Oder zumindest, dass ein bitterböser Brief kommen und nachdem er ihn gelesen hatte, in seinen Händen explodieren würde. Irgendetwas! Irgendein Zeichen, dass Harrys Verschwinden ihm nicht egal war, das der Abschiedsbrief irgendeinen Eindruck hinterlassen hatte. Doch nichts von alldem geschah. Und plötzlich war sich Harry nicht mehr so sicher. Was, wenn er sich vielleicht geirrt hatte? Was, wenn Draco gar nicht ernst gemeint hatte, was er in jener Nacht gesagt hatte? Immerhin hatte er seine Worte niemals wiederholt.
Eigentlich hätte Harry über das Ausbleiben einer Reaktion erfreut sein sollen, hätte er glücklich sein müssen, dass er Draco nicht das Herz gebrochen hatte, aber trotzdem tat es weh...
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„Harry? Hey, hörst du mit zu?"
„Was?" Blinzelnd kam er wieder in die Gegenwart. Ron stand über den Tisch gebeugt da und musterte ihn halb amüsiert, halb besorgt.
„Träumst du schon wieder? Ich wollte fragen, ob du Lust auf ne Partie Schach hast?"
Harry streckte sich, gähnte und stand dann auf.
„Können wir das auf später verschieben? Ich würde gern noch ein bisschen trainieren, bevor es dunkel wird."
Ron schüttelte den Kopf. „Du und dein Schwert. Wozu ist das überhaupt gut? Wir bekämpfen die Todesser schließlich mit Zauberstäben. Ich glaub nicht, dass du jemals gegen einen von denen fechten musst."
„Trotzdem. Ich mach es gern und ich bleib in Bewegung. Du musst das nicht verstehen."
Harry hatte sich angewöhnt jeden Abend ein oder zwei Stunden auf der Aussichtsplattform des Astronomieturms mit dem Schwert zu üben. Im Anfang waren seine Freunde noch neugierig mitgegangen, aber nachdem klar war, dass er nichts anderes machten, als mit geschlossenen Augen und in völliges Schweigen gehüllt die Klinge in komplizierten Mustern durch die Luft zu ziehe, verloren sie bald das Interesse. Ihm war das nur recht. So konnte er sich ganz auf die Bewegungen konzentrieren. Charlies Worte kamen ihm in den Sinn ‚Du bist inzwischen ein ganz passabler Schwertkämpfer, auch wenn du noch üben musst...'
Also hatte er sich vorgenommen besser zu werden. Wenn er Charlie wiedersah, würde der Anführer der Drachenreiter stolz auf ihn sein können, auch wenn er nicht ganz nachvollziehen konnte, warum ihm Charlies Anerkennung plötzlich wichtig war.
„Wir können ja später noch spielen. Du schuldest mir ohnehin noch eine Revanche."
Rons enttäuschter Gesichtsausdruck verschwand.
„Mach dich schon mal auf eine vernichtenden Niederlage gefasst, Kumpel!"
Harry grinste seinem Freund noch einmal zu und machte sich dann auf den Weg zum Astronomieturm.
Beim Laufen legte er die linke Hand locker auf den Knauf des Schwertes.
Er trug die Waffe fast ständig bei sich und inzwischen hatte er sich vollkommen an das Gewicht auf seiner Hüfte gewöhnt. Im Anfang war er immer wieder gestolpert, weil ihm die Schwertscheide beim Laufen zwischen die Beine geriet oder er mit dem unteren Ende in Türrahmen und Treppengeländern hängen blieb. Eine ganze Weile lang hatte sich der Gürtel in Form eines blauen Flecks rund um seine Hüfte verewigt und Harry musste sich zähneknirschend eingestehen, dass man, nur weil man halbwegs mit dem Schwert fechten konnte, noch lange nicht auch damit umgehen konnte. Er versuchte sogar aus mehreren Gürteln und Lederriemen einen Schwertharnisch zu machen, wie ihn die Drachenreiter trugen. Über ein Schwert auf dem Rücken konnte man nicht stolpern. Leider scheiterte dieser Versuch kläglich. Das Ergebnis war so verworren und unübersichtlich, dass er sich beim Ziehen der Klinge erst fast selbst erwürgte und sich dann den Schwertknauf ins Gesicht gerammt hatte. Vollkommen nutzlos wurde sein Werk dann, als er sich abends daraus befreien wollte und ihm dies nur mit Hilfe eines Messers gelang. Zum Glück hatte nur Luna seinen peinlichen Auftritt beobachtet. Auf ihr Schweigen konnte man sich verlassen. Danach war er reumütig zu seinem Gürtel zurückgekehrt und hatte sich wieder mal gefragt, warum das alles bei seinen Freunden von der Insel so einfach ausgesehen hatte.
