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Eine Runde Butterbier, Kekse, Chips, Muffins und Kuchen für alle!
Ich hoffe, Euch gefällt auch das nächste Kapitel!
I would do anything for love
Ginny stand vor der Krankenstation. Sie hatte erfahren, dass Severus Snape seit heute nacht hier war. Voldemort hatte von seiner Tätigkeit als Doppelagent erfahren, hatte ihn verstoßen, ihn gefoltert und ihm das dunkle Mal genommen.
Draco Malfoy hatte ihm unter dem Risiko seines eigenen Lebens die Flucht ermöglicht.
Der Kampf von Harry gegen Voldemort tobte vor der Tür – Ginny war es egal.
Sie fand Severus im dritten Bett der Krankenstation.
Kurz sah sie auf, bemerkte Draco an der Seite von Snape. Sie dachte an Hermine, an das, was Hermine ihr erzählt hatte.
Dachte auch daran, was Dumbledore über Snapes Rettung erzählt hatte.
Sie konnte nicht anders – sie umarmte Draco Malfoy, dankte ihm.
Als sie an das Bett von Severus Snape trat, ließen Draco und Poppy sie alleine.
Und sie schluckte.
Wieder verspürte sie den mittlerweile wohlbekannten Stich in der Magengrube beim Anblick ihres Lehrmeisters.
Die linke Gesichtshälfte war noch unter einer leichten Bandage verborgen, sein linker Arm noch von der Schulter an abwärts in weiße Tücher gehüllt und auf Kissen vorsichtig hochgelagert.
Er schien ihre Anwesenheit zu spüren und schlug das rechte Auge auf.
Ginny erkennend, lächelte er matt und sagte: „Ganz schön übel zugerichtet, mh?"
Ginny musste fast lachen ob dieser trockenen Erkenntnis.
„Ich scheine Glück gehabt zu haben – es ist links wohl knapp am Auge vorbei geschrappt. Naja, dafür war der dunkle Lord bei der Entfernung des Mals um so gründlicher." Er deutete mit dem Kopf auf die Verbände, verzog sofort kurz das Gesicht. „Poppy hat sich wohl redliche Mühe gegeben, aus dem Gemetzel von meinem Freund McNair noch etwas herauszuholen – sie sagt aber, sie könne noch für nichts garantieren." Er lachte trocken auf. „Die ganze linke Seite ist ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. Weh tut nichts mehr, aber Poppy meint, bis die Kraft im linken Bein wieder kommt, muss ich mit einigen Monaten harter Arbeit rechnen."
Ginny blieb in der Krankenstation am Bett ihres Meister sitzen, bis zum nächsten Morgen. Wachte über seinen Schlaf, empfing am nächsten Vormittag mit ihm zusammen Draco.
Lachte, leise und für sich, als sie bemerkte, dass Draco und Hermine einander die Hand hielten. Geleitete die zwei schnell wieder Richtung Tür.
Ginny verließ ihren Platz erst, als Poppy zum Verbandswechsel und zum medizinischen Gespräch auftauchte.
Als sie wieder zurück an sein Bett durfte, waren die Verbände verschwunden, Snape bis auf seine Robe angekleidet. Quer über die linke Wange war eine Narbe verblieben.
Rasch, wie um einer Frage Ginnys zuvorzukommen, wie um es hinter sich zu bringen, hob er den linken Arm. „Der dunkle Lord war wie immer gründlich in seiner Arbeit." Die Haut spannte an der Innenseite straff vernarbt über die Unterarmknochen. Die linke Hand befand sich in einer verdrehten, leicht überstreckten Haltung, die Finger unbeweglich zur halben Faust verkrümmt.
Ginny sah auf, fühlte sich auf einmal wie in der Schulzeit während ihrer Abschlussprüfung gemustert.
Eine Prüfung?
Sie hielt seinem Blick stand.
Nur kurz, Sekunden, dann war es vorbei.
Severus setzte sich auf. „Ginny – Poppy wollte unbedingt, dass ich noch dableibe. Aber die Wunden sind soweit von ihr geheilt worden, wie es geht, und nur für ein oder zwei Heiltränke und Heilbäder am Tag bleibe ich nicht hier. Poppy meint, dass kann ein paar Monate dauern... Und nur, damit Poppy meine Aufpasserin spielen kann, werde ich hier sicher keine Minute verschenken. Kannst du mir irgendwie helfen, in die Kerker zu gelangen?"
Sie half ihm auf, reichte ihm seinen Umhang, um ihn in seine Gemächer zu geleiten.
Ginny öffnete die Türen zu den Kerkern, setzte Snape auf einem der Stühle im Labor ab.
Schüttelte den Kopf, fragte, was sie noch für ihn tun könnte.
Snape lehnte ab. Wollte nur sitzen bleiben. Wartete ein wenig, sah Ginny beim Arbeiten zu.
