Na, die Feiertage und die Familie überlebt?
Dann ist hier das nächste Chap.
Das Drama nimmt seinen Lauf...
20.
Die Sonne ging bereits unter, als fünf Drachen, zwei Grüne und drei Blaue sanft im Schatten des Verbotenen Waldes landeten. Ihre Reiter glitten von den Rücken der Tiere und sahen zu, wie die mächtigen Echsen im Unterholz verschwanden. Schlangengleich und ohne einen Laut, bis sie vollkommen mit der Umgebung verschmolzen und nicht mehr zu sehen waren.
„Leute, ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf ein Bett freue. Irgendeins, ist mir vollkommen egal." Eric streckte sich und zuckte zusammen, als seine Schultern ein protestierendes Knacken von sich gaben.
„Huch. Ich fall gleich auseinander."
Die anderen lachten.
„Ja, ja Eric, das ist das Alter." Stella grinste.
„Also ich persönlich freu mich ja auf was zu Essen."
„Ja Simon, das war uns klar!"
„Worauf freust du dich denn, Dracolein?"
„Darauf, dass ich dich endlich mal ein paar Stunden quitt bin. Du gehst mir unsagbar auf den Keks heute, Simon."
„Charmant."
„Frag halt nicht, wenn du die Antwort nicht hören willst."
Ginny drängelte sich zwischen die beiden und hakte sich bei ihnen unter.
„Jungs! Streitet euch nicht."
„Machen wir nicht. Wir diskutieren bloß."
„Fang jetzt nicht auch noch mit mir an, Simon!"
Zankend und lachend liefen die fünf Drachenreiter über die Brücke, die zum Schloss führte.
In der Eingangshalle kam ihnen Ron entgegen.
Sein Gesichtsausdruck ließ ihr Lachen gefrieren und versetzte sie in höchste Alarmbereitschaft.
„Was ist passiert?"
„Die Todesser. Sie haben Harry."
Ginny fasste unwillkürlich Dracos Arm fester.
Er war dankbar für den Halt, denn er hatte plötzlich das Gefühl, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Jede Farbe wich aus seinem ohnehin blassen Gesicht, trotzdem klang seine Stimme fest:
„Wann?"
„Vor drei Stunden. Unten in Hogsmeade."
„Was hat er in Hogsmeade gemacht?"
„Justin. Er wollte dort mit ihm reden. Es war eine Falle."
„Was? Justin ist übergelaufen?" Ginny war fassungslos.
„Nein. Ich schätze mal, die Todesser haben ihn gezwungen. Er war nur der Köder. Keine Ahnung, er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und wir kriegen kein verständliches Wort aus ihm raus. Kommt mit, dann erzähl ich euch die ganze Geschichte."
Sie folgten Ron in die Halle. Auf dem Weg warf Ginny Draco einen besorgten Blick zu. Sein Gesicht war leichenblass, wirkte wie in Eis gemeißelt. Er hatte ihr seinen Arm entzogen und sah niemanden an. Ginny konnte sich nur vorstellen, was er empfinden musste.
Draco fühlte sich völlig taub. Sein Herz hatte scheinbar aufgehört zu schlagen. Er gab sich alle Mühe, nach außen hin kühl und gelassen zu bleiben, aber innerlich schrie er. Nicht Harry. Nicht jetzt. Er hatte gewusst, dass sie vielleicht nicht viel Zeit gemeinsam haben würden, aber es durfte nicht so enden.
„Draco?" Die sanfte Stimme riss ihn zurück in die Wirklichkeit.
„Setz dich, Liebes." Stella kannte ihn gut genug, um hinter die Eismaske zu blicken. Sie konnte die Panik in seinen Augen sehen, auch wenn er sich alle Mühe gab, sie zu verbergen.
Er ließ sich auf die Bank sinken und sah dann Ron an.
„Also? Was ist passiert?"
„Justin hat Harry einen Brief geschickt, dass er ihn in Hogsmeade treffen will..."
„Einen Brief? Wie das?" unterbrach Simon ihn.
„Mit einer Eule! Würdest du mich bitte ausreden lassen?" Ron funkelte den Drachenreiter wütend an.
„Er hat eine Eule mitgenommen?"
„Nein, er... oh Scheiße!"
„Es ist euch nicht komisch vorgekommen, dass Justin, der hier lebt, eine Eule schickt? Und das aus einem Dorf, dass in einer viertel Stunde zu Fuß zu erreichen ist?" Draco schüttelte den Kopf. Er merkte, wie der Schock langsam nachließ und sein Gehirn fieberhaft zu arbeiten begann.
„Nein. Es fällt mir erst jetzt auf. Aber Hermine war misstrauisch, deshalb hat sie Harry gebeten, Seamus und mich mitzunehmen."
„Wo ist sie?"
„Oben, versucht Justin zum Reden zu bringen. Jedenfalls sind wir zusammen ins Dorf gegangen. Seam und ich haben an der Kreuzung gewartet und Harry ist allein zum Honigtopf. Justin wollte da unter vier Augen mit ihm reden. Darum die ganze Aktion mit Hogsmeade. Hat er zumindest in seinem Brief geschrieben. Wir hatten ausgemacht, dass Harry ruft, wenn etwas nicht stimmt. Wir haben so ungefähr 10 Minuten gewartet, dann kam Justin plötzlich wie vom wilden Affen gebissen an uns vorbeigerannt. Er hat uns nicht mal bemerkt. Da wussten wir, dass was passiert sein musste. Wir sind sofort los und kurz darauf hat Harry uns gerufen. Als wir am Honigtopf ankamen, haben wir gesehen, dass er von sieben Todessern gejagt wurde. Sie haben ihre Zauberstäbe nicht benutzt, also wollten sie ihn lebend. Er hat einen von ihnen erwischt und unschädlich gemacht, aber die anderen haben ihn überwältigt, bevor wir ihn erreichen konnten. Sie sind mit einem Portschlüssel abgehauen."
