Hi ihr Süßen.
Sorry, hat etwas länger gedauert diesmal. Ich kämpfe im Moment mit einer kleinen Schreibblockade. Aber nichts, was ich nicht wieder in den Griff bekomme. ;o)
Hier jedenfalls das nächste Chap.
24.
Ron saß auf der Fensterbank in einer der kleinen Kammern des Astronomieturms und starrte in den Hof. Seit Stunden saß er schon hier und hing seinen Gedanken nach.
Düsteren Gedanken.
Er hatte schon wieder einen Freund im Stich gelassen. Zwar sagte ihm jeder hier, dass es nicht seine Schuld war, aber tief in seiner Seele ließ Ron sich nicht überzeugen. Er war ein schlechter Freund. Immer wieder brachten andere sich in Gefahr und er konnte ihnen nicht helfen.
Er hatte zweimal zugelassen, dass Harry entführt wurde. Das erste Mal war gut ausgegangen, aber diesmal... Warum nur war er immer wieder wie erstarrt, wenn Menschen die er liebte in Gefahr gerierten?
So wie damals...
Er hatte nicht verhindern können, dass Percy Bill tötete.
Niemand wusste davon, niemand außer Harry und Hermine, aber Ron war damals dabei gewesen. Er hatte den Streit der Brüder mit angehört, versteckt im Kleiderschrank, in den Bill ihn geschubst hatte, als er Percys Stimme auf dem Flur hörte. Er hatte gehört, wie Bill den jüngeren Bruder des Verrates beschuldigte, hörte, wie Percy erst alles abstritt und schließlich zugab, wie er Bill zu überreden versuchte sich ebenfalls den Reihen Voldemorts anzuschließen. Er hörte den Kampf, der im Zimmer entbrannte, hörte wie Percy den Todesfluch sprach. Er sah das gleißende grüne Licht durch die Ritzen des Kleiderschrankes dringen und hörte schließlich den lauten Knall, als Percy apparierte.
Als er kurz darauf sein Versteck verließ und den toten Körper seines ältesten Bruders fand, war er wie betäubt auf dem staubigen Boden auf die Knie gesunken und hatte Bills Leichnam einfach nur angestarrt. Unfähig zu denken, unfähig zu handeln. Schließlich war es ihm gelungen sich soweit aus seiner Starre zu befreien, dass er Hilfe holen konnte. Jeder bedauerte ihn, ging davon aus, dass er seinen toten Bruder lediglich gefunden hatte. Dass er Zeuge seiner Ermordung gewesen war und ihm nicht hatte helfen können vermutete niemand. Erst über ein Jahr später hatte Ron sich von Schuldgefühlen überwältigt seiner Frau und seinem besten Freund anvertraut. Sie hatten ihm keine Vorwürfe gemacht, hatten im Gegenteil gesagt, dass er das Richtige getan hätte, denn andernfalls wäre er jetzt ebenfalls tot. Es stimmte, er hatte keinen Zauberstab dabeigehabt, hätte Bill nicht helfen können, aber tief in seinem Inneren war ein Rest Zweifel geblieben.
Seither hatte er so viele seiner Freunde sterben sehen, ohne ihnen helfen zu können. Zuletzt Lavender und Blaise bei dieser unseligen Mission vor zwei Wochen.
War das wirklich erst zwei Wochen her?
Und jetzt hatte er wieder einen Freund im Stich gelassen.
Draco, den er in der Gewalt der Todesser zurückgelassen und somit dem sicheren Tod überantwortet hatte.
Simon behauptete zwar, dass Draco allein zurecht kommen würde, dass sein Drache ihn schon finden würde, aber Ron konnte sich das nur schwer vorstellen. Diese Drachenreiter hatten viel zu viel Vertrauen in ihre Tiere. Am liebsten hätte er sich über die Anweisungen der älteren und damit ranghöheren Mitglieder des Phönixordens hinweggesetzt und sich auf eigene Faust in eine Rettungsaktion gestürzt, Seamus hätte ihn bestimmt begleitet, aber es ging hier nicht allein um ihn. Wäre es nur sein Leben, das auf dem Spiel stand, er hätte es ohne zu zögern riskiert. Aber es ging hier um mehr. Seine Familie brauchte ihn. Hermine und die Kinder waren wichtiger als alles andere. Er durfte sie nicht allein lassen. Dankbar dachte er an die Evakuierung vor vier Tagen. Zumindest die Kinder waren im Moment in Sicherheit.