Kurz darauf klopfte Dumbledore, brachte die Nachricht vom Harrys Sieg.
Sie freuten sich, umarmten sich, lachten auch sogar.
Verschoben eine Siegesfeier auf später.
Dann erhob Snape sich langsam, ging in seine privaten Gemächer.
Er wollte alleine sein.
Und Ginny akzeptierte diesen Wunsch.
Severus verschloss die Tür hinter sich.
Stand, minutenlang, mitten in seinem Wohnzimmer.
Er öffnete den Deckel seines Flügels, schlug leise mit der rechten Hand ein paar Akkorde an.
Ließ sich auf die Klavierbank sinken und vergrub das Gesicht in der Hand.
Gut, Severus war sich klar darüber, dass Ginny nach wie vor den Lehrer in ihm sah.
Gott sei Dank.
Gott sei Dank hatte er ihr nie etwas darüber erzählt, was er dachte oder fühlte –
Gott sei dank musste sich Ginny jetzt nicht verpflichtet fühlen, ihr Leben mit dem seinen zu teilen.
Scheiße noch einmal, Severus! Du bist dir doch wohl hoffentlich dessen bewusst, dass du sie durch diese voreilige Aktion, dieses voreilige Aufnehmen der Liebe in deine Gedanken, für immer auch die letzte Chance verbaut hast, sie dazu zu bringen, sich in dich zu verlieben.
Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, hätten wir gemeinsam, nicht Potter alleine den dunklen Lord besiegt. Ich wäre der Held gewesen – oder wenigstens einer der Helden.
Und hätte um sie freien können.
Auch wenn ich mehr als doppelt so alt wie sie bin. Und der Lehrer, den sie immer gehasst hat. Nein: den noch immer alle hassen.
Und was jetzt?
Denkst du wirklich, eine hübsche, junge Frau, ein Mädchen, verliebt sich in einen Krüppel?
Aber sie ist wenigstens bei dir.
Noch.
Noch ein paar Monate.
Poppy kann leicht reden.
„Es dauert ein bisschen, ich brauche Geduld.
Es wird schon wieder funktionieren."
Verdammt!
Severus schlug mit der Faust auf die Tastatur des Flügels.
Wie soll ich mir Zeit nehmen, wenn ich keine Zeit habe?
Ginny ist noch ein halbes Jahr bei mir – nicht mehr ganz.
Und ich soll mir Zeit nehmen, wieder richtig laufen zu lernen?
Wieder Tränke zu brauen, wieder zu unterrichten?
Wieder arbeiten zu lernen – wenn überhaupt?
Severus ließ in seinem Geist die Szenen wiederauferstehen – wie er mit Ginny zusammen gelernt hatte, geforscht hatte, Tränke gebraut hatte.
Er dachte daran, wie Ginny bis spät in die Nacht, mit geröteten Wangen und mit hochgebunden Haaren vor dem Kessel stand.
Wie sie kühl und sachlich einen Bericht zusammenfasste, mit hochgesteckten Locken, klassisch und stilsicher, professionell.
Wie sie mit Temperament, mit fast aggressivem Unterton auf Kongressen ihre Meinung vertrat – auch gegen wesentlich ältere, anerkannte Zauberer. Und wie sie dabei meist Recht behielt...
Ginny.
Aber war ein halbes Jahr Zukunft mit Ginny nicht mehr wert als ein ganzes Leben ohne sie?
Ob es ihm erneut mit einer Ausrede gelingen würde, Ginny in Hogwarts zu halten?
Schnell schüttelte er den Gedanken ab.
Ginny war jung. Und sie war gut. Sie könnte – nach dieser Ausbildung bei ihm – die besten Stellungen in England, in der ganzen Welt bekommen.
Er durfte ihr nicht aus purem Egoismus diese Möglichkeiten nehmen.
Sie hatte von einer Karriere geträumt, von einer Erfüllung im Beruf.
Diesen Traum konnte er ihr erfüllen...
Sie hatte doch von Karriere geträumt...
Damals, auf dem Astronomieturm.
Von ihm – nein, von ihm hatte sie nie geträumt.
Gut, im Ausgleich für die erste Lüge hatte er ihr die beste aller möglichen Ausbildungen geschenkt.
Die erste Lüge konnte er sich selber verzeihen – er hatte sie mehr als wieder gut gemacht mit einer unglaublichen Steigerung ihrer Karriereaussichten. Kein Auslandspraktikum, keine andere Ausbildung hätte ihr so viele Chancen, so viel Auswahl, so viele Möglichkeiten geboten, wie das, was er ihr gegeben hatte.
Aber – falls er es wieder tun sollte – falls er sie wieder halten würde - was könnte er ihr jetzt bieten?
Eine Stelle als Assistentin eines Tränkemeisters, den sie bald in Wissen und Können eingeholt haben würde.
Und sonst...
Wenig. Nichts.
Sie würde immer sein Traum bleiben, immer.
