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Ich hoffe, Euch gefällt auch das nächste Kapitel!

Miss you like crazy

Seit fast einem Jahr war Ginny mittlerweile als Snapes Famula in Hogwarts.

Als sie das Angebot, bei Professor Severus Snape in die Lehre zu gehen, annahm, hatten alle ihre Freunde den Kopf geschüttelt.

Harry, Ron, Luna, sogar Hermine waren der Meinung, dass man lieber auf seinen Traumberuf verzichten solle, als ausgerechnet bei Snape in die Lehre zu gehen.

Ihre Eltern jedoch, der ganze Lehrkörper Hogwarts und die gesamte Welt der Tränkebrauer hatte anerkannt, welch eine Leistung es war, von einem Professor Snape als Lehrling akzeptiert zu werden.

Noch nie zuvor hatte dieser Meister seiner Kunst einen Schüler als würdig erachtet, bei ihm eine Lehre zu beginnen.

Molly war vor Stolz beinahe geplatzt...

Und Ginny hatte mittlerweile festgestellt, dass der früher so gefürchtete Professor ein guter Lehrmeister war. Sobald er einen Menschen als interessiert und wirklich bemüht erkannte, achtete er ihn auch. Er behandelte sie, seitdem er sie unter Vertrag genommen hatte, tatsächlich als gleichgestellt.
Seit sie nicht mehr seine Schülerin war, hatten die ätzenden Attacken, die Provokationen nachgelassen. Snape war ruhig, sachlich und genau. Eine Arbeitsweise, die der Ginnys entsprach. Und Ginny arbeitete wie eine Besessene. Snape honorierte das - nicht mit freundlichen Worten, sondern indem er ihr immer mehr Verantwortung und auch immer mehr Arbeit gab. Persönliche Worte wurden nie gewechselt. Trotz allem ließ es sich nicht vermeiden, dass Ginny durch den näheren Kontakt zu ihrem ehemaligen Lehrer natürlich auch sein restliches Leben besser kennen lernte. Und erfuhr - ohne es zu wollen - auch einiges über seine Spionagetätigkeit... auch wenn Snape sämtliche Aktivitäten mit der höchsten Selbstdisziplin zu verbergen suchte. Die tägliche Zusammenarbeit rund um die Uhr brachte es mit sich, dass Ginny registrierte, wenn Snape abends für Stunden verschwand. Ginny sah, wie er am nächsten Morgen scheinbar unverändert am Frühstückstisch saß.

Aber sie registrierte als einzige das Zittern der Kaffeetasse. Snape hatte sich völlig unter Kontrolle - jeder Handstreich war ruhig und bedacht. Nur am Zittern der Flüssigkeit erkannte Ginny die innere Verfassung des Mannes, der am Abend zuvor sein Leben riskiert hatte.

Nur an solchen Morgen, nur nach Nächten voller Arbeit, Furcht und oft auch Schmerzen zitterten seine Hände, ganz leicht.
Nur an diesen Tagen schürzte Snape beim Trinken die Lippen leicht am Tassenrand - wie um der zitternden Hand einen Stück des Weges entgegenzukommen.
Nie wären diese Kleinigkeiten jemandem aufgefallen, der nicht auch sonst fast Tag und Nacht mit ihm verbrachte.

Meistens blieb er einen Abend aus, gelegentlich zwei, drei Tage, bis zu einer Woche. Doch diesmal hatte Snape eine Abwesenheit von über einen Monat angekündigt. Er hatte nicht gesagt, weshalb, aber Ginny verstand es, ohne darüber geredet zu haben. Er hatte sie gebeten, den Unterricht zu übernehmen, einen Artikel zu beenden und er hatte sie auch beim Tränkebrauen mit reichlich Arbeit eingedeckt.

