Disclaimer: Juti. Alles was man schon aus einem dicken, genialen Buch
namens "Herr der Ringe" oder einem anderen Werk von Großmeister J. R. R.
Tolkien kennt, gehört nicht mir und ich verdiene mit dieser Story kein
Geld.
Hallihallo, da bin ich mal wieder. Viele, liebe Grüßlein an alle, die das hier noch weiterlesen.
@ Nilli: Danke fürs Dranbleiben und viele reviewn. Solche Leute braucht der Schreiberling. Den "Medizintrank" gibt's später *g*. Hoffe es gefällt dir und den anderen auch weiterhin.
Wenn nicht: Hey Leutz, da ist eine Review fällig, würdsch ma meine.
@ Arwen: Falls du noch weiter liest: Hab Mail bekommen, und würde dem Angebot gern nachkommen, aber mein Browser streikt irgendwie bei eurer Site. Hoffe ich krieg das Problem demnächst in den Griff *beäugt kritisch und flehend den Computer*
Für alle: Bin gespannt auf eure Meinung zum Chap. Also: Reviewn!!!! Und nu viel Spaß.
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Kapitel 6
"Fé, wenn du dich selbst betrachten könntest, würdest du mir zustimmen, dass du dich beruhigen solltest." Unruhig rutschte Nell auf der Bank im Pavillon hin und her, die Nervosität ihrer neuen Freundin hatte sich auf sie übertragen. Die Prinzessin hatte gehofft, das Wasser würde eine beschwichtigende Wirkung haben. Die Rechnung war nicht aufgegangen. Statt dessen fuhr Fé nun hier fort Gräben in den Boden zu laufen wie ein wildes Tier im Käfig.
"Ich kann mich nicht hinsetzen, solange ich nicht sicher sein kann, dass es ihm gut geht. Müsste die Grenzwache ihn nicht schon längst gefunden haben." Die Sorge um ihren Bruder grub sich noch tiefer in die Mimik Féathilas und Mitleid überschwemmte Nells Herz. Als Legolas das erste Mal verschwunden war, hatte sie das gleiche durchlitten.
"Gibt es denn gar nichts, was dich ablenken könnte?"
Fé schüttelte den Kopf. Nell konnte sehen, dass sie mittlerweile mit den Tränen zu kämpfen hatte. "Estelamin wânn*", brachte Féathila mit zusammengesunkenen Schultern hervor.
"Avo awartho!**" Dann plötzlich hatte sie eine Idee. Das hatte ihr auch oft geholfen, es kühlte das Gemüt ab. "Das kann ich nicht mehr lange mit ansehen. Komm mit."
Nell sprang auf und lief einige Schritte voraus auf den schmalen Gartenweg.
Fé hörte auf herumzutigern und sah erstaunt auf. "Wohin gehst du?"
"Nicht ich - wir. Bevor wir beide hier tatenlos in verzweifelte Tränen ausbrechen, werden wir jetzt einen Ausritt machen. Du wirst sehen, es funktioniert. Du kannst doch reiten?" Sie ging zurück, nahm Fé bei der Hand und zog sie mit sich.
"Schon, aber ich kann doch jetzt unmöglich ausreiten, während Féagil...", begann die Überrumpelte zu protestieren.
Nell schnitt ihr das Wort ab: "Es hilft ihm nichts, wenn du hier vor dich hin grübelst. Glaub mir, ich habe Erfahrung darin." Ihre bestimmten Worte duldeten keinen Widerspruch mehr und ließen Fé ihre nächste Bemerkung herunterschlucken.
Im von der Mittagssonne durchfluteten Hof angekommen betraten die beiden Elbinnen eines der Nebengebäude, das sich als Pferdestall herausstellte. Nell winkte einen der Stallburschen zu sich.
"Sattelt bitte Ithilai und Melan." Der Stallbursche nickte und wandte sich um.
"Ähm...", meldete sich Féathila zögernd zu Wort, "Ich reite immer ohne Sattel. Das ist also nicht notwendig."
Nell zog überrascht eine Augenbraue hoch. Außer ihrem Bruder kannte sie nur wenige Elben, die auf diese Weise reiteten. Sie bedeutete dem Stallburschen dem Folge zu leisten. Dieser verschwand im hinteren Teil der Stallungen.
"Wie kommt es, dass du ohne Sattel reitest?", wandte sie sich an Fé.
Diese lächelte: "Nun, ich habe es so gelernt. Außerdem bin ich immer der Meinung, dass es so auch für die Pferde bequemer ist."
Ihre Unterhaltung wurde unterbrochen, als der Stallbursche mit einem schneeweißen Pferd zurückkehrte. Hinter ihm folgte ein weiterer Gehilfe, der einen Hengst mit glänzend schwarzem Fell führte.
"Das ist mein Pferd Ithilai." Stolz fuhr sie dem weißen Hengst durch die Mähne. "Und dieser Gute hier heißt Melan." Sie reichte Fé die Zügel des Rappen.
"Eigentlich benutze ich auch nicht gerne Zaumzeug", meinte dies, "Aber ich denke, bei einem fremden Pferd ist es wohl ratsam, Zügel zur Hilfe zu nehmen."
"Normalerweise ist Melan leicht zu führen, allerdings ist er manchmal etwas nervös", erklärte die bereits im Sattel sitzende Düsterwald-Prinzessin, "deshalb denke ich auch, dass du sie besser in Anspruch nehmen solltest."
Währenddessen war Fé elegant auf den Rücken des Pferdes geglitten. Gemächlich liefen die Pferde über den Schlosshof und durch das große Tor. Schweigend ritten die beiden Frauen einige Zeit nebeneinander her und genossen die ruhige Atmosphäre diesseits des Flusses.
"Du besitzt die gleichen seltsamen Gewohnheiten, was das Geschirr der Pferde betrifft wie mein Bruder", bemerkte Nell und brach damit die Stille, die nur vom gelegentlichen Plätschern des Flusses und dem Gesang einiger weniger Vögel, die hier noch hausten, begleitet wurde.
Fé lächelte: "Und ich habe noch nie ein so strahlend weißes Pferd gesehen."
"Ja, Ithilai ist mein ganzer Stolz. Sein Bruder Ithilos ist das Reittier meines Bruders und steht ihm in der Färbung des Felles um nichts nach. Die beiden waren übrigens ein Geschenk deiner Tante zu unseren jeweiligen Geburtstagen vor drei Jahren."
"Zufälle gibt es. Es grenzt fast an ein Wunder, dass ich noch nicht früher von dir und deinem Bruder gehört habe. Wohin reiten wir eigentlich?"
"Das ist mein Weg, den ich immer nehme, wenn ich mich ablenken will. Ich finde die Umgebung hier sehr entspannend."
Sie ritten weiter am Fluss entlang und unterhielten sich angeregt. Doch von einem Moment auf den nächsten wurden die Pferde unruhig. Sie begannen zu tänzeln und warfen die Köpfe zurück. Die beiden Elbinnen hatten Mühe sie zu halten. Als ein dunkler, langgezogener Schatten auf den Weg fiel, stöhnte Nell auf: "Smaug? Aber er ist doch schon seit einem halben Jahrhundert nicht mehr hier gesichtet worden. Es ist unser Glück, dass er den Elbenzauber fürchtet und deshalb nie sehr nahe herankommt."
Auf einmal schob sich ein riesiger Drache in ihr Blickfeld. Sie konnten seinen schuppigen Körper durch das Blätterdach vereinzelt sehen. Entsetzt über diesen Anblick, achtete Fé für einen Wimpernschlag nicht auf Melan, der vor Angst schnaubte und mit ihr durchging. Er floh nach Norden tiefer in den Wald hinein.
Nell versuchte zu folgen, doch Melan schlug waghalsige Wege zwischen den dicht wachsenden Bäumen ein und so fiel sie immer weiter zurück.
+++++++
Bald hörte Fé nur noch Nells Rufen. Doch auch das verhallte bald zwischen den hohen Baumstämmen. Verzweifelt klammerte sich Fé am Hals des Hengstes fest. Panik überfiel sie, schnürte ihr die Kehle zu und ließ ihre Schreie stumm bleiben. Wenn sie an das letzte Mal dachte, als sie allein im Düsterwald war, lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Inständig betete sie zu den Ainur, dass es auf dieser Seite des Waldflusses keine Ungols geben möge.
Den Kopf senkend, um den ihr entgegenschlagenden Ästen auszuweichen, spürte sie, wie Tränen ihre Wangen nässten. Verärgert fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Augen. Das half jetzt auch nichts.
Sie besann sich ihrer Fähigkeiten als Reiterin. Beruhigend begann sie auf das Pferd unter ihr einzureden "Avo gorgi sgiathatch, Melan. Peleth na vanwa.***" Der Rappe trug sie jedoch noch um einiges weiter in den Wald hinein, bevor er endlich auf einer Lichtung zum Stehen kam.
Erleichtert saß Fé ab. Sie streichelt sanft die Blässe des Pferdes, damit er zur Ruhe kam. Nachdem sie dann die Zügel an einen Ast gebunden hatte, musste sie sich erst einmal hinsetzen. Als die Anspannung nachließ, begann sie zu zittern und es brauchte eine Weile, bis sie sich wieder im Griff hatte.
Fé sah in den Himmel und stellte erstaunt fest, dass der Nachmittag noch nicht allzu weit fortgeschritten war. Vielleicht würde sie noch rechtzeitig eine Weg zurückfinden, bevor es dunkel wurde. Eine weitere Nacht hier draußen wollte sie nicht einfach hinnehmen.
Sie versuchte , sich zu orientieren. In einiger Entfernung hörte sie rauschendes Wasser. War das etwa der Waldfluss; das wäre zu schön, um wahr zu sein. Sie band Melan los und führte ihn am Zügel in Richtung des Geräusches. Doch als sie die Quelle dessen fand, war sie enttäuscht. Der kleine See, der von einem Wasserfall genährt wurde, war zwar ein sehr schöner Ort unter Mittelerdes Sonne, doch im Moment hatte sie keine Augen dafür. Alles, was sie jetzt mit Sicherheit wusste, war, dass sie nicht wusste wo sie war.
Melan strebte zum Wasser. Féathila ließ ihn gewähren. Sie selbst ließ sich seufzend auf einen der Felsen nieder, die das kristallklare wasser einrahmten. Während sie sich dort ausruhte, besah sie sich die Szenerie genauer.
Um das Gewässer herum standen hohe, schlanke Bäume, deren Äste es teilweise überragten. Nur in der Mitte war ein Durchlass für das Sonnenlicht freigeblieben, dessen Reflexionen glitzernd auf dem Wasser tanzten und den Wasserfall wie fließendes Gold erschienen ließen. Die durchscheinenden Blätter des Laubdaches tauchten gesamte Lichtung mit Hilfe Anars in ein angenehm grünes Licht. Wäre ihre Situation nicht so verloren gewesen, hätte sie diesen Anblick sehr genossen.
Sie streckte sich auf dem Fels aus und ihre Arme umschlangen seinen höchsten Punkt. Unerwartet stieß sie dabei auf etwas Weiches. Mit beiden Händen umfasste sie es und zog ihre arme zurück. Erstaunt stellte sie fest, dass sie nun in der einen Hand eine Hose und in der anderen ein Leinenhemd hielt. Stirnrunzelnd betrachtete sie die beiden Kleidungsstücke. Sie blickte um den Felsen herum und sah dort weitere Wäschestücke. Auf dem Boden lag ein paar Schuhe.
Ihre Augen wurden groß, als sie sich im klaren darüber war, was das zu bedeuten hatte. Irgendwo in der Nähe musste sich jemand aufhalten - ein Elb wahrscheinlich, wer würde sonst in dieser Region Düsterwalds anzutreffen sein. Außerdem war er - nackt wahrscheinlich, wie konnte es sonst sein, dass sie seine Kleidung in der Hand hielt. Aber es bedeutete auch, dass sie diesen jemand nach dem Weg fragen konnte.
Vorsichtig und möglichst unauffällig sah Fé sich suchend um. Ihr Blick blieb schließlich am Wasserfall heften, als sie dort eine Bewegung wahrnahm. Sie kniff die Augen zusammen. Tatsächlich, dort war jemand notdürftig verborgen durch den Schleier des herabfallenden Wassers.
Schnell blickte sie in eine andere Richtung. Schließlich verlangte das der Anstand. Jedoch machten sich ihre Augen selbstständig und wanderten wieder langsam zurück zum Wasserfall. Dort stand jemand mit dem Rücken zu ihr und ihr elbischer Blick erlaubte ihr, diesen jemand näher zu betrachten. Versonnen suchte sich ihr Blick einen Weg über kräftige Schultern bis zu den schlanken, aber dennoch muskulösen Beinen. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und lange, blonde Haare fielen den Rücken hinab. Sie lenkten den Blick geradezu auf... Nein, ermahnte sich Fé. Das ging jetzt doch zu weit. Immerhin hatte sie heute morgen erst eine ähnliche Erfahrung machen müssen und ihre Ohren wurden jetzt noch ganz heiß davon. Sie wandte sich ab.
Einen Moment später hörte sie, wie er in das Wasser des Sees eintauchte. Zumindest hoffte sie das. Langsam drehte sie ihren Kopf in Richtung Wasserfall. Niemand war zu sehen. Merkwürdig, war es eine Halluzination gewesen. Sie lehnte sich nach vorn, um noch besser sehen zu können.
"Verzeiht, Mylady." Fé fuhr erschreckt hoch und ruderte wild mit den Armen. Nur mit Mühe gelang es ihr nicht ins Wasser zu fallen. Ein Kopf war links von ihr aufgetaucht. Damit war also die Frage geklärt, ob es eine Halluzination gewesen war. Verstohlen blickte sie zu ihm hinüber. Seine Arme bewegten sich elegant durchs Wasser, um Auftrieb zu gewinnen. Sie dachte darüber nach, den Blick noch weiter hinunter in das glasklare Wasser schweifen zu lassen. Nur ganz kurz. Doch ihr restliches Fünkchen Anstand zwang sie dazu ihren Blick hinaufwandern zu lassen.
Forschend betrachtete sie sein Gesicht - und war erneut kurz davor, ins Wasser zu fallen. Sie lief purpurrot an. Das war doch tatsächlich der Elb, der sie heute morgen nur von einem Handtuch notdürftig bedeckt im Krankenzimmer überrascht hatte.
Auch er musste sie wiedererkannt haben, denn sein Gesichtsausdruck wechselte ständig zwischen Erstaunen und Verlegenheit. Außerdem liefen seine Ohren rot an, was sie trotz der prekären Lage irgendwie sehr süß fand. Oh, bei Eru, sie hatte gedacht, diese Lebensphase, in der man alles süß findet hinter sich gelassen zu haben.
"Verzeiht", wiederholte er nach einer kurzen, jedoch prägnanten und äußerst peinlichen Pause, "Ihr wärt nicht zufällig so liebenswürdig, mir meine Sachen wiederzugeben, damit ich wenigstens einen letzten erbärmlichen Rest meiner Elbenwürde retten kann?"
Verblüfft starrte sie ihn an. Seine Sachen? Dann wurde ihr gegenwärtig, dass sie noch immer sein Hemd und seine Hose in den Händen hielt. "Na...Natürlich", stotterte sie, legte unbeholfen die Sachen zurück an den Ort, wo sie vorher gelegen hatten, und drehte sich um, damit er aus dem Wasser kommen konnte.
Verlegen starrte sie auf ihre Hände. Die Blamage von heute morgen ließ sich also noch steigern. Wer hätte das erwartet? Sie hörte, wie er aus dem Wasser stieg, und danach das Rascheln des Kleiderstoffes.
"Welche...mhmh...welche Umstände lassen Euch allein hier draußen verweilen?"
Überrascht von seiner Frage drehte sie sich um und hatte vergessen, dass er sich gerade anzog. "Ich...oh, verzeiht..." hastig drehte sie sich wieder zurück.
"Es ist schon in Ordnung", erklang seine Stimme hinter ihr, "Ich bin so gut wie fertig." Erleichtert drehte sie sich um und sah, dass er nur Hemd und Tunika noch nicht übergestreift hatte.
Sie musste ihn wohl zu lange angestarrt haben. "Es freut mich, dass mein Anblick Euch nicht in Panik davon laufen lässt", bemerkte er mit einem zaghaften Lächeln.
Erneut fiel sie fast vom Felsen. "Was?...äh...ich meine: Wie bitte?"
"Ich entnahm Erleichterung aus Eurem Verhalten", aus dem Lächeln wurde ein Grinsen, "Ich bin sehr froh, dass die ausführliche Betrachtung meines Körperbaus Euch keinen Anlass gab, auf der Stelle zu flüchten."
Also...was sollte sie denn jetzt darauf erwidern? War die Situation nicht schon schlimm genug? Musste er sie auch noch mit solchen Bemerkungen noch verlegener machen.
"Nein, ich meine...es gibt nichts, was ich zu beanstanden habe", sie befürchtete, sie hatte das jetzt laut gesagt. Bei den Valar, was gab sie nur für einen Unsinn von sich. Sie versuchte sich zu retten: "Soweit ich das beurteilen kann, sind die Proportionen sehr ordentlich."
Er zog die Augenbrauen hoch und blickte an sich hinunter. "Danke, es ist von Vorteil, das zu wissen." Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen, als sie erkannte, dass ihre letzte Bemerkung falsch verstanden werden konnte.
"Nein, nein", beeilte sie sich zu sagen, "Das meinte ich nicht...obwohl...es bestimmt dort auch nichts..." Ihre Ohren erhitzten sich immer mehr und wurden immer röter, während sein Grinsen immer breiter. Er schien das Ganze auch noch zu genießen. "Ich sollte vermutlich am besten meinen Mund halten", resignierte sie missmutig. Sie legte die Hände in den Schoß, senkte den Kopf und betete, dass das Hitzegefühl bald nachlassen würde, sonst könnte sie in relativ kurzer Zeit der Sonne Konkurrenz machen.
"Vielleicht hilft es Euch, wenn ihr Euch erinnert, dass auch ich nicht vor Schreck sofort bei Eurem Anblick das Weite gesucht habe."
Fragend blickte sie zu ihm auf und legte den Kopf schief. "Heute morgen", fügte er hinzu.
"Oh", entfuhr es ihr und sie senkte ihr Haupt. Nein, eigentlich half es nichts. Es machte es bei genauerer Betrachtung nur noch schlimmer. Obwohl sie sich ein klitzekleines Bisschen geschmeichelt fühlte. "Danke - vermutlich."
Ihre Augen verfolgten seine Bewegungen und beobachteten, wie er sein Hemd anzog. "Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet?", begann er von Neuem.
"Welche Frage?"
"Was Ihr allein hier draußen macht?"
Dankbar für dieses unverfängliche Thema, plapperte sie drauflos: "Naja, wir wollten ausreiten und dann kam der Drache..."
"Smaug?", unterbrach er sie.
Sie nickte und fuhr fort: "Bei seinem Anblick ist der gute Melan dort drüben" - sie wies auf das nun grasende Pferd - "so verängstigt gewesen, dass er geflüchtet ist, unglücklicherweise mit mir auf dem Rücken. Irgendwann hab ich ihn beruhigen können und er hat in der Nähe angehalten. Ich hörte das Rauschen des Wassers und bin dem Geräusch nachgegangen und so sind wir hier gelandet."
Melkor noch mal, was stammelte sie nur so. Sie hörte sich an wie ein Siebzehnjährige, die Rede und Antwort stehen musste, weil sie etwas angestellt hatte.
"Da fällt mir ein", fuhr sie in einem Fluss fort, "Könnt Ihr mir sagen, wie ich zum Waldschloss zurückkomme?"
"Das ist ganz einfach", erklärte er, "Dort drüben" - er deutete auf ein Stelle des Sees, an der dieser keine Felseinfassung besaß - "läuft der See in ein einen Bach aus. Er mündet nicht weit von hier in den Waldfluss. Dem müsst ihr dann nur noch mit der Sonne im Rücken folgen, dann könnt ihr es gar nicht verfehlen."
"Habt Dank, Ihr seid mein Retter", spontan gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. Und lief gleich darauf wieder rot an. "Verzeiht, ich habe nicht nachgedacht", sie verspürte das dringende Bedürfnis sich ein tiefes, sehr tiefes Loch zu graben, um darin zu verschwinden.
"Es gibt nichts zu verzeihen", sagte er, "Der Kuss einer so hübschen Elbin ist keinesfalls bedauernswert."
Sie war hin- und hergerissen zwischen geschmeichelter Verlegenheit und Empörtheit darüber, dass er sich anscheinend über sie amüsierte.
"Ihr macht Euch lustig über mich", schnappte sie beleidigt, während sie zu Melan hinüberging und ihn am Zügel nahm.
"Wie könnte ich", fragte er gespielt erstaunt. Der Elb saß jetzt lässig auf dem Felsen, auf dem sie vorher Platz genommen hatte. "Soll ich Euch auf dem Rückweg begleiten? Nur für den Fall..."
Sie funkelte ihn böse an und unterbrach ihn barsch: "Nein, vielen Dank. Das schaffe ich schon allein."
Abwehrend hob er die Hände: "Es tut mir leid. Ich hatte nicht die Absicht Euch auf irgendeine erdenkliche Art zu kränken. Ich dachte nur, vielleicht ist es für eine Frau zu gefährlich..."
Sie verdrehte die Augen. In Iluvatars Namen, warum spielten sich die männlichen Abkömmlinge ihres Volkes nur immer so auf. Dieser Elb klang ja fast schon wie Féagil.
"Nein. Vielen. Dank. Ich komme auch ohne Eure Hilfe zurecht. Komm Melan."
Das Pferd hinter sich herziehend und mit stolz erhobenem Kopf stapfte sie davon. Dieser Elb.... Sie drehte sich noch einmal um.
Er winkte ihr zu: "Auf Wiedersehen." Sie wandte sich wieder in Laufrichtung. "Auf das unser nächstes Treffen im bekleideten Zustand stattfindet." Sie blieb kurz stehen. Dann atmete sie tief durch und marschierte weiter. Sie hob den Kopf noch ein wenig höher. Frechheit. Es müsste ihretwegen überhaupt nicht stattfinden. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen. Zähle bis zehn. Zähle...
WUMM.
Sie fiel nach hinten.
Bei Eru, das konnte doch jetzt nicht passiert sein. "Ist Euch etwas passiert?", hörte sie seine näher kommende Stimme. Das durfte jetzt nicht passiert sein. Sie spürte eine zaghafte Berührung an der Schulter. "Geht es Euch gut?" Sie durfte jetzt einfach nicht gegen einen Baum gelaufen sein. Tief durchatmend öffnete sie Augen. Sie war gegen einen Baum gelaufen.
"Ist alles in Ordnung?", seine Stimme klang ehrlich besorgt.
Sie rieb sich ihre schmerzende Stirn. "Wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass ich in den letzten zwei Tagen bereits dreimal unfreiwillig mit diversen Objekten kollidiert bin und davon die letzten beiden Male in den letzten zwölf Stunden, und nachdem ersten Mal im Krankenzimmer wieder aufgewacht bin, dann schon. Ansonsten muss ich Euch leider enttäuschen und sagen, dass es mir ganz und gar nicht gut geht."
Sein Gesicht schob sich in ihr Blickfeld. "Wie erfreulich! Ich befürchtete schon, es hat Euch Euer temperamentvolles Mundwerk verschlagen."
Sie hob ihren Arm und schob ihn beiseite. "Ich werde jetzt einfach so tun, als hättet Ihr das gerade nicht gesagt und wir gehen beide unsere eigenen Wege."
Umständlich versuchte sie aufzustehen. "Kommt, ich helfe Euch", bot er an und schickte sich an, ihr aufzuhelfen. Doch der Anflug eines Lachens, das er nicht verbergen konnte, ließ sie wieder aufbrausen. "Ich brauche Eure Hilfe nicht", meinte sie schnippisch und versuchte sich loszumachen. Prompt fiel sie erneut auf den Erdboden. Das war heut einfach nicht ihr tag, Nein, ganz bestimmt nicht.
Schweigend und mit ausdruckslosem Gesicht nahm sie seine hand, damit er ihr aufhelfen konnte.
"Soll ich Euer Pferd halten?", fragte er weiter.
"Danke, aber das kann ich nun wirklich allein." Elegant schwang sie sich auf Melans Rücken und funkelte ihn triumphierend an.
"Ich wünsche Euch noch einen wunderschönen Tag", ihre Stimme war zuckersüß.
"Was ich natürlich in aller Form erwidere, Mylady", ließ er seinen Charme sprühen.
Sie warf ihm einen letzten zweifelnden Blick zu und trieb ihr Pferd an.
Legolas blieb kopfschüttelnd und mit einem Grinsen zurück. Das war also das Mädchen gewesen, das ihm vor zwei Nächten ins Pferd gelaufen war. Wahrhaftig, eine solche Elbe hatte er noch nie getroffen. Ein wenig mitleidsvoll zog er eine Augenbraue nach oben. Sie schien ja das Pech geradezu anzuziehen.
Wenigstens hatte sie ihn von seinen düsteren Gedanken abgelenkt, über die sich Klarheit zu verschaffen, er hierher gekommen war. Hierhin kam er immer, wenn er nachdenken musste. Und bis jetzt hatte ihn auch noch niemand hier entdeckt.
Aber wenn es wahr war, was er für die Bedeutung seines Traumes hielt, dann musste er mit seinem Vater darüber sprechen. Das lidlose Auge erschien ja nicht ohne Grund. Wenn es wirklich Sauron selbst war, der sich in Dol Guldur eingenistet hatte, war er bereits wieder so mächtig geworden, dass er mit seinem Blick die Schranken seines Volkes durchdringen konnte. Und das verhieß nichts Gutes.
Er würde noch eine Nacht über seinen Gedanken schlafen und sich dann morgen mit seinem Vater darüber beraten. Im Moment brachte ihm hastiges Handeln gar nichts.
Er rief sein Pferd zu sich und schwang sich auf dessen unbesattelten Rücken. "Der Rückweg etwas gemächlicher, Ithilos, wir wollen noch ein wenig die Ruhe des Waldes genießen."
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*Meine Hoffnung schwindet. **Gib nicht auf! ***Fürchte nicht den Drachen, Melan. Die Gefahr ist vorüber.
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Notes: So. Wieder ein Chap fertsch. Tja, ja. Gleichberechtigung muss schon sein. Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit. Außerdem hat's bei unserm Legolaschen endlich mal klick jemacht. Obwohl er ja immer noch nicht genau weiß, wer sie ist. Naja, sie von ihm ja auch nich, wobei wir wieder bei der ausgleichenden Gerechtigkeit wären. *hi* Ja, diese Wortgefechte machen mir sehr viel Freude. Euch hoffentlich auch. Falls nicht, siehe oben. Also bei Anregungen, Kritik (ob laut oder leise) oder vielleicht sogar Lob: Reviewn, reviewn, reviewn. Und falls es irgendwo dort draußen außer der Wahrheit auch noch Leute gibt, die sich mein Schriebsel durchlesen und keine Review dalassen, muss ich sagen: Schämt euch. Ich hoffe ihr habt wenigstens ein schlechtes Gewissen. Aber auch das kann behoben werden. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole und euch furchtbar auf die Nerven gehe: REVIEWN!!!! Danke für die Aufmerksamkeit. Bis zum nächsten Chap.
Hallihallo, da bin ich mal wieder. Viele, liebe Grüßlein an alle, die das hier noch weiterlesen.
@ Nilli: Danke fürs Dranbleiben und viele reviewn. Solche Leute braucht der Schreiberling. Den "Medizintrank" gibt's später *g*. Hoffe es gefällt dir und den anderen auch weiterhin.
Wenn nicht: Hey Leutz, da ist eine Review fällig, würdsch ma meine.
@ Arwen: Falls du noch weiter liest: Hab Mail bekommen, und würde dem Angebot gern nachkommen, aber mein Browser streikt irgendwie bei eurer Site. Hoffe ich krieg das Problem demnächst in den Griff *beäugt kritisch und flehend den Computer*
Für alle: Bin gespannt auf eure Meinung zum Chap. Also: Reviewn!!!! Und nu viel Spaß.
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Kapitel 6
"Fé, wenn du dich selbst betrachten könntest, würdest du mir zustimmen, dass du dich beruhigen solltest." Unruhig rutschte Nell auf der Bank im Pavillon hin und her, die Nervosität ihrer neuen Freundin hatte sich auf sie übertragen. Die Prinzessin hatte gehofft, das Wasser würde eine beschwichtigende Wirkung haben. Die Rechnung war nicht aufgegangen. Statt dessen fuhr Fé nun hier fort Gräben in den Boden zu laufen wie ein wildes Tier im Käfig.
"Ich kann mich nicht hinsetzen, solange ich nicht sicher sein kann, dass es ihm gut geht. Müsste die Grenzwache ihn nicht schon längst gefunden haben." Die Sorge um ihren Bruder grub sich noch tiefer in die Mimik Féathilas und Mitleid überschwemmte Nells Herz. Als Legolas das erste Mal verschwunden war, hatte sie das gleiche durchlitten.
"Gibt es denn gar nichts, was dich ablenken könnte?"
Fé schüttelte den Kopf. Nell konnte sehen, dass sie mittlerweile mit den Tränen zu kämpfen hatte. "Estelamin wânn*", brachte Féathila mit zusammengesunkenen Schultern hervor.
"Avo awartho!**" Dann plötzlich hatte sie eine Idee. Das hatte ihr auch oft geholfen, es kühlte das Gemüt ab. "Das kann ich nicht mehr lange mit ansehen. Komm mit."
Nell sprang auf und lief einige Schritte voraus auf den schmalen Gartenweg.
Fé hörte auf herumzutigern und sah erstaunt auf. "Wohin gehst du?"
"Nicht ich - wir. Bevor wir beide hier tatenlos in verzweifelte Tränen ausbrechen, werden wir jetzt einen Ausritt machen. Du wirst sehen, es funktioniert. Du kannst doch reiten?" Sie ging zurück, nahm Fé bei der Hand und zog sie mit sich.
"Schon, aber ich kann doch jetzt unmöglich ausreiten, während Féagil...", begann die Überrumpelte zu protestieren.
Nell schnitt ihr das Wort ab: "Es hilft ihm nichts, wenn du hier vor dich hin grübelst. Glaub mir, ich habe Erfahrung darin." Ihre bestimmten Worte duldeten keinen Widerspruch mehr und ließen Fé ihre nächste Bemerkung herunterschlucken.
Im von der Mittagssonne durchfluteten Hof angekommen betraten die beiden Elbinnen eines der Nebengebäude, das sich als Pferdestall herausstellte. Nell winkte einen der Stallburschen zu sich.
"Sattelt bitte Ithilai und Melan." Der Stallbursche nickte und wandte sich um.
"Ähm...", meldete sich Féathila zögernd zu Wort, "Ich reite immer ohne Sattel. Das ist also nicht notwendig."
Nell zog überrascht eine Augenbraue hoch. Außer ihrem Bruder kannte sie nur wenige Elben, die auf diese Weise reiteten. Sie bedeutete dem Stallburschen dem Folge zu leisten. Dieser verschwand im hinteren Teil der Stallungen.
"Wie kommt es, dass du ohne Sattel reitest?", wandte sie sich an Fé.
Diese lächelte: "Nun, ich habe es so gelernt. Außerdem bin ich immer der Meinung, dass es so auch für die Pferde bequemer ist."
Ihre Unterhaltung wurde unterbrochen, als der Stallbursche mit einem schneeweißen Pferd zurückkehrte. Hinter ihm folgte ein weiterer Gehilfe, der einen Hengst mit glänzend schwarzem Fell führte.
"Das ist mein Pferd Ithilai." Stolz fuhr sie dem weißen Hengst durch die Mähne. "Und dieser Gute hier heißt Melan." Sie reichte Fé die Zügel des Rappen.
"Eigentlich benutze ich auch nicht gerne Zaumzeug", meinte dies, "Aber ich denke, bei einem fremden Pferd ist es wohl ratsam, Zügel zur Hilfe zu nehmen."
"Normalerweise ist Melan leicht zu führen, allerdings ist er manchmal etwas nervös", erklärte die bereits im Sattel sitzende Düsterwald-Prinzessin, "deshalb denke ich auch, dass du sie besser in Anspruch nehmen solltest."
Währenddessen war Fé elegant auf den Rücken des Pferdes geglitten. Gemächlich liefen die Pferde über den Schlosshof und durch das große Tor. Schweigend ritten die beiden Frauen einige Zeit nebeneinander her und genossen die ruhige Atmosphäre diesseits des Flusses.
"Du besitzt die gleichen seltsamen Gewohnheiten, was das Geschirr der Pferde betrifft wie mein Bruder", bemerkte Nell und brach damit die Stille, die nur vom gelegentlichen Plätschern des Flusses und dem Gesang einiger weniger Vögel, die hier noch hausten, begleitet wurde.
Fé lächelte: "Und ich habe noch nie ein so strahlend weißes Pferd gesehen."
"Ja, Ithilai ist mein ganzer Stolz. Sein Bruder Ithilos ist das Reittier meines Bruders und steht ihm in der Färbung des Felles um nichts nach. Die beiden waren übrigens ein Geschenk deiner Tante zu unseren jeweiligen Geburtstagen vor drei Jahren."
"Zufälle gibt es. Es grenzt fast an ein Wunder, dass ich noch nicht früher von dir und deinem Bruder gehört habe. Wohin reiten wir eigentlich?"
"Das ist mein Weg, den ich immer nehme, wenn ich mich ablenken will. Ich finde die Umgebung hier sehr entspannend."
Sie ritten weiter am Fluss entlang und unterhielten sich angeregt. Doch von einem Moment auf den nächsten wurden die Pferde unruhig. Sie begannen zu tänzeln und warfen die Köpfe zurück. Die beiden Elbinnen hatten Mühe sie zu halten. Als ein dunkler, langgezogener Schatten auf den Weg fiel, stöhnte Nell auf: "Smaug? Aber er ist doch schon seit einem halben Jahrhundert nicht mehr hier gesichtet worden. Es ist unser Glück, dass er den Elbenzauber fürchtet und deshalb nie sehr nahe herankommt."
Auf einmal schob sich ein riesiger Drache in ihr Blickfeld. Sie konnten seinen schuppigen Körper durch das Blätterdach vereinzelt sehen. Entsetzt über diesen Anblick, achtete Fé für einen Wimpernschlag nicht auf Melan, der vor Angst schnaubte und mit ihr durchging. Er floh nach Norden tiefer in den Wald hinein.
Nell versuchte zu folgen, doch Melan schlug waghalsige Wege zwischen den dicht wachsenden Bäumen ein und so fiel sie immer weiter zurück.
+++++++
Bald hörte Fé nur noch Nells Rufen. Doch auch das verhallte bald zwischen den hohen Baumstämmen. Verzweifelt klammerte sich Fé am Hals des Hengstes fest. Panik überfiel sie, schnürte ihr die Kehle zu und ließ ihre Schreie stumm bleiben. Wenn sie an das letzte Mal dachte, als sie allein im Düsterwald war, lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Inständig betete sie zu den Ainur, dass es auf dieser Seite des Waldflusses keine Ungols geben möge.
Den Kopf senkend, um den ihr entgegenschlagenden Ästen auszuweichen, spürte sie, wie Tränen ihre Wangen nässten. Verärgert fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Augen. Das half jetzt auch nichts.
Sie besann sich ihrer Fähigkeiten als Reiterin. Beruhigend begann sie auf das Pferd unter ihr einzureden "Avo gorgi sgiathatch, Melan. Peleth na vanwa.***" Der Rappe trug sie jedoch noch um einiges weiter in den Wald hinein, bevor er endlich auf einer Lichtung zum Stehen kam.
Erleichtert saß Fé ab. Sie streichelt sanft die Blässe des Pferdes, damit er zur Ruhe kam. Nachdem sie dann die Zügel an einen Ast gebunden hatte, musste sie sich erst einmal hinsetzen. Als die Anspannung nachließ, begann sie zu zittern und es brauchte eine Weile, bis sie sich wieder im Griff hatte.
Fé sah in den Himmel und stellte erstaunt fest, dass der Nachmittag noch nicht allzu weit fortgeschritten war. Vielleicht würde sie noch rechtzeitig eine Weg zurückfinden, bevor es dunkel wurde. Eine weitere Nacht hier draußen wollte sie nicht einfach hinnehmen.
Sie versuchte , sich zu orientieren. In einiger Entfernung hörte sie rauschendes Wasser. War das etwa der Waldfluss; das wäre zu schön, um wahr zu sein. Sie band Melan los und führte ihn am Zügel in Richtung des Geräusches. Doch als sie die Quelle dessen fand, war sie enttäuscht. Der kleine See, der von einem Wasserfall genährt wurde, war zwar ein sehr schöner Ort unter Mittelerdes Sonne, doch im Moment hatte sie keine Augen dafür. Alles, was sie jetzt mit Sicherheit wusste, war, dass sie nicht wusste wo sie war.
Melan strebte zum Wasser. Féathila ließ ihn gewähren. Sie selbst ließ sich seufzend auf einen der Felsen nieder, die das kristallklare wasser einrahmten. Während sie sich dort ausruhte, besah sie sich die Szenerie genauer.
Um das Gewässer herum standen hohe, schlanke Bäume, deren Äste es teilweise überragten. Nur in der Mitte war ein Durchlass für das Sonnenlicht freigeblieben, dessen Reflexionen glitzernd auf dem Wasser tanzten und den Wasserfall wie fließendes Gold erschienen ließen. Die durchscheinenden Blätter des Laubdaches tauchten gesamte Lichtung mit Hilfe Anars in ein angenehm grünes Licht. Wäre ihre Situation nicht so verloren gewesen, hätte sie diesen Anblick sehr genossen.
Sie streckte sich auf dem Fels aus und ihre Arme umschlangen seinen höchsten Punkt. Unerwartet stieß sie dabei auf etwas Weiches. Mit beiden Händen umfasste sie es und zog ihre arme zurück. Erstaunt stellte sie fest, dass sie nun in der einen Hand eine Hose und in der anderen ein Leinenhemd hielt. Stirnrunzelnd betrachtete sie die beiden Kleidungsstücke. Sie blickte um den Felsen herum und sah dort weitere Wäschestücke. Auf dem Boden lag ein paar Schuhe.
Ihre Augen wurden groß, als sie sich im klaren darüber war, was das zu bedeuten hatte. Irgendwo in der Nähe musste sich jemand aufhalten - ein Elb wahrscheinlich, wer würde sonst in dieser Region Düsterwalds anzutreffen sein. Außerdem war er - nackt wahrscheinlich, wie konnte es sonst sein, dass sie seine Kleidung in der Hand hielt. Aber es bedeutete auch, dass sie diesen jemand nach dem Weg fragen konnte.
Vorsichtig und möglichst unauffällig sah Fé sich suchend um. Ihr Blick blieb schließlich am Wasserfall heften, als sie dort eine Bewegung wahrnahm. Sie kniff die Augen zusammen. Tatsächlich, dort war jemand notdürftig verborgen durch den Schleier des herabfallenden Wassers.
Schnell blickte sie in eine andere Richtung. Schließlich verlangte das der Anstand. Jedoch machten sich ihre Augen selbstständig und wanderten wieder langsam zurück zum Wasserfall. Dort stand jemand mit dem Rücken zu ihr und ihr elbischer Blick erlaubte ihr, diesen jemand näher zu betrachten. Versonnen suchte sich ihr Blick einen Weg über kräftige Schultern bis zu den schlanken, aber dennoch muskulösen Beinen. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und lange, blonde Haare fielen den Rücken hinab. Sie lenkten den Blick geradezu auf... Nein, ermahnte sich Fé. Das ging jetzt doch zu weit. Immerhin hatte sie heute morgen erst eine ähnliche Erfahrung machen müssen und ihre Ohren wurden jetzt noch ganz heiß davon. Sie wandte sich ab.
Einen Moment später hörte sie, wie er in das Wasser des Sees eintauchte. Zumindest hoffte sie das. Langsam drehte sie ihren Kopf in Richtung Wasserfall. Niemand war zu sehen. Merkwürdig, war es eine Halluzination gewesen. Sie lehnte sich nach vorn, um noch besser sehen zu können.
"Verzeiht, Mylady." Fé fuhr erschreckt hoch und ruderte wild mit den Armen. Nur mit Mühe gelang es ihr nicht ins Wasser zu fallen. Ein Kopf war links von ihr aufgetaucht. Damit war also die Frage geklärt, ob es eine Halluzination gewesen war. Verstohlen blickte sie zu ihm hinüber. Seine Arme bewegten sich elegant durchs Wasser, um Auftrieb zu gewinnen. Sie dachte darüber nach, den Blick noch weiter hinunter in das glasklare Wasser schweifen zu lassen. Nur ganz kurz. Doch ihr restliches Fünkchen Anstand zwang sie dazu ihren Blick hinaufwandern zu lassen.
Forschend betrachtete sie sein Gesicht - und war erneut kurz davor, ins Wasser zu fallen. Sie lief purpurrot an. Das war doch tatsächlich der Elb, der sie heute morgen nur von einem Handtuch notdürftig bedeckt im Krankenzimmer überrascht hatte.
Auch er musste sie wiedererkannt haben, denn sein Gesichtsausdruck wechselte ständig zwischen Erstaunen und Verlegenheit. Außerdem liefen seine Ohren rot an, was sie trotz der prekären Lage irgendwie sehr süß fand. Oh, bei Eru, sie hatte gedacht, diese Lebensphase, in der man alles süß findet hinter sich gelassen zu haben.
"Verzeiht", wiederholte er nach einer kurzen, jedoch prägnanten und äußerst peinlichen Pause, "Ihr wärt nicht zufällig so liebenswürdig, mir meine Sachen wiederzugeben, damit ich wenigstens einen letzten erbärmlichen Rest meiner Elbenwürde retten kann?"
Verblüfft starrte sie ihn an. Seine Sachen? Dann wurde ihr gegenwärtig, dass sie noch immer sein Hemd und seine Hose in den Händen hielt. "Na...Natürlich", stotterte sie, legte unbeholfen die Sachen zurück an den Ort, wo sie vorher gelegen hatten, und drehte sich um, damit er aus dem Wasser kommen konnte.
Verlegen starrte sie auf ihre Hände. Die Blamage von heute morgen ließ sich also noch steigern. Wer hätte das erwartet? Sie hörte, wie er aus dem Wasser stieg, und danach das Rascheln des Kleiderstoffes.
"Welche...mhmh...welche Umstände lassen Euch allein hier draußen verweilen?"
Überrascht von seiner Frage drehte sie sich um und hatte vergessen, dass er sich gerade anzog. "Ich...oh, verzeiht..." hastig drehte sie sich wieder zurück.
"Es ist schon in Ordnung", erklang seine Stimme hinter ihr, "Ich bin so gut wie fertig." Erleichtert drehte sie sich um und sah, dass er nur Hemd und Tunika noch nicht übergestreift hatte.
Sie musste ihn wohl zu lange angestarrt haben. "Es freut mich, dass mein Anblick Euch nicht in Panik davon laufen lässt", bemerkte er mit einem zaghaften Lächeln.
Erneut fiel sie fast vom Felsen. "Was?...äh...ich meine: Wie bitte?"
"Ich entnahm Erleichterung aus Eurem Verhalten", aus dem Lächeln wurde ein Grinsen, "Ich bin sehr froh, dass die ausführliche Betrachtung meines Körperbaus Euch keinen Anlass gab, auf der Stelle zu flüchten."
Also...was sollte sie denn jetzt darauf erwidern? War die Situation nicht schon schlimm genug? Musste er sie auch noch mit solchen Bemerkungen noch verlegener machen.
"Nein, ich meine...es gibt nichts, was ich zu beanstanden habe", sie befürchtete, sie hatte das jetzt laut gesagt. Bei den Valar, was gab sie nur für einen Unsinn von sich. Sie versuchte sich zu retten: "Soweit ich das beurteilen kann, sind die Proportionen sehr ordentlich."
Er zog die Augenbrauen hoch und blickte an sich hinunter. "Danke, es ist von Vorteil, das zu wissen." Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen, als sie erkannte, dass ihre letzte Bemerkung falsch verstanden werden konnte.
"Nein, nein", beeilte sie sich zu sagen, "Das meinte ich nicht...obwohl...es bestimmt dort auch nichts..." Ihre Ohren erhitzten sich immer mehr und wurden immer röter, während sein Grinsen immer breiter. Er schien das Ganze auch noch zu genießen. "Ich sollte vermutlich am besten meinen Mund halten", resignierte sie missmutig. Sie legte die Hände in den Schoß, senkte den Kopf und betete, dass das Hitzegefühl bald nachlassen würde, sonst könnte sie in relativ kurzer Zeit der Sonne Konkurrenz machen.
"Vielleicht hilft es Euch, wenn ihr Euch erinnert, dass auch ich nicht vor Schreck sofort bei Eurem Anblick das Weite gesucht habe."
Fragend blickte sie zu ihm auf und legte den Kopf schief. "Heute morgen", fügte er hinzu.
"Oh", entfuhr es ihr und sie senkte ihr Haupt. Nein, eigentlich half es nichts. Es machte es bei genauerer Betrachtung nur noch schlimmer. Obwohl sie sich ein klitzekleines Bisschen geschmeichelt fühlte. "Danke - vermutlich."
Ihre Augen verfolgten seine Bewegungen und beobachteten, wie er sein Hemd anzog. "Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet?", begann er von Neuem.
"Welche Frage?"
"Was Ihr allein hier draußen macht?"
Dankbar für dieses unverfängliche Thema, plapperte sie drauflos: "Naja, wir wollten ausreiten und dann kam der Drache..."
"Smaug?", unterbrach er sie.
Sie nickte und fuhr fort: "Bei seinem Anblick ist der gute Melan dort drüben" - sie wies auf das nun grasende Pferd - "so verängstigt gewesen, dass er geflüchtet ist, unglücklicherweise mit mir auf dem Rücken. Irgendwann hab ich ihn beruhigen können und er hat in der Nähe angehalten. Ich hörte das Rauschen des Wassers und bin dem Geräusch nachgegangen und so sind wir hier gelandet."
Melkor noch mal, was stammelte sie nur so. Sie hörte sich an wie ein Siebzehnjährige, die Rede und Antwort stehen musste, weil sie etwas angestellt hatte.
"Da fällt mir ein", fuhr sie in einem Fluss fort, "Könnt Ihr mir sagen, wie ich zum Waldschloss zurückkomme?"
"Das ist ganz einfach", erklärte er, "Dort drüben" - er deutete auf ein Stelle des Sees, an der dieser keine Felseinfassung besaß - "läuft der See in ein einen Bach aus. Er mündet nicht weit von hier in den Waldfluss. Dem müsst ihr dann nur noch mit der Sonne im Rücken folgen, dann könnt ihr es gar nicht verfehlen."
"Habt Dank, Ihr seid mein Retter", spontan gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. Und lief gleich darauf wieder rot an. "Verzeiht, ich habe nicht nachgedacht", sie verspürte das dringende Bedürfnis sich ein tiefes, sehr tiefes Loch zu graben, um darin zu verschwinden.
"Es gibt nichts zu verzeihen", sagte er, "Der Kuss einer so hübschen Elbin ist keinesfalls bedauernswert."
Sie war hin- und hergerissen zwischen geschmeichelter Verlegenheit und Empörtheit darüber, dass er sich anscheinend über sie amüsierte.
"Ihr macht Euch lustig über mich", schnappte sie beleidigt, während sie zu Melan hinüberging und ihn am Zügel nahm.
"Wie könnte ich", fragte er gespielt erstaunt. Der Elb saß jetzt lässig auf dem Felsen, auf dem sie vorher Platz genommen hatte. "Soll ich Euch auf dem Rückweg begleiten? Nur für den Fall..."
Sie funkelte ihn böse an und unterbrach ihn barsch: "Nein, vielen Dank. Das schaffe ich schon allein."
Abwehrend hob er die Hände: "Es tut mir leid. Ich hatte nicht die Absicht Euch auf irgendeine erdenkliche Art zu kränken. Ich dachte nur, vielleicht ist es für eine Frau zu gefährlich..."
Sie verdrehte die Augen. In Iluvatars Namen, warum spielten sich die männlichen Abkömmlinge ihres Volkes nur immer so auf. Dieser Elb klang ja fast schon wie Féagil.
"Nein. Vielen. Dank. Ich komme auch ohne Eure Hilfe zurecht. Komm Melan."
Das Pferd hinter sich herziehend und mit stolz erhobenem Kopf stapfte sie davon. Dieser Elb.... Sie drehte sich noch einmal um.
Er winkte ihr zu: "Auf Wiedersehen." Sie wandte sich wieder in Laufrichtung. "Auf das unser nächstes Treffen im bekleideten Zustand stattfindet." Sie blieb kurz stehen. Dann atmete sie tief durch und marschierte weiter. Sie hob den Kopf noch ein wenig höher. Frechheit. Es müsste ihretwegen überhaupt nicht stattfinden. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen. Zähle bis zehn. Zähle...
WUMM.
Sie fiel nach hinten.
Bei Eru, das konnte doch jetzt nicht passiert sein. "Ist Euch etwas passiert?", hörte sie seine näher kommende Stimme. Das durfte jetzt nicht passiert sein. Sie spürte eine zaghafte Berührung an der Schulter. "Geht es Euch gut?" Sie durfte jetzt einfach nicht gegen einen Baum gelaufen sein. Tief durchatmend öffnete sie Augen. Sie war gegen einen Baum gelaufen.
"Ist alles in Ordnung?", seine Stimme klang ehrlich besorgt.
Sie rieb sich ihre schmerzende Stirn. "Wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass ich in den letzten zwei Tagen bereits dreimal unfreiwillig mit diversen Objekten kollidiert bin und davon die letzten beiden Male in den letzten zwölf Stunden, und nachdem ersten Mal im Krankenzimmer wieder aufgewacht bin, dann schon. Ansonsten muss ich Euch leider enttäuschen und sagen, dass es mir ganz und gar nicht gut geht."
Sein Gesicht schob sich in ihr Blickfeld. "Wie erfreulich! Ich befürchtete schon, es hat Euch Euer temperamentvolles Mundwerk verschlagen."
Sie hob ihren Arm und schob ihn beiseite. "Ich werde jetzt einfach so tun, als hättet Ihr das gerade nicht gesagt und wir gehen beide unsere eigenen Wege."
Umständlich versuchte sie aufzustehen. "Kommt, ich helfe Euch", bot er an und schickte sich an, ihr aufzuhelfen. Doch der Anflug eines Lachens, das er nicht verbergen konnte, ließ sie wieder aufbrausen. "Ich brauche Eure Hilfe nicht", meinte sie schnippisch und versuchte sich loszumachen. Prompt fiel sie erneut auf den Erdboden. Das war heut einfach nicht ihr tag, Nein, ganz bestimmt nicht.
Schweigend und mit ausdruckslosem Gesicht nahm sie seine hand, damit er ihr aufhelfen konnte.
"Soll ich Euer Pferd halten?", fragte er weiter.
"Danke, aber das kann ich nun wirklich allein." Elegant schwang sie sich auf Melans Rücken und funkelte ihn triumphierend an.
"Ich wünsche Euch noch einen wunderschönen Tag", ihre Stimme war zuckersüß.
"Was ich natürlich in aller Form erwidere, Mylady", ließ er seinen Charme sprühen.
Sie warf ihm einen letzten zweifelnden Blick zu und trieb ihr Pferd an.
Legolas blieb kopfschüttelnd und mit einem Grinsen zurück. Das war also das Mädchen gewesen, das ihm vor zwei Nächten ins Pferd gelaufen war. Wahrhaftig, eine solche Elbe hatte er noch nie getroffen. Ein wenig mitleidsvoll zog er eine Augenbraue nach oben. Sie schien ja das Pech geradezu anzuziehen.
Wenigstens hatte sie ihn von seinen düsteren Gedanken abgelenkt, über die sich Klarheit zu verschaffen, er hierher gekommen war. Hierhin kam er immer, wenn er nachdenken musste. Und bis jetzt hatte ihn auch noch niemand hier entdeckt.
Aber wenn es wahr war, was er für die Bedeutung seines Traumes hielt, dann musste er mit seinem Vater darüber sprechen. Das lidlose Auge erschien ja nicht ohne