Inzwischen hatte er sich jedoch an sein Schwert gewöhnt und trug die Waffe wie selbstverständlich.
Auf dem Astronomieturm umwehte ihn ein lauer Frühlingswind.
Es war Anfang Juni und inzwischen blieben die Abende angenehm warm.
Die Sonne stand schon tief am Himmel und Harry schätzte, dass ihm noch etwa eine Stunde Tageslicht blieb. Genug Zeit um sich zu entspannen.
Langsam ließ er die Schwertklinge durch die Luft gleiten und spürte, wie die vertraute Ruhe ihn erfasste.
Es war ein völlig anderes Gefühl, als mit den hölzernen Übungsschwertern. Diese Waffe war für ihn geschmiedet worden! Sie war perfekt auf seinen Körper angepasst. Er wusste inzwischen, dass das einer der Gründe war, warum er damals solche Schwierigkeiten mit Dracos Schwert gehabt hatte. Der Slytherin war ein Stück kleiner und viel schlanker gebaut als Harry. Er hatte einen vollkommen anderen Körperschwerpunkt und da der Schwerpunkt seiner Waffe auf den seines Körpers abgestimmt war, hatte er die Klinge soviel müheloser heben und führen können.
Natürlich kam dann noch jahrelange Erfahrung hinzu, die vollkommener Ahnungslosigkeit gegenüberstand.
Harry schüttelte unwillig den Kopf. Er wollte nicht an Draco denken!
Er konzentrierte sich auf seine Bewegungen und auf die geschmückte Klinge, die ihm Licht der untergehenden Sonne in unterschiedlichen Farben erstrahlte.
Erst golden, dann kupfern und zum Schluss blutrot. Schließlich verschwand die Sonne hinter den Bäumen des Verbotenen Waldes.
Harry ließ die Klinge seufzend sinken und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
Er schob das Schwert zurück in die Scheide, wollte sich gerade an den Abstieg machen und freute sich in Gedanken schon auf seine Dusche, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung am Waldrand ausmachte. Sofort war jeder Gedanke an Entspannung und einen ruhigen Abend wie ausgelöscht.
Er ging hinter der Mauer des Turms in Deckung und spähte zwischen den Zinnen hindurch zum Saum der Bäume. Hatte er sich getäuscht? Dann sah er es wieder. Mehrere dunkle Gestalten, die geduckt im Schatten der alten Eichen entlanghuschten. Wer war das? Keiner der Bewohner Hogwarts, soviel war sicher. Sie mieden den Verbotenen Wald bei Nacht, denn die Kreaturen die dort mittlerweile hausten verstanden keinen Spaß. Außerdem wüsste Harry, wenn sich Späher des Phönixordens oder ein Suchtrupp dort unten aufhalten würden. Für Flüchtlinge bewegten sich die Gestalten zu geordnet und gezielt vorwärts. Doch wenn all diese Möglichkeiten ausschieden, blieb nur noch eine Erklärung.
Harry blieb in Deckung und glitt so schnell wie möglich zur Luke. Er musste seine Freunde alarmieren. Hogwarts wurde angegriffen!
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„Wie viele sind es?"
„Keine Ahnung. Zu viele auf jeden Fall! Scheint ganz so als hätten sich diese dreckigen Bastarde den Winter über organisiert."
Kingsley Shacklebolt spuckt über die Mauer wie um seine Worte zu bekräftigen. Harry folgte seinem Blick. Im Licht der aufgehenden Sonne bot sich ihnen ein erschreckender und gleichzeitig bizarrer Anblick:
Auf der Wiese vor dem Haupttor der Burg hatten sich etwa ein- oder zweihundert Todesser versammelt. Sie wimmelten durcheinander und schienen in keinster Weise besorgt, dass man sie sehen und leicht angreifen konnte. Ihre Selbstsicherheit war begründet. Rings um den Platz war ein gigantisches Pentagramm ins Gras gebrannt. Runen und Symbole umgaben den fünfzackigen Stern und die schwarz gewandeten Gestalten hielten sich tunlichst im inneren des Bannkreises auf. Inmitten des Pentagramms stand eine Art hölzerner Turm, an dem ein Katapult befestigt zu sein schien.
„Das also haben sie gestern Nacht dort unten getrieben! Verdammt! Wir hätten auf Severus hören und da raus gehen sollen! Direkt vor unserer Nase!"