Und Harry würden sie vielleicht auch retten können.
Jetzt wo sie das Buch hatten, war ihre Chance ihn zu finden erheblich gestiegen. Wenigstens hoffte Ron das.
Ein lautes Fauchen, gefolgt von einem schabenden, kratzenden Geräusch über ihm riss ihn aus seiner Grübelei. Was trieb Simon da oben? Direkt über Ron war nur noch die Aussichtsplattform, wo der Drachenreiter mit seiner großen Echse Wache hielt. Ron hatte seinen gleichmäßigen Stiefelschritten seit Stunden unbewusst zugehört. Jetzt rannte Simon über den Steinboden, Stimmen waren zu hören. Ron sprang auf und lief zur Treppe. Irgendetwas war nicht in Ordnung.
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Simon tigerte auf der Aussichtsplattform hin und her und haderte mit seinem Schicksal. Er hasste diese Untätigkeit. Insgeheim gab er Ron recht. Am liebsten hätte er sich auf den Rücken seines Drachen geschwungen und nach Draco gesucht. Auch wenn er alles getan hatte um Ron seine Rettungspläne auszureden. Dass Ashes den Wald verlassen hatte beruhigte ihn weit weniger, als er behauptet hatte. Es stimmte, Draco hatte dem Drachen befohlen im Wald zu bleiben und die Echsen waren uneingeschränkt gehorsam. Ashes wäre niemals aus freien Stücken davongeflogen. Aber Simon konnte nur vermuten, dass Draco den Drachen gerufen hatte.
Viel wahrscheinlicher war, dass Draco tot und somit die Seelenverbindung durchbrochen worden war. Dann würde Ashes zurück zur Insel fliegen.
„Was soll ich nur machen, Freck?"
Freckles, der auf der Brüstung hockte und seinen Herrn und Freund aus bernsteingelben Augen unbewegt musterte schien keine Meinung zu haben.
Wenn wenigstens Gin oder Paul hier wären. Aber bis jetzt hatte sich noch keiner von beiden wieder zurückgemeldet. Er konnte nur hoffen, dass sie bald wieder hier sein würden. Andernfalls... Simon rang sich zu einer Entscheidung durch.
„Wenn Ashes in zwei Tagen nicht wieder hier ist, fliegen wir, hast du gehört mein Alter?"
Was Freckles dazu meinte, erfuhr Simon nie, denn in diesem Moment entdeckte er am Himmel etwas, dass sein Herz vor Erleichterung ein Sprung machen ließ.
Hinter dem blauen Drachen zeichnete sich eine deutlich erkennbare Silhouette am Horizont ab, die schnell näher kam. Ein grüner Drache, dessen Flügelspitzen im Licht der Morgensonne silbern schimmerten.
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Der Flug war nervenaufreibender gewesen als erwartet. Ashes musste sich weit tiefer halten als üblich, da die kläglichen Überreste von Kleidung, die zwei seiner Passagiere trugen sie kaum vor der eisigen Luft in höheren Bereichen schützen konnte. So kamen sie nur langsam voran und mussten mehrmals landen und Deckung suchen. Entsprechend erleichtert war Draco, als endlich die Türme Hogwarts am Horizont auftauchten.
„Wir haben es fast geschafft." Draco drehte leicht den Kopf um seine Mutter anzusehen, die hinter ihm saß.
Narcissa nickte nur. Sie hatte die Arme fest um Dracos Taille geschlungen und versuchte ihre Angst im Zaum zu halten. Sie hatten vor einer Weile die Plätze tauschen müssen, als George die Kräfte verließen und er von Ashes Rücken zu gleiten drohte. Narcissa war nicht stark genug, um den bewusstlosen Mann festzuhalten, auch wenn er kaum mehr als Haut und Knochen war.
Draco konnte jetzt beim Näherkommen eine dunkle Silhouette auf dem Astronomieturm ausmachen, die sich schließlich als blauer Drache entpuppte.
Er lächelte leicht. Simon hatte seinen Posten also nicht verlassen.
Den ganzen Flug über hatte Draco sich Sorgen über mögliche Rettungsaktionen gemacht. Ron war sicher nicht so ohne weiteres bereit gewesen abzuwarten. Wenn er es überhaupt geschafft hatte. Wenn nicht... Draco schüttelte leicht den Kopf. Darüber wollte er nicht nachdenken.