Stille folgte seinen Worten.
Simon sprach als erster: „Was ist denn aus dem Kerl geworden, den Harry erledigt hat? Ist er tot?"
„Was? Nein. Er ist unten im Kerker. Kingsley und Snape versuchen ihn zum sprechen zu bringen. Bisher erfolglos. Aber das ist immer so. Aus einem Todesser Informationen herauszubekommen ist fast unmöglich."
Draco stand auf. „Das werden wir ja sehen!"
„Was hast du vor?"
„Ich werde mir diesen Kerl mal ansehen."
Die übrigen Drachenreiter erhoben sich ebenfalls.
„Wir werden mitkommen."
Draco blieb stehen. „Nein. Für euch habe ich etwas anderes zu tun. Eric? Wie viel Zeit brauchst du um dich auszuruhen?"
Eric verstand sofort. „Ich kann in einer Stunde wieder in der Luft sein."
„Gut. Flieg zurück zur Insel. Erzähl Charlie was passiert ist. Er soll Drachen zu allen bekannten Verstecken der Todesser schicken. Stella? Schnapp dir Hermine und geht zu Dumbledore. Bittet ihn euch alle ihm bekannten Orte zu nennen, wo sie Harry hingebracht haben könnten. Gib die Liste Eric. Simon? Mach Freckles fertig und bring ihn auf den Astronomieturm. Ich will über jede Bewegung da draußen auf dem Laufenden sein. Gin? Du kommst mit mir."
Ron sah mit offenem Mund zu, wie sich die Drachenreiter ohne weitere Fragen daran machten ihre Befehle auszuführen. Eric und Simon verschwanden in Richtung Haupttor und Stella machte sich auf die Suche nach Hermine.
„Was ist mit dir, Ron? Kommst du mit? Oder bleibst du hier und starrst weiter Löcher in die Luft?"
„Ich komme mit."
--
Die Kerker hatten sich seit ihrer Schulzeit nicht verändert. Feuchte, kalte Gänge, qualmende Fackeln und Spinnweben in jeder Ecke. Sie folgten dem Hauptgang, vorbei an der alten Zaubertrankklasse, Snapes Lagerräumen und dem Wohnbereich der Slytherins. Eine breite Treppe führte in die unteren Kerker und hier hatte man wirklich das Gefühl im Inneren der Erde zu sein.
Ron führte sie zu einer schweren Holztür, die auf sein lautes Klopfen hin von innen geöffnet wurde.
Kingsley Shacklebolt sah sie erstaunt an.
„Was kann ich für euch tun?"
Ron deutete auf Draco und Ginny, die hinter ihm standen.
„Wir wollen den Todesser sehen."
Der ältere Auror nickte: „Kommt rein."
Der Raum, den sie betraten, war nicht sehr groß. Ein schwerer Schreibtisch und drei Lehnstühle, ein Bücherregal und ein schmaler Schrank bildeten die komplette Einrichtung. Die Möbel waren zu groß und wuchtig für den Raum, wahrscheinlich standen sie sonst woanders. Gegenüber der Eingangstür führte ein niedriger Torbogen in einen schmalen Gang, von dem mehrere weitere Türen abzweigten. Kerzen brannten in Wandhalterungen und auf dem Schreibtisch, malten tanzende Schatten auf die Wände.
„Ich nehme an, ihr wisst schon, was passiert ist?"
Draco nickte.
„Hat er schon geredet?"
„Nein. Er lacht uns bloß aus. Severus ist im Moment bei ihm. Er kennt den Kerl. War ein Schüler von ihm. Marcus Flint."
Draco zuckte zusammen, als hätte der große Auror ihn geschlagen. Ginny sah in von der Seite an. Sie wusste, dass Flint einer der Todesser gewesen war, die Draco gefoltert hatten. Soviel hatte Greg ihr erzählt. Trotzdem war es seltsam, dass er so heftig auf diesen Namen reagierte.
„Alles klar?"
„Ja. Wo ist er?"
„Folgt mir."
Shacklebolt trat durch den Torbogen und wand sich dann nach links. Vor der zweiten Tür blieb er stehen. In das rußgeschwärzte Holz der Tür war in Augenhöhe ein schmales, vergittertes Fenster eingelassen. Die Tür schwang lautlos auf und gab den Blick auf eine schmale Zelle frei.
Der gefangene Todesser saß in entspannter Haltung, mit hinter dem Kopf verschränkten Händen auf einer Holzpritsche, Severus Snape stand ihm gegenüber und zitterte vor kaum unterdrückter Wut.
„Jetzt rede endlich! Es bringt dir nichts, wenn du weiter diese arrogante Haltung an den Tag legst! Ich kenne dich Flint! Du warst noch nie besonders clever und du wirst ohnehin früher oder später einen Fehler machen. Also rede besser gleich."
