Chapter 2

Hogwarts 16. Januar 0.30 Uhr

Nachdem die drei eine Weile stumm vor sich hin gearbeitet hatten, sagte Lucy plötzlich: "Vielleicht solltest du Potter ja mal eine Chance geben. Ein Date mit ihm wird dich sicher nicht umbringen! Und vielleicht ist er ja gar nicht so bescheuert wie du immer denkst!"

Lily antwortete ihr nicht, sondern schickte ihr nur einen überaus giftigen Blick quer über den Tisch.

"Wenn man vom Teufel spricht.", murmelte Nancy und schaute zum Portraitloch, durch das gerade James, Sirius, Remus und Peter mehr oder weniger galant kletterten.

James kam sofort zu dem Tisch der drei und stellte seine übliche Frage:

"Gehst du mit mir aus?"

Lily warf einen Blick zu Lucy, fasste einen Entschluss und antwortete:

"Von mir aus!"

"Aber warum denn nicht..." setzte James schon zum sprechen an, als er bemerkte, dass Lily "Ja" gesagt hatte.

Er schaute sie mit weit aufgerissenen Augen und entgleister Miene so an, als ob sie ihm gerade eröffnet hätte, dass sie in Wirklichkeit ein Knarl sei.

So langsam schien es in sein Hirn zu dringen, dass er mit ihr ausgehen konnte und ein strahlendes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.

"Du willst wirklich mit mir ausgehen?"

"Wenn du noch lange so bescheuert 'rum tust, überlege ich es mir noch anders!", gab Lily ihm bissig zurück und wandte sich wieder ihren Hausaufgaben zu.

"Das kann ich jetzt nicht glauben.", murmelte Lucy vor sich hin als auch sie wieder mit ihren Hausaufgaben begann.

Lily zog es vor, dazu keinen Kommentar abzugeben.

Eine Weile arbeiteten sie weiter stur vor sich hin, bis Nancy so gegen 1 Uhr die Nase voll hatte, ihr Buch zuschlug und sagte:

"Ich kann nicht mehr. Ich schreibe jetzt einfach noch ganz schnell einen Schlusssatz und geh' dann nach oben zum Schlafen!"

"Ich komme mit!", sagte Lucy während sie ihre eng beschriebene Pergamentrolle fein säuberlich zusammenrollte.

"Kommst du auch mit?", wandte sich Nancy nun auch an Lily.

"Nein, ich bin mit meinem Aufsatz fast nicht weiter gekommen.", antwortete sie und versank wieder hinter ihrem dicken Geschichtsbuch.

"Ich hasse diese bescheuerten Zwergenaufstände!", murmelte sie wenige Minuten später, denn sie hatte noch immer nichts brauchbares in ihrem Buch gefunden.

Sie seufzte resigniert und legte ihr Buch weg. Inzwischen war sie ganz alleine im Gemeinschaftsraum, alle anderen waren schon tief schlummernd in ihren Schlafsälen.

Sie konnte sich einfach nicht auf ihren Aufsatz konzentrieren, denn ihre Gedanken kreisten immer wieder um James und darum, dass sie mit ihm ausgehen würde.

Ein winziger Teil von ihr freute sich sogar auf das Date mit ihm, doch der größte Teil von ihr hatte einen leichten Horror davor.

Aber das hatte sie sich jetzt schon eingebrockt...Jetzt musste sie es auch auslöffeln.

Schließlich sah sie es ein, dass es einfach keinen Sinn mehr hatte, jetzt noch einen vernünftigen Aufsatz zu schreiben, deshalb krakelte sie einfach noch ein paar Sätze über Fridolin den Schrumpligen auf ihr Pergament und beschloss dann auch, ins Bett zu gehen.

Sie schlich sich so leise sie konnte die Treppe hoch zu den Schlafsälen der Mädchen, um auch ja niemanden zu wecken.

Noch immer darauf bedacht, niemanden zu wecken, schlich sie sich durch den Schlafsaal der 7. Klasse um in das kleine Bad, das sie sich teilten, zu gelangen.

Dort angekommen sprach sie erst mal einen "Silencio"-Zauber über das Badezimmer, um die anderen mit ihrem Wassergeplätscher beim Zähneputzen nicht zu stören.

Während sie ihre Zähne schrubbte betrachtete sie sich selbst kritisch im Spiegel.

Sie hatte lange, wellige, dunkelrote Haare und ihre Augen leuchteten in einen intensiven smaragdgrün.

Sie war, genau wie Lucy, sportlich und schlank, auch wenn sie nicht im Quidditchteam der Gryffindors war.

Am Wochenende joggte sie oft mit Lucy morgens draußen auf dem Hogwartsgelände. Nancy ließ sich leider nicht dazu bewegen, mitzumachen.

Als Lily sie das letzte Mal gefragt hatte, ob sie mitjoggen wolle hatte sie ihr: "Sehe ich so aus als ob ich Selbstmord begehen wollte?", geantwortet. Sie war einfach unverbesserlich.

Genau wie Lucy liebte auch Lily es, Zauberschach zu spielen, vor allem gegen Nancy, weil sie bei ihr eine höhere Chance hatte zu gewinnen als bei Lucy.