Seid Harry sie gestern Abend alarmiert hatte, hockten sie hier auf den Zinnen und beobachteten das Tal. Sie hatten die Todesser in der Dunkelheit umherhuschen sehen, aber sie hielten sich außerhalb Fluchweite und so hatten die Verteidiger beschlossen vorerst nichts zu unternehmen, sondern den Morgen abzuwarten. Das war ein Fehler, wie sich jetzt herausstellte.
„Was haben die denn mit diesem Ding vor? Wollen sie uns mit Steinen bewerfen?" Ron versuchte noch immer den Sinn des Katapults zu ergründen.
„Muggle haben sich früher mit sowas bekriegt. Aber das liegt schon Jahrhunderte zurück. Ich finde das sehr beunruhigend." Hermine.
„Auf jeden Fall wird ihnen das Teil nichts nützen, oder? Hogwarts hat doch ziemlich dicke Mauern? Und mächtige Zauber. Was wollen sie damit schleudern, dass uns etwas anhaben könnte?"
„Die zum Beispiel."
Alle Augen folgten Seamus ausgestrecktem Finger. Am Waldrand hockte etwa ein halbes Dutzend Bergtrolle, die von einer Gruppe sehr nervöser Todesser mit ihren Zauberstäben in Schach gehalten wurden.
„Langsam komm ich mir hier vor, wie in irgendeinem Buch. Das ist doch albern. Belagerungswaffen! Trolle! Was haben die Kerle vor?"
„Genau das. Eine Belagerung!" Snapes trockene Stimme ließ sie alle herumfahren.
„Mit dem Katapult werden sie Felsbrocken vor jede Tür häufen. Dann werden sie die Trolle vor jedem möglichen Ausgang postieren und anschließend einfach abwarten."
„Aber können wir nichts dagegen machen? Sie verfluchen? Sie sitzen da unten doch praktisch auf dem Silbertablett. Wir müssen sie uns bloß holen."
„Ich fürchte, dass ist nicht so einfach, Ron. Das Pentagramm hält Flüche von ihnen ab. Wir können sie höchstens mit Gegenständen bewerfen. Und ob die durchkommen ist fraglich. Nein, ich denke, wir müssen das gleiche tun wie sie. Einfach abwarten."
„Wir könnten einen Ausfall machen. Noch haben sie nicht angefangen. Wir können sie aufhalten, bevor sie ihren Plan ausführen können! Wir sind doch mehr als die!"
„Ach, Schlaumeier, und wie? Wir sind zwar in der Überzahl, aber nicht was Krieger angeht. Wir haben Frauen und Kinder hier und außerdem, wenn ich deine geschätzte Aufmerksamkeit mal da rüber lenken darf." Seamus packte Ron an den Schultern und drehte ihn in die andere Richtung, so dass er zu Seeufer sehen konnte. Dort, dicht über dem Wasser trieb eine Wolke Dementoren! Es war nicht zu erkennen wie viele sie waren, denn sie wirbelten unaufhörlich durcheinander.
„Oh, verfluchte Koboldscheiße!"
„Ronald!"
Harry hatte bisher geschwiegen und sich den Streit stumm angehört. Die Dementoren, die Trolle, die Todesser, das alles hatte ihn scheinbar gelähmt. Ein Wort in Seamus wütender Tirade sprang ihn an. Krieger. Sie waren alle keine Krieger. Sie waren Menschen, die ihr Leben und ihre Freiheit verteidigten. Mochte sein, dass sie im Laufe der Zeit gelernt hatten, was nötig war, aber Krieger? Nein. Sie hatten keine Chance die Pläne der Todesser zu vereiteln. Nicht ohne Hilfe. Hilfe...
„Entschuldigt mich. Ich muss mit Dumbledore sprechen!"
Ohne auf seine Freunde zu achten drehte er sich um und rannte ins Schloss.
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„Harry, mein Lieber. Nun, wie steht es um Hogwarts?"
Dumbledore saß in seinem Lehnstuhl und zum ersten Mal seid Harry ihn kannte, glaubte er so etwas wie Sorge in den vertrauten Zügen des alten Lehrers zu entdecken.
„Schlecht, fürchte ich. Die Todesser planen eine Belagerung und so wie es aussieht haben wir keine Chance sie davon abzuhalten. Sie werden von Dementoren und Trollen begleitet und haben sich in einen Bannkreis geflüchtet, den wir von hieraus nicht erreichen können. Gleichzeitig ist ihre Position so günstig, dass sie jeden Angriffs- oder Fluchtversuch unserseits sofort bemerken und verhindern werden. Ohne Hilfe sind wir verloren. Darum bin ich hier. Professor, sie wissen, wo ich während dieser fünf Monate war. Sie wissen wer mich aufgenommen hat. Sie müssen eine Botschaft zur Insel schicken! Wir haben Freunde dort, die uns sicher helfen werden! Allein schaffen wir es nicht. Nicht diesmal!"
