Chapter 4 - Die erwachende Miko

Die Tentakel schnellten wie der Blitz auf Kagome und Inuyasha zu. Shippo stand weiter abseits und konnte es nicht fassen. Er schrie auf und hielt sich dann mit beiden Händen die Augen zu. Wenn seine neuen Freunde schon sterben sollten, dann wollte er nicht dabei zuschauen. Wie gelämt stand er einfach nur da und zitterte. Kagomes Schrei verhallte ungehört in den Tiefen des Waldes. Dann trat eine gespenstige Stille ein. Shippo wagte es nicht, die Hände von den Augen zu nehmen und wartete einfach nur ab. Würde der Youkai auch ihn töten? Shippo hielt es nicht mehr aus und öffnete seine Augen, nachdem er seine Hände weggenommen hatte. Doch er sah nicht viel. Nur ein rosanes, blendendes Licht, welches von der Stelle ausging, an der Inuyasha und Kagome sich augenblicklich befanden. Der Youkai hatte seine Tentakel in ihrer Nähe, aber der Kitsune konnte nicht ausmachen, ob er sie getroffen hatte. Das Licht pulsierte sanft und hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung. Kagome stand auf, sah an sich herab und staunte. Wieso strahlte sie dieses merkwürdige Licht aus? Sie fühlte sich stark. Und sicher. Ihre Füße hoben vom Boden ab und sie schwebte einige Zentimeter darüber. Nun begann auch Inuyasha sich zu regen. Was blendete ihn denn da so? War er tot, oder träumte er nur? Langsam gewöhnten sich seine Augen an das Licht und er sah Kagomes Konturen. 'Was zum..!', dachte er benommen und rieb sich die Augen, weil er dachte, er hätte einen zuviel auf den Kopf bekommen. Doch als er seine Augen wieder öffnete, war das Licht immer noch da und Kagome schwebte nach wie vor. Er rappelte sich auf, ging ein paar Schritte auf sie zu und streckte zögernd eine Hand nach ihr aus. Das Licht umhüllte ihn immer mehr und dann spürte er, wie seine Wunden komplett heilten und seine Schmerzen schwanden. 'Was geschieht denn hier bloß?', fragte sich Inuyasha verwundert und besah sich seine Hände, an denen nur noch Blut klebte. Nichts schmerzte ihn mehr. Sein Blick hob sich wieder auf Kagome. Was geschah mit ihr? Lebte sie noch, oder war sie nun wirklich ein Engel? Er konnte es nicht sagen. Kagome hob wie automatisch eine Hand und hielt sie über ihren Kopf. Dann schloß sie ihre Augen und schien sich auf etwas zu konzentrieren. "Inuyasha?", flüsterte sie dann leise. "Ja..?", antwortete er irritiert und sah sie ohne Unterbrechung an. "Streck deine Hände aus.", erwiderte Kagome leise. Inuyasha zögerte einen Augenblick lang, tat dann aber, wie ihm gehießen und streckte beide Hände vor sich, mit den Handflächen nach oben, um zu warten, was nun geschehen würde. Plötzlich hatte er ein dünnes Schwert in den Händen liegen und seine Kinnlade klappte erstaunt nach unten. Was war denn das jetzt wieder? Ein Köcher und ein Bogen fielen neben Kagome zu Boden, bevor auch sie ohnmächtig wurde und nach hinten überkippte. Der Hanyou reagierte blitzschnell, nahm das Schwert in die rechte Hand und fing Kagome mit seinem linken Arm auf, so dass sie nicht auf dem Boden aufschlug. So schnell das Licht aufgetaucht war, so schnell verschwand es auch wieder und die Tentakel rasten erneut auf die beiden zu. Reflexartig riss Inuyasha das Schwert über seinen Kopf, wo es transformierte und zu einer mächtig aussehenden Klinge wurde, um es dann auf die Tentakel niederschnellen zu lassen. Der erstaunte Inuyasha sprang zu Shippo, legte Kagome neben diesen ins Gras und sprintete dann abermals auf den Youkai los, um ihn das Schwert dann ins Herz zu stoßen. Mit einem Fauchen löste sich dieser auf und der Hanyou besah sich das Schwert in seinen Händen genauer. 'Eben war es doch noch ein unscheinbares, altes Schwert zu sein, das keinen Nutzen hat. Und nun.. Wahnsinn!', dachte er und sah, wie es sich zurücktransformierte. Inuyasha zuckte die Schultern und steckte es in seine Scheide. 'Moooment! Scheide!', dachte er und blickte an sich hinunter. Tatsache, da hing doch an seiner Hüfte eine hölzerne Scheide, in der nun das Schwert steckte! Nun verstand er gar nichts mehr und zuckte abermals seine Schultern. 'Kagome!', fiel es ihm siedendheiß ein und er rannte zu ihr und Shippo, der neben Kagome kniete.

