Disclaimer:

Alle hier verwendeten Figuren, die euch bekannt vorkommen und auch die Umgebungen, gehören größtenteils nicht mir, sondern J.R.R. Tolkien. Ich verwende sie lediglich, um meinen Gedanken Ausdruck zu verleihen.

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Das Tor der Dimensionen Kleine Elbe Gilelthil

„Habt ihr sie immer noch nicht gefunden!?" Eine schneidende, eiskalte Stimme hallte durch den großen dunklen Saal. Es klang drohend und gleichzeitig höhnisch.

„Doch, Herr! Wir erspähten sie an der Flussmündung in das Meer von Rhûn. Ich habe ein paar Orks beauftragt, den Köder zu setzen. Sie nehmen es in die Hand und töten den Prinzen und den Zwerg. Das Mädchen reist noch immer mit ihnen.", erwiderte Ûckhén untertänig. Er hatte sein Pferd so schnell angetrieben, wie es nur möglich war, um seinem Herren die Nachricht zu überbringen.

„Dein Glück, Ûckhén! Nur müsst ihr sie ständig im Auge behalten. Sobald irgendetwas ungewöhnliches geschieht, meldet es mir."

„Jawohl eure Hoheit!", sagte der kniende Mann fest, ohne jegliches Zittern in der Stimme.

~*~

Als Indûrin und seine Begleiter in den Hof des Königsschlosses ritten, wurden sie bereits von König Thranduil persönlich erwartet. Der dunkelhaarige Elb sprang graziös vom Rücken seines Pferdes und senkte ehrfürchtig das Haupt vor seinem Herrscher, sodass seine Haare beinahe den Erdboden berührten. Thranduil nickte. Kein Lächeln lag auf seinen angespannten Zügen. Er lächelte sowieso so gut wie nie. Doch nun, da sein Sohn als verschollen galt, war auch an Stelle der alten Wärme, Kälte und Entschlossenheit in seine Augen getreten.

Während ein paar Elben die Pferde in die Ställe führten und sie mit Wasser und Heu versorgten, nahm der König den Schwarzschopf am Arm und zog ihn beinahe grob mit sich. Es fiel kein einziges Wort zwischen den beiden während sie die hellen Gänge entlang schritten. Bis hin zum Thronsaal. Ab und zu trafen sie auf eine hübsche, junge Elbe, die dabei war die Zimmer und Fenster zu säubern. Immer wurden sie mit einem höflichen Knicks begrüßt und antworteten schweigend mit einem Kopfnicken.

Die Tür des Thronsaales wurde aufgestoßen und der Elbenkönig eilte schnellen Schrittes auf den Thron zu, neben dem links und rechts noch 2 kleinere standen. Jedoch setzte er sich nicht, sondern schritt unruhig den Saal auf und ab. Dieses Verhalten des hohen Lords machte Indûrin ganz nervös. Noch nie, in seinen über 1500 Dienstjahren oder besser, seinem ganzen Leben, seid er Legolas kannte, hatte er den Vater des Prinzen so rast- und hilflos gesehen. Er empfand tiefstes Bedauern für den König, jedoch wäre es unhöflich gewesen, vor dem alten Elben zu sprechen.

„Die Kunde eilte euch voraus, Indûrin, dass auch ihr mir eine wichtige und unangenehme Nachricht zu übermitteln gedenkt. Es wundert mich, dass ihr so früh wieder aus Gondor zurückkehrtet. Doch sprecht selbst.", forderte ihn der König schließlich nachdenklich auf und setzte sich letztendlich doch nieder. Dem angesprochenen Elben wurde es ganz lau im Magen. Thranduil würde ihn sicher für unzurechnungsfähig erklären, wenn er von Liaras Verschwinden zu hören bekam. Dennoch musste es berichtet werden, denn auch diese mysteriöse Begebenheit hatte vielleicht etwas mit seinem Jugendfreund zu tun.

Die Luft im Thronsaal ward plötzlich unerwartet heiß und Indûrin lief ein kleines Schweißrinnsaal über die rechte Wange. Seine Hände zitterten, jedoch vermochte er dies zu verbergen, indem er sie zu Fäusten ballte.

„Nun Hoheit...", begann er zögerlich. Die über 2000 Jahre Lebenserfahrung hinderten seine Stimme am Zittern. „Auf unserer Reise gen Minas Tirith wurden wir von Haradrim verfolgt Hoheit. Sie versperrten uns den Weg nach Gondor, also beschloss ich, den Weg durch den Düsterwald zu wählen. An den Bergen des Düsterwaldes vorbei." Der Elb warf einen forschenden Blick auf seinen Herren. Der König hörte aufmerksam zu, ohne jede Miene zu verziehen. Daraufhin fuhr Indûrin fort:

„Wir kamen auf eine Lichtung unterhalb der Ausläufer der düsterwäldischen Berge. Das Mädchen, Liara, war immer in unserer Mitte. Wir rasteten kurz, da sie den Strapazen nicht mehr lange hätte standhalten können und sie erfrischte sich im Bach, der um die Hügel fließt." Indûrin bemerkte nicht die Regung, die Thranduils Gesicht annahm nicht, da er den Boden fixierte. Er kam sich schuldig und unzuverlässig vor. Doch der König unterbrach ihn nicht.

„Wir setzten unseren Weg fort, doch hinter einem Hügel verschwunden bemerkten wir, dass sie uns nicht folgte. Doch als wir umkehrten, sie zu suchen, war sie verschwunden." Indûrin senkte demütig den Kopf.

„Ich bedaure diesen Vorfall zutiefst, Hoheit.", versuchte der Elb sich zu entschuldigen.

„Wo genau, sagtet ihr, ging das Kind verloren?", seufzte Thranduil schwer und auf seinem Gesicht breitete sich die Müdigkeit aus.

„Unterhalb der letzten Ausläufer der Berge Düsterwaldes, Hoheit.", erwiderte der Gefragte rasch.

„Seid ihr sicher?", hakte der König noch einmal nach. Indûrin war erstaunt. Warum war gerade das so wichtig?

Plötzlich richtete sich Thranduil in seinem Thron auf und rief etwas auf Sindarin. Sofort wurde die Tür geöffnet und eine der Wachen trat ein.

„Lilioreth! Schickt nach Mithrandir! Wir brauchen ihn hier!", befahl der König dem eintretenden Elben, der gerade seinen Wachposten gewechselt hatte. Dieser warf einen überraschten Blick zu seinem Freund. Der jedoch erwiderte ihn nicht minder so erstaunt und überfragt. Der König wurde plötzlich hektisch. Das passte ganz und gar nicht zu ihm.

„Euer Hoheit, Thranduil?", fragte Indûrin vorsichtig.

„Was geht hier vor?" Thranduil sah seinen Bogenschützen und Freund seines ältesten Sohnes lange und eindringlich an.

„Es ist tiefgehender als ich vermutete. Es war kein Zufall, dass das Mädchen auf Erus geheiligter Wiese auftauchte. Ihr wisst, was einst auf dieser Wiese geschah, Indûrin?" Der Elb nickte zurückdenkend.

„Ja. Ich sah und hörte es mit eigenen Augen und Ohren. Aber was hat das mit dem Mädchen zu tun?" Seine Stimme war fragend. Lilioreth stand unschlüssig neben ihnen und sah von einem zum anderen. Was war einst auf Erus heiliger Wiese vorgefallen?

„Ich weiß es nicht, Indûrin. Aber vielleicht...kann Mithrandir es herausfinden."

„Aber was werdet ihr nun wegen Legolas unternehmen, mein Herr?", fragte Indûrin weiter. Die Sorge um den Freund stand ihm, wie dem Vater ins Gesicht geschrieben.

„Ich weiß es noch nicht, Indûrin. Wir werden nach Lothlorien gehen müssen und die Fürstin Galadriel bitten müssen, uns den Aufenthaltsort meines Sohnes preiszugeben. Sie besitzt die Gabe zu sehen. Auch wenn sie es bestreitet."

„Wollt ihr wirklich diesen Schritt wagen? Bedenkt nur was einst im goldenen Wald vorfiel. Seitdem habt ihr jeglichen Kontakt mit der Herrin desselben gemieden. Und nun wollt ihr um ihren Rat bitten.", bezweifelte Indûrin ernst und mit besorgter Stirnfalte. Der König seufzte schwer und geschlagen.