Ashes zog einen weiten Bogen und steuerte dann den Astronomieturm an. Fauchend vertrieb er Freckles von seinem Platz, der sich unwillig in die Luft erhob und auf dem Dach der großen Halle wieder landete.
„Draco! Oh den Göttern sei Dank, du lebst! Ich bin fast verrückt geworden hier!"
Kaum hatten Ashes Klauen den Boden der Aussichtsplattform berührt, stürzte Simon sich auf seinen Freund.
Draco zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
„Ändert sich da viel?"
Dann wurde er wieder ernst: „Ist Ron hier?"
„Ja. Er kam vor ein paar Stunden und war total aufgelöst. Er wollte sofort wieder los, aber dieser Auror, ich hab den Namen vergessen, der große Schwarze, er hat Ron befohlen hier zu bleiben. Ich hab ihm gesagt, dass du allein zurecht kommst, obwohl ich nicht so davon überzeugt war."
„Du solltest mich besser kennen, Simon. Jetzt hilf mir mal. Ich bin nicht allein."
Draco reichte den immer noch bewusstlosen George an Simon weiter, glitt dann selbst vom Rücken des Drachen und half zuletzt Narcissa auf den Boden.
„Oh Scheiße, was haben sie denn mit dem gemacht? Wo hast du die beiden gefunden?"
„Im Keller meines Vaters. Frag mich nicht, wie lange er sie dort gefangen gehalten hat."
In diesem Moment kam Ron die Treppe raufgestürzt.
„Was ist hier los? Simon? Oh... Draco! Du bist entkommen?"
Ohne zu überlegen fiel Ron dem Drachenreiter um den Hals und drückte ihn fest an sich. Draco lachte leise.
„Hey. Du auch wie ich sehe."
Verlegen lächelnd ließ Ron ihn wieder los. Dann entdeckte er die Frau neben Draco.
„Wer ist das?" Er starrte Narcissa erstaunt und auch etwas misstrauisch an. Den auf dem Boden liegende George sah er nicht, weil der reglose Körper von Ashes verdeckt wurde.
„Meine Mutter."
„Deine...was?" Simon blieb der Mund offen stehen. Er starrte zwischen seinem Freund und der heruntergekommen Frau an seinem Arm hin und her.
Ron, inzwischen an Überraschungen dieser Art gewöhnt streckte die Hand aus.
„Ma'am, freut mich, Sie kennen zu lernen."
„Könnten wir die Begrüßungen vielleicht auf später verschieben? Ron, es gibt da noch jemanden, den du begrüßen solltest. Allerdings..."
Draco brach ab. Was sollte er sagen? Hey, einer deiner Brüder lebt, aber der andere ist tot. Mach dir nichts draus, du dachtest ja, dass beide tot sind? Nein, das wohl kaum. Stattdessen schob er Ashes an die Seite und gab somit den Blick auf George frei.
Ron runzelte die Stirn.
„Wer ist das?"
„Ron... Das ist George."
Jede Farbe wich aus Rons Gesicht. Er starrte Draco entgeistert an.
„George?" hauchte er.
Draco nickte. „Er war im Kerker von Malfoy Manor gefangen ebenso wie meine Mutter."
„Ist er...?"
„Nein. Nur bewusstlos. Der Flug war zu anstrengend für ihn. Er ist in ziemlich schlechter Verfassung und ich bin kein Heiler, aber ich denke, dass er überleben wird. Wir sollten ihn nur so schnell wie möglich in den Krankenflügel bringen."
Ron kniete sich neben dem reglosen Körper seines Bruders auf den Boden und berührte zaghaft die eingefallene Wange.
„George..." Nur mühsam konnte er die Tränen zurückhalten, die in seinen Augen brannten.
„Was haben sie dir nur angetan?"
Dann stand er auf und hob George vorsichtig hoch. Ein trockenes Schluchzen drang aus seiner Kehle.
„Oh Merlin, er wiegt überhaupt nichts mehr!"
Draco sah den Schmerz in Rons Augen und spürte einen Stich. Es war einfach nicht fair. So viele Menschen litten, wegen dem Größenwahn eines einzigen Zauberers.