„Ich weiß. Ich habe die Nachricht bereits vor einer Stunde auf die Reise geschickt. Doch der Falke wird zwei Tage unterwegs sein, bis er unserer Freunde erreicht. Und ich weiß nicht, wie der Rat der Druiden und der Than der Insel unsere Bitte aufnehmen werden. Doch wir sollten die Hoffnung niemals aufgeben. Bis klar ist, ob wir Hilfe bekommen, kann einige Zeit vergehen. Wir sollten uns bis dahin so gut wie möglich schlagen. Die Tore sollen von innen verriegelt und versiegelt werden. Wenn wir dieses Schloss wirklich verlassen müssen, dann wird es hoffentlich durch die Luft sein!"
„Kann ich den anderen sagen, dass wir Hilfe bekommen?"
„Nein. Schüre keine falsche Hoffnung. Wir wissen nicht wie die Druiden entscheiden werden. Es mag sein, dass sie den Zeitpunkt für das Eingreifen ihrer Krieger noch nicht gekommen sehen. Wir werden uns wieder einmal in Geduld üben müssen. Hab keine Sorge. Irgendwie werden wir schon heil aus allem herauskommen."
Er zwinkerte Harry zu und wand sich dann wieder seiner Lektüre zu.
Harry drehte sich auf dem Absatz um und verließ langsam das Büro des Schulleiters. Irgendwie hatte er mehr erwartet. Auf einmal fühlte er sich sehr, sehr müde.
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„...auf jeden Fall finde ich, wir können nicht einfach hier hocken und darauf warten was passiert! Das ist doch total lächerlich! Wir kämpfen seid Jahren und jetzt wollen wir so einfach aufgeben? Lasst uns da raus gehen! Vielleicht können wir sie nicht aufhalten, aber wir können ihnen zumindest das Leben schwer machen!" Ron unterbrach sich, als er Harry in der Eingangstür der großen Halle sah. „Harry! Was hat Dumbledore gesagt?"
„Er will, dass wir uns darauf vorbereiten, die Tore im Notfall von innen zu versiegeln."
„Was? Aber warum? Das macht überhaupt keinen Sinn! Wir können uns doch nicht selbst einmauern! Ist er jetzt doch noch verrückt geworden?"
Der letzte Satz war nur leise gemurmelt, trotzdem hörte ihn in der Stille jeder.
„Ronald! Pass auf, was du sagst!"
Mrs. Weasley mochte in den letzten Jahren viel von ihrem inneren Feuer verloren haben, aber Unhöflichkeit und mangelnden Respekt duldete sie nach wie vor nicht. Besonders wenn sich diese Unhöflichkeit gegen einen Mann wie Dumbledore richtete, den sie über alle Maßen schätzte und dessen Urteil sie uneingeschränkt vertraute.
Kingsley stand auf und trat neben den jüngeren Weasley, dessen Gesicht die Farbe einer reifen Tomate angenommen hatte.
„Deine Mutter hat Recht, Ron. Die Idee ist durchaus nicht ungewöhnlich. Wie du vorhin schon bemerkt hast, Hogwarts hat starke Mauern, die im Laufe der Jahrhunderte vielen Angriffen standgehalten haben. Die Tore sind so konstruiert, dass sie, einmal von innen versiegelt, von keiner Macht der Welt von außen geöffnet werden können."
„Aber dann haben die Todesser uns doch genau da, wo sie uns haben wollen! Sie wollen uns doch auch hier einsperren!"
„Ja und nein. Es stimmt, dass sie uns daran hindern wollen zu fliehen, aber sie wollen auch irgendwann wieder an uns rankommen. Sie werden uns belagern und darauf warten, dass wir uns irgendwann ergeben oder, dass wir irgendwann alle tot sind, um dann in Hogwarts einzufallen und sich hier niederzulassen. Wenn wir die Türen aber von innen verriegeln, haben wir den Spieß umgedreht. Sie kommen nicht hier rein, egal was sie versuchen. Und wir können hier Jahre ausharren."
„Trotzdem. Es gefällt mir nicht, dass wir hier untätig rumsitzen sollen! Mag ja sein, dass sie nicht hier reinkommen, aber wir kommen raus. Noch! Und das sollten wir nutzen! Ich bin dafür, dass ein paar von uns da raus gehen und ein bisschen Unruhe stiften! Vielleicht können wir ja diesen Turm oder was das ist zerstören."
„Ich finde, Ron hat recht. Wir sollten ihnen zeigen, dass wir uns nicht so einfach wie Lämmer zur Schlachtbank führen lassen!"