„Irgendwann, Indûrin, kommt auch für ein unsterbliches Wesen die Zeit des Wandels. Und es bedarf nun einmal den Rat der weisen Herrin von Lothlorien, um meinen Sohn sicher zu wissen. Dieser Vorfall hätte sowieso irgendwann einmal beiseite gelegt werden müssen. Ob nun in diesem oder nächsten Zeitalter, ist für ein zeitloses Volk ohne Bedeutung.", sprach Thranduil bedächtig.

„Ich kann euch folgen, aber warum können wir nicht nach Bruchtal gehen?"

„Du weißt, dass Lord Elrond nicht solcher Fähigkeiten verfügt? Wieso also stellst du solch eine Frage?" Indûrin senkte beschämt den Kopf.

„So sei es.", sagte er geschlagen. Thranduil nickte.

„Und ihr werdet mich dorthin begleiten."

Der junge Elb hob den Kopf und sah seinen König mit geweiteten Augen ungläubig an.

„König Thranduil! Das könnt ihr nicht wirklich von mir verlangen. Ich meine...da gibt es ein...da ist..."

„Ein Problem?", fragte der andere Elb und seine Mundwinkel zuckten verdächtig belustigt. Indûrin schluckte schwer.

„Nein..., eure Majestät. Haldir" 

~*~

„Ach komm Gimli! Hab dich doch nicht so.", versuchte Liara den beleidigten Zwerg zu besänftigen. Es musste ihn mächtig geschockt haben, dass die Zwerge so missachtet wurden in dieser Welt der jungen Frau. Er brummelte irgendetwas undefinierbares vor sich her, das Liara nicht verstehen konnte. Den Rücken ihr zugekehrt, zupfte er missmutig das dürre Gras, das hier und da zwischen den Felsen hervorspross.

„Sag doch wieder mal was! Du schweigst schon seit mindestens..." Wieder huschte ein Blick auf die Armbanduhr an ihrem linken Arm. Ja wie lange schwieg er schon? Das verdammte Teil war ja stehen geblieben. Sie seufzte resignierend und wollte den Blick schon wieder abwenden, als sie den Sekundenzeiger noch einmal genau betrachtete. Stand er vorhin nicht noch auf der 24? Jetzt war er jedenfalls auf der 30. Aber vielleicht hatte sie vorhin ja auch ungenau hingesehen und irrte sich jetzt. Kopfschüttelnd wandte sie den Blick wieder dem abweisenden Rücken des beleidigten Zwerges zu.

„Jedenfalls schweigst du schon seit mindestens, sagen wir, 10 Minuten!", stellte sie mit einem Seufzer fest.

„Ich wüsste nicht, was wir uns noch zu sagen hätten.", kam die Antwort knurrend.

„Nimm es doch nicht persönlich. Das Wort Zwerg hat bei uns eine ganz andere Bedeutung. Denn es gibt nicht mal Zwerge!"

„Nur Frucht- und Gartenzwerge, wie?", zischte der echte Zwerg giftig. Das Mädchen musste kichern. Es war einfach zu lächerlich, wie er sich aufführte. Und das nur, weil das Wort Zwerg bei ihr anders verwendet wurde als hier.

Das Kichern machte den Zwerg jedoch nur noch wütender und er nahm sich vor, die nächsten Stunden kein einziges Wort mehr mit diesem Menschen zu wechseln. Das gab er ihr auch zu verstehen, indem er aufstand und sich einen anderen Sitzplatz suchte. Liara seufzte schwer. Das Kichern war ihr vergangen. Jetzt sprach nicht einmal Gimli mehr mit ihr. Er hatte ihr wenigstens geholfen, dass die Zeit verging, was man von Legolas nicht behaupten konnte. Immer wenn sie ein Gespräch mit dem Elben begann, gelangten sie irgendwann an einen Punkt, an dem beide beleidigend wurden.

Das Gefühl, das sie ganz am Anfang ihm gegenüber gehegt hatte, als er sie nur ansah, wurde immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Einen Prinzen konnte und sollte man nicht lieben. Das brachte doch nur Probleme mit sich. Außerdem war sie ein Mensch und nach alledem was sie über Elben wusste, war auch Legolas unsterblich. Da unterschied er sich nicht mit Indûrin. Aber unsterblich...wie konnte jemand unsterblich sein? Und was bedeutete das überhaupt? Hieß es, dass sie nicht durch Waffen oder sonstiges getötet werden konnten und auch den natürlichen Tod nicht kannten?

Und selbst wenn er nicht unsterblich wäre, würden sie nie zusammenbleiben können. Sie gehörte ja nicht einmal hierher. Sie musste sicher früher oder später in ihre Welt zurückkehren, ohne jemals wieder nach Mittelerde zu gelangen. Aber warum grübelte sie eigentlich jetzt darüber nach? Und wieso sollte sie es überhaupt tun? Es war ja nicht so, dass sie sich in ihn verliebt hätte. Die Wahrheit war, dass Legolas' Verhalten sie abschreckte, jegliche Gefühle zu ihm zu hegen und zuzugeben.

Plötzlich kam ihr ihre Armbanduhr wieder in den Sinn. Vielleicht war die kleine Batterie ja auch nur leer. Sie seufzte. Warum gerade jetzt? Gerade hier, in dieser Welt, wo es noch keine Uhren gab. Na ja. Vielleicht Sonnenuhren, aber garantiert keine, die man mit sich herumschleppen konnte.

Aber sie hatte ja noch einen Wecker in ihrem Rucksack. Vielleicht funktionierte der ja hier! Obwohl sie bezweifelte, dass es hier irgendwo eine Funkstation gab, hegte sie doch noch einen Schimmer Hoffnung, was die Zeitbestimmung anbetraf.

Hastig krabbelte sie auf ihren Rucksack zu und kramte darin herum.

„Da ist er ja.", murmelte sie zufrieden und hielt einen kleinen schwarzen, viereckigen Wecker in die Höhe. Gimli, neugierig durch ihre Worte drehte den Kopf so weit herum, dass er, wenn er angestrengt nach hinten schielte, den Gegenstand in ihren Händen erkennen konnte. Doch sobald das Mädchen ihn ansah, drehte er den Kopf ruckartig weg. Liara zuckte mit den Schultern. Sollte er doch weiterhin die beleidigte Leberwurst spielen. Ihr sollte es nichts ausmachen.

Langsam senkte sie den Kopf, um endlich die Zeit zu erfahren. Es war noch nicht einmal Mittag, das erkannte man am Stand der Sonne, aber wie viel Zeit war bei ihr zu Hause vergangen?

18:50 Uhr und 31 Sekunden. Ein Seufzen entwich der Kehle des Mädchens. Dann war auch der Funkwecker stehen geblieben. Doch gerade als sie ihn wieder in ihrer Tasche verstauen wolle, kam ihr ein beängstigender Gedanke. Sie war doch 18:30 Uhr aufgebrochen. Sie hatte die Uhr, die in ihrem Zimmer hing doch gesehen. Sie hatte 18:30 angezeigt. Wieso also zeigte ihr Wecker jetzt 18:50 Uhr an? War doch Zeit vergangen? Waren beide Uhren doch nicht stehen geblieben?

Schnell kramte sie die Armbanduhr wieder hervor und warf einen Blick darauf. 18:50 Uhr und der Sekundenzeiger auf der 31. Sie wollte schon erleichtert aufatmen, als ihr der vorherige Zeitstand in den Sinn kam und sie sah hastig noch einmal auf die Armbanduhr. 31. 31 stimmte. Es musste stimmen. Aber vorher, da hatte es 30 angezeigt! Und davor 24. Das Mädchen war sich sicher. Ihr Blick huschte abermals zum Wecker und nun sah sie es. Die Ziffer schlug um und präsentierte eine 32. Starr und unfähig, sich zu bewegen starrte sie auf die neue Zahl. Die Zeit verging. Doch wie es schien, im Schneckentempo.

„Ehm...ehm...Gimli? Kön- könntest du dir das bitte mal ansehen! Ich zweifle grad an meinen Augen.", stotterte sie aufgeregt. Doch der Angesprochene brummte nur beleidigt und drehte sich weiter in die andere Richtung. Liara seufzte schwer. Wenn man hier dem Sekundenzeiger zusehen konnte, wie er sich bewegte, dann würde das bedeuten, dass in ihrer Welt nicht 1 Tag und einige Stunden, sondern wirklich nur wenige Minuten vergangen waren! Das musste sie sofort Legolas berichten, wenn er zurückkam. Mit dem Zwerg konnte man ja nicht reden.

„Wo bleibt nur dieser dumme Elb!?", murrte sie empört und schreckte zusammen als sie eine unerwartete Bemerkung des Gefährten bekam.