„Simon, komm mit runter. Die Drachen können allein Wachen halten. Ich denke das reicht."
„Aber... Wird dein Vater euch nicht verfolgen, wenn er herausfindet, dass ihr entkommen seid?"
„Nein. Lucius ist tot. Wir sind vorerst sicher hier."
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Es dauerte lange, bis sie schließlich den Krankenflügel erreichten. Madame Pomfrey nahm sich sofort ihrer beiden neuen Patienten an.
George wurde in ein Bett gelegt und nachdem eine kurze Untersuchung ergeben hatte, dass er vorläufig nicht sterben würde, ließ die Heilerin ihn schlafen und kümmerte sich um ihre zweite, wache Patientin.
Während sie sorgfältig den mageren Körper untersuchte, stellte sie mit sanfter Stimme Fragen, die ihr helfen würden, versteckte Verletzungen aufzuspüren.
„Haben Sie irgendwelche Schmerzen, meine Liebe?"
Narcissa schüttelte leicht den Kopf.
„Nein. Ich wurde nicht gefoltert. Bis auf..." Ihr unsicherer Blick schweifte durch den Raum und blieb an Draco hängen, der am Fußende ihres Bettes stand. Er hatte auf Madame Pomfreys Bitte hin den Raum verlassen wollen, aber Narcissa hatte ihn angefleht zu bleiben. Im Moment stellte Draco für sie den einzigen Bezugspunkt zur Realität dar.
Als sie jetzt sprach, war ihre Stimme leise und zaghaft.
„...meine Hände. Er... er hat meine Finger gebrochen, weil..." sie fing an zu weinen. „Das Klavier... er hat es zertrümmert und gesagt, dass... ich nie wieder spielen darf und dann... hat er... meine Hände..." der Rest ging in heftigem Schluchzen unter. „Oh Merlin... es ist so dumm...wenn ich daran denke, was er anderen angetan hat..."
Draco setzte sich neben sie auf das Bett und legte ihr sanft den Arm um die zitternden Schultern.
„Mum... shhh. Es ist nicht dumm... das weißt du..."
Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und langsam verebbten die Tränen wieder.
„Er wird dir nie wieder wehtun."
Madame Pomfrey schob ihren Stuhl etwas näher an das Bett und sah Narcissa voller Mitleid an.
„Lassen Sie mich sehen, meine Liebe. Vielleicht kann ich Ihre Hände wieder in Ordnung bringen."
Behutsam nahm die Heilerin die schmalen, knotigen Finger in ihre Hand und untersuchte jeden einzelnen gründlich und unendlich sanft.
Schließlich lächelte sie.
„Das wird schon wieder. Die Brüche sind schief zusammengewachsen, einige der Sehnen und Muskeln verkürzt oder deformiert. Aber das ist kein großes Problem. Es wird eine Weile dauern, aber Sie werden wieder Klavier spielen können, meine Liebe. Das versprechen ich Ihnen."
„Ist das Ihr Ernst?" Narcissa schluchzte erneut auf.
„Ja, ich verspreche es. davon abgesehen scheinen sie wirklich keine Verletzungen zu haben. Sieht man einmal von der schlimmen Unterernährung und dem Ungeziefer ab. Nichts also, was wir nicht in den Griff bekommen werden. Ich verordne Ihnen jetzt erst mal ein heißes Bad, saubere Kleider, etwas warmes zu Essen und ein weiches Bett. Und zwar in genau dieser Reihenfolge. Dann werde ich Ihnen ein Schlafmittel geben, dass sie erst mal zur Ruhe kommen lässt."
Ein scheues Lächeln erhellte das ausgezerrte Gesicht.
„Das wäre zu schön, um wahr zu sein."
Madame Pomfrey lächelte, dann rief sie nach einer ihrer Assistentinnen, die sich um Narcissa kümmern sollte. Das es ausgerechnet Luna Lovegood war, die sie um Hilfe bat, entlockte Draco ein leichtes Lächeln. Die verträumte Ravenclaw würde sich ohne Zweifel liebevoll um Narcissa kümmern.
Diese schien nicht so überzeugt. Ängstlich blickte sie ihren Sohn an.
„Draco?"
„Mum, keine Angst. Luna wird sich gut um dich kümmern. Und ich werde nicht weggehen. Lass dich ein bisschen verwöhnen, ruh dich aus."