Inuyasha ging neben ihr in die Hocke und betrachtete ihr stilles Gesicht. Dann beugte er sich weiter über sie und zuckte mit seinen Ohren. 'Sie atmet, Gott sei Dank!', dachte er erleichtert und seufzte leise. Kagome stöhnte unterdrückt und schlug dann zuckend die Augen auf, um direkt in die goldenen des Hanyous zu blicken. 'Oh..', fuhr es ihr durch den Kopf. Sie lächelte etwas, streckte dann eine Hand aus und fühlte eines seiner Ohren. 'So weich.. und warm..', dachte sie überrascht. Inuyasha erstarrte zur Salzsäule. Was machte sie denn nun schon wieder! Er blinzelte und starrte sie baff an. Kagome streichelte sein Ohr und sah ihm tief in die Augen. Shippos Kinnlade klappte auf den harten Waldboden und er wurde knallrot. 'Was macht sie denn da?', dachte er perplex. Er drehte sich um, machte sich heimlich auf zum Köcher und dem Bogen, der immer noch bei dem Baum lag und sammelte die Pfeile ein, die dort herumlagen. So musste er die beiden nicht mehr anstarren, dass war ja peinlich! Es war schon erstaunlich genug, dass auf einmal dieses Licht erschienen ist! Und nun kamen ein seltsames Schwert, ein Köcher, ein Bogen und Pfeile dazu. Shippo musste sich schütteln. Dieses Mädchen, Kagome.. war sehr seltsam. Mysteriös, fand der kleine Kitsune und warf einen verstohlenen Blick zu den beiden über seine Schulter. Kagome zog ihre Hand zu sich zurück und beobachtete, wie Inuyasha rot wurde. Er war einfach süß! Er ließ sich auf seine vier Buchstaben fallen und starrte sie verwundert an. "W-was soll denn das?", wollte er stotternd wissen. "Nichts. Ich wollte nur wissen, wie sich deine Ohren anfühlen. Fasst wie die von Buyo, nur dass deine viel geschmeidiger sind.", fand sie lächelnd und setzte sich vorsichtig auf. "B..buyo?", hakte der Hanyou erstaunt nach. "Mein Kater.", grinste Kagome und kam auf allen vieren zu ihm gekrabbelt. Ihre Gesichter trennten nur noch wenige Millimeter voneinander. Nun wollte Inuyasha nur noch im Boden versinken, so peinlich war ihm das. Niemand zuvor war ihm so nah gewesen. Bis auf seine Mutter, aber das war auch ganz was anderes, fand er. 'Seine Augen sind faszinierend. Und diese wunderbaren Lippen.. Ob sie wohl genau so weich sind, wie sie aussehen?', fragte Kagome sind und blickte tief in Inuyashas Augen. Dieser fühlte sich unbehaglich, aber auch irgendwie sonderbar gut. Seine Ohren zuckten nervös und er wusste nicht recht, was er nun machen sollte. Aufstehen und weglaufen? Nein, dann galt er danach als Pfeife. Sie einfach küssen? Nein.. Herrje! Er wusste es nicht! Doch ehe er sich versah, hatte Kagome die kurze Strecke zu seinen Lippen überwunden und ihre sanft auf seine gedrückt. Seine Augen weiteten sich erstaunt und er sah, wie sie ihre langsam schloß. 'Was zum Henker..? Kagome..', schwirrten die Gedanken in seinem Kopf. 'Himmel, seine Lippen sind wirklich noch weicher, als sie aussehen! Und das ist mein erster Kuss.. hm.. Ob es wohl auch sein erster ist?' Nun ließ auch der Hanyou sich gehen und schloß zögernd seine Augen. Ehe Kagome sich versah, hatte er seine starken, muskulösen Arme um ihn gelegt und drückte sie an sich. Ihre Arme legten sich wie von selbst um seinen Hals und ein leises Seufzen entwich ihrer Kehle, als seine Zunge zärtlich über ihre Unterlippe strich. Der menschenhassende Hanyou küsste zum ersten Mal ein Mädchen. Ein Menschenmädchen. Und bei Gott, es störte ihn nicht! Einzig und allein Kagome beherrschte in diesem Moment seine Gedanken.