„Ich sag's dir zwar nur ungern, aber er spielt gerne mal den Helden. Lass ihn doch seinen Spaß haben! Seit dem Ringkrieg hat er keinen Ork mehr getötet oder so. Ich sage dir, wenn ich in der Lage wäre und nicht Babysitter spielen müsste, dann würde ich es ihm gleich tun!", redete sich der Zwerg in Rage.

„Und wenn ich die Kraft in den Armen hätte, würde ich dir jetzt den Hals umdrehen!", flötete Liara beherrscht und versuchte ein freundliches Gesicht zu machen. Abermals beleidigt drehte sich Gimli wieder weg von ihr.

~*~

Die lauernden, lila Augen des Elbenprinzen waren unbeweglich auf die kleine Elbe gerichtet. Von Orks umzingelt näherte sie sich immer weiter Legolas' Versteck. Sie hatte ihn gesehen und erkannt, dass er nicht gegen alle Orks ankämpfen konnte, sondern sie nur eine Chance hatte zu entkommen, wenn er sie unmittelbar aus den Klauen der Orks riss. Die Überraschung würde für einige Augenblicke so groß sein, dass die Elben Zeit hatten zu fliehen.

Nur noch wenige Meter trennten sie von dem wartenden Elben. Der Schweiß rann von ihrer wohlgeformten Stirn ihre rosigen Wangen hinunter. Das kurz geschnittene Haar wedelte ihr ins Gesicht, wenn sie wieder einmal grob herumgewirbelt wurde. Der Aufruhr unter den Dienern Ûckhéns war groß. Alle suchten verstreut nach dem Mörder ihrer Kampfgenossen. Viele seilten sich ab und rannten quer durch das kleine Wäldchen, in der Hoffnung, den Angreifer ausfindig zu machen.

Legolas beobachtete das Geschehen genau, ohne die geringste Miene zu verziehen. Jetzt waren nur noch 3 Orks bei dem Mädchen. Entweder er wartete noch einen Augenblick, oder ging sofort zum Befreiungsakt über.

Der Wald war von wütendem Geschrei und Knurren der Orks erfüllt. Sie wollten ihn finden. Um jeden Preis. Den, der ihren Mitstreitern die Kehlen durchgeschnitten hatte. Nun rannte auch einer der übrigen 3 Orks von dannen. Er ertrug es nicht mehr, auf das lästige Mädchen zu achten, wenn die anderen vielleicht jemanden aufschlitzen durften. In diesem Moment erkannte der versteckte Prinz seine einzige Chance und er sprang hinter dem Gebüsch hervor. Die Wächter der kleinen Elbe standen mit dem Rücken zu ihm, konnten ihn also nicht sehen.

Die Elbe hob den Kopf. Anscheinend hatte sie ihn bemerkt. Ganz leise, einem Hauch des Windes gleich flüsterte er ihr ein paar beruhigende Worte zu.

„Habt keine Angst. Ich helfe euch. Streckt nur eure Arme etwas aus, damit ich die Fesseln lösen kann."

Sie folgte seinem Befehl und streckte langsam die Arme nach hinten aus. Legolas erschrak bei dem Anblick. Das grobe Seil hatte ihr brutal in die Handgelenke geschnitten und die Finger der jungen Elbe waren kreidebleich. Kopfschüttelnd schlich er noch einen Schritt näher. Nahe genug, um ihre Fesseln durchtrennen zu können. Er setzte den langen Dolch an und die Klinge bahnte sich langsam einen Weg durch das beißende Material.

„Da ist einer!!", hörte er prompt einen hasserfüllten Ruf durch den ganzen Wald schallen. Legolas schreckte auf. Ein schneidender, stechender Schmerz zerrte in seinem Oberarm, doch er hatte keine Zeit einen Blick darauf zu werfen. Die beiden Orks vor ihm, drehten sich ruckartig um und streckten ihm ihre langen Messer entgegen. Ohne zu überlegen griff er den rechten Arm der Befreiten und hastete so schnell es ging zwischen die Bäume. Die Orks bleiben ihnen dicht auf den Fersen.

„Sie führen ....Pferde ...mit sich!", schnaufte das erschöpfte Elbenmädchen neben ihm plötzlich. Legolas sah sie erstaunt an, musste jedoch wieder wegsehen, als ein Ast ihm ins Gesicht peitschte.

„Wie viele?", fragte er rasch, immer noch Ästen und Wurzeln ausweichend.

„3 höchsten! Sie haben...sie auf einer Lichtung festgebunden." Es war kaum mehr als ein Schnaufen, dennoch verstand Legolas.

„Und wo?"

„Wir laufen direkt darauf zu.", presste sie hervor. Ihre Lippen bebten und ihr Körper glänzte vor Schweiß. Die Augen hielt sie nun geschlossen und ließ sich voll und ganz von dem männlichen Elben führen. Ihr war so schwindelig, wenn sie die Augen öffnete.

„Ihr seid verletzt! Das habe ich vorhin gesehen.", keuchte sie. Legolas öffnete erstaunt die Augen. Das war nun wirklich nicht der Zeitpunkt, sich um einen kleinen Kratzer zu sorgen.

„Es ist alles in Ordnung. Aber nun strengt euch an, wir müssten bald die Lichtung erreicht haben." Kaum hatte er die Worte hervorgebracht, stolperten sie auch schon zwischen den Bäumen hervor, auf eine kleine Lichtung. Und tatsächlich standen dort drei Pferde und grasten. Legolas Frage, die ihm im Kopf umherschwirrte, ertrank in der Flut von Hektik. Rasch machte er die Pferde los, half seinem Schützling hinauf und schwang sich auf ein anderes Pferd. Leise flüsterte er den Tieren etwas in Sindarin zu, woraufhin sie sich schnell in Bewegung setzten. Kein Zweifel, auch diese Tiere waren gestohlen, sonst würden sie einem Elben nicht gehorchen, wären sie richtige Pferde der Orks.

Die Gruppe, die ihnen hinterhergewetzt war, sah nur noch einen prächtigen Pferdeschweif zwischen Bäumen verschwinden und kam fluchend und schnaufend zum stehen.

„Verdammt! Wir haben sie entkommen lassen!", schrie einer hysterisch. Doch ein anderer stand ganz stumm da, beobachtete den letzten Teil des Pferdes und grinste mörderisch.

„Keine Angst. Die Rache wird grausam sein. Sie werden nicht mehr erkennen, wo vorn und wo hinten ist."

~*~

„Könntest du endlich mal aufhören zu schmollen!?" Einer von Gimlis Bartzöpfen wurde brutal zur Seite gezogen und genau begutachtet. Jedoch bemühte er sich, die Ruhe zu bewahren, was man ihm auch ansah, denn die Stirnadern schwollen an und das Gesicht wurde noch roter als der Bart. Es fehlte sichtlich nicht mehr viel und er würde wieder einmal explodieren.

Diese Göre war wirklich rotzfrech nach Gimlis Geschmack. Nicht einmal vor dem Alter hatte sie Respekt. Schließlich war er schon über 100 Jahre alt. Was nicht heißen sollte, dass er sich nicht in Form fühlte. Im Gegenteil. Irgendwie fühlte er sich unheimlich lebendig, seit er Liara kennen gelernt, und Legolas wieder getroffen hatte. Die Streitereien taten ihm anscheinend unheimlich gut.

Plötzlich horchte Gimli auf. Da war etwas! Er hörte etwas, das er seit langer Zeit nicht mehr gehört hatte. Er missachtete die fragenden Blicke des verwirrten Mädchens und stand auf um sich auf einen besonders hohen Stein zu stellen. Prüfend schirmte er die Augen vor der grellen Sonne ab und sah sich um. Weit und breit war nichts zu sehen. Noch nichts. Gimli blieb eisern stehen. Er wusste, dass jemand kommen würde. Denn das, was er hörte, war unverkennbar das Hufgetrappel eines, nein mehrerer Pferde. Und an der Lautstärke ihres Aufschlags zu erkennen, wurden sie von Elben geritten!

Mürrisch über diesen Gedanken ließ er die Hand sinken. Jetzt dachte er genau wie Legolas. Verächtlich rümpfte er die Nase. Sosehr er den Freund auch schätzte, er hegte eine gewisse Scheu gegenüber anderen von Legolas' Volk.

„Unsereiner ist doch kein Elb.", knurrte er böse, als er sich wieder am Lauschen ertappte. „Dazu sind ja die spitzen Öhrchen des Elbenvolkes da.", grinste er fies.

„Gimli? Siehst du etwas?", riss ihn eine Stimme aus den Gedanken. Der Zwerg kam wieder zu sich und schaute auf das Mädchen herab.