Nun saß sie im Labor am Tisch, fügte zwei Zutaten zusammen und lauschte mit halbem Ohr dem Geräusch des hinter ihr brodelnden Kessels, um den Zeitpunkt des Umrührens nicht zu verpassen. Und machte sich Sorgen. Nein - so konnte man es eigentlich nicht nennen.

Sie wusste, dass der Mann, mit dem sie momentan so viel Zeit verbrachte, zur Zeit mit Lord Voldemort auf Menschenfang war.

Sie wusste, dass der Mann, der ihr ansonsten mit Ruhe und Geduld die schwierigen Zusammenhänge des "Incurable-Trankes" auseinander setzten konnte, vielleicht in diesem Augenblick Menschen zu foltern oder zu töten gezwungen war.

Sie wusste, dass der Mann, der ihr ruhig, sachlich und durchdacht beibrachte, wie man am besten den Vielsafttrank braut, jeden Augenblick als Doppelagent enttarnt werden konnte.

Sie wusste, dass der Mann, mit dem sie vor einer Woche sachlich über den Artikel von Professor Alexmider in "Der Zaubertrank" diskutiert hatte, in diesem Augenblick in höchster Gefahr schwebte.

Nachdenklich stand sie auf, um den Trank hinter ihr umzurühren - zweimal mit, einmal gegen den Uhrzeigersinn.

Setzte sich wieder, nahm die Arbeitsanleitung in die Hand. Und ließ kurz den Kopf in die Hände sinken.

Sie versuchte krampfhaft, die Gefahr zu verdrängen, in der ihr Lehrmeister jetzt steckte.
Es gelang ihr nicht.
Ihr Unterbewusstsein wurde einfach die leichte Sorge, das leichte Stechen in der Magengrube nicht los.

Ja, ja, zum Donnerwetter - sie machte sich Sorgen um Snape.

Warum nicht?

Ginny dachte an die gemeinsam durchdiskutierten Abende.
Stunden und weitere Stunden hatten sie im vergangenen Jahr über den Büchern gesessen, und Professor Snape hatte einzelne Artikel aus den Büchern herausgesucht und sie dazu befragt. Jede Einzelheit wurde durchdiskutiert - Ginny musste das Rezept nicht nur gelernt, sondern jede Kleinigkeit, jede Wirkungsweise verstanden haben. Snape zerlegte mit Worten nicht ihr Wissen - er forderte ihr Verständnis. Wissenslücken waren verzeihlich, unlogisches Denken nicht.

Und Ginny hatten diese Abende Spaß gemacht.

Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich ernst genommen... Jemand hörte ihr zu, bestätigte oder widerlegte ihre Meinung. Die Dispute wurden von ihr auch immer mit Leidenschaft geführt - nichts bereitete ihr mehr Vergnügen, als die geistige Herausforderung anzunehmen, und die Argumente wie Bälle hin und her zu schlagen.

Natürlich war sie dabei nie so ruhig und besonnen wie ihr Gegenüber. Snape konnte sie mit einer einzigen Frage, einem einzigen, kühl vorgebrachten Argument völlig aus dem Konzept bringen. Ginny konnte über einen - ob in der Theorie oder der Praxis - misslungenen Trank geradezu unbändig in Wut geraten...

Ginny lächelte bei dem Gedanken an die gemeinsamen Diskussionen. Auch wenn Professor Snape selber - ob bei der praktischen Arbeit oder während der Diskussion - immer die Ruhe selber blieb, sah man, dass er an dem Enthusiasmus, an dem Temperament, mit dem sich Ginny engagierte, seine Freude hatte. Dass er es zu honorieren wusste, wenn sie mit einer unglaublichen Verbissenheit bis in die Nacht an einem von ihm gestellten Problem arbeitete.

So verschieden beide an die Probleme herangingen - Snape wie immer kühl und analytisch; Ginny mit purer Angriffslust - so kamen doch beide immer wieder zu einem befriedigten gemeinsamen Ergebnis.

Snape würde sie nie loben - das wusste Ginny.