„Das war ja klar, Seamus, dass du in die gleiche Kerbe haust! Das ist viel zu gefährlich! Habt ihr mal gesehen, wie viele die da draußen sind? Ihr bringt euch um, wenn ihr da rausgeht! Und ich für meinen Teil möchte noch keine Witwe werden!"
„Hermine! Darum geht es doch gar nicht! Du kannst doch nicht von uns verlangen, dass wir die Hände in den Schoß legen und einfach abwarten, was passiert!"
„NEIN! Aber ich erwarte, dass ihr ein bisschen nachdenkt, bevor ihr euch in den Kampf stürzt! Wenn ihr euch sinnlos in Gefahr bringt, dann nützt das niemandem etwas! Und es geht sehr wohl darum, dass ihr sterben könntet! Ich habe zwei kleine Kinder, an die ich denken muss! Sie sollen nicht schon jetzt ihren Vater verlieren, nur weil er unbedingt den Helden spielen muss! Du bist nicht verheiratet, Seamus, du kannst das nicht verstehen!"
„Ach kann ich nicht? Meine Familie ist auch tot, Hermine! Und die Frau die ich heiraten wollte, ist tot! Und darum werde ich nicht stillschweigend zusehen, wie diese Dreckskerle da draußen auch noch den Rest zerstören, der von meinem Leben geblieben ist!"
Hermine und Seamus standen sich fast Nase an Nase gegenüber und ihre Stimmen wurden immer lauter. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis der Streit eskalieren würde.
„Das verlangt ja auch keiner von dir! Aber DENK NACH! Wirf nicht dein Leben auch noch weg! Wir haben schon zu viel verloren!"
„Du weißt nicht, wovon du sprichst! Du bist nie da draußen! Du kämpfst nicht ums Überleben unserer Leute!"
„Jetzt reicht's! Das muss ich mir nicht anhören! Wie kannst du es wagen mir vorzuwerfen, dass ich meine Kinder beschütze und darum bei ihnen bleibe?"
„LEUTE!" Harry fasste Hermine am Arm und zog sie einen Schritt zurück, dann stellte er sich zwischen die beiden Streithähne „Es reicht jetzt! Ihr habt beide euren Standpunkt klargemacht! Es bringt doch nichts, wenn wir uns hier gegenseitig an den Hals gehen. Hermine hat recht, wir befinden uns in einer sehr gefährlichen Lage und sollten unser Schicksal nicht mehr als nötig herausfordern..." Protest keimte auf, den er mit einem bösen Blick zum Schweigen brachte. „... aber Seamus und Ron haben auch recht. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie die Todesser immer mehr an Boden gewinnen. Aber wir sollten uns einig sein! Wenn wir uns schon streiten, bevor wirklich etwas passiert ist, wie sollen wir dann einer jahrelangen Belagerung standhalten? Ich würde sagen, wir beruhigen uns jetzt erst mal alle wieder. Und in zwei Stunden treffen wir uns wieder hier und machen uns daran, einen sinnvollen und vor allem durchführbaren Plan zu entwickeln! Irgendwelche Einwände?"
Stille schlug ihm entgegen, gefolgt von zustimmendem Gemurmel. Schließlich löste sich die Versammlung langsam auf und jeder ging seinen Pflichten nach.
Im Vorbeigehen warfen sie Harry erstaunte Blicke zu. So hatten sie ihn noch nie erlebt.
Harry wunderte sich über sich selbst. Normalerweise hätte er sich in so einem Streit auf die Seite von Ron und Seamus geschlagen, immer bereit sofort zuzuschlagen ohne groß nachzudenken. Dass er Partei für Hermine ergriff, die immer zur Vorsicht mahnte, war mehr als ungewöhnlich. Es war auch nicht seine Art einen Streit zu schlichten oder überhaupt in so einer Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. Ausgerecht er! Der immer erst handelte und dann nachdachte! Doch am meisten erstaunte ihn die plötzliche Autorität, mit der er gesprochen hatte. Was war nur auf einmal mit ihm los? Und keiner hatte sich beschwert! Sie hatten alle getan, was er sagte. Das war mehr als merkwürdig.
„Willkommen in der Welt der Erwachsenen, Potter." In Snapes Augen lag ein seltsames Glitzern und ... war das ein Lächeln?