„Ja! Hufgetrappel. Pferde nähern sich. Schnapp dein Gepäck und versteck dich irgendwo, aber das du mir keinen Laut von dir gibst!", ordnete er hastig an, bemüht sein Gewicht unbeschadet vom Stein zu wälzen. Liara zog eine Schnute.

„Du willst mich doch nur vera....lbern!" Sie bekam gerade noch die Kurve, den ordinären Ausdruck zu umgehen, um den Zwerg nicht noch mehr zu reizen. „Woher sollten die denn kommen?"

„Was weiß ich! Jedenfalls höre ich Pferde!"

„Bist du doch kein reinblütiger Zwerg, sondern eine Kreuzung zwischen Elben und deinem Volk? Wie sonst, könntest du so gut hören? Ich kann es nicht.", fragte das Mädchen nebensächlich, während sie auf den Stein stieg, von dem Gimli gerade hinuntergepoltert war. Wie vorher der Zwerg hielt sie eine Hand über die Augen, um nicht von der Sonne geblendet zu werden.

„EINE KREUZUNG ZWISCHEN ELBEN UND ZWERGEN!!!? JA BIST DU DES WAHNSINNS!!!?? DAS IST NOCH GEWOHNHEIT VOM RINGKRIEG!!"

Unter der enormen Lautstärke des wütenden Zwerges kippte Liara vor Schreck zur Seite weg und landete unsanft auf dem Rücken auf dem harten Boden mit spärlichen Gras. Ein taubes Kribbeln setzte augenblicklich ein und kroch ihr bis in die Zehenspitzen.

„Aua!", brachte sie schmerzhaft hervor. Wann gewöhnte sich dieser Gnom endlich an, nicht immer unvorbereitet loszubrüllen!? Doch Gimli schien nichts von ihrem Sturz mitbekommen zu haben.

„Nie im Leben nicht, würde ein ZWERG mit einem ELBEN rummachen! Kapier das endlich! Und auch anderen Lebewesen rate ich davon ab! DAS BRINGT DOCH NUR ÄRGER!!!!!", donnerte er drauflos. Liara rappelte sich mühsam auf. Sie schwankte.

°Das ist sicher nur der Schock vom Sturz. Zum Glück habe ich mir nichts ernsthaftes getan.°, dachte sie erleichtert und wankte unsicheren Schrittes auf ihr Gepäck zu. Die Worte des aufgebrachten Gefährten waren nur leise zu ihr vorgedrungen.

„Also ist da nun jemand im Anmarsch oder nicht?", fragte sie ruhig und das erstaunte sie selbst ein bisschen. Eigentlich hatte sie giftig antworten wollen.

„Werden wir ja sehen!", schlängelte sich Gimli aus der Affäre um nicht wieder als Zwerg- Elb- Kreuzung dazustehen, nur weil er sich während des Ringkrieges an das Geräusch der Pferde gewöhnt hatte.

„Hilfst du mir mal?", rief das Mädchen zu ihm herüber und als er sich umdrehte, konnte er den Grund ausfindig machen. Sie schulterte den Rucksack und packte sich auch die Gitarre auf den Rücken. Gimli seufzte.

„Ich hab doch gesagt, wir lassen das Zeugs hier!", brummte er giftig. Liara sah ihn mit großen Augen an.

„Und ich hab dir doch gesagt, dass das überhaupt nicht in die Tüte kommt!", entgegnete sie trocken.

„Gut! Es kommt aber auch nicht in die ‚Tüte' dass ich dein Gepäck schleppe! Es ist nicht mein Problem, wenn du unterwegs zusammenbrichst!" Liaras Kopf fuhr bei seinen Worten herum. Das konnte nicht sein Ernst sein. Nun starrten sich der Zwerg und das aufgebrachte Mädchen gegenüber und funkelten sich an.

„Schön...", presste Liara hervor.

„Schön!", äffte Gimli sie nach. Nur etwas lauter.

„Schön!!"

„SCHÖN!!"

„SCHÖN!!!!!!!" Letzten Endes schrieen beide nur noch mit hochroten Köpfen, sodass sie die sich nähernden Reiter nicht bemerkten. Die beiden Reiter hielten nun einige Meter von den Streitenden an und betrachteten sich das Schauspiel kurz. Ein Kopf hatte ein tieferes rot als der andere.

„Da scheinen sich ja zwei prächtig zu verstehen." Beide Streithähne fuhren beim Klang der belustigt- zornigen Stimme schreckhaft zusammen. Dann sahen sie gleichzeitig in die Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatten. Beider Augen weiteten sich erstaunt.

„Legolas! Bist du endlich zurück! Wie konntest du mich mit diesem Kind allein lassen!?", donnerte der Zwerg außer sich und zeigte mit seinem knubbelig ausgestreckten Finger in Richtung Liara. Diese starrte immer noch kurze Zeit auf den zweiten Reiter der auf einem anderen Pferd saß. Legolas hielt die Zügel eines dritten Reittiers in den Händen. Es war nicht zu verkennen, dass der fremde Reiter eine Frau war. Vermutlich noch eine Elbe. Eine unheimliches Gefühl beschlich die 19 jährige und ihre Augen verengten sich ein wenig. Doch dann straffte sie den Rücken und deutete ihrerseits auf Gimli.

„Genau! Wie konntest du mich mit ihm allein lassen!? Such dir doch demnächst einen Aufpasser, der für diesen Job bezahlt wird! Der Zwerg ist unausstehlich!", meckerte sie erzürnt. In ihrem Eifer sich zu beschweren, vergaß sie jede Höflichkeit gegenüber des Prinzen. Legolas zog die Augenbrauen ärgerlich zusammen. Das Gezeter war mehr als unangebracht in diesem Moment. Die Orks verfolgten sie vermutlich immer noch. Als er jedoch zum Sprechen ansetzen wollte, fiel ihm Gimli prompt ins Wort.

„Weißt du, wie sie mich genannt hat, Legolas!?", polterte Gimli beleidigt. Legolas schloss genervt die Augen, um sie kurz darauf wieder zu öffnen.

„Einen Gartenzwerg!", rief Gimli und seine Stimme überschlug sich fast. Um diesem Ausruf noch zusätzlichen Ausdruck zu verleihen, stampfte er mit dem Fuß auf, was Liara an ein Kleinkind erinnerte. Legolas jedoch fand das gar nicht lustig, er war nahe daran, die Geduld zu verlieren.

„Also wenn ich etwas sagen dürfte...", ertönte unerwartet die zierliche Stimme, der kleinen Elbe. „Aber wir werden immer noch verfolgt. Wäret ihr so höflich eure Konflikte und Unstimmigkeiten woanders und zu anderer Zeit auszutragen?" Sofort herrschte Stille. Liara hob den Kopf und musterte die Elbin verblüfft. Eine so sanfte Stimme, wie diese Frau sie besaß, hatte sie noch nie im Leben zuvor gehört. Auch ihr hübsches, jedoch keineswegs feines Gesicht, das von den kurzen, braunen Haaren umrahmt wurde, strahlte Anmut und Würde aus. Wenn auch unendliche Müdigkeit.

Nachdem die Elbe durchgehend gemustert wurde, wanderte Liaras' Blick zu Legolas hinüber, der nicht ebenso erstaunt auf seinem Pferd saß. Ein seltsames Glitzern spielte in seinen Augen, als er die junge Elbe betrachtete. Sofort senkte Liara den Kopf, woraufhin sie auch eine beschwichtigende Hand auf ihrer Schulter spürte. Ungläubig drehte sie den Kopf zur Seite, sodass sie in Gimlis Gesicht sehen konnte. Ein beruhigendes Lächeln lag in seinem Gesicht. Aller Zorn, der vorher noch seine Züge verzerrt hatte, war wie weggeblasen. Was hatte er nun schon wieder? Sie wartete darauf, dass er ihr etwas sagte, doch er nickte ihr nur aufmunternd zu, ehe er zu den Pferden ging.

„Legolas! Wach auf aus den Tagträumen und hilf mir, dass Gepäck unserer kleinen Drachenfrau auf die Pferde zu laden." Ein raues Lachen folgte, dass Liara jegliches Kommentar im Munde stecken blieb. Legolas sprang sofort vom Pferd und half seinem Freund, das Gepäck des Mädchens aufzuladen, bevor er zu ihr herüberging und sie leicht in Richtung unberittenes Pferd schob. Sein Hände an ihren Armen, jagten ihr ein leises Kribbeln durch den Körper, was sie jedoch sofort wieder unterdrückte.

