Inuyasha war mittlerweile 17 Jahre alt und sehr gewachsen. Seine silbernen Haare waren immer noch hüftlang und es wehte sanft im Wind. Er stand auf einem Hügel und blickte mit verschränkten Armen in die Weite. Nun waren fast 8 Jahre vergangen und er war immer noch allein, so, wie er es auch wollte. Dennoch hatte er ein Gefühl von Einsamkeit im Herzen. Er sprach mit niemandem und war sehr abweisend gegenüber anderen. Einerseits war er froh darüber, dass er nicht zugelabert wurde, andererseits jedoch auch traurig, dass er niemals eine Familie haben würde. Entweder die Menschen hatten Angst vor ihm, oder sie verachteten ihn. Knurrend ließ er sich nach hinten ins Gras fallen, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und schloss die goldenen Augen, um die Sonne zu genießen. Immer noch trug er die gleiche Kleidung, wie aus seiner Kindheit, nur, dass diese hier von seinem Vater war. Inuyasha hatte sie damals in der Hütte gefunden. Als er letztes Jahr hineinpasste, zog er sie an und trug sie seitdem immer. Er hatte die Schule abgebrochen, ohne jemandem ein Wort zu sagen. Es hätte außerdem niemanden interessiert. So hatte er im eigentlichem Sinne kaum Bildung. Aber wer brauchte die denn hier in der Wildnis auch? Ein Hanyou wie er ganz sicher nicht. Inuyasha dachte an seinen Vater und an seine Mutter. Ob sie ihn wohl beobachteten? Ob sie zusammen waren? Waren sie an einem besseren Ort und glücklich? Das alles hoffte er natürlich. Trotzdem vermisste er sie beide. Besonders aber seine Mutter, denn seinen Vater hatte er ja nie kennen lernen dürfen. Um ihn herum war es still, nur der Wind, der durch die Grashalme strich, war zu hören. Die leichte Brise umspielte seine sensible Nase und er genoss den Geruch der Freiheit. Es war angenehm kühl und die Sonne wärmte die Haut. Eine Stimme durchbrach die Stille, sie schien von weiter her zu kommen, dennoch hörte der Hanyou sie mit seinen empfindlichen Ohren und sprang auf, um besser hören zu können. "Hiiiiiilfeeee! Neeeein, geh doch weeg! Was hab ich dir denn getan? Hiiiilfe, hiiiilft mir denn keiner?", hallte es aus dem Wald. Inuyasha zuckte die Schultern und sprintete los, um zu sehen, wer da in Not war und ob derjenige es wert war, gerettet zu werden. Angekommen, sah er einen kleinen Kitsunen, der zitternd an einen Baumstamm geklammert war. Unter ihm knurrten mindestens ein duzend Wölfe hungrig und sprangen zu ihm hoch. 'Kann ja nicht schaden, wenn ich einem Fuchsdämon helfe, schließlich ist er ja noch ein Kind. Seine Eltern scheinen nicht in der Nähe zu sein, sonst würden sie ihm sicher helfen.', dachte der Hanyou sich und lief mitten in die Horde von Wölfen hinein. Er griff an. "Sankontessou!", rief er und zerfetzte die Wölfe mühelos, bis keiner mehr übrig war. Der Kitsune staunte nicht schlecht, als er den Hundedämon da so kämpfen sah. Als alle Wölfe in ihrem eigenen Blut lagen und sich nicht mehr rührten, klopfte Inuyasha sich in die Hände und richtete seine Kleidung still wieder her. Der kleine Fuchsdämon hüpfte vom Baumstamm herunter und rannte zu seinem Retter. "Danke, dass du mich gerettet hast! Wer bist du?", fragte der Kleine neugierig und sah zu ihm auf. Inuyasha stutzte und blickte hinab. Wieso traute sich der Zwerg, ihn anzusprechen und rannte nicht so schnell er konnte davon? "Inuyasha.. wieso fragst du, Keh?"m brummte der Hanyou harsch und verschränkte die Arme, wobei er die Hände in den jeweils anderen Ärmel steckte. "Inuyasha? Den Namen habe ich schon mal irgendwo gehört..! Danke, dass du mich gerettet hast! Ich bin dir was schuldig!", sagte der Fuchsdämon und verneigte sich vor seinem Gegenüber. Nun war der Hanyou baff. "Wer bist du überhaupt, Kleiner?", wollte er nun wissen und zog eine Augenbraue hoch. "Ich heiße Shippo." Also Shippo. Inuyasha nickte verstehend. "Ich muss wieder los. Man sieht sich vielleicht mal.", meinte der Hanyou und drehte sich um, um zu gehen. "Warte!" Inuyasha hörte den jungen Kitsunen hinter sich herlaufen und verdrehte die Augen. Jetzt hatte er eine Klette am Hintern, oh super. "Was ist denn noch?", wollte er knurrend wissen, stoppte aber nicht. "Nimm mich bitte mit.. ich habe keine Eltern mehr..", flehte der Fuchsdämon und sah ihn während des gehens an. "Ich soll was?", blaffte der Hanoyu ihn an und blieb abrupt stehen.