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„Also, der Plan sieht folgendermaßen aus: Eine kleine Gruppe, bestehend aus Ron, Neville, Harry, Seamus, Lavender, Blaise und mir selbst schleicht sich sobald es dunkel ist über das Belüftungssystem der Kerker aus dem Schloss. Unser Ziel ist der Bannkreis. Wir werden versuchen das Pentagramm zu beschädigen und dadurch das Kraftfeld zu schwächen. Wir dürfen nicht auffallen. Und auch unsere Sabotage darf erst mal nicht bemerkt werden. Sobald wir das vereinbarte Zeichen geben, greifen die übrigen unter Kingsleys Leitung die Todesser von den Zinnen aus an. Versucht soviel Schaden wie möglich anzurichten. Es wird nicht lange dauern bis sie den Schaden bemerken und ausbessern werden. Also haben wir nicht viel Zeit. Sind alle damit einverstanden?"
Remus ließ seinen Blick über die versammelten Bewohner Hogwarts' gleiten. Sie hatten sich schließlich auf diesen tollkühnen Plan einigen können, dessen Erfolg ihnen Zeit erkaufen würde. Zeit und die Möglichkeit wenigstens ein paar ihrer Angreifer unschädlich zu machen. Keiner traute sich, daran zu denken, dass Voldemort möglicherweise bald hier auftauchen würde um das Fortschreiten der Belagerung zu begutachten.
Von draußen war dumpfes Poltern zu hören. Die Todesser hatten vor etwa einer Stunde damit angefangen schwere Steinblöcke vor das Haupttor zu türmen. Dass das Tor längst von innen versiegelt war, wussten sie nicht.
„Wenn wir draußen sind, werden wir uns trennen. Lavender und Neville, ihr beide habt euch genau angesehen, welche Runen zerstört werden müssen um die Kraft des Bannkreises zu schwächen. Der Rest von uns wird sich in der Nähe aufhalten und euch Deckung geben. Ihr müsst schnell und leise sein. Sie haben in der Mitte des Pentagramms ein Feuer entzündet, also müsst ihr darauf achten, dass eure Umhänge nicht verrutschen, sonst seid ihr verloren. Seid ihr alle bereit?"
Lavender und Neville nickten. Sie hielten Unsichtbarkeitsumhänge in den Händen, die sie bei ihrer Mission schützen würden. Als ausgebildete Auroren wussten sie, wie man mit der Magie des Bannkreises umgehen musste. Sie waren es, die sich am nächsten an die Todesser heranwagen würden.
„Gut. Dann wünsche ich euch allen viel Glück. Möge unsere Mission erfolgreich sein."
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Harry duckte sich hinter einem umgestürzten Standbild in der Nähe des Haupttores. Eine Gruppe Todesser ging dich an seinem Versteck vorbei, bemerkte ihn aber nicht. Seine Hand schloss sich fester um seinen Zauberstab. Wieder einmal wünschte er sich seinen Unsichtbarkeitsumhang, aber den hatte er Lavender geliehen, die ihn im Moment dringender brauchte. Er versuchte einen seiner Freunde auszumachen, doch sie hielten sich alle gut versteckt. Harry hob den Kopf ein wenig und spähte zum Feuer. Einen Moment lang flackerte die Erinnerung an ein anderes Feuer der Todesser auf. Die Szene hatte plötzlich verblüffende Ähnlichkeit mit der Erinnerung in Gregs Schattenkristall. Nur dass der Steinkreis fehlte, und dass es etwa achtmal soviel Todesser waren als damals. Er schüttelte leicht den Kopf. Jetzt nur nicht ablenken lasse!
Plötzlich geriet Unruhe in die Versammlung beim Feuer. Schreie hallten durch die Nacht. Dann sah Harry, wie jemand in den Lichtschein des Scheiterhaufens gezerrt wurde. Voller Entsetzen erkannte er Lavender! Ein Todesser hatte sie an den Haaren gepackt und hielt in der anderen Hand den Umhang. Das silbrige Material schimmerte im Licht der Flammen.
Harry fluchte. Er sprang auf und schlich geduckt näher. Aus den Augenwinkeln konnte er Seamus und Blaise sehen, die sich ebenfalls dem Kreis näherten. Dann fiel ein Todesser wie vom Blitz getroffen vornüber. Die Umstehenden wichen von ihm zurück.
„Da muss noch einer sein! Schnappt ihn euch!" Der Kerl, der noch immer Lavenders Haar umklammert hielt bellte Befehle an seine Kumpane, die anfingen mit Fackeln in der Luft herumzufuchteln. Es war nur eine Frage von Sekunden bis... Eine helle Stichflamme blühte am Rand des Bannkreises auf, als Nevilles Umhang Feuer fing. Schreiend warf er den Stoff von den Schultern. Er blickte auf und sah sich einer Übermacht von Feinden gegenüber.