Er wollte ihr schon auf das Pferd helfen, als sie sich noch einmal kurz umdrehte und ihm in die Augen sah. Verwundert erwiderte der Elb ihren Blick. Kurze Zeit sahen sie sich tief in die Augen, doch noch ehe Liara die Worte über die Lippen kamen, die sie so gern gesagt hätte, senkte sie die Augenlider und drehte sich zu ihrem Pferd um. ‚Ich bin froh, dass euch nichts passiert ist.', dachte sie still. Die kleine Elbe hatte alles beobachtet und lächelte nur geheimnisvoll.

„Danke! Ich schaffe das auch allein.", wehrte das Mädchen ab, als der Prinz ihr beim Aufsteigen behilflich sein wollte. Irritiert suchte Legolas ihren Blick.

„Indûrin brachte es mir bei!", lachte das Mädchen, als sie auch schon im Sattel saß. Legolas grinste zurück.

„Da hat er ja mal etwas sinnvolles getan. Sonst drückt er sich vor jeder Aufgabe!", entgegnete der Elb erfreut und fröhlich. Innerlich jedoch keimte etwas in ihm, was er nicht zu deuten wusste. Dieses Mädchen verursachte zu viele neue Gefühle für ihn. Seufzend wand er sich ab ging zu seinem Pferd. Plötzlich nahm er einen überraschten Laut wahr und drehte sich ruckartig um. Liara fühlte noch, wie ihre Beine nachgaben, als sie sich auf den Pferderücken ziehen wollte, als sie auch schon die Kraft verließ und das Mädchen seitlich vom Pferd rutschte. Schon machte sie sich auf einen schmerzhaften Aufprall bereit, als sie auf einmal zwei starke Arme unter sich fühlte, die sie auffingen.

„Ihr seid zu unvorsichtig! Ihr müsst noch eine Menge über das Reiten lernen, My Lady.", erklärte Legolas sanft. Er hatte noch rechtzeitig gesehen, wie sie vom Pferd rutschte, und sie aufgefangen.

„Da- danke, Hoheit.", stotterte sie nur. Es hatte keinen Sinn Legolas eines besseren zu belehren. Sie beherrschte das Aufsitzen seit 1 ½ Wochen, aber irgendwie hatten ihre Beine nachgegeben. Sowieso fühlte sie sich so merkwürdig. Vielleicht wurde sie ja krank und hatte sich eine Erkältung eingefangen. Das würde ihre Schwäche begründen. Rasch zog sie sich mit Legolas' Unterstützung auf das Pferd. Danach saß der Elb selbst auf.

„Was soll das denn jetzt!?", rief sie empört und drehte sich verärgert nach dem Mann hinter ihr um. Der grinste nur frech.

„Gimli braucht mit dem Gepäck ein Pferd für sich. Und die junge Elbe kann selbst reiten. Nur auf euch muss ich achten, dass ihr nicht wieder vom Pferd kippt.", stellte er ruhig fest und sofort setzte sich das Tier auch schon in Bewegung.

„Aber...Ich kann reiten!", empörte sie sich weiter. Die Arme des Elben links und rechts von ihr und sein Bauch an ihrem Rücken machten sie nervös. Zu stark war der Drang sie gegen seinen starken Oberkörper zu lehnen. Doch das ließ sie lieber bleiben. So galoppierten sie nun schon seit mehreren Stunden stumm vor sich hin. Kein einziges Wort fiel. Und erst als die Sonne sich dem Horizont langsam neigte und die Schatten der Sträucher immer länger wurden, fielen die ersten Worte. Vorher hatten alle in stummer Angst gelauscht und Ausschau nach neuen Angreifern gehalten.

Nun, da sie sich vorerst in Sicherheit wiegen konnten, löste sich die ängstliche Anspannung.

„Er heißt übrigens Sadré." Liara schaute den Elben über die Schulter entgeistert an. Wer hieß wie? Legolas schien ihren Blick deuten zu können. Er nickte mit dem Kopf nach unten.

„Er. Der Hengst heißt Sadré."

„Das ist mir aber Schnurzpiepegal, wie dieses Vieh heißt! Ich will wissen, warum du...ihr hinter mir sitzt!", rief sie aufgebracht und ein wütendes Schnauben des Pferdes war zu vernehmen. Anscheinend verstand er jedes ihrer Worte.

„Beleidige ihn nie. Sonst wirft er dich ab.", flüsterte der Elb in ihr Ohr, sodass es kribbelte. Liara erschauerte. Eine gesunde Röte überzog ihr Gesicht und ließ sie zur Seite blicken. Der Prinz hatte sie geduzt.

Sie sah rechts neben sich ein weiteres Pferd reiten, dass Gimli und das Gepäck transportierte. Links von ihnen ritt die kleine Elbe. Viel hatte sie bisher noch nicht gesagt, aber sie war dem Mädchen irgendwie sympathisch.

„Wie heißt sie eigentlich?", flüsterte sie leise und beugte sich sachte nach hinten. Sie vergaß, dass Legolas ihre Worte auch so verstanden hätte.

„Ihr Name ist Gilelthil. Sie ist eine Elbe, die an den grauen Anfurten lebte, so erzählte sie mir. Was sie jedoch hier zu suchen hatte, konnte sie mir noch nicht mitteilen. Vielleicht wurde sie entführt."

„Wo sind die Grauen Anfurten?", fragte Liara.

„Weit im Westen. Weiter als die Strecke die wir jetzt reiten werden. Mindestens 10 Mal so weit. Vielleicht 7 Monde von hier entfernt. Sie ist hübsch, nicht?" Liara zuckte merklich unter diesem letzten Satz zusammen und schielte verletzt und leer zu der neben ihnen reitenden Elbe. Diese sah ihr nun voll in die Augen und es erschien Liara, ein gehässiges, triumphierendes Lächeln zu sehen. Sicher hatte sie die Worte des edlen Prinzen vernommen.

„Sei gegrüßt, Liara.", hob die Elbe sanft an. Jedoch kamen die Worte dem Mädchen in einer ganz anderen Bedeutung vor. So als wollte die Elbe ihr mitteilen: ‚Noch sitzt du zwar auf einem Ross mit dem Prinzen, aber das wird sich bald ändern!' Aber sie nickte höflich und brachte sogar ein Lächeln zustande.

„Hallo Gilelthil."

Auch Gilelthil lächelte fein, doch dem Mädchen erschien es wie eine Maske. Eine falsche Maske, die nicht das wahre Gesicht der anderen Frau zeigte. Diese Elben waren doch alle bescheuert! Dabei kam ihr nicht in den Sinn, dass sie selbst eine Maske trug, die sich ‚Eifersucht' nannte.

Um sich abzulenken, versuchte sie sogar den Prinzen in ein Gespräch zu verwickeln.

„Wohin reiten wir, Hoheit?", fragte sie neugierig. Legolas starrte weiterhin geradeaus, als ob er ihre Worte nicht vernommen hatte. Sie schielte zur Seite, doch die kleine Elbe ritt bereits neben Gimli und unterhielt sich mit ihm.

„Ich weiß es noch nicht genau. Ich kann nur ahnen, wo wir uns befinden.", antwortete er ruhig.

Wieder herrschte geraume Zeit Stille. Nur die leisen, amüsierten Worte, die Gilelthil mit Gimli wechselte drangen an beider Ohren. Liara schielte zu dem Zwerg herüber. Er schien genervt von den Fragen der neuen Reisegefährtin. Sie schmunzelte. Noch jemand, dem es in die Wiege gelegt worden war, den Zwerg tierisch zu nerven und ihn zur Weißglut zu bringen.

„Wir werden in Kürze unser Nachtlager aufschlagen. Die Sonne steht schon zu tief und es ist besser, wir suchen uns noch im Lichte ihrer letzten Strahlen einen geschützten Ort, anstatt in den Schatten der Nacht noch umherzuirren.", legte Legolas plötzlich fest und alle stimmten mit einem Nicken zu. Es war anstrengend gewesen, die ganze Zeit auf dem Pferd zu sitzen. Ohne jede Rast oder Pause, da die Gefahr wie ein drohender Schatten hinter ihnen hing.

In der Ferne konnte das Mädchen ein kleines Wäldchen erkennen, dass schon die ersten dunstigen Schleier der abendlichen Nebel umgab. Dort würden sie einen Platz zum ausruhen suchen.

Als das schützende Blätterdach der Bäume sie aufnahm, atmete Liara erleichtert aus. Sie wusste nicht warum, aber die Bäume hatten eine beruhigende Wirkung auf sie. Die letzten Strahlen der kalten Abendsonne, wurde von den mächtigen Stämmen und dem sichten Laub vollends abgeschirmt und sie ritten dahin in dämmerndem Licht.