„Tut mir leid, Professor," blanker Hohn troff von der Anrede, „wenn Sie sich so sicher sind, dass ich mich verquatschen werde, dann können Sie sich doch sicher noch ein bisschen gedulden. Außerdem sprechen ich nicht mit Verrätern! Jetzt wo er Potter hat, wird der dunkle Lord triumphieren und dann wird er Abschaum wie Sie im Staub zertreten!"
„Schade nur, dass du das nicht mehr erleben wirst, Flint!"
Die neue Stimme ließ sowohl den Gefangenen als auch den Zaubertranklehrer zusammenfahren.
Flint riss die Augen auf. Er hatte nicht erwartet, dieses Gesicht noch einmal wieder zu sehen. Er war älter geworden, hatte sich verändert, aber er erkannte ihn trotzdem.
„Du...! Dann hat die kleine Ratte also doch die Wahrheit gesagt! Wie bist du entkommen?"
Draco trat langsam in den Raum. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt, in denen es gefährlich glitzerte.
„Was kümmert dich das? Du wirst nicht entkommen."
Zwei weitere Schritte brachten den Drachenreiter mitten in den Raum, von wo aus er den Todesser musterte.
„Wo ist er?"
Flint zog in gespielter Unschuld die Brauen hoch.
„Wer?"
„Du weißt wer. Wo ist Harry Potter!"
„Oh, und du glaubst das sage ich dir? Vergiss es, Honey. Aber vielleicht, wenn du mir einen Kuss gibst, gebe ich dir einen Tipp. Na komm schon, um der alten Zeiten willen?"
Draco bewegte so schnell, dass niemand Zeit hatte zu reagieren. Innerhalb einer Zeitspanne von zwei Herzschlägen, hatte er die restliche Distanz zu Flint überwunden und gleichzeitig mit einer weichen, geschmeidigen Bewegung einen langen Dolch aus dem Stiefel gezogen. Jetzt kniete er mit einem Bein auf der Pritsche, die Finger seiner linken Hand waren fest um Flints Hals gelegt und der Dolch in der Rechten war mit der Spitze gegen die Halsschlagader gedrückt. Nur eine winzige Bewegung würde ausreichen.
Snape, Shacklebolt und Ron waren erschrocken vorgesprungen und standen jetzt wie versteinert da. Ginny lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und musterte die Szene scheinbar gelangweilt. Sie kannte die Anzeichen.
Flint hatte den Drachen geweckt. Sollte er zusehen, wie er mit ihm fertig wurde.
Dracos Stimme klang beiläufig, trotzdem war klar, dass er es bitter ernst meinte: „Und was hältst du davon, wenn ich dir stattdessen einfach die Kehle durchzuschneiden, Marcus? Wenn ich mich recht erinnere, haben wir noch eine Rechnung offen."
Flint schluckte.
Vorsichtig.
Er war fast zu Tode erschrocken über den plötzlichen Angriff, trotzdem schaffte er es seine scheinbar ungerührte Fassade aufrecht zu erhalten. Er schien sich seiner Sache noch immer sehr sicher zu sein.
„Du... du kannst mich nicht töten. Der Phönixorden darf Gefangene nicht foltern oder töten. Das hat Snape mir schon verraten."
Draco lächelte. Ein Lächeln, dass den Anwesenden kalte Schauer über den Rücken jagte.
„Ich hab eine schlechte Nachricht für dich: Ich gehöre nicht zum Orden des Phönix. Und mein Orden hat nichts dagegen einzuwenden, wenn ich eine Kakerlake töte."
Das selbstgefällige Grinsen schien kurz zu verblassen, dann fasste Flint sich wieder. Er schielte kurz zu dem Dolch, der noch immer an seinem Hals ruhte. Die kalten, schlanken Finger hatten ihren Griff verstärkt und er musste erneut schlucken.
„Wenn du mich umbringst, erfährst du nie, wo Potter ist."
„Ach, glaubst du? Ich hab da ein schönes Wort für dich, Flint: Nekromantie! Deine Leiche wird mir alles verraten, was ich wissen will und anschließend werde ich sicher noch Verwendung dafür finden."
Flint wurde bei seinen Worten kreidenbleich.
„Das wagst du nicht! Das ist schwärzeste Magie. Das darfst du gar nicht!"
„Wollen wir wetten? Mein Orden unterscheidet nicht zwischen schwarzer und weißer Magie. Es gibt nur Nützliche und Unnütze. Ich bin mir sicher, dass es oben in der Bibliothek ein Buch über Nekromantie gibt. Professor Snape hat bestimmt die notwendigen Zutaten. Und das Blut, dass wir für die Zeremonie brauchen, spendest du doch sicher gerne..."
Draco drückte den Dolch etwas fester gegen die bleiche Haut des Todessers. Ein dünnes Blutrinnsal wurde sichtbar und folgte dem Verlauf des Schlüsselbeins.
„Du bist ja wahnsinnig!"
Flints Stimme schnappt fast über. In seinem Gesicht stand jetzt echte Panik.
Draco lächelte boshaft.
„Kann schon sein. Ich frage mich nur, wer daran schuld ist."
„Na schön, ich sag euch, was ich weiß, aber nimm dieses Ding weg!"
Einen Moment lang sah es so aus, als würde der blonde Slytherin seinen ehemaligen Hausgenossen doch noch töten, dann ließ er den Dolch sinken und stieß sich von der Pritsche ab.
Er blieb zwei Schritte vor dem Todesser stehen, die Waffe, auf der Flints Blut glitzerte behielt er in der Hand.
„Also? Wo ist er?"