In diesem Moment hatten Blaise und Ron den Kreis erreicht. Remus stürzte von der anderen Seite dazu. Seamus war nirgendwo zu sehen. Harry rannte so schnell er konnte auf den Platz zu. Flüche wurden gebrüllt und die Getroffenen brachen schreiend zusammen. Ein Todesser verstellte ihm den Weg, doch bevor der seinen Zauberstab heben konnte, rammte Harry ihm die geballte Faust ins Gesicht. Sein Gegner ging stöhnend in die Knie und presste beide Hände vor Mund und Nase. Blut quoll zwischen den Fingern hervor. Ohne weiter auf ihn zu achten, lief Harry weiter. Sein Ziel war Lavender. Er hatte sie fast erreicht, als er mit Entsetzen sah, wie der Todesser, der sie gefangen hatte, den Zauberstab hob. Harry riss seinen eigenen Stab hoch und schrie einen Zauber, doch es war zu spät. Er konnte den grünen Lichtblitz sehen, der auf die Aurorin zujagte und sich in ihre Brust grub, nur Sekunde bevor Harrys Fluch ihren Mörder traf.
In dieser Sekunde erschütterte eine Explosion den Boden. Die Flammen schossen hoch in den Himmel, brachten jeden der in der Nähe war dazu sich auf den Boden zu werfen. Harry rührte sich nicht vom Fleck.
Fassungslos starrte er auf den leblosen Körper zu seinen Füßen. Als ihn jemand an der Schulter fasste, fuhr er herum, bereit jeden zu töten, der ihm zu nahe kam. Seamus schaffte es gerade noch den Kopf einzuziehen.
„Harry! Ich bin's! Los, lass uns hier verschwinden. Remus hat sie mit dem Feuer abgelenkt, aber wie haben nicht viel Zeit." Dann bemerkte er Lavender.
„Oh nein! Ist sie..."
„Ja." Harry hob den reglosen Körper auf und rannte dann mit Seamus zusammen zurück zum Schloss.
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Eine Woche später...
Harry saß allein in der Halle und starrte in den Kamin.
Die Mission hatte sich als großer Fehler erwiesen. Lavender war tot, Blaise so schwer verletzt, dass er die Nacht ebenfalls nicht überlebt hatte. Neville hatte schwere Verbrennungen, die zwar langsam heilten, ihn aber für den Rest seines Lebens zeichnen würden. Die anderen waren weitgehend unversehrt geblieben, aber ihr Plan war kläglich gescheitert. Sie hatten auf ihrer Flucht den Tunnel zerstören müssen, durch den sie ins Freie gelangt waren, damit niemand ihnen folgen konnte.
Inzwischen hatten die Todesser von der einen und die Verteidiger von der anderen Seite jeden möglichen Ausgang verschlossen.
Hogwarts war zu einer Falle geworden.
„Hey du. Wie geht es dir?" Hermine setzte sich neben Harry und sah ihn besorgt an.
„Gut. Ich lebe noch. Im Gegensatz zu anderen."
„Schatz, es ist nicht deine Schuld. Wir alle haben an diesem Plan mitgewirkt. Und Lavender und Blaise haben sich freiwillig gemeldet."
„Ich weiß. Aber wenn ich schneller gewesen wäre... Wenn ich eine Minute früher losgelaufen wäre..."
„Harry, daran lässt sich jetzt nichts mehr ändern. Es ist trotzdem nicht deine Schuld. Es hätte viel schlimmer kommen können, ihr könntet jetzt alle tot sein. Fang nicht wieder an, dir an allem die Schuld zu geben. Ich war so froh, dass du das überwunden hattest."
„Mach ich nicht. Keine Angst. Ich fühl mich nur so hilflos. Zuzusehen wie jemand stirbt ohne eingreifen zu können. Es ist wie..." Er biss sich auf die Zunge. Fast hätte er zuviel gesagt.
„Was hast du, Harry?"
„Nichts. Ich bin nur so müde. Und ich bin es leid, dass Menschen sterben, die ich gern habe. Ich bin diesen Krieg so leid. Wenn ich wüsste, wo Voldemort sich versteckt hält, glaub mir, ich würde noch heute hingehen und ihn herausfordern, nur damit endlich Ruhe ist!"
„Ach Harry." Sie nahm ihn in den Arm und lange Zeit saßen sie einfach schweigen da. Schließlich lehnte Hermine sich zurück und sah im tief in die Augen.
„Eines Tages werden wir alle wieder frei sein und ein normales Leben in Frieden führen können. Da bin ich mir sicher."
„Ich hoffe wirklich, du hast recht. Entschuldige, wenn ich schon wieder so pessimistisch bin. Ich werde mir Mühe geben mich zu bessern. Ich..."