Luna lächelte.
„Kommen Sie. Ich werde Ihnen jetzt erst mal ein Bad einlassen und dann sehe ich mal nach, ob ich nicht ein hübsches Kleid für Sie finden. Ich mach das schon, Draco. Es wird ihr gut gehen."
„Ja, das weiß ich. Pass gut auf sie auf."
Draco sah den beiden Frauen noch einen Moment lang nach, dann wand er sich an Madame Pomfrey.
„Wird sie wieder gesund werden?"
„Ja. Sie hat Glück gehabt. Sie ist erschöpft und furchtbar unterernährt, aber davon abgesehen, geht es ihr erstaunlich gut. Und das mit ihren Fingern wird schon wieder."
Draco nickte. Er war erleichtert, seine Mutter jetzt in sicheren Händen zu wissen.
„Was ist mit George? Wird er überleben?"
„Ich weiß es nicht. Wir müssen erst mal versuchen ihn wieder aufzupäppeln. Ich werde jetzt ein paar Tränke zusammenbrauen, die uns dabei helfen werden."
Sie erhob sich von ihrem Hocker und eilte dann zu ihrem Büro.
Draco stand ebenfalls auf und durchquerte den hohen, stillen Raum.
Georges Bett war mit Stellwänden abgetrennt und Ron saß auf einem Hocker daneben und starrte seinen Bruder unablässig an.
„Geht es dir gut, Ron?"
„Was? Ja, mir schon. Aber was ist mit ihm? Merlin, ich bin so froh, dass Mum und Dad nicht hier sind, und dass sie das nicht sehen müssen. Was ist nur mit ihm passiert?"
„Ich weiß es nicht. Aber Madame Pomfrey wird ihn wieder auf die Beine bringen."
Ron nickte, sah aber nicht auf. Dann stellte er die Frage, die ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.
„Was... was ist mit Fred? Hast du irgendeinen Hinweis gefunden, was mit ihm passiert ist?"
Draco schloss kurz die Augen. Vor dieser Frage hatte er sich gefürchtet.
„Fred ist tot, Ron. Ich habe seine Leiche gesehen. Er lag in Georges Zelle und das offenbar schon länger. Ich weiß, dass das grausam ist, aber ich will dich nicht anlügen."
Ron schluckte schwer. „Ich hab mir schon gedacht, dass er tot ist. Die beiden haben sich nie freiwillig getrennt. Nur einen von beiden zu sehen..."
„Es tut mir leid, Ron."
„Mach dir keine Gedanken. Ich bin froh, dass du George nach Hause gebracht hast. Also war es letzten Endes gut, dass dein Vater uns in der Bibliothek überrascht hat, könnte man sagen. Du sagtest, dass er tot ist?"
Draco nickte. „Ja. Er hat unsere Flucht bemerkt und wollte uns aufhalten. Ashes hat ihn getötet."
„Dein Drache? Wow. Und wie geht es dir damit?"
Draco seufzte leicht. Das war eine Frage, die er sich selbst schon gestellt hatte.
„Es ist seltsam. Trotz allem was er mir angetan hat, war er mein Vater. Aber ich habe ihm den Tod gewünscht, wenn du das meinst. Es ist nur eigenartig, wenn die Person auf die du jahrelang deinen Hass konzentrierst, plötzlich nicht mehr da ist. Trotzdem bin ich froh, dass er weg ist."
„Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass ich meinen Vater jemals so sehr hassen könnte."
„Arthur ist auch nicht Lucius."
„Das ist wohl wahr."
„Was ist mit dem Buch?"
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich bin sofort nachdem klar war, dass ich nichts tun kann, um dir zu helfen in den Astronomieturm gegangen und hab mich da verkrochen. Keine Ahnung, wie weit die anderen inzwischen sind. Tut mir leid."
„Dann werde ich jetzt in die Bibliothek gehen. Kommst du mit?"
„Ja. Hier kann ich ohnehin nichts tun. Sie werden bestimmt erleichtert sein, dass es dir gut geht."
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„Draco! Oh Merlin sei Dank! Du bist zurück!"
Hermine ließ das Buch auf den Tisch fallen, dass sie in der Hand gehalten hatte und umarmte den Drachenreiter.
„Simon war schon hier und hat uns Bericht erstattet, dass du heil und gesund zurück bist. Was ist passiert?"
