Draußen schneite es wie verrückt und die Schüler konnten das Klingeln der Glocke kaum noch erwarten. Sie wollten raus in den Schnee. Nur Omi interessierte sich nicht für das Wetter draußen und saß stattdessen gedankenverloren im Unterricht. Missmutig starrte er vor sich hin. Seit der Mission hatte Omi Crawford demonstrativ ignoriert. Wann immer er ihm in der Schule begegnet war hatte er sich abgewendet, im Unterricht hatte er nicht mehr als kalte Blicke für ihn übrig und auch sonst mied er den Kontakt mit ihm so gut er konnte.
Inzwischen war bereits über eine Woche vergangen aber die Situation mit Crawford hatte sich kein Stück gebessert, im Gegenteil. So konnte es nicht mehr lange weiter gehen. Während des Matheunterrichts versuchten beide, sich nichts anmerken zu lassen, aber wann immer Omi den Älteren sah, verfinsterte sich sein Blick und seine miese Laune hielt auch noch während der folgenden Stunden an. Erst heute hatte Nao wieder versucht, mit Omi zu reden, aber er hatte abgeblockt. Aber das Schlimmste an der Sache war nicht, dass Omi Crawford verachtete oder ihn seine bloße Anwesenheit ihn wütend machte, denn weder das eine noch das andere war wahr, sondern das Problem lag darin, dass Omi die Gesellschaft des Mannes ernsthaft vermisste. Sowohl ihre Telefonate, als auch ihre Treffen oder die gemeinsamen Missionen. Seit der verhängnisvollen letzten Mission hatten die beiden nicht mehr als 10 Worte mit einander gewechselt. Und erst jetzt wurde Omi bewusst, wie sehr ihm Crawford tatsächlich fehlte, wie sehr der Mann schon zu einer Konstanten in seinem Leben geworden war, und das innerhalb weniger Monate. Und es störte Omi ohne Ende. Er konnte sich einfach nicht erklären, was in ihm vorging. Warum er sich, aller Logik zum Trotz, wünschte, er hätte sich nicht so radikal von Crawford abgewendet. Den ganzen Tag hockte er in seinem Zimmer und, obwohl er es nicht wahr haben wollte, wartete, dass das Telefon klingeln und Crawford dran sein würde. Als ihm bewusst wurde, wie er sich aufführte, fing er erst recht an zu grübeln. Es war doch nicht normal, wie er sich benahm. Das, was er hier tat, ging weit über die Trauer über einen verlorenen guten Bekannten oder Gesprächspartner hinaus. Und voller Schrecken stellte Omi fest, dass Yohji mit seinen ständigen Andeutungen vielleicht gar nicht so falsch gelegen hatte. Vielleicht war da ja tatsächlich etwas zwischen Crawford und ihm und er hatte es einfach nicht bemerkt. Oder nicht bemerken wollen.
Es war Dienstag, nur noch zwei Tage bis Heiligabend. Und morgen würden endlich die Ferien anfangen. Omi konnte sich nicht erinnern, sich jemals so sehr auf die Ferien gefreut zu haben und sich gleichzeitig zu wünschen, sie würden nie beginnen. Natürlich freute er sich auf die Ferien, wie jeder Schüler. Vor allem, da es bedeutete, dass er Crawford für eine lange Zeit nicht sehen musste. Aber da lag auch das Problem, er wollte nicht, dass er Crawford nicht mehr sehen konnte.
Schwer seufzend über seine Misere stand Omi auf, nachdem es geschellt hatte und trottete lustlos den Gang entlang zum nächsten Unterricht. Das fröhliche Gelärme um ihn herum, welches ihn normalerweise zu einem zufriedenen Lächeln gebracht hätte, nervte ihn heute ungemein. Und wie um noch Salz in seine Wunden zu streuen, sah er plötzlich Crawford lässig vor ihm an der Wand neben einem Klassenraum lehnen. Aber der blickte nicht, wie bisher, ohne ein Wort zu sagen an ihm vorbei, sondern sah ihn fest an. Für einen kurzen Augenblick dachte Omi ernsthaft daran, einfach umzukehren und zurück zu gehen. Aber das wäre lächerlich gewesen. Also setzte er sein grimmigstes Gesicht auf und marschierte an dem Mann vorbei. Aber Crawford hielt ihn auf.
„Omi, warte!" Ohne sich umzudrehen blieb Omi stehen.
„Komm mit!"
„Warum sollte ich?", fragte Omi.
„Weil ich der Lehrer bin und es sage!", donnerte Crawford, so dass Omi erschrocken zusammen fuhr. Widerwillig drehte er sich um. Als Crawford das sah, ging er voran in den Klassenraum, in dem er bis eben unterrichtet hatte. Omi folgte ihm mit einigem Abstand. Als Crawford die Tür hinter ihm schloss, wurde ihm mulmig zu Mute. Es gab nur zwei Möglichkeiten, eine unwahrscheinlicher als die andere. Entweder Crawford hatte endgültig die Schnauze voll von Omi und hatte beschlossen, ihn zu töten, oder – was Omi insgeheim hoffte aber doch nicht zu hoffen wagte, weil es ausgeschlossen war – er wollte sich bei ihm entschuldigen und die Sache ins Reine bringen. Aber Crawford wollte weder das eine noch das andere.
„Da du es dir ja offensichtlich in den Kopf gesetzt hast, mich zu ignorieren, hatte ich noch keine Gelegenheit, dir dieses hier wieder zu geben". Mit großen Augen sah Omi, wie Crawford einen Laptop vom Tisch nahm und ihn Omi hinhielt. Und zwar nicht irgendeinen Laptop, sondern seinen Laptop. Den, den er bei der Mission im Baum vergessen hatte.
„Woher… Wieso…"
„Du hast ihn im Baum vergessen. Farf hat ihn gesehen und runter geholt. Erst zu Hause habe ich gesehen, dass es deiner war".
„Danke", antwortete Omi kühl und nahm den Laptop an sich. Gerade wollte er sich umdrehen und gehen, als Crawford einen leisen Seufzer ausstieß und sagte: „Du redest immer noch nicht mit mir?" Omi antwortete nicht.
„Das ist kindisch", meinte Crawford ruhig.
„Dann bin ich eben kindisch. Was geht dich das an!" Omi sah Crawford nicht an, sondern starrte finster an ihm vorbei.
„Seit Tagen zeigst du mir hier so die kalte Schulter und tust so, als hätte ich dir sonst was angetan. Du weißt, warum ich das Mädchen töten musste. Du weißt auch, dass Schwarz nicht so zimperlich sind mit solchen Dingen wie ihr".
„Ja, ich wusste es. Aber ich hatte es wohl vergessen. Ihr seid und bleibt halt eine Gruppe von gefühllosen Mördern und ihr seid unsere Feinde. Ihr habt keinen Respekt vor dem Leben anderer Menschen. Ihr denkt nur an euch und euren eigenen Vorteil. Andere sind für euch doch höchstens Mittel zum Zweck. Ich frage mich wirklich, wie ich mich überhaupt auf dich einlassen konnte".
„Sie war eine Zeugin und hätte uns…"
„Siehst du, schon wieder ‚uns'", rief Omi aufgebracht. „Ihr, ihr, ihr, immer nur ihr. Sie war kaum älter als ich! Ich wette, wenn wir nicht mitten in der Schule wären, würdest du jetzt ohne Zögern deine Waffe raus holen und mich abknallen. Hab ich nicht Recht! Ich bedeute dir doch im Grunde nicht das Geringste!"
Er wartete Crawfords Antwort nicht mehr ab, sondern stürmte wütend aus dem Raum.
Aber Crawford hätte ihm sowieso so schnell nicht antworten können. Omis Worte hatten ihm eine Sache plötzlich bewusst gemacht, die er bisher nicht hatte wahr haben wollen. Natürlich hätte er Omi auch dann nicht erschossen, wenn sie alleine gewesen wären. Aber etwas ganz anderes machte ihm Sorgen: er erkannte, dass er Omi auch dann nicht würde erschießen können, wenn er es müsste. Diese Erkenntnis beunruhigte den Schwarz Leader zutiefst. Bisher gab es nur drei Menschen auf der Welt, die es geschafft hatten, sein Vertrauen so weit zu gewinnen, dass er sie nicht einfach ohne weiteres umbringen würde – die drei restlichen Mitglieder von Schwarz. Aber es hatte lange gedauert, viele Jahre. Und es war ein Schwachpunkt, das wusste er. Und jetzt kam dieser Weiss Junge daher und schaffte es innerhalb weniger Monate Crawford soweit zu bringen, dass er sich sogar kommentarlos von ihm beschimpfen ließ. Crawford konnte es nicht fassen.
Heiligabend.
„Hier Omi, das ist vorhin für dich abgegeben worden." Yohji hielt Omi ein kleines Päckchen hin. „Für Omi" stand auf einem kleinen Schildchen. Misstrauisch beäugte Omi das Paket. Wer außer seinen Freunden würde ihm wohl etwas schenken? Es konnte eigentlich keins der Fangirls sein, die hätten unter Garantie einen Namen hinterlassen.
„Nun mach es schon auf!", drängte Ken. Vorsichtig wickelte Omi das Papier ab und zum Vorschein kam ein kleines Schmuckkästchen. Schmuck? Wer sollte ihm bitte Schmuck schenken? Auch die anderen drei blickten etwas verwirrt drein. Langsam öffnete Omi die Schachtel und ihm wären beinahe die Augen raus gefallen als er sah, was sich darin befand. Es war ein Ohrring. Aber kein gewöhnlicher, sondern der, den er sich mit Crawford im Schaufenster angesehen hatte. Der silberne mit dem eingeprägten Kätzchen.
„Was ist es? Ein Ring?", fragte Yohji und bekam ganz große Augen. Aber Omi antwortete nicht. Fassungslos starrte er auf das kleine Schmuckstück in seiner Hand. Plötzlich bemerkte er einen Zettel, der zwischen dem Einwickelpapier lag. Omi hob ihn auf und las ihn. Tränen stiegen ihm in die Augen aber er machte sich nicht die Mühe sie weg zu wischen. Ken, der neben ihm saß, strich ihm beruhigend über den Rücken. Mit einem besorgten Blick fragte er: „Was ist denn los, Omi?"
Aber Omi antwortete nicht. Er ließ den Zettel fallen, sprang auf und rannte in den Flur.
„Ich muss noch mal weg!", rief er, zog sich hastig Schuhe und Jacke an, griff seinen Rollerschlüssel und stürmte zur Tür hinaus.
„Was war das denn jetzt?", fragte Ran etwas verdattert.
„Wo will er hin? Ken, was steht denn auf dem Zettel?" Ken drehte sich um und hob den Zettel auf, den Omi liegen gelassen hatte.
„Omi, es tut mir Leid, was ich getan habe! Du hattest Recht, es war selbstsüchtig von mir und vollkommen unnötig. Auch wenn ich es mir lange nicht eingestehen wollte, aber mir liegt wirklich sehr viel an dir. Bitte verzeih mir! – Brad", las er vor. Es folgte eine Totenstille.
„Wir reden doch hier nicht etwa von dem Brad, von dem ich denke, dass wir reden… oder?", fragte Yohji langsam.
„Nun, ich kenne nur einen Brad. Und das ist schließlich kein sehr häufiger Name hier in Japan!", funkelte Ran.
„Aber was sollte Omi mit dem zu schaffen haben?", fragte Ken und Verzweifelung klang deutlich in seiner Stimme. Sollte er sich so in Omi getäuscht haben? Er würde sie doch niemals verraten, oder doch?
„Kommt, wir folgen ihm!", befahl Ran und stand ebenfalls auf. So schnell sie konnten zogen sie sich ebenfalls an und traten auf die Straße hinaus. In der Ferne hörten sie das Brummen von Omis Roller immer leiser werden.
Schnell sprangen sie in Rans Porsche und fuhren in die Richtung, in die Omi verschwunden war, hinterher. Aber sie hatten ihn schon ziemlich bald im Straßengewirr verloren. Plötzlich gab alles einen Sinn, plötzlich war alles klar. Das war der Grund, warum Omi Fragen über seinen Freund immer ausgewichen war, das war der Grund, warum er so panische Angst davor hatte, dass sie ihn kennen lernten. Und Yohji machte sich Vorwürfe. Warum hatte er das nicht schon früher erkannt? Dabei war alles so eindeutig gewesen.
Ziellos fuhren sie durch die Gegend, aber das Glück schien auf ihrer Seite zu sein. Gerade waren sie an einer großen Villa vorbei gefahren, als Yohji in den Rückspiegel sah und „Stopp!" schrie. Dort vor dem großen Tor stand Omis Roller. Ran wollte gerade parken, als Omi plötzlich durchs Tor kam, hastig auf seinen Roller stieg und, ohne sich umzublicken, davon fuhr.
„Wir folgen ihm langsam! Vielleicht haben wir uns ja auch geirrt und dann versauen wir Omi am Ende noch seine Beziehung", meinte Ken als Ran gerade Gas geben wollte. Das sah Ran ein und fuhr so langsam es ging und mit dem größtmöglichen Abstand. Mit einem Porsche in der Weihnachtsnacht, wenn sowieso kein Mensch unterwegs war, einen langsamen Roller zu verfolgen war allerdings vergleichsweise schwierig. Aber Omi hätte sie wohl auch nicht bemerkt, wenn sie direkt vor seiner Nase gefahren wären. Er war zu sehr in Gedanken versunken. Brad war nicht zu Hause gewesen aber Schu hatte ihm gesagt, wo er ihn vermutlich finden konnte.
Die drei folgten Omi eine Weile, bis er plötzlich vor einer Kneipe anhielt. Schnell parkten sie den Porsche mit etwas Abstand und warteten, bis durch die Tür gegangen war. Dann stiegen sie aus und liefen hinterher.
Omi hätte nicht gedacht, dass es so viele Menschen gab, die am Heiligabend in einer Kneipe hockten. Aber allein an der Bar saßen fünf Männer und an den Tischen saßen auch noch einmal zwei Männer und eine Frau. Es roch nach Bier und Zigarettenqualm und im Hintergrund dudelten Weihnachtslieder. Und Schuldig hatte Recht gehabt. Unter den Männern an der Bar konnte Omi einen im cremefarbenen Anzug ausmachen. Es war Crawford. Missmutig starrte er in sein Glas – er hatte Omi noch nicht bemerkt. Bis auf den Wirt hatte überhaupt niemand Kenntnis davon genommen, dass Omi herein gekommen war.
„Ich glaube du bist hier falsch, mein Junge", meinte er, nachdem er ihn abschätzend angesehen hatte.
„Nein, ich bin hier richtig", erwiderte Omi und ging langsam auf Crawford zu. Dieser war bei dem Klang von Omis Stimme aufmerksam geworden und drehte sich nun langsam um. Mit einem müden Lächeln sah er Omi an.
„Warum bist du hier?"
„Schu hat mit gesagt wo ich dich finden kann…"
„Ich bin ein schlechter Umgang für dich. Geh nach Hause!"
„Nein. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Es tut mir Leid dass ich gesagt habe, du seiest selbstsüchtig und herzlos. Das stimmt nicht. Und du hast Recht. Mörder bleibt Mörder, ich habe kein Recht dich zu verurteilen".
Omi war inzwischen bei Crawford angekommen und stand nun direkt vor ihm. Plötzlich erinnerte er sich an etwas und steckte die Hand in die Hosentasche. Als er gefunden hatte, was er gesucht hatte, zog er sie wieder heraus und fing an, an seinem Ohr zu hantieren. Als er die Hände wieder sinken ließ, sah Crawford, dass Omi seinen alten Ohrring gegen den Neuen getauscht hatte.
„Vielen Dank für dein Geschenk! Er ist wunderschön", flüsterte er.
Crawford wollte gerade etwas erwidern, als die Tür ein weiteres Mal aufging und der Rest von Weiss herein gestürzt kam. Sie hatten bis eben durchs Fenster geguckt aber jetzt glaubten sie, sie hätten genug gesehen.
„Omi, wie konntest du nur?", rief Ken, den Tränen nahe.
„Du hast uns verraten!"
„Ich… nein… ihr versteht das nicht!"
„Wir verstehen sehr wohl!", erwiderte Ran mit eiskaltem Blick. „Das hätte ich dir nie zugetraut."
„Es ist nicht so wie es aussieht. Lasst mich doch erklären!", flehte Omi und machte einen Schritt auf seine Freunde zu.
„Sei still!" Ran versetzte Omi eine schallende Ohrfeige. Tränen traten Omi in die Augen und er hielt sich die Wange. Da sprang auf Crawford auf.
„Tu das nie wieder!"
„Halt dich daraus, Schwarz Bastard!", schrie Ran. Jetzt sahen sich auch einige der anderen Gäste um.
„Ich will hier drinnen keinen Streit!", rief der Wirt nervös. Ran wusste, es wäre dumm jetzt eine Prügelei an zu fangen. Am Ende würden sie noch alle im Knast landen. Außerdem könnten Unschuldige zu Schaden kommen. Also griff er Omi hart am Arm und schubste ihn in Richtung Tür.
„Dafür wirst du büßen!", funkelte er Crawford böse an.
Draußen auf der Straße versuchte Omi mit aller Kraft, sich aus Rans Griff zu lösen, aber ohne Erfolg. „Lasst mich doch wenigstens erklären!", rief er.
„Da gibt es nichts zu erklären!"
„Ich habe Weiss nicht verraten, bitte glaubt mir doch!"
„Äh, Ran, vielleicht sollten wir uns wirklich erst anhören, was er zu sagen hat", meinte Ken vorsichtig. Omi warf ihm einen dankbaren Blick zu.
„Also gut, ich gebe dir 5 Minuten…"
Widerwillig lockerte Ran den Griff an Omis Arm woraufhin dieser stockend anfing, die ganze Geschichte zu erzählen. Wie Crawford plötzlich als sein neuer Mathelehrer vor ihm gestanden hatte, wie dieser ihm Nachhilfe gegeben hatte und wie er Nagi bei seiner Arbeit unterstützt hatte und Crawford ihm im Gegenzug dafür von seinen Visionen erzählt hatte.
„Er hat dir das Leben gerettet, Ken! Wenn er mich an dem Tag nicht mit dem Auto mitgenommen hätte, wäre ich krank geworden und du wärst am Ende bei der Mission umgekommen!"
„Ist das wahr?", fragte Ken leise.
„Ja! Und erinnert ihr euch, als ich euch gesagt habe, wir sollten die Mission mit dem Bankenchef um einen Tag verschieben? Wären wir an dem Abend hin gegangen, hätte uns die Bombe dieses Erpressers vermutlich alle getötet. Ich könnte euch noch endlos viele Beispiele nennen in denen er euch vielleicht nicht das Leben gerettet, aber einigen Ärger erspart hat."
Ran sah seine Kollegen verunsichert an. Wenn Omi die Wahrheit sagte, und davon ging er trotz allem aus, dann verdankten sie Crawford wirklich einiges. Und wenn es stimmte, dass Omi sie als Gegenleistung nur ein bisschen bei ihren Jobs unterstützt hatte, dann war das auch nichts Verwerfliches. Sollten sie am Ende doch im Unrecht sein? Je länger Ran darüber nachdachte desto unsicherer wurde er. Er hatte Omi eigentlich sowieso nicht zugetraut, dass er so sorglos und unverantwortlich mit ihrem Leben umgegangen sein sollte. Aber Weiss und Schwarz waren immerhin Feinde…
„Warum hast du uns nicht schon früher davon erzählt?", fragte er Omi.
„Weil ich wusste, wie ihr reagieren würdet. Für euch sind sie einfach nur Feinde, aber das stimmt nicht. Sie sind nicht so schlimm wie ihr glaubt. Na ja, meistens jedenfalls. Und ihr könnt mir ruhig vertrauen. Ich hätte nichts getan, was Weiss in irgendeiner Weise geschadet hätte, im Gegenteil."
„Also ich glaube, er sagt die Wahrheit", meinte Yohji und sah Ran vorsichtig an.
„Ja, ich auch. Und wenn es wirklich so ist, wie Omi sagt, dann hat das ganze doch nur Vorteile für uns", stimmte ihm Ken zu.
„Er sagt die Wahrheit." Erschrocken drehten sich alle nach der Stimme um. Dort stand Crawford, die Hände vor der Brust verschränkt und sah sie alle nacheinander finster an. Omi drehte sich wieder Ran zu und sah ihn flehend an.
„Bitte Ran, sei nicht mehr böse!" Ran musterte den Jungen eine ganze Weile schweigend. Dann endlich seufzte er und sagte: „Nein, ich bin dir nicht mehr böse. Und es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe." Omi strahlte ihn überglücklich an. Und er war ganz sicher auch ein kleines Lächeln auf Rans Gesicht gesehen zu haben.
„Und… ich kann mich auch weiterhin mit ihm treffen?", fragte Omi und zu seiner großen Freude nickte Ran. „Es gefällt mir nicht. Überhaupt nicht. Aber noch habe ich keine guten Gründe, es dir zu verbieten".
„Oh vielen Dank, Ran", rief Omi und fiel seinem Freund um den Hals.
Dann wandte sich Ran Crawford zu und warnte: „Ich mag dich nicht. Und ich werde euch im Auge behalten. Wenn ich auch nur den leisesten Verdacht habe, dass du Omi in irgendeiner Weise schlecht behandelst, bekommst du es mit mir zu tun!" Crawford schnaubte verächtlich.
„Also von uns beiden bist du ja wohl derjenige, der Omi geschlagen hat." Ran knirschte mit den Zähnen und sah Crawford feindselig an.
„Jetzt versucht doch wenigstens, euch zu vertragen!", meinte Omi und sah abwechselnd von einem zum anderen.
„Ich kann's immer noch nicht glauben, dass du das so lange vor uns geheim gehalten hast", meinte Ken kopfschüttelnd, nachdem sie wieder zu Hause angekommen waren.
„Es war auch schwer genug. Ihr wart so oft kurz davor es heraus zu finden. Ich kann gar nicht mehr zählen wie oft ich mein Ende schon gekommen gesehen habe", erwiderte Omi mit einem leichten Lächeln.
„Und er hat dich tatsächlich mit zu sich ins Schwarz Hauptquartier genommen?", fragte Yohji ungläubig und verteilte Christstollen.
„Ja, ich war auch sehr überrascht. Aber es ist wirklich schön da. Ein wunderschönes großes Haus und Nagis Zimmer ist eine Wucht! Und das Bad solltet ihr erst einmal sehen. Aber, trotz allem, gemütlicher ist es bei uns auf jeden Fall. Dort ist alles so steril und weitläufig. Man fühlt sich total klein und traut sich gar nicht, irgendetwas anzufassen. Selbst das Toilettenpapier kostet wahrscheinlich mehr, als unsere gesamte Badezimmereinrichtung zusammen", lachte Omi. Auch die anderen Lachten und selbst Ran brachte einen zuckenden Mundwinkel zustande.
„Aber sag, was hat er getan, dass er sich bei dir entschuldigen muss? Was solltest du ihm verzeihen?" Omis Gesicht verdüsterte sich für einen Augenblick. Dann erklärte er: „Das Dienstmädchen, bei der Mission neulich. Erinnert ihr euch? Ich konnte es ihm nicht verzeihen, dass er sie so kaltblütig erschossen hat. Bis zu dem Moment habe ich oftmals ganz vergessen, dass er eigentlich ein Mörder ist der nicht, wie wir, für die Gerechtigkeit arbeitet, sondern für Geld. Erst in dem Augenblick ist es mir wieder bewusst geworden. Ich war so maßlos enttäuscht, ich dachte, er hätte sich geändert".
„Und was hat deine Meinung geändert?"
„Na ja, abgesehen von der Tatsache, dass er sich entschuldigt hat, die Erkenntnis, dass ich ihn vermisst habe und es bereits nach wenigen Tagen bereut habe, dass ich ihm geschworen habe, nie wieder ein Wort mit ihm zu wechseln".
„Soso, du hast ihn vermisst? Wie süß", meinte Yohji grinsend. Sofort lief Omi knallrot an.
„So meinte ich das nicht! Ich meinte, ich hab seine Gesellschaft vermisst. Die Gespräche und das gemeinsame Mathe machen!"
„Sicher", grinste Yohji.
„Ehrlich!", rief Omi nervös.
„Klar Omi, darum schenkt er dir auch Schmuck. Weil ihr zusammen Mathe macht", mischte sich nun auch Ken mit einem breiten Grinsen und einem Augenzwinkern ein. Omi wurde noch eine Spur röter.
„Ach denkt doch was ihr wollt", rief er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Immer doch, Omittchi", griente Yohji. „Und glaub ja nicht, dass wir die Sache darauf beruhen lassen", fuhr er fort. Ken nickte zustimmend.
„Ihr seid schlimm!"
„Nein, Omittchi, du bist schlimm. So was hätte ich dir ernsthaft niemals zugetraut. Du etwa, Kenken?" Ken schüttelte den Kopf.
„Kenken?", Omi zog eine Augenbraue hoch. Und diesmal war es an Ken, rot anzulaufen.
„Ihr seid doch alle nicht mehr ganz normal", knurrte Ran, aber ein erstmals spielte ein deutliches Lächeln um seine Lippen.
Fin
Tjaaaa…. sind Ken und Yohji nun zusammen? Sind sie es nicht? Ich überlasse es eurer Phantasie
Und endlich ist auch diese Fanfic fertig, ich hab schon nicht mehr daran geglaubt :)
Also, ich hoffe sie gefällt euch und schreibt schön fleißig Kommis
Shi