"Nimm mich bitte mit.. Ich habe niemanden sonst, der sich um mich schert. Ich fall dir auch ganz bestimmt nicht zur Last.. ach bitte..", bat Shippo und funkelte ihn lieb an. Inuyasha erinnerte sich an seine Kindheit und konnte sich in den jungen Kitsunen hineinversetzen. Seine Mutter war immer für ihn da.. bis zu jenen Tag, an dem sie bei diesem schrecklichen Unfall starb.. Er schloß für einen Moment seine goldenen Augen und nickte dann stumm. Shippo umklammerte sein Bein. "Danke, Inuyasha!", flüsterte er dankbar und seufzte leise vor Freude. Nun war er nicht mehr allein. Er hatte einen Freund. Zuvor hatte er noch nie einen gehabt. Der Hanoyu fragte sich, welcher Esel ihn geritten hatte, als er zugestimmt hatte, als Shippo fröhlich plappert neben ihm herging. Es war nicht zu fassen, wie schnell der Kitsune reden konnte. Sowas hatte Inuyasha noch nie in seinem Leben erlebt. Hoffentlich wurde der kleine Quälgeist bald müde, dann hatte er Chancen, dass er einschlief und endlich ruhig war. Andererseits hatte er nun jemanden, mit dem er reden konnte und der ihn sicherlich auch etwas verstand. Aber er wollte dem Kleinen nichts über seine Familie erzählen, dazu war er nicht bereit. Noch nicht. Auf einmal wurde Shippo sehr leise. Er gähnte leise und schleppte seinen müden Körper hinter Inuyasha her. Dieser blieb stehen und der Kitsune rannte gegen seine Fersen, um sich dann auf den Hintern plumpsen zu lassen. Schon fiel er nach hinten und schnarchte leise. Der Hanyou dankte den lieben Herrn und schnappte sich Shippo, um ihn sich über die Schulter zu legen. Er machte sowas eigentlich nie, aber hier musste er halt mal eine Ausnahme machen. Inuyasha lief geschwind zu seinem Lieblingsbaum, sprang auf einen der Äste und lehnte sich dann gegen den dicken Stamm. Den kleinen Shippo legte er vorsichtig in seinen Schoß, damit dieser nicht im Schlaf vom Baum fiel. Ihm war wirklich alles zuzutrauen, schätzte der Hanyou. Er selbst war noch nicht müde und sah sich den Sonnenuntergang ruhig an. Die Farben vermischten sich miteinander und es gab ein Spiel der Faszination. Eigentlich glaubte der Hanyou nicht, dass er romantisch veranlagt war, aber dieses Bild gefiel ihm sehr. Es erinnerte ihn irgendwie an seine Mutter, die dieses Schauspiel am Horizont auch geliebt hatte. Einiges hatte er von seiner Mutter, soviel wusste er nicht über seine Eltern. Aber er war sich ziemlich sicher, dass seine Mutter sehr romantisch gewesen sein musste. Shippo rollte sich nun auf der Seite zusammen und schnarchte einmal kurz. Inuyasha zog eine Augenbraue hoch und schüttelte leicht seinen Kopf. Nun hatte er auch noch einen Kitsunen erwischt, der die Angewohnheit hatte, im Schlaf zu schnarchen. Das war einfach zu herrlich. 'Wenigstens redet er nicht auch noch im Schlaf..', dachte der Hanyou mit einer Spur Ironie. Langsam schloß er seine Augen und hielt weiterhin die Ohren offen, um bei Gefahr schnell reagieren zu können. Jedoch passierte nichts außergewöhnliches in dieser Nacht.

Am nächsten Morgen schlug Shippo seine Augen auf und sah sich um. Wo war er? Da fiel im Inuyasha ein und er setzte sich gähnend auf. Dann sah er sich um und kratzte sich verwirrt am Kopf. Er saß auf dem Waldboden und blickte hinauf. Über ihm war dichtes Blattwerk, also saß er unter einem Baum. Doch wo war Inuyasha? Schnell sprang der Kitsune auf und lief ein wenig um den Baum, um sich dann zu strecken. 'Er wird schon wiederkommen. Wahrscheinlich jagt er oder so.', dachte er und setzte sich unter den Baum, um auf den Hanyou zu warten. Dabei blickte er sich um und sah außer Büschen und Bäumen aber nichts weiter. 'Sehr still hier..', fand Shippo und gähnte erneut, jedoch herzhafter, als beim ersten Mal. Ein Rascheln war im Gebüsch zu hören und Shippo sprang auf. Er hob die Nase in die Luft und schnupperte. Ein unbekannter Geruch stieg ihm in die Nase. Wer oder was konnte das sein? Dann war es weg. So schnell, wie es gekommen war. Schulterzuckend setzte er sich wieder hin und wartete auf seinen neuen Freund, der seiner Meinung nach ziemlich lang brauchte.