Draco schilderte in kurzen Sätzen die Ereignisse der letzten Stunden, seit Ron und er auf Malfoy Manor getrennt worden waren. Als er geendet hatte war es sehr still in der Bibliothek. Schließlich räusperte sich Professor Dumbledore.
„Nun, alles in allem können wir also sagen, dass wir nun einen mächtigen Feind weniger haben. Das, und die Rettung zweier weiterer unserer Lieben ist in jedem Fall eine gute Nachricht."
Die anderen nickten und murmelten Zustimmung. Jeder von ihnen hatte in ähnlichen Bahnen gedacht.
Draco musterte das Chaos auf dem Tisch. Karten, Bücher, Schriftrollen. Noch immer lag alles durcheinander. Mittendrin lag aufgeschlagen und mit Lesezeichen versehen das Liber Noctis.
„Was ist mit dem Buch?"
„Hermine? Würden Sie bitte...?" Dumbledore sah die junge Frau aufmunternd an.
„Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht, fürchte ich. So klischeehaft das auch klingen mag. Wir haben das Ritual relativ schnell gefunden..."
„Aber?" Draco wurde langsam ungeduldig. Harrys Leben stand noch immer auf dem Spiel und sie ergingen sich hier im Rätselraten!
„Wir können es nicht lesen."
„Was?"
„Die meisten magischen Rituale, Bücher und so weiter, sind wie du weißt in Latein, altem Griechisch oder Keltisch verfasst. Oft in Runen. Auch die Rituale im Liber Noctis sind in verschiedenen Runenschriften geschrieben. Einige können wir durchaus lesen, aber das Ritual, das uns interessiert, haben wir bisher nicht entziffern können."
„Und was heißt das? Das wir Harry aufgeben müssen? Das alles umsonst war?"
Draco merkte, wie kalte Wut, gepaart mit nackter Verzweiflung in ihm aufstieg. Es gelang ihm nur mühsam, sich zu beherrschen.
„Nein. Natürlich nicht! Wir haben bereits einen Anhaltspunkt, wie wir die Runen übersetzen können. Anscheinend ist es ein sehr alter, aus Grönland stammender Dialekt, der von den Wikingern nach Großbritannien gebracht wurde. Wie dem auch sei. Andere Teile des Rituals sind leichter zu verstehen. Es sind Sternenkonstellationen vermerkt, die den Zeitpunkt markieren. Professor Sinistra ist bereits damit beschäftigt sie zu entschlüsseln. Was den Ort betrifft, dazu müssten wir erst den Text übersetzt haben. Doch wir sind recht zuversichtlich. Leider ist der Professor für alte Runen nicht mehr am Leben. Er würde uns sicher weiterhelfen können. Aber wir haben bereits sein ehemaliges Arbeitszimmer geplündert."
Draco lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schloss die Augen. Das alles war einfach zuviel. Warum musste alles so kompliziert sein?
Als er Hermine wieder ansah, schien alles Leben aus seinen silbernen Augen gewichen zu sein. Seine Stimme klang müde und resigniert.
Zum ersten Mal seit langem hatte er das Gefühl nicht mehr weitermachen zu können.
„Was kann ich tun?"
„Im Moment nichts. Tut mir leid. Ich weiß, dass du ruhelos bist. Aber wenn du meinen Rat hören willst?"
Sie wartete sein leichtes Nicken ab, bevor sie weitersprach.
„Ruh dich aus. Du siehst aus, als ob du jeden Augenblick vor Müdigkeit zusammenbrechen würdest. Die Medizin, die Madame Pomfrey deiner Mutter empfohlen hat, würde auch dir im Moment nicht schaden. Nimm ein Bad, geh schlafen. Komm zur Ruhe. Denk mal eine Weile nicht nach."
„Wie soll ich das anstellen? Egal wie müde ich bin, ich kann nicht so einfach alles vergessen und schlafen."
Hermine nickte. „Das hab ich mir schon gedacht. Harry ging es ähnlich, bevor ihr ihn auf eure Insel geholt habt. Wenn auch aus anderen Gründen. Madame Pomfrey hat ihm damals ein Schlafmittel gebraut, dass er nie genommen hat. Es müsste noch in seinem Nachttisch sein."
Draco sah sie einen Moment lang nachdenklich an, schien aber mit seinen Gedanken meilenweit weg zu sein. Dann nickte er langsam.