Irgendwann ließ der Prinz sein Pferd halten und stieg ab. Der Zwerg und die kleine Elbe taten es ihm gleich. Nur Liara blieb noch einige Sekunden sitzen und sah sich etwas genauer um. Ein großer Hügel, der in einem Halbrund geformt war, versuchte besitzergreifend ein großes Gebüsch zu umschließen. Es war hoch und reichte fast bis an den oberen Rand des Hügels. Jedoch war es unterhalb so karg, dass man mühelos hineinkrauchen konnte. Das dichte Gestrüpp oberhalb aber, schirmte sogar vor Regen ab. Ein kleiner Bach plätscherte derweil munter an ihrer rechten Seite entlang.

Liara verfolgte das Schaffen der drei schemenhaften Gestalten aufmerksam, wie sie das Gepäck vom Pferd luden und geduckt im Schutze des Gestrüpps unter das stachlige Gebüsch krochen. Dann schüttelte das Mädchen den Kopf und schwang ein Bein über den Pferderücken. Sie wollte nicht tatenlos zusehen, wie andere die Arbeit verrichteten, während sie auf dem Sadré thronte. Ein wackliges Gefühl kitzelte durch ihre Beine, als sie etwas unsanft auf den Boden sprang. Die lange Reiterei war wohl doch sehr anstrengend. Außerdem verspürte sie so etwas wie einen schmerzhaften Muskelkater in den Waden. Reiten war etwas verdammt blödes. Obwohl es unheimlichen Spaß machte, den wilden Wind in den Haaren zu spüren.

Ohne das es eine Aufforderung der anderen gebrauchte, entfernte sie sich um nach Ästen und kleinen Stöckchen, die sie für ein Lagerfeuer verwenden konnten, Ausschau zu halten. Sie wurde auch fündig und kam kurze Zeit später vollbeladen zum Lager zurück, kroch unter das Gebüsch und staunte nicht schlecht, als sie feststellen musste, dass es plötzlich endete und bis zum Hügel noch 3-4 Meter freier Raum war. So hatte es von außen gar nicht ausgesehen.

Sie ließ das gesammelte Holz auf den Boden fallen und plumpste erschöpft daneben ins Gras. Legolas machte sich dann sofort daran, das Lagerfeuer zu entzünden. Liara beobachtete amüsiert, wie er vergeblich versuchte mit einem Stück Moos und zwei Ästen, die er aneinander rieb, das Feuer in Gang zu bringen. Jedoch war alles noch feucht. Das Moos, vollgesogen mit Wasser wollte einfach nicht entzünden.

Einer plötzlichen Eingebung folgend, griff Liara nach ihrem Rucksack und wühlte darin herum. Irgendwo hatte sie doch noch ein Feuerzeug eingepackt. Sie rauchte nicht, aber sie hatte es nicht für verkehrt befunden, eines einzupacken, in der sicheren Überzeugung, es irgendwann gebrauchen zu können. Und hier war der Augenblick.

Das Feuerzeug in der Hand, trat sie neben Legolas zu dem kleinen Haufen. Der Elb versuchte es immer noch.

„Lasst mich das machen. Ihr lebt ja wirklich noch wie in der Steinzeit.", sagte sie leise und alle Blicke wandten sich ihr zu. Gimli sah gespannt aus der Ecke hoch, in die er sich gehockt hatte, um seine verstrubbelten Bartzöpfe neu zu flechten und Legolas sah sie fragend an. Sicher fragten sich die drei jetzt, was ‚Steinzeit' war. Wortlos kniete sie sich nieder, nahm Legolas das Moos aus der Hand und hielt es dicht an das Feuerzeug. Sie konnte regelrecht die staunenden Blicke ihrer Gefährten spüren.

Es dauerte auch nicht lange, da hatte die kleine Flamme das Moos etwas getrocknet, sodass es sofort Feuer fing. Schnell tat Liara das brennende Waldbodenmaterial auf den angesammelten Holzhaufen, wo es sich zu einem prasselnden Feuer entwickelte.

„Himmel Donnerwetter noch mal!", rief der Zwerg ehrfürchtig aus.

„Man könnte meinen sie ist eine Hexe! Da bringt sie mir nichts dir nichts ein kleines Röhrchen mit und schon entzündet sich das Moos!" Man sah es dem Zwerg an, dass er sich fürchtete. Liara wandte amüsiert den Kopf.

„Red nicht so einen Quatsch. Das ist ein ganz normales Feuerzeug. In meiner Welt gibt es die in Massen!", antwortete sie etwas stolz. Wie konnte so ein primitives Massenprodukt die Völker hier so enorm aus der Fassung bringen?

„In deiner Welt? Bei Eru! Was ist das für ein Mädchen Legolas? Man könnte meinen, sie stammt von Sauron ab! Auch er beherrschte das Feuer.", rief Gilelthil erschrocken aus. Liara wandte sich ihr schnaufend zu.

„Bitte, ja? Ich bin ein ganz normales Mädchen! Und weder ein Teufel noch eine Hexe! Ich bin ein Mensch im Gegensatz zu dir!", empörte sich das Mädchen und sah Gilelthil mit blitzenden Augen an.

„Pff. Ein Mensch! Menschen sind gefährlich. Sie verkaufen ihre Seele für ein wenig Macht. Sie sind unzuverlässig und habgierig!", entgegnete die kleine Elbe gelassen. Liara kochte fast. Habgierig und unzuverlässig!?

„Denk doch, was du willst! Du scheinst auch nicht gerade perfekt zu sein! Jammerst herum und lässt dich von Herrn Legolas retten. So kläglich, wie du geklungen hast, als du um Hilfe gerufen hast, bist du auch nicht anders als ein Mensch in Not!", giftete Liara zurück. Gilelthil wollte etwas erwidern, doch da schritt Legolas ein, dem Streit ein Ende bereitend.

„Gilelthil. Wir bräuchten dringend etwas Wasser. Lauf zum Bach und hole bitte welches.", sprach er besänftigend und gab ihr ein kleines Gefäß in die Hand. Die Elbe nahm es ruhig entgegen, stierte Liara jedoch immerzu an. Diese konnte nicht anders, als ihr die Zunge herauszustrecken. Mit einem höhnischen Blick und einer schnippischen Bemerkung die nach ‚Primitives Menschenkind' klang, drehte sich Gilelthil um und verschwand.

~*~

Es war noch früher Abend, jedoch war es im Schatten des Waldes stockduster. Unheimliche Geräusche drangen an das Ohr des Mädchens, dass mit den anderen am Feuer saß. Es wärmte etwas, denn die feuchtkalte Luft ging bis auf die Haut. Gilelthil war schon längst zurückgekommen. Es schien, als wollte sie den vorherigen Streit begraben und sie hatte Liara sogar zugelächelt. Dem Mädchen war es daraufhin lächerlich erschienen, noch länger die Beleidigte zu spielen und so hatte sie zurückgelächelt.

Liaras' Magen knurrte laut. Sie hatte schon seit 2 Tagen nichts mehr gegessen. Und auch die paar Beeren und Wurzeln, die die beiden Elben herangebracht hatten, sättigten nicht. Zu dumm, dass sie zu Hause nicht daran gedacht hatte, etwas mitzunehmen. Getrunken hatten sie schon das Wasser, dass die kleine Elbe mitgebracht hatte, dennoch konnte es den Hunger nicht stillen.

„Legolas...", sprach Gilelthil plötzlich. Liara schnaufte wütend. Jetzt nannte die ihn schon Legolas und dabei kannten sie sich noch nicht einmal lange Zeit! Was würde dann in den nächsten Tagen folgen? Schatzi? Oder Liebling? Schon allein der Gedanke reichte dem Mädchen und sie vermied es, zu der Elbe hinüber zu schauen.

„Nach wo, gedenkst du zu reiten?" Liara atmete erleichtert auf. Das war ja eine belanglose Frage gewesen. Das beruhigte sie irgendwie unheimlich. Jedoch konnte sie immer noch nicht zu Gilelthil sehen, da sie wusste, wie Legolas diese musterte. Ja sie war wirklich hübsch, das musste das Mädchen leider eingestehen. Aber sie war ja auch eine Elbe. Die waren ja sowieso viel schöner und anmutiger als Menschen. Das hatte ihr Legolas oft genug gesagt.