„Harry! Oh hier bist du. Oh Gott sein Dank! Ich habe mir ja solche Sorgen gemacht!"
Justin kam in die Halle gestürzt und warf sich auf Harry, bevor der in Deckung gehen konnte. Der ehemalige Hufflepuff fing an den Gryffindor abzuküssen und lamentierte dabei ohne Unterbrechung weiter:
„Ich war gerade bei Neville und da fiel mir wieder ein, wie viel Sorgen ich mir um dich gemacht habe, dass ich dich niemals wiedersehen würde! Dass man deinen zerschmetterten Körper hereintragen würde und ich auf ewig allein wäre! Verdammt dazu um dich zu trauern. Und da musste ich dich einfach sehen! Oh, ich würde deinen Tod nicht überleben! Mein Herz würde verwelken und nie wieder schlagen! Ich..."
„Justin! Es reicht! Geh runter von mir und hör auf zu jammern! Es ist ja schön, dass du dich freust, aber das geht ein bisschen zu weit!"
„Zu weit? Wie könnte wahre Liebe jemals zu weit gehen? Du bist die Sonne meines Lebens! Ohne dich werde ich verdorren wie eine Blüte in der Wüste!"
Harry merkte, wie er langsam wütend wurde. Was wusste Justin schon von wahrer Liebe? Für ihn war es Liebe, wenn er Harry Tag und Nacht hinterher lief, ihn mit schwülstigen Liebensbezeugungen überschüttete, keiner Ablehnung und Zurückweisung Beachtung schenkte und sich alle paar Wochen nackt in Harrys Bett räkelte um ihn zu verführen. Vielleicht glaubte Justin wirklich, dass das Liebe war.
„Justin, verdammt! Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es aus ist zwischen uns? Wenn du mich wirklich liebst, dann tut es mir leid, aber ich liebe jemand anderen!"
Harry ignorierte Hermines erstaunt hochgezogene Augenbraue. Justin war einen Moment irritiert.
„Wen?"
„Das geht dich nichts an. Aber ich liebe diese Person und es besteht nicht die leiseste Chance für dich, dass sich daran etwas ändert. Tut mir leid. Aber ich hab mich schon vor längerem von dir getrennt, nur dass du das nie akzeptiert hast. Hör also bitte auf, mir nachzulaufen."
Kurz schien Justin zu schwanken, ob er Harry eine Szene machen sollte, dann strahlte er plötzlich wieder.
„Keine Sorge, ich bin nicht verletzt! Du wirst diesen Kerl früher oder später vergessen und dann bin ich da! Ich werde auf dich warten."
„Justin... Bitte. Es wird niemals wieder etwas zwischen uns passieren. Such dir einen neunen Freund. Jemanden der dich liebt. Ich bin nicht der Richtige für dich."
„Ach, und wer sollte das sein, Dummerchen? Wie könnte ich mich mit diesen Verlierern abgeben, wenn ich den berühmten Harry Potter hatte? Das wäre doch ein ziemlicher Rückschritt, oder? Nein, nein. Ich hatte das Beste und das werde ich auch behalten. Ich esse doch keine Würstchen, wenn ich Kaviar bekommen kann. Warte nur, du wirst dich schon noch in mich verlieben. Ich bin nämlich unwiderstehlich, das hast du nur noch nicht gemerkt."
Er winkte Harry und Hermine kurz zu und tänzelte dann aus der Halle.
„Hermine? Bitte erschlag mich! Den werde ich niemals wieder los! Was ist nur in mich gefahren, dass ich den jemals in meine Nähe gelassen habe?"
„Keine Ahnung. Man tut merkwürdige Dinge, wenn man einsam ist. Aber jetzt verrate mir mal lieber, in wen du verliebt bist? Das hör ich heute zum ersten Mal."
Harry wurde rot.
"Ach, das hab ich doch nur gesagt, damit er mich in Ruhe lässt. Es gibt niemanden."
„Ich glaub dir kein Wort! Ich habe dein Gesicht gesehen. Und jetzt weiß ich auch, warum du manchmal so abwesend bist. Los, wer ist es? Jemand von hier? Oder jemand von dort wo du warst?"
„Hermine, da ist niemand..."
Weiter kam er nicht. In diesem Moment hallte ein Ruf durch die Gänge des Schlosses, der jedem der ihn hörte das Blut in den Adern gefrieren ließ und der Harrys Herz dazu brachte einen Schlag auszusetzen:
„DRACHEN!"
A/N:
Leah? Greg ist bloß der Koch. Ich glaube nicht, dass Voldemort sich besonders dafür interessieren wird, wer für die Drachenreiter kocht.