Lily war ein "Schlammblut", wie die Slytherins es formulierten, das hieß, dass ihre Mutter und ihr Vater beide Muggel waren.

Wegen diesem Umstand musste sie viele hämische Kommentare und Beleidigungen von Seiten der Slytherins über sich ergehen lassen.

Diesmal musste sich Lily selbst aus ihren Tagträumereien über sich selbst reißen.

Schnell spülte sie sich ihren Mund aus, schlüpfte in ihr Nachthemd und kroch so schnell sie konnte in ihr Bett.

Sie schlief überaus schnell ein, zuerst träumte sie irgend etwas schwachsinniges darüber, dass sie durch alle UTZ gefallen war und ihr Hauslehrer Prof. Smith ihr deswegen einen langen Vortrag hielt, doch dann wurde der Traum seltsam real...

Wenig später wachte sie schweißgebadet wieder auf .

Sie versuchte, sich schnell an die Einzelheiten ihres Albtraumes zu erinnern, doch umso angestrengter sie versuchte sich zu erinnern, desto schneller verschwand der Traum aus ihrem Gedächtnis.

Da waren auf jeden Fall Gestalten in schwarzen Umhängen gewesen...Todesser! Und diese Todesser hatten zwei Menschen gefoltert...sie versuchte noch einmal, sich angestrengt daran zu erinnern... es waren ein Mann und eine Frau gewesen, die sich unter Schmerzen auf dem Fußboden gewunden hatten...ihre Eltern!

Ihr Herz raste und ihr Atem ging unnatürlich schnell. "Das war ein Albtraum!", versuchte sie sich selbst einzureden. Doch der Traum war so seltsam real...

Sie beschloss, noch einmal aufzustehen und in den um diese Zeit menschenleeren Gemeinschaftsraum zu gehen, um sich dort zu beruhigen.

Schnell griff sie nach ihrem Morgenmantel und warf ihn über ihr Nachthemd, dann schlich sie sich so leise wie möglich hinunter in den Aufenthaltsraum der Gryffindors. Wie sie vermutet hatte war der Raum verlassen.

Sie ging zu einem der zahlreichen Fenster des Raumes schob den dunkelroten Vorhang beiseite und öffnete es, dann lehnte sie sich weit aus ihm heraus und atmete tief die kühle Nachtluft ein. Sofort wurden ihre Gedanken klarer und während sie den hell strahlenden Mond, der über den Hogwarts Ländereien stand, betrachtete, war sie sich sicher, dass sie nur einen einfachen Albtraum gehabt hatte. Ihre Nerven lagen, seit Du-weißt-schon-wer und seine Todesser wieder verstärkt Jagd auf die Familien Muggelgeborener Hexen und Zauberer machten, sowieso blank.

Eine sanfte Brise ließ die Blätter der Bäume rings umher leise rascheln.

Sie war so in ihren Gedanken versunken, dass sie es überhaupt nicht registrierte, dass sich jemand von hinten an sie heranschlich.

Sie zuckte total erschrocken zusammen als sie schließlich jemand sanft anstupste. Sie drehte sich erstaunt um und erblickte drei der vier Marauders.

"Was machst du denn um diese Uhrzeit hier, Evans?", fragte sie der erstaunte Sirius.

"Na ja, ich hatte einen Albtraum und wollte jetzt etwas frische Luft schnappen.", antwortete sie wahrheitsgemäß.

"Aber warum seid ihr um diese Uhrzeit hier?" Sie blickte forschend von einem Marauder zum anderen.

"Wir wollten eigentlich ein paar Zaubersprüche in der Bibliothek nachschauen."

Lily verdrehte ihre Augen, die Zaubersprüche, welche die drei nachschauen wollten, waren sicher alles andere als legal, aber das war jetzt schließlich nicht ihr Problem, doch trotzdem irritierte sie das etwas. Warum waren die Marauders heute nur zu dritt unterwegs?

"Und wo habt ihr Pettigrew gelassen?"

"Wir wollten ihn ja mitnehmen, aber hat einen sehr tiefen Schlaf und keiner von uns hat es fertig gebracht ihn zu wecken und dann haben wir beschlossen, halt ohne ihn zu gehen.", antwortete James, während Sirius umständlich ein Blatt Pergament aus seiner Umhangtasche holte und auseinander faltete.

"Okay, die Luft ist rein, wir können losgehen!", sagte er, nachdem er das Pergamentblatt eine Weile eingehend studiert hatte "Willst du vielleicht mitkommen?", fragte er dann Lily.

"Nein, ich verzichte lieber.", antwortete sie und wandte sich wieder den Schlafsälen zu. "Viel Spaß euch und lasst euch nicht erwischen!" Mit diesen Worten verschwand sie wieder in ihrem Schlafsaal, wo sie sich wieder in ihr Bett legte und versuchte, einzuschlafen. Die kleine Unterhaltung mit den Marauders hatte ihr gut getan, weil sie Lily auf andere Gedanken gebracht hatte.

Deshalb schlief sie, jetzt schon wieder etwas beruhigter, schnell ein.