„Ich kehre zurück in den Düsterwald. Mein Vater sorgt sich sicher schon um mich.", vernahm sie die Antwort des Prinzen. Ob er Gilelthil schon gesagt hatte, dass er der Prinz war? Mit zitternden Fingen knackte sie ein Ästchen entzwei. Einmal, zweimal, dreimal. Irgendwie konnte sie die lockere Unterhaltung, die Legolas und Gilelthil führten, nicht ertragen.

„Wir können nicht nach Düsterwald, in eure Heimat, Legolas.", hörte sie sich selbst sagen. Das überraschte das Mädchen sehr. Wie kamen ihr diese Sätze so einfach über die Lippen? Sie konnte die fragenden Blicke des Elben direkt spüren. Beschämt starrte sie auf den Boden.

„Das sagte zumindest Indûrin.", begann sie zögerlich zu erklären. Das Feuer knisterte leise.

„Wie ihr wisst, hatten wir vor, nach Minas Tirith zu reiten. Wir wurden jedoch von, Indûrin nannte sie ‚Haradrim', verfolgt und eingekreist. So blieb uns nur der Weg durch den Düsterwald. Indûrin hatte etwas von Bruchtal erwähnt, da wir weder vor, noch zurück konnten."

„Seitdem sind bestimmt schon 2 Wochen vergangen. Denn so lange wurde ich gefangen gehalten.", sagte Legolas ruhig, doch etwas ärgerliches schwang in seiner Stimme mit. Es behagte ihm gar nicht, dass die Südmenschen immer noch rund um den Düsterwald lauerten. Liara sah erschrocken auf.

„2 Wochen, sagtet ihr? Aber...ich war doch nur 2 Stunden zu Hause." Das Mädchen sagte dies erschrocken und bemerkte gar nicht, wie Gilelthil sie interessiert musterte.

„Ihr wart zu Hause?", fragte Legolas verwundert und sah sie eindringlich an. Liebend gern hätte sich das Mädchen unter seinem Blick gewunden. Er war so eindringlich, dass sie dachte, er könnte in ihre Seele blicken. Dennoch hielt sie still und nickte ernst.

„Wir ritten unterhalb der Berge des Düsterwaldes, als ich, nun,..." Sie hielt inne. Es klang sicher lächerlich, was sie jetzt erzählte. Außerdem behagten ihr die neugierigen Blicke der jungen Elbe nicht und so schwieg sie. Sie wollte lieber mit dem König darüber reden. Irgendwie traute sie sich nicht, es Legolas zu erzählen.

„Jedenfalls denke ich, dass wir nicht einmal in die Nähe des Düsterwaldes kommen, ohne entdeckt zu werden.", beendete sie ihren Vortrag. Daraufhin schwieg Legolas eine ganze Weile und starrte ins Feuer.

„Wenn es stimmt, was ihr berichtet, dann werden wir wohl woanders Unterschlupf suchen müssen. Bruchtal ist zu weit entfernt, wir würden nicht dorthin gelangen, ohne irgendwann entdeckt zu werden. Außerdem ist der Weg beschwerlich. Wir werden nach Lothlorien gehen."

„Guter Vorschlag, Herr Elb! Der beste, den du heute gemacht hast! Lasst uns nach Lothlorien gehen!", begeisterte sich Gimli und seine Augen glitzerten in der frohen Erwartung, die Herrin des Goldenen Waldes wieder zu treffen. Legolas lächelte leicht über Gimlis Worte, wusste er doch, wie der Zwerg die goldene Haarsträhne der hohen Frau hütete wie seinen Augapfel.

„Also ist es beschlossen. Wir umgehen den Düsterwald und reisen nach Lothlorien!", schloss der Prinz. Liara war erleichtert. Vielleicht würde sie dort auch Indûrin treffen. Vielleicht war der Freund ja auch dorthin gegangen, statt nach Bruchtal. Freudige Erwartung stieg in ihr auf und ein breites Lächeln machte sich auf ihren Zügen breit.

„Legolas! Du bist ja verletzt!", hörte sie Gilelthil ausrufen. Schnell hob Liara den Kopf. Sie sah, wie Legolas abwehrend die Hände hob und leicht lächelte.

„Es ist nur ein Kratzer.", erklärte er sanft, doch die kleine Elbe ließ nicht locker.

„Es könnte sich entzünden, wenn die Wunde nicht gereinigt wird.", erklärte sie tadelnd und griff nach dem kleinen Gefäß, in dem schon längst kein Wasser mehr war. Dieses drückte sie Liara in die Hand.

„Hol Wasser! Wir brauchen es, um seine Wunde zu säubern. Ich suche derweil heilende Kräuter.", ordnete sie an und verschwand. Liara stand bedröppelt da und spürte, wie langsam die Wut in ihr hoch kroch.

„Hol Wasser!", äffte sie Gilelthil nach und stampfte sauer in Richtung Bach.

„Bin ich ihr Dienstmädchen, oder was!?", empörte sie sich bei der dunklen Nacht. Gimli und Legolas sahen ihr undefinierbar hinterher. Das konnte ja noch etwas werden!

Liara huschte über den weichen Waldboden. Immer wieder musste sie daran denken, wie Gilelthil Legolas am Arm gehangen hatte. Dieses Weib konnte ihr den Buckel runterrutschen. Die anfängliche Sympathie für die Elbe war der Eifersucht gewichen. Sie schmiss sich ja wie eine Schmeißfliege an den Prinzen ran. Aber ihr konnte es ja egal sein. Kochend vor Wut, schöpfte sie das klare Bachwasser, das dunkel und glitzernd dahinfloss. Plötzlich verrauchte ihre Wut und sie starrte traurig in das dahinfließende Nass.

Langsam ließ sie sich auf den feuchten Laubboden sinken. Das Blätterdach rauschte leise, als der Wind darüber hinwegfuhr. Ab und an glitzerten kleine Wellen auf dem Kamm des Wassers. Es war so wunderschön dem Rauschen der Bäume und des dahinplätschernden Baches zu lauschen. Wunderschön und traurig zugleich. Die Geräusche des Waldes ließen das Mädchen wehmütig lächeln. Diese Welt, Mittelerde war traumhaft schön, aber sehr gefährlich, wenn sie an die Orks dachte. Die Probleme hier glichen den Problemen bei ihr zu Hause. Wenn auch in anderem Sinn. Zu Hause waren sie nicht so gefährlich wie hier.

Sie bemerkte gar nicht, wie leise Tränen ihre Wangen hinabrollten und auf dem Boden zersprangen, in hundert kleine Tröpfchen. Selbst wenn sie es bemerkt hätte, hätte sie sich gewundert, warum sie weinte. Sie konnte sich die tiefe Traurigkeit in ihrem Inneren selbst nicht erklären. Sie war einfach da.

Als ein heißer, salziger Tropfen schimmernd auf ihre Hand fiel, kam sie erstaunt zu sich. Sie weinte ja wirklich. Wieder lächelte sie wehmütig. Hier war es wie immer. Hier an diesem Bach. Sie war allein, wie auch sonst immer. Allein mit sich und ihren Gedanken.

Ungewollt entwich ihr ein verzweifelter Schluchzer, der die Stille der Nacht durchschnitt. Und wie bei einer Kettenreaktion folgte ein weiterer und noch einer, bis ihr ganzer Körper nur so von unterdrückten Schluchzern geschüttelt wurde. Hilflos ob ihres plötzlichen Gefühlsausbruchs, den sie nicht steuern konnte, winkelte sie die Knie an und zog sie an die Brust. Dann ließ sie die Stirn darauf sinken und weinte.

Sie merkte nicht, wie sich ein Schatten zwischen den Bäumen löste und langsam und leise auf das aufgelöste Mädchen zuging.

~*~

„Wo mag sie denn nur bleiben, Legolas? Sie müsste doch längst wieder zurück sein. Bis zum Bach ist es doch nicht sonderlich weit. Und verlaufen kann man sich auf dem Weg dorthin auch nicht.", fragte Gimli besorgt und musterte seinen Freund eindringlich. Es war ihm nicht geheuer, dass sie nicht schon längst wieder zurückgekommen war. Gilelthil saß schon seit einiger Zeit wieder bei ihnen am Feuer.

„Sie ist ein Mensch.", wollte die kleine Elbe scherzhaft die Stimmung auflockern, doch da stieß sie bei Gimli auf Granit.

„Sie ist ein edler Mensch! Sie lässt sich nicht herumkommandieren wie ihr Elben!", giftete er wütend. Er hatte das Mädchen doch noch wegen dem Feuerzeug ausfragen und spöttisch argumentieren wollen. Gilelthil überhörte sein Kommentar und wandte sich an Legolas.