„Vielleicht hast du recht. Danke Hermine."
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Stille umgab ihn. Das einzige Geräusch, dass gelegentliche Plätschern des Wassers. Dichte Dampfschwaden zogen durch den Raum. Heißes Wasser umschmeichelte seinen Körper, spülte den Schmutz der letzten Tage fort und löste einen Teil der Anspannung in den Muskeln.
Draco schloss die Augen und ließ sich tiefer in die Badewanne gleiten. Hermine hatte recht, er musste unbedingt wieder zur Ruhe kommen. Auch wenn das leichter gesagt war als getan. Immer wieder trieben seine Gedanken zu Harry. Wo war er? Ging es ihm gut? War er überhaupt noch am Leben? Tief in seinem Inneren fürchtete er sich davor, dass vielleicht längst jede Hilfe zu spät kommen würde, dass er Harry niemals wiedersehen würde. Und wann immer dieser Gedanke an die Oberfläche trat, spürte er wieder die eisige Klaue, die sich um sein Herz krampfte.
Draco schüttelte unwillige den Kopf, um die düsteren Gedanken zu vertreiben. Sie waren nicht gerade dazu geeignet ihn zu beruhigen.
Er holte tief Luft und glitt vollends unter Wasser. Stille. Nur ein sanftes Rauschen in den Ohren. Erst als seine Lungen nach Luft schrieen, tauchte er wieder auf.
Mit beiden Händen strich er sich die nassen Haare aus dem Gesicht und lehnte dann den Kopf wieder gegen den Rand der Wanne.
Erinnerungen tauchten aus seinem Unterbewusstsein auf. Langsam trieben sie an die Oberfläche.
Die Höhle der heißen Quellen.
Harry, der am Rand des breiten Beckens stand und sich beschwerte, dass seine Brille beschlug. Harry, der kopfüber ins Wasser fiel, weil er auf den glatten Steinen ausgerutscht war. Harry, der prustend und spuckend wieder an die Oberfläche kam und schimpfte, weil Draco ihn auslachte. Harry... Sie waren nach diesem ersten Mal oft zusammen zu den Quellen gegangen. Waren geschwommen, hatten im Wasser herumgetollt wie junge Hunde, über Gott und die Welt geredet und sich schließlich im hintern Bereich des Beckens, unter dem Wasserfall geliebt. Harry war jedes Mal tausend Tode gestorben vor Angst, dass jemand sie überraschen könnte. Gleichzeitig hatte ihn die vage Gefahr entdeckt zu werden erregt, auch wenn er sich vermutlich eher die Zunge abgebissen hätte, als das zuzugeben. Als dann einmal tatsächlich jemand durch die Höhle kam, wäre Harry vor Scham fast vergangen, auch wenn der Betreffende; sie hatten nicht mal erkennen können, wer es war; sie in dem ganzen Dampf gar nicht gesehen hatte.
Vor seine inneren Auge tauchte ein Bild auf, so deutlich, als wäre es Wirklichkeit: Harry, der im seichten Wasser, am Rand des Beckens neben der sprühenden Kaskade lag, die Haut vom warmen Dampf leicht gerötet, voller Wassertropfen, die langsam über seinen Körper perlten, die schwarzen Haare nass und unordentlich ins Gesicht geklatscht, die grünen Augen unter halb geschlossenen Lidern, dunkel vor Verlangen.
Fast konnte er die vor Leidenschaft raue Stimme hören, die seinen Namen flüsterte...
Erstaunt stellte Draco fest, dass sein Körper auf die Vision in seinem Kopf reagierte. Einen Moment zögerte er noch, dann schloss er die Augen und glitt wieder tiefer ins Wasser. Seine Hand, die locker auf dem Oberschenkel gelegen hatte, wanderte langsam höher...
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Hermine öffnete leise die Tür und schlüpfte ins Zimmer. Der Raum war in sanftes Dämmerlicht getaucht. Draußen schien die Nachmittagssonne, aber hier waren bereits die Vorhänge zugezogen.
Den glühenden Zauberstab in der Hand trat sie lautlos an das Bett und betrachtete die schlafende Gestalt.
Draco lag auf dem Bauch, die langen Haare ergossen sich in Wellen über die Kissen. Die Bettdecke war bis über die Hüften herabgerutscht und verbarg nur noch sehr unzulänglich, dass er nackt war.