Aber...
Er würde sie nicht noch einmal halten.
Er durfte sie nicht noch einmal halten.
Er würde sie ihren Weg gehen lassen.
Er würde es sich nicht verzeihen könne, wenn er daran schuld wäre, wenn Ginny Weasley nicht den beruflichen Aufstieg bekommen würde, den sie sich gewünscht hatte.
Und den sie sich verdiente...
Sein Plan war nicht aufgegangen.
Seine Hoffnung hatte sich nicht erfüllt.
Seine Hoffnung, dass er Ginny so lange an sich binden würde mit ihrer Ausbildung, bis er frei wäre, frei von Voldemort, frei von der Schuld.
Frei von der Gefahr.
Bis er ihr ein Leben ohne Angst hätte bieten können, ein freies Leben, ein Leben voll Liebe
Und was war die Realität?
Bestenfalls ein ehemaliger Todesser mit einer verkrüppelten Hand.
Schlimmstenfalls... Nein!
Er würde immer ein Gefangener seiner Vergangenheit, ein Gefangener Voldemorts bleiben.
Seine Hoffnung würde sich nie erfüllen.
Er hatte versagt.
Wie soll man mit einer Hand Tränke brauen können?
Die Hoffnung, nach dem Fall des dunklen Lords Hogwarts verlassen zu können – nicht mehr als Lehrer arbeiten zu müssen - und nur mit dem Brauen von Tränken, mit Forschung ein Leben führen zu können, endlich auch wirklich selber Erfolg und Karriere zu haben, zerfiel zu Staub.
Selber - mit Ginny zusammen zu forschen, Erfolg zu haben.
Alle Hoffnung, die er gehabt hatte.
Wie sollte er mit einer Hand forschen können?
Wie?
Also würde er für den Rest seines Lebens Lehrer bleiben.
Eine andere Alternative für die Zukunft fiel ihm nicht ein.
Er vergrub das Gesicht in der Hand, schloss kurz die Augen.
Er dachte an die vergangenen Jahre.
Und daran, was er die letzten Jahre getan hatte, riskiert hatte, in Kauf genommen und auch an Schuld auf sich genommen hatte – in der Hoffnung auf ein Zukunft, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Und was sollte er dafür an Lohn bekommen?
Ein halbes Jahr, nur ein halbes Jahr Zukunft mit Ginny?
Hatte er dafür gekämpft?
Hatte er dafür getötet?
Hatte dafür sich selbst verraten? Und alles, was ihm wert war?
Für ein verdammtes, halbes Jahr?
Er dachte daran zurück, wie oft er mit Voldemort unterwegs gewesen war.
Er dachte daran, wie er versucht hatte, auf die Liebe zu Ginny zu verzichten, nur um seine Mission, seinen Auftrag nicht zu gefährden. Und letztendlich hatte sie ihm doch das Genick gebrochen...
Und damit eben diese Liebe in unerreichbare Ferne gerückt...
Er dachte daran, was er auf sich genommen hatte, um eine bessere Welt zu ermöglichen.
Auf was er verzichtet hatte.
Welche Schuld er auf sich genommen hatte.
Wie viele Menschen er gegen sein Gewissen getötet, gefoltert, gemordet hatte.
Er dachte daran, dass er es zunächst Albus zuliebe getan hatte...
und langsam, sehr langsam immer mehr für Ginny.
Seit ihrem fünften Schuljahr.
Seit sie immer schöner wurde, immer klüger, immer erwachsener.
Er lachte leise – nicht nur erwachsener, nein, auch temperamentvoller. Schon als Schülerin hatte sein Mädchen genau gewusst, was sie will...
Er erinnerte sich, wie er dann all das nicht mehr getan hatte, um die Welt zu verbessern, sondern mehr und mehr auch aus rein egoistischen Gründen.
Er erinnerte sich, wie er bei allem, was er tat, mehr und mehr nicht an eine gute Zukunft im allgemeinen dachte, sondern an seine eigene Zukunft - mit Ginny.
In der Hoffnung, dass die Zukunft besser würde.
In der Hoffnung, dass die Zukunft sicherer würde.
In der Hoffnung, dass die Zukunft ihm, seiner Frau und vielleicht seinen Kindern lebenswert würde.
Ohne Angst.
Ohne Vorurteile.
Dafür hatte er die letzten Jahre durchgestanden.
Dafür hatte er gekämpft...
Aber er würde seinen Geist wieder verschließen.
Soweit es ihm irgend möglich war.
Er würde diese wundervolle Frau freigeben.
In eine bessere Zukunft.
Wenigstens das hatte er für sie möglich gemacht.
Wenigstens das hatte für Ginny möglich gemacht – und ein halbes Jahr für sich...
Dobby klopfte an seine Tür.
Vor wenigen Minuten war Draco aus Hogwarts heraus verhaftet und nach Askaban gebracht worden.