„Ich schlage vor, jemand geht sie suchen." Legolas nickte. Daran hatte er auch schon gedacht. Es war ungewöhnlich, dass sie so lange fortblieb. Entschlossen stand er auf.

„Ich werde sie suchen gehen!", bemerkte er entschieden. Gimli und Gilelthil sahen erst verwundert zu ihm auf, dann nickten beide stumm. Der Elb verließ den Unterschlupf und machte sich daran, sie zu suchen.

Sein Gefühl lenkte ihn zum Fluss, denn er hatte eine unbestimmte Ahnung, dass das Mädchen immer noch dort verweilte. Schnell und leise huschte er zwischen den Bäumen dahin, bis er den kleinen Bach erreichte. Er hörte seinen eigenen Atem laut und deutlich in der Stille des Waldes. Seine Augen suchten beide Ufer forschend ab. Und tatsächlich entdeckte er eine zierliche, zusammengekauerte Gestalt. Er atmete erleichtert aus. Zum Glück war ihr nichts zugestoßen. Schon wollte er auf das Mädchen zugehen, als er ein leises Schluchzen hörte. Verwundert blieb er stehen. Weinte sie etwa? Er sah genauer hin und erkannte ihre Schultern, die mächtig zuckten.

Seine Augen weiteten sich und sein Herz schlug plötzlich schneller. Tatsächlich weinte sie. Allein. Hier, im dunklen Wald. Sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Ihre Tränen berührten seine Seele. Und das erstaunte ihn. Seine Beine trugen ihn von selbst und er trat langsam zwischen den Bäumen hervor. Immer darauf bedacht, keinerlei Geräusche zu verursachen. Er kam erst kurz hinter ihr zum stehen, unschlüssig und hilflos, was er nun tun sollte. Legolas tat noch einen weiteren zögerlichen Schritt auf sie zu. Und nun schien sie ihn bemerkt zu haben, denn sie hielt erschrocken inne. Der Kopf jedoch lag immer noch auf den Knien. Legolas ließ sich vorsichtig ins Gras neben ihr sinken. Lange Zeit fiel kein Wort und beide atmeten stumm vor sich hin.

„Die Luft der Nacht ist klar, aber kalt. Ihr werdet euch erkälten, wenn ihr noch länger hier sitzen bleibt.", flüsterte er sanft in die Nacht hinein. Liara hörte seine Worte, antwortete jedoch nicht. Tatsächlich fror sie. 

„Wir haben uns schon Sorgen um euch gemacht.", fuhr er leise fort. In seinen Augen spiegelte sich das Wasser.

„Das tut mir leid.", entschuldigte sich Liara mit tränenerstickter Stimme, doch der Prinz schüttelte den nur langsam den Kopf und sah sie an. Sie hatte nun das Kinn auf die Knie gestützt und betrachtete den Fluss. Tränenspuren zierten ihre Wangen. Das leicht gewellte, schwarze Haar fiel ihr locker auf die Schultern und ihr Profil war zu erkennen schwer zu erkennen, da die Haare größtenteils das Gesicht verdeckten. °Aber sie sieht wunderschön aus.°, dachte Legolas verträumt und bedachte sie eines liebevollen Blickes. Wie von selbst hob er die rechte Hand und strich ihr zärtlich das Haar hinter das linke Ohr, um ihr Gesicht sehen zu können. Sie zuckte überrascht zusammen.

„Ho...", setzte sie fragend an, doch er legte schnell einen Zeigefinger auf ihre Lippen. Wie wunderbar weich sie waren. Legolas schluckte. Er musste sich stark beherrschen, sich nicht vornüber zu beugen, um diese Weichheit mit seinen eigenen Lippen zu testen.

„Du nennst Indûrin und Gimli beim Namen. Ebenso Gilelthil. Warum also, rufst du mich ständig Hoheit?", fragte er und sah ihr nun in die Augen. Sie wusste nicht, was sie daraufhin antworten sollte. Auch meinte das Mädchen einen verletzten Ausdruck in seinen Augen zu bemerken. Kränkte es ihn etwa, das sie höflich ihm gegenüber war? Immer noch ruhte sein Zeigefinger auf ihren Lippen, den er jedoch schnell wieder zurückzog.

„Aber...ihr seid doch ein Prinz?!", entgegnete sie einfallslos. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie wusste ehrlich nicht, was sie auf seine Frage antworten sollte. Sie hörte ihn seufzen. Immer noch sah er ihr in die Augen und das Mädchen hatte das Gefühl in diesem reinen Blau zu versinken.

„Aber wir kennen uns nun schon einige Zeit. Du hast mich gerettet..."

„Und Gimli!", fiel sie ihm ins Wort. Irgendwie behagte es ihr nicht recht, den Prinzen im Glauben zu lassen, sie hätte nur ihn retten wollen.

„...und nachdem was wir erlebt haben, können wir doch die Titel ablegen, wenn du nichts dagegen hast.", fuhr er unbeirrt fort. Liara sah ihn lange Zeit schweigend an. Er wollte, dass die Titel beiseite gelegt wurden? Das überraschte sie, wo er doch immer so abweisend zu ihr war.

„Wenn ihr...du es so möchtest. Ich habe nichts dagegen. Mir geht dieses dämliche Getue nämlich schon seit einiger Zeit auf den Wecker!", redete sie sich aus ihrer Verlegenheit, wobei sie seine Frage ‚was denn ein ‚Wecker' sei, gnädig überhörte. Wieder schimmerten Tränen in ihren Augen und um es ihn nicht merken zu lassen, senkte sie schnell den Blick.

„Warum weinst du erneut?", fragte Legolas sanft. Sie sah ihn überrascht an. Er hatte es also doch schon bemerkt.

„Ich...Ich weiß es nicht...", gab sie entschuldigend zurück und sah errötend in eine andere Richtung. Legolas streckte abermals seine Hand aus und wischte mit dem Daumen sanft eine kleine Träne von ihrer Wange. Schüchtern sah sie zu ihm auf und erwiderte seinen Blick. Eigentlich hatte sie gedacht, Legolas würde sich lustig machen, dass sie weinte. Aber sie schien falsch gelegen zu haben.

Langsam und vorsichtig zog Legolas sie plötzlich in die Arme, sodass ihr Kopf an seiner Schulter lehnte. Ein angenehmer Duft stieg ihr in die Nase und wieder kamen ihr die Tränen und nässten seinen bloßen Oberkörper.

„Tut...tut mir leid.", hauchte sie entschuldigen und ihr warmer Atmen kitzelte seine empfindliche Haut. Eine ungewohnte Sehnsucht stieg in Legolas auf und er strich ihr abermals über das samtene Haar.

„Nein. Wein ruhig. Es befreit die Seele. Aber danach möchte ich dich wieder lächeln sehen.", flüsterte er. Diese Worte ließen ihr Herz schneller schlagen sodass sie meinte, er müsste es hören.

„Mhm.", murmelte sie leise und tatsächlich weinte sie nun, ließ ihrem Kummer ungehemmt freien Lauf. Legolas drückte sie noch etwas mehr an sich und so saßen sie einige Zeit, bis die Tränen versiegt waren.

~*~

Fortsetzung folgt!

Zu euren Kommentaren und Reviews:

@lyoro: *reknuff* Keine Angst es eilt ja nicht! Danke, dass du es gemalt hast! *FROI*

@KasumiTendo: Ich hoffe du hast dir nichts beim Sturz getan! *lach* Freut mich, dass es witzig war. ich selbst empfinde es meisten nämlich nicht so ^^

@Estel: Tut mir leid ^^ Dafür ist dieser teil extra lang gewesen ^^

@Sakurajima:  Hoffe der Schreikrampf war nicht so schlimm? ^^' freut mich, dass es dir so gut gefällt! *knuddel* Ich hoff der Teil war wieder nach deinem Geschmack ^^

@Miss_Sixty: Ja der Zwerg muss für alles stramm stehen, nicht? *lach* aber es passt so gut zu ihm ;)

@Himmelslied: *froi* Das ging ja schnell mit dem Kommi! :) Danke, es freut mich, dass es wenigstens lustig ist! Und noch mehr, dass du meine Geschichte liest! *knuddel*

@feanen: ^^ Ja? Na dann ist ja gut...Achso wegen R&R Sorry aber mein Internetprogramm streikt da irgendwie ~_~

@meldisil: Ja ich hoffe auch, dass er sich nicht in Gileltgil verliebt. Aber sie birgt noch ein geheimnis, lass dich überraschen :)

@snowflake: *lol* Dann danke ich dem Zufall wieder so eine/n nette/n Leser Leserin zu haben! *knuddel*