Flints zitternde Hand tastete vorsichtig nach dem Schnitt an seinem Hals. Er gab ein leises Wimmern von sich, als er seine rot gefärbten Fingerspitzen sah.
„Ich weiß es nicht."
Draco machte drohend einen Schritt auf den Gefangenen zu. Der wich zurück und hob abwehrend die Hände.
„Ich weiß es wirklich nicht! Wir sind nach dem Angriff dieser Drachen in Hogsmeade geblieben, weil wir wissen wollte, was da los ist. Dann haben wir diese kleine Kröte Finch-Wie-auch-immer gesehen, der jeden Abend ins Dorf gekommen ist und da rumgejammert hat. Also haben wir ihn uns gekascht. Um seinen Hals zu retten, hat er uns angeboten Potter zu ködern. Der dunkle Lord braucht ihn und wir dachten, dass das der perfekte Ausgleich für die misslungene Belagerung sein würde. Wir hatten vor, ihn in unser Hauptquartier zu bringen."
„Wo?"
„Das alte Riddle-Anwesen. Aber da wird er nicht mehr sein."
„Und warum bist du dir da so sicher?"
„Mensch, wir sind auch nicht blöd! Wir wissen, dass der Phönixorden von dem Haus weiß. Es ist nur ein Sprungbrett. Eine Art Treffpunkt. Sie werden Potter von dort an den Ort gebracht haben, wo Voldemort das Ritual durchführen wird."
„Welches Ritual?"
„Er wird Potters Seele in sich aufnehmen und dadurch auch seine Magie und so. Ich weiß nicht viel darüber. Nur, dass es zu einer ganz bestimmten Zeit, an einem ganz bestimmten Ort durchgeführt werden muss, und dass es den Sieg unseres Lords bedeuten wird."
„Wo wird das Ritual stattfinden?"
„Weiß ich nicht."
„Ich warne dich, Flint! Meine Geduld ist bald zuende!"
„Hey! Ich hab echt keine Ahnung! Ich bin nicht besonders wichtig. Nur die obersten Todesser wissen etwas genaueres über den Ritus. Dein Vater könnte dir bestimmt mehr sagen." Bei diesen letzten Worten verzog sich Flints Mund wieder zu einem höhnischen Grinsen.
„Du bewegst dich auf gefährlich dünnem Eis, Flint. Also lass Lucius aus dem Spiel! Sag mir, was du über das Ritual weißt!"
„Nichts, was ich dir nicht schon gesagt hätte. Es ist schwarze Magie, dazu gedacht, die Seele eines anderen in sich aufzunehmen. Voldemort wird dadurch irrsinnig mächtig werden..."
„Na irrsinnig ist er ja schon." murmelte Kingsley.
„...und dann kann ihn niemand mehr aufhalten. Also vergesst es lieber gleich. Ihr findet Potter sowieso nicht."
„Das lass unsere Sorge sein. Was weißt du über den Ort?"
„Nicht viel. Es ist ein Ort großer Macht und einzigartig in diesem Land. Der Ritus der Seelennacht kann nur dort durchgeführt werden. Ihr werdet ihn niemals finden!"
Langsam bekam Flint wieder Oberwasser. Und das wollte er demonstrieren. Er grinste Draco höhnisch an, seine Stimme hatte ihren überheblichen Tonfall wiedergefunden:
„Du wirst dir noch wünschen, dass du damals auf der Lichtung drauf gegangen wärst, wenn Voldemort dich wieder in die Finger bekommt! Diesmal wird er nicht so sanft mit dir umspringen! Dein Freund Potter genießt bestimmt auch schon seine Gastfreundschaft. Dabei fällt mir ein: Treibst du's eigentlich mit dem kleinen Gryffindorhelden? Macht er's dir genauso gut wie ich? Schade, wahrscheinlich steigt Rodolphus gerade über ihn drüber. So ein Pech, dass ich nicht dabei bin..."
Sie alle sahen das Aufflammen kalter Wut in den silbernen Augen, als Draco erneut vorschnellte. Er fasste mit der linken Hand in Flints strähnige Haare, riss ihm den Kopf zurück und zog mit einer geschmeidigen Bewegung die Dolchklinge über den entblößten Hals. Blut schoss hervor, ein gurgelnder Laut drang aus Flints Kehlen, dann kippte sein lebloser Körper zurück auf die Pritsche.
Draco warf einen letzten angewiderten Blick auf die Leiche, dann wischte er die Klinge an einer alten Decke ab, die auf der Pritsche lag und verließ die Zelle, ohne auf die anderen zu achten.
Sie standen wie erstarrt da und sahen den leblosen Todesser und die schnell wachsende Blutlache an.
Schließlich stieß Ginny sich von der Wand ab. Als einzige war sie noch immer vollkommen gelassen.
„Geschieht dem Bastard recht."
„Ginny!"
„Was? Wolltest du ihn bis in alle Ewigkeit durchfüttern? Er hat uns gesagt was er wusste."
„Er hat ihn eiskalt ermordet. Wie kannst du das gutheißen?"
„Mein lieber Bruder, ich hätte dasselbe getan. Allerdings hätte ich nicht so lange damit gewartet."
Damit schlängelte sie sich zwischen Ron und Kingsley durch und folgte Draco. Snape nickte langsam.
„Sie hat recht. Er hat nichts Besseres verdient."
„Aber..."
„Er hat Draco Furchtbares angetan. Der Junge hatte ein Recht auf Rache."