Inuyasha seufzte und kratzte sich am Kopf. Eigentlich hatte er vorgehabt, zu jagen, aber heute hatte irgendwie kein Glück. Kein Hase trieb sich in der Nähe herum. Kein Tier war zu sehen, zu hören oder gar zu wittern. Was zur Hölle hatte das zu bedeuten? Sonst kam er mindestens mit zwei erlegten Hasen zurück, doch diesesmal schien er keinen Erfolg zu haben. Was auch immer los war, es verscheuchte die wilden Tiere. Also sprang der Hanyou von Baum zu Baum und pflückte wilde Äpfel und andere Früchte. Es konnte ja nicht schaden, wenn er ein paar von jeden mitnahm, entschied er kurzerhand. Shippo würde sicherlich Hunger haben, so wie er selber. Also beeilte er sich und machte sich auf den Rückweg zum Schlafplatz und zu Shippo. Dieser saß im dichten Gras und stocherte mit einem Stock in der lockeren Erde herum. Was tat er denn da? Inuyasha schlich sich an den Kitsunen heran und blickte ihm über die Schulter, um besser sehen zu können. Shippo stocherte in einem Armeisenhügel und grinste fies vor sich hin. Schien viel Spaß zu machen. 'Kinder..', schnaufte der Hanyou innerlich und räusperte sich leise, so dass der Kitsune nach vorn auf den Armeisenbau fiel. Keine zwei Sekunden später schrie er auf und hieb um sich, denn die Armeisen rächten sich an ihm, in dem sie in seine Kleidung krochen und ihn bissen. 'Das geschiet ihm nur recht.. auch Armeisen sind Lebewesen', dachte Inuyasha grinsend und setzte sich an den Baumstamm, um das Obst vor sich auszubreiten. Äpfel, Kirschen und Beeren hatte er mitgebracht. Die Beeren waren ihm erst aufgefallen, als er kurz vor dem Schlafplatz war. Also hatte er sie mitgenommen. Shippo hatte sich gesäubert, in dem er in den nahegelegenen Fluss gesprungen war. Nun lief er zu Inuyasha und setzte sich neben ihm. Neugierig beugte er sich über das mitgebrachte Essen. "Äpfel und Kirschen! Lecker!", rief er erfreut und schaute den Hanyou fragend an. Dieser nickte und der Kleine griff einfach zu, um dann in einen knackigen Apfel zu beissen. Inuyasha griff zu den Beeren und wollte sie sich in den Mund stecken, als Shippo kreischte. "Iss die nicht, Inuyasha! Die sind giftig!", rief er mit vollem Mund und fuchtelte mit den Händen vor seinem Gesicht herum. Der Hanyou ließ die Beeren erschrocken fallen und blickte Shippo fragend an. "Giftig?" hakte er nach. "Ja, das sind Eibenlbeeren, ich denke nicht, dass du sie essen solltest!", nickte der Kitsune. "Inwiefern sind sie denn giftig?", wollte Inuyasha nun doch wissen. "Sie können Erbrechen, Durchfall und Lähmung verusachen. Meine Mama hat mir das beigebracht. Deshalb rate ich dir dringendst ab, sie zu essen!", belehrte der kleine Shippo ihn weise. Shippo sah nicht sehr schlau aus, aber er schien durchaus was auf dem Kasten zu haben. 'Cleverer Kitsune.', dachte Inuyasha sich und warf alle Beeren in einen der Büsche hinter sich.

"Au!", vernahmen die beiden eine leise Stimme und sahen über ihre Schulter. 'Was war denn das?', dachte der Hanyou und zuckte mit den Ohren. Jedoch konnte er nichts mehr hören. Shippo lief leise und auf allen vieren zum Gebüsch und hob dann die Nase in die Luft, um zu riechen. Da war er doch wieder, der seltsam unbekannte Geruch. Unangenehm war dieser nicht, aber alles Unbekannte machte ihm Angst. Auch Inuyasha kam langsam näher. Er hatte zwar keine Angst, aber er musste zugeben, dass er sehr neugierig war. Wer oder was mochte das sein? Nun nahm auch er den Geruch wahr. Vorher hatte ihn wohl der Geruch des Essens abgelenkt und er war unachtsam gewesen. Er richtete sich vorsichtig auf und trat näher an das Gebüsch heran. "Ist da wer?", wollte er barsch wissen und griff mit einer Hand in das dichte Blattwerk. Ein erschrockener Schrei war zu hören, der eindeutig weiblich war. Überrascht zog Inuyasha seine Hand zurück und zuckte mit seinen Ohren. Was machte ein Mädchen im Gebüsch? 'Keh..', dachte er sich.

Dann teilte er mit beiden Armen das Gebüsch und sah das Mädchen starr an. Was zum..?