Ein Blick auf den Nachttisch zeigte ihr das Fläschchen mit dem Schlafmittel. Das Siegel war aufgebrochen und etwas von der dunkelgoldenen Flüssigkeit fehlte. Hermine lächelte.
„Zum Glück bist du vernünftiger als Harry." flüsterte sie.
Dann trat sie näher an das Bett und betrachtete einen Moment lang das schmale Gesicht auf dem Kissen. Die Wangen waren leicht gerötet, aber von Schlaf. Die Wimpern flatterten leicht, aber seine Augen öffneten sich nicht.
Er schlief tief und fest.
Behutsam beugte sie sich vor und zog die Decke über seinen Körper.
Kurz verharrt sie und betrachtete das feine Narbengespinst auf seiner weißen Haut.
Sie hatte die Geschichte gehört, von Professor Snape.
Bewunderung wuchs in ihrem Herzen.
Bewunderung und Mitleid.
Vorsichtig strich sei eine der weichen Strähnen aus seinem Gesicht.
„Wir finden ihn, Draco." hauchte sie. „Das versprech ich dir."
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A/N:
Die Geschichte von Fred und George werde ich im nächsten Chap erzählen.
Und dann gibt es auch wieder ein Lebenszeichen von Harry. Wenn man das so nennen kann... Die Begrüßung für George ist etwas dürftig ausgefallen, ich weiß, aber im Moment ist Ron ja auch der Einzige aus seiner Familie, der weiß, dass er lebt. Die übrigen derzeitigen Bewohner Hogwarts' freuen sich selbstverständlich, haben aber im Moment anderes im Kopf.
Hey Silver Snake, also, das mit der stablosen Magie und der Erschöpfung liegt eigentlich in erster Linie daran, dass ich an die Drachenlanze gewöhnt bin. Da ist es so, dass ein Magier von Spruch zu Spruch mehr von seiner Kraft verliert. Die Magie zehrt tatsächlich die Kräfte auf. Ehrlich gesagt, wundert mich das bei HP immer ein bisschen. Die zaubern fröhlich vor sich hin und werden niemals müde. Auf jeden Fall ist die stablose Magie der Drachenreiter sehr kräftezehrend. Außerdem muss du bedenken, dass Draco seit ein paar Tagen kaum geschlafen hatte, dazu kommt der Stress an diesem Tag... Er war also sowieso nicht mehr taufrisch. Normalerweise ist er zu weit mächtigeren Zaubern fähig, ohne gleich umzufallen.
Tolotos? Ich soll dir von Ashes bestellen, dass es ihm gut geht. Er hat eine Fünf-Pfund-Vorratsschachtel Rennie mit einem Halbliter-Fass Maloxan runtergespült und jetzt ist sein Magen wieder ok. ;o)
Im Moment sieht's übrigens schwer danach aus, als ob es so um die 30 Chaps. werden. Vielleicht genau 30, vielleicht ein paar mehr. Kann ich aber noch nicht sagen. Auf jeden Fall steht euch noch eine Menge Drama, Herzschmerz und vielleicht ein Happy End bevor. (Ihr wisst, ich sag das nur, um euch zu quälen. ;o) Aber ich will euch auch nicht die Spannung verderben. Wenn ihr schon jetzt wisst, wie es ausgeht, ist das doch auch doof, oder?)
Ach so. Lolliegie? Willkommen an Bord. Und zu deiner Beruhigung. In meinem Leben ist bisher noch nichts besonders schwerwiegendes passiert oder schief gelaufen. Ich bin auch ganz normal fürchte ich. Das ist nur meine ausufernde Phantasie gepaart mit 1000enden von gelesenen Büchern und mindestens ebenso vielen gesehenen Filmen. Du brauchst also noch nicht die Männer mit den weißen Kitteln zu rufen. ;o)
Bis zum nächsten Chap. In Kürze auf dieser Seite...
Bussi
Eure Yulah
P.S. Ich hab gestern im TV einen Bericht über einen Zoo gesehen, in dem drei schwule Pinguinpärchen leben. Die haben jetzt ein paar paarungswillige Weibchen ins Gehege bekommen und trotzdem nisten die Jungs lieber weiter miteinander. Bert war sehr angetan von der Geschichte. lach