Nach einer ganzen Unendlichkeit, so schien es den beiden, lösten sie ihre Lippen ganz langsam voneinander. Doch nur, um kurz zu Atem zu kommen und sich schüchtern in die Augen zu schauen. Kagome staunte in diesem Moment selber, denn sie war sonst immer ziemlich schüchtern gegenüber Jungs. Nicht einmal Houyou hatte sie an sich herangelassen, geschweige dem, ihn angesprochen! Und nun hatte sie einen Hanyou geküsst. Liebte sie ihn? Ja, dessen war sie sich zu hundert Prozent sicher! Zaghaft forschte sie in seinen Augen, die nun sehr weich blickten. Er hob eine Hand an ihre Wange und streichelte sie dann sanft. Es schien ihnen wieder wie eine halbe Ewigkeit, die Welt schien stehen zu bleiben und die Lebenwesen hielten ihren Atem an, um ihnen zu lauschen und zu zuschauen. Shippo stand wie versteinert da und glotzte sie mit offenem Mund an. Eben hatte Kagome den eigenwilligen und in sich gekehrten Hanyou geküsst und er hatte ihren Kuss erwidert! 'Ich fall vom Glauben ab!', dachte er verdattert und beobachtete nun, wie Inuyasha sich etwas vorbeugte und diesesmal seine Lippen auf ihre drückte. Ja, gab es denn sowas! Shippo fasste sich an die Stirn und kippte hinten über. Nun war er das erste Mal ohnmächtig geworden. Nach einer Weile lösten sich die Lippen der beiden Liebenden wieder voneinander und sie lächelten verlegen. Was sagte man nach so einem Erlebnis? 'Sicherlich nicht "danke" oder so..', fuhr es Inuyasha durch den verwirrten Kopf. Doch das Schweigen wurde langsam unangenehm, fand er und kratzte sich verlegen am Kopf. "Nun.. ähhh...", machte er dann unsicher und blickte zu Boden. "Ich.. ähm..", sagte Kagome verdattert und hielt sich wieder eine Faust vor den Mund. 'Was habe ich mir dabei nur gedacht? Kagome, du Hirni!', schalte sie sich in Gedanken selber. Das konnte aber auch nur ihr passieren. Sie kannte ihn nicht mal seit einen Tag und musste ihn schon küssen! Oh nein.. "Das war.. schön..", stotterte der Hanyou nun sehr leise und sah sie wieder an, diesesmal war er aber knallrot im Gesicht. Erstaunt hob den Kopf und ihre Blicke trafen sich erneut. "Wirklich", sagte sie und es war weniger eine Frage, als eine Feststellung. Als sie nun erlöst lächelte, war das letzte Eis gebrochen und Inuyasha stand auf. Er reichte ihr seine Hand, die sie ergriff und half ihr auf. "Danke", nickte sie dann.

"Was war das.. für ein Licht.. Vorhin?", wollte er dann wissen. "Ah.. dass weiß ich leider selber nicht. Es war plötzlich da.. einfach so.", erklärte Kagome schulterzuckend. Inuyasha zog das Schwert und zeigte es ihr. "Das hier.. lag auf einmal in meinen Händen. Kennst du es?", hakte der Hanoyu nach. "Hm.. es sieht aus wie das Schwert.. das in einem meiner Schulbücher abgebildet ist." Inuyashas Ohren zuckten leicht. "Hat es einen Namen, Kagome?", fragte er neugierig und strich leicht über die nun stumpfe Klinge. "Ja.. lass mich überlegen..", murmelte sie und legte einen Finger an ihr Kinn, um nachzudenken. Nach einer Weile streckte sie ihn in die Luft und rief: "Tessaiga! Es heisst Tessaiga!"