--
Ginny fand Draco auf einer Bank im Hof. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben und zitterte am ganzen Körper. Sie setzte sich neben ihn und strich sacht über seinen Hinterkopf.
„Hey du. Alles in Ordnung?"
Er hob den Kopf und sah sie an. Sein Gesicht war tränennass, in seinen Augen lag eine Mischung aus Schmerz und Angst.
„Ich schaff das nicht, Ginny. Ich weiß nicht, was ich machen soll."
„Hey, es ist doch nicht das erste Mal."
„Ich rede nicht von Flint! Ich rede von Harry. Ich hab wahnsinnige Angst um ihn. Was, wenn sie ihm wehtun? Wenn sie ihm das gleiche antun wie mir? Ich ertrage das nicht."
„Sie werden ihm nicht wehtun. Voldemort braucht ihn. Wir finden ihn, Draco."
Sie schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest.
„Stimmt es, was er gesagt hat? Hat er...?" Sie sprach nicht aus was sie meinte.
„Ja. Er und Lestrange und noch zwei, deren Namen ich nie erfahren habe. In der Nacht bevor sie mit der Folter angefangen haben."
„Oh Schatz, warum hast du nie etwas gesagt?"
„Wie hätte ich das tun können? Ich wollte die ganze Sachen einfach nur vergessen. Bis jetzt wissen es nur Greg und Harry. Snape ahnt es wahrscheinlich, aber ich hab ihn nicht danach gefragt."
„Er hat den Tod verdient."
„Ich weiß. Das Schlimme ist, ich habe nichts dabei empfunden. Weder Freude noch Scham. Gar nichts. Ich habe nur daran gedacht, was er Harry antun würde, wenn er jetzt nicht hier wäre."
„Sie werden ihm nichts tun, Draco. Da bin ich mir sicher. Voldemort wird das nicht zulassen, weil er Harry braucht. Und wir werden ihn finden. Komm, lass uns mit Dumbledore sprechen. Er weiß vielleicht etwas über dieses Ritual. Flint hat uns einiges erzählt, mit dem wir was anfangen können. Wir finden ihn."
„Ich hoffe, du hast recht. Lass mir noch einen Moment, um meine Sinne zusammen zu suchen."
Draco schloss die Augen und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er wusste, wie wichtig es war, jetzt die Ruhe zu bewahren. Nach einer Weile wand er sich wieder an Ginny, die stumm neben ihm saß, seine Hand hielt und mit dem Daumen sacht über seine Finger streichelte.
„Wie haben die da unten reagiert? Ich hab mir nicht mal ihre Gesichter angesehen."
„Ach, die kriegen sich wieder ein. Ron ist ziemlich schockiert. Dabei hat dieser scheinheilige Kerl selbst schon Todesser getötet. Und Snape war schwer beeindruckt, glaub ich. Mach dir keine Gedanken. Wir leben im Krieg, das sollten sie inzwischen wissen."
„Schon. Ich hab auch kein schlechtes Gewissen, wenn du das meinst, aber ich will nicht, dass sie mich für einen kaltblütigen Killer halten."
„Das werden sie nicht. Ron beruhigt sich schon wieder. Und die anderen beiden haben Lebenserfahrung genug, um die Sache richtig einzustufen. Und wenn nicht, wen interessiert's? Wenn dieser Mist hier vorbei ist, werden wir wieder nach Hause fliegen, und dann können die uns alle mal den Buckel runterrutschen. Mach dir nicht so viele Sorgen."
Draco lächelte schwach. Ginny hatte das seltene Talent selbst die erschreckendsten Ereignisse herunterzuspielen. Und manchmal, in Situationen wie heute, war das mehr als willkommen.
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„Das Ritual der Seelennacht. Ja, ich habe davon gehört. Du meine Güte, ich hätte nicht erwartet, dass Voldemort so weit gehen würde..."
Dumbledore nahm seine Brille ab und begann sie mit dem Ärmel seiner Robe zu putzen. Nur wer ihn sehr gut kannte, wusste dies als Zeichen seiner Besorgnis zu deuten.
Sie saßen zusammen im Büro des Schulleiters und die Atmosphäre war weit gespannter, als bei ihrem letzten Treffen.
„Professor, was wissen Sie darüber?" Dracos Stimme war ruhig. Panik und Wut hatten sich gelegt und er schaffte es inzwischen wieder scheinbar mühelos die Fassade des kühlen, beherrschten Kriegers aufrechtzuerhalten.
Dumbledore beendete die Säuberung seiner Brille, setzte sie wieder auf die Nase und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. Die Sorge in seinen Augen war jetzt unübersehbar.
„Der Ritus der Seelenacht oder des Seelenraubs, wie er richtiger genannt werden sollte, ist tatsächlich schwärzeste Magie. Ich habe bisher noch nie gehört, dass jemand ihn tatsächlich durchgeführt hat. Selbst Voldemort hätte ich das nicht zugetraut. Viel weiß ich auch nicht über das Ritual. Ein guter Freund hat es vor Jahren einmal erwähnt und ich habe danach nie wieder darüber nachdenken können und wollen, aber ich werde versuchen mich an alles zu erinnern. Soweit mein Freund mir erzählte, hat das Ritual zum Ziel die Seele eines Menschen vollkommen auf einen anderen Menschen zu übertragen."
„Aber warum sollte man das tun? Wie kann ein Mensch ohne Seele leben?"
„Nun Hermine, ein Mensch kann durchaus ohne Seele leben. Oder vielleicht sollte ich besser existieren sagen. Denn mit der Seele verliert er jeden eigenen Willen, jeden Charakter. Er wird zu einer leeren Hülle. Es ist ähnlich dem Kuss der Dementoren. Aber in diesem Fall überträgt sich die Seele auf eine andere Person und wird von deren Seele vollständig absorbiert."
„Aber welchen Sinn hat es dann?"
„Stärken und Fähigkeiten übertragen sich. Und auch die Magie. Wenn Voldemort Harrys Seele vereinnahmt, wird er auch Harrys Magie in sich aufnehmen und mit seiner Magie vereinen. Und dann ist er wahrhaft mächtig."
„Und was wird dann aus Harry?"
„Ich sage das nicht gerne, Ron. Harry wird zu einer leeren Hülle werden. Ohne eigenen Willen, ohne Erinnerung oder Gefühle. Er wird zu Voldemorts Marionette. Zweifellos ist das eine Art Zugabe, die den dunkle Lord besonders begeistert. Sein größter Feind wird zu seinem willenlosen Sklaven werden."
Draco war auf einmal eiskalt. Er musste mit aller Macht ein Zittern unterdrücken. Ein Blick zur Seite zeigte ihm, dass Ginny dasselbe empfand. Die Seele zu verlieren, war das schlimmste, war passieren konnte. Die übrigen Anwesenden waren schockiert, zweifellos, aber keiner von ihnen konnte den wahren Horror dieser Vorstellung nachvollziehen. Für sie war die Seele eine eher abstrakte Vorstellung, wichtig zwar, aber nicht wirklich greifbar. Für die Bewohner der Dracheninseln war die Seele der wichtigste Teil eines Menschen. Sie war der kostbarste Besitz und sie mit einem anderen Menschen zu teilen, das höchste Maß an Zuneigung. Eine Seele zu rauben, war ein unsägliches Verbrechen und keiner wäre auch nur auf die Idee gekommen es zu versuchen. Es stimmte, was Draco gesagt hatte, der Drachenorden hatte eine weitaus liberalere Einstellung zu schwarzer Magie als die übrige magische Welt. Wenn er von Nutzen war, wurde auch ein dunkler Zauber toleriert. Aber jemandem den Mittelpunkt seiner Existenz zu stehlen, war undenkbar.
„Wissen Sie wann und wo das Ritual durchgeführt wird? Flint sprach von einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit."
„Nein, tut mir leid, Draco. Ich habe keine Ahnung. Selbst der Hinweis, dass es sich um einen, in diesem Land einzigartigen Ort handelt, hilft uns nicht weiter."
„Was können wir dann tun?"
„Die Bibliothek. Vielleicht finden wir dort einen Hinweis."
„Das kann Jahre dauern, Hermine."
„Ja. Aber irgendwo müssen wir doch anfangen. Ich werde Madame Pince fragen. Sie kennt ihre Bücher. Vielleicht hat sie eine Idee."
Sie stand auf und verließ das Büro des Schulleiters um sich auf die Suche nach der Bibliothekarin zu machen.
„Was ist mit dem Rest von uns?" Es war das erste Mal, dass Remus sich in die Unterhaltung einmischte.
„Wir können erst mal nichts tun. So ungern ich das sage, aber wir brauchen erst einmal einen Anhaltspunkt, bevor wir handeln können."
Draco stand auf. „Also schön. Ginny? Geh und mach Blade bereit, flieg zurück nach Hause. Schnapp dir dort ein paar Leute und grab die Bibliotheken durch. Professor Snape? Ich würde Sie gern um einen Gefallen bitten."
„Ja?" Severus sah seinen ehemaligen Lieblingsschüler fragend an.
„Begleiten Sie Gin. Sie kennen sich mit schwarzer Magie aus. Mit Ihrer Hilfe können wir die Bücher in unserer Festung wesentlich schneller durchgehen."
Snape wirkte einen Moment unschlüssig. Der Gedanke auf einem Drachen zu reiten gefiel ihm nicht wirklich. Dann straffte er die Schultern und stand auf.
„Gut. Ich werde sehen, was ich tun kann."
„Na dann kommen sie mal, Professor. Ich hoffe sie haben einen warmen Mantel."
Trotz der ernsten Lage konnte Ginny sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ich meld mich dann so schnell wie möglich bei dir, Dray."
„Ja. Und versuch herauszubekommen, wie weit die Erkundungstrupps sind."
„Mach ich. Lebt wohl."
Sie drehte sich um und verließ eilig den Raum, gefolgt von einem sehr unglücklichen Severus Snape.
„Und was ist mit dem Rest von uns?"
Dumbledore seufzte: „Nun, wie schon gesagt. Wir können, ich fürchte wir können erst mal nur abwarten. Obwohl, ich denke, ich für meinen Teil werde mich dem Suchtrupp in der Bibliothek anschließen. Vor allem aber sollten wir die Ruhe bewahren."
Er erhob sich und gab seinen Gästen damit das Zeichen, dass die Unterredung beendet war.
--
Draußen schlug Ron mit der Faust gegen die Wand.
„Verdammt nochmal! Wir müssen doch etwas tun können! Ich will nicht so untätig rumsitzen! Wir können Harry doch nicht im Stich lassen!"
Er funkelte Draco, der hinter ihm aus dem Treppenaufgang zu Dumbledore's Büro gekommen war herausfordernd an.
Kalte graue Augen durchbohrten ihn.
„Das habe ich auch ganz sicher nicht vor."
„Wie kannst du dann so verdammt ruhig und kalt bleiben? Ich dachte Harry bedeutet dir etwas?"
„Nein, Weasley, er bedeutet mir nicht ‚etwas'. Er bedeutet mir alles. Und genau darum versuche ich die Ruhe zu bewahren. Uns läuft die Zeit davon und es bringt nichts, jetzt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen."
„Wenn du nur nicht..."
„Wenn ich was nicht, Weasley? Flint umgebracht hätte? Er hat alles gesagt, was er wusste."
„Woher willst du das wissen?"
„Er hatte viel zu viel Angst um etwas zu verschweigen."
„Warum musstest du ihn dann töten?"
„Das ist meine Sache. Ich hatte noch eine Rechnung mit ihm offen. Du hast gehört, was er gesagt hat. Wenn du zwei und zwei zusammenzählen könntest, wüsstest du worum es ging."
„Das ist trotzdem kein Grund."
„Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Ron! Davon abgesehen, du hast auch schon Todesser getötet. Warum regst du dich so auf?"
„Weil... ich hab es nie so getan."
„So? Mit deinen eigenen Händen? Nein, du hattest immer einen Zauberstab und damit einen sicheren, beruhigenden Abstand zwischen dir und deinen Gegnern. Aber es bleibt trotzdem dasselbe. Und glaub mir, umgekehrt wäre einer von uns nicht so glimpflich davon gekommen."
Ron senkte den Kopf.
„Ich weiß. Entschuldige. Ich habe wahrscheinlich wirklich kein Recht über dich zu urteilen. Ich fühl mich nur so verdammt hilflos. Und... ich fühle mich schuldig."
Draco zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
„Warum das?"
„Ich war doch bei ihm. Er wurde vor meiner Nase entführt. Schon wieder. Und ich konnte ihm wieder nicht helfen."
„Aber es ist nicht deine Schuld. Beide Male nicht. Du konntest nichts tun. Es gibt nur einen Unterschied: Ich hätte dich damals nicht getötet, die Todesser schon."
„Du... Du hast Harry damals entführt?"
„Ja. Ich dachte, das wüsstest du."
„Nein. Aber es passt."
Draco lehnte sich gegen die Wand und musterte nachdenklich die Steinplatten auf dem Boden. Dann sah er Ron plötzlich direkt an.
„Es gibt etwas, dass wir tun können."
„Was?"
„Es ist gefährlich. Und Dumbledore wird vermutlich dagegen sein."
„Egal. Was ist es?"
„Mir ist gerade eingefallen, was Flint über Lucius gesagt hat. Es gibt noch einen Ort an dem wir nach einem Buch über das Ritual suchen können."
Eine dunkle Ahnung stieg in Ron auf. Trotzdem fragte er:
„Wo?"
„Die Bibliothek von Malfoy Manor."
--
„Seid ihr wahnsinnig? Das ist viel zu gefährlich!"
Hermine stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Draco und Ron aufgebracht an.
„Das ist mir klar, Hermine."
„Draco! Wie kannst du so ruhig bleiben? Du hast gerade vorgeschlagen in die sprichwörtliche Höhle des Löwen zu gehen. Was machst du, wenn dein Vater euch ertappt? Er wird nicht lange fackeln. Du weißt nicht einmal, ob ihr überhaupt etwas finden würdet!"
„Hermine..."
„Nein! Komm mir nicht so! Das Ron nicht nachdenkt und sich in jede Gefahr stürzt, weiß ich ja, aber dich hatte ich für klüger gehalten!"
Draco seufzte. Er hatte vorher gewusst, dass es ein Fehler war Hermine in ihren Plan einzuweihen, aber Ron hatte darauf bestanden. Jetzt versuchte sie mit allen Mitteln die beiden von ihrem Vorhaben abzubringen.
„Hermine, bitte. Glaubst du, dass ich hier die Hände in den Schoß lege, während Harry in Lebensgefahr schwebt? Ich muss etwas tun. Ich weiß selber, dass es gefährlich ist. Aber irgendjemand muss es tun."
„Nein! Vielleicht finden wir hier, was wir suchen. Der verbotenen Bereich der Bibliothek enthält hunderte von Büchern über dunkle Magie. Da werden wir sicher etwas finden."
„Oh bitte, das kann Jahre dauern! In der Bibliothek meines Vaters gibt es nur Bücher über dunkle Magie. Außerdem hat Flint gesagt, Lucius wüsste über das Ritual Bescheid. Ich kenne meinen Vater, Hermine. Er ist der arroganteste Mensch, den es gibt. Er wird sein Wissen nicht verstecken. Nicht in seinem eigenen Haus. Und ich kenne dieses Haus. Ich weiß, wo er Dinge aufbewahrt, die ihm wichtig sind. Wir können nicht warten, dass ihr in der Bibliothek fündig werdet. Es heißt ja nicht, dass ihr aufhören sollt zu suchen. Aber wir werden wesentlich schneller voran kommen, wenn wir an allen möglichen Stellen gleichzeitig suchen. Aber wenn es dir soviel Sorge bereitet, dann werde ich allein gehen. Ron muss nicht unbedingt mitkommen."
„Spinnst du? Natürlich komme ich mit! Hermine, es ist wichtig. Draco kann nicht allein gehen. Er braucht jemanden mit einem Zauberstab. Er hat selbst keinen mehr und es würde zu lange dauern, jetzt einen neuen zu besorgen."
„Wofür einen Zauberstab?"
„Zum apparieren."
„Was ist mit deinem Drachen?"
„Der ist zu groß. Wenn wir uns unbemerkt einschleichen wollen, müssen wir apparieren. Wir werden ohnehin nicht bis ins Haus kommen. Trotzdem ist Ashes einfach zu groß. In der Nähe des Anwesens gibt es keinen Ort an dem ich ihn verstecken kann. Aber es kann jemand anderes mitkommen."
„Willst du mich loswerden, Malfoy?"
„Nein, aber ich will Hermine nicht den Mann rauben."
Hermine senkte kurz den Kopf. Sie wusste, dass sie verloren hatte. Draco würde sie nicht aufhalten können, egal ob Ron mitging oder nicht. Trotzdem unternahm sie einen letzten Versuch.
„Könnt ihr nicht wenigstens ein paar Tage warten?"
„Hermine, nein, ich..."
„Bitte Draco. Gib uns etwas Zeit. Sagen wir drei Tage. Wenn wir bis dahin keinen Hinweis haben, werde ich euch nicht aufhalten. Aber gib uns die Zeit. Ich will nicht, dass wir Harry wiederfinden und ich ihm dann deinen Tod erklären muss."
Draco seufzte leicht. Dann nickte er.
„Also schön. Drei Tage. Aber wenn ihr bis dahin nichts gefunden habt, werde ich gehen. Mit Ron oder allein."
„Mit mir!"
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Draco ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und lehnte sich einen Augenblick gegen das beruhigend feste Holz. Einen Moment lang stand er in der Dunkelheit und konzentrierte sich darauf ruhig zu atmen, dann brachen alle Dämme.
Er ließ sich langsam zu Boden gleiten, umschlang die angewinkelten Knie und vergrub das Gesicht in den Armen. Die Tränen liefen heiß über sein Gesicht, er zitterte am ganzen Körper.
Die Anstrengung des Tages, der Hin- und Rückflug zur Insel, der Schock über die Entführung, die mühsam unterdrückte Panik und Sorge, die Konfrontation mit Flint und die über allem schwebende Angst um Harrys Leben waren einfach zuviel. Stundenlang war es ihm gelungen eine kühle, gelassene Fassade aufrecht zu halten, aber es hatte nicht mehr viel gefehlt. Nur ein wenig länger, und er wäre vor allen zusammengebrochen.
Jetzt war er allein und konnte sich ganz dem Schmerz hingeben.
Lange saß er so gegen die Tür gelehnt da und weinte. Irgendwann verebbten die Tränen, trotzdem behielt er seine Pose bei. Er saß einfach nur da und starrte ins Dunkel. Sein Kopf schien mit einem Mal wie leergefegt. Noch kurz zuvor hatte sein Verstand auf Hochtouren gearbeitet, um eine Lösung zu finden. Einen Weg Harry zu helfen.
Schließlich, als er merkte, wie ihm langsam die Augen zufielen, schaffte er es sich aufzurappeln, auszuziehen und ins Bett zu kriechen.
Harrys Geruch schlug wie ein Wolke über ihm zusammen. Noch vor 24 Stunden hatten sie hier engumschlungen gelegen.
Jetzt würde er Harry vielleicht nie wieder sehen.
Eine neue Welle des Schmerzes, des Verlustes brandete über ihn herein. Neue Tränen ließen die dunklen Umrisse des Zimmers verschwimmen.
„Harry..." seine Stimme war rau vom Weinen und er erschrak über den sehnsüchtigen Tonfall.
Es war bereits kurz vor dem Morgengrauen, als er sich schließlich in den Schlaf weinte.
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Lost in the darkness, hoping for a signinstead there's only silence,can't you hear my screams?
Never stop hoping, need to know where you are,
but one thing is for sure, you're always in my heart.
I'll find you somewhere,
I'll keep on trying until my dying day.
I just need to know whatever has happened,
the truth will free my soul.
Lost in the darkness, try to find your way home,
I want to embrace you and never let you go.
Almost hope you're in heaven, so no one can hurt your soul,
living in agony, 'cause I just do not know
where you are.
I'll find you somewhere,
I'll keep on trying until my dying day.
I just need to know whatever has happened,
the truth will free my soul.
Wherever you are, I won't stop searching.
Whatever is takes, I need to know.
I'll find you somewhere,
I'll keep on trying until my dying day.
I just need to know whatever has happened,
the truth will free my soul.
(Within Temptation – Somewhere)
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A/N: Ich hab's schon mal gesagt und ich sag's gern nochmal: DENKT AN DIARY!
Es kommen noch ein paar Chaps. Und es gibt bestimmt auch noch ein paar Opfer zu beklagen. Aber mehr sag ich nicht.
P.S. Als ich die neue CD von Within Temptation gehört habe und dabei auf dieses traumhaft schöne Lied gestoßen bin, wollte ich es unbedingt als Nachtrag für ein Chap. weil es so gut zu der Geschichte passt, die ich im Kopf habe. Und tada, hier ist es. Wer's nicht kennt, dem kann ich es nur empfehlen. ;o)
Das Album ist zu einer Art Soundtrack für diese Geschichte geworden. Zusammen mit anderer schöner Musik. Vielleicht mach ich mal eine Liste.
Bis zum nächsten Chap.
Eure Yulah