Aber sie wusste mittlerweile, wie sie die Zeichen seiner Anerkennung deuten konnte.

Er zeigte seine Achtung ihr gegenüber, indem er ihr mit jedem Tag mehr Vertrauen schenkte. Schon nach einem halben Jahr hatte sie große Teile des von ihm sowieso nicht geliebten Unterrichts übernommen. Viele der Tränke für die Krankenstation waren mittlerweile Ginnys Aufgabe. Große Teile seiner Veröffentlichungen wurden von ihr mit verfasst - unter der Erwähnung ihres Namens.

Und: Eine hochgezogenen Augenbraue, eine ironische Bemerkung von Severus Snape konnten eine höhere Anerkennung sein als ein UTZ - Grad einer Minerva McGonagall. Sie kannte mittlerweile seine Umgangsformen, seine Ausdrucksweise - und seinen teilweise durchschimmernden tiefschwarzen Humor.

Diese Abende gaben ihr zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, dass ihre Meinung ernst genommen wird. Dass ihre Meinung jemandem wichtig war.

In der Familie Weasley - und auch in ihrem Freundeskreis in der Schule - war es immer üblich, dass jeder sagte, was er dachte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Ginny die Chance, einen Satz zu Ende zu sprechen, ohne permanent unterbrochen zu werden.

Ja - Ginny gestand es sich ein. Sie musste es sich eingestehen.

Sie machte sich Sorgen um Snape.

Um den Mann, den sie in ihrem Leben am meisten gehasst hatte.
Um den en Mann, der ihr zu Schulzeiten Angst und Schrecken eingejagt hatte.
Um den Mann, von dem Luna ab und zu behauptet hatte, er sei ein Vampir. Das Stechen in der Magengrube erschien wieder. Wie ein Messer, dass sich in den Magen bohrt und dort zu vibrieren anfängt.

Sie hatte Angst, blanke Angst, dass ihm bei diesem Aufenthalt bei Voldemort etwas zustoßen könnte.

Sie hatte Angst davor, diese Abende vermissen zu müssen.

Die Arbeit, die ihr ein Gefühl wie Heimat gab - mehr, als es der Fuchsbau jemals gekonnt hätte.
Weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit sich selbst im Reinen war.
Weil sie zum ersten Mal sie selber war - nicht die Schwester von Ron, Fred, George, Bill und so weiter, nicht die Tochter von Arthur Weasley aus dem Ministerium.

Und sie hatte Angst davor, den Mann dazu vermissen zu müssen.

Ginny beschloss, sich am Riemen zu reißen und mit Grübeln aufzuhören.


Schließlich musste dieser Trank morgen früh fertig werden - Poppy hatte bereits danach gefragt.

Trotzdem fiel ihr kurz das einzige persönliche Gespräch ein, dass sie jemals mit ihrem Lehrmeister geführt hatte - damals, auf dem Astronomieturm.

Mmmmmhhhh...

Obwohl, bei genauerem Nachdenken fiel ihr auf:

Eigentlich hatte auch damals nur sie das "persönliche Gespräch" geführt.
Sie hatte ihm ihre innersten Gedanken anvertraut.

Snape hatte nichts erzählt. Noch nie.

Nachdenklich räumte sie die Zutaten zusammen, rührte den Trank im Kessel noch ein paar Mal und stellte ihn vom Feuer, damit er bis zum nächsten Morgen ruhen könnte.

Eigentlich wusste sie noch immer sehr wenig über Severus Snape.

Trotzdem wusste sie, dass sie auch heute nacht wieder schlecht einschlafen würde.


Als Professor Snape vier Wochen später ohne jeden weiteren Kommentar wieder am Frühstückstisch auftauchte, begrüßte er Ginny mit einem kurzen Nicken.

Ginny sah auf und lächelte ihm zu.

Dann ging sie zum Unterricht der ersten Klasse - wie alle Wochen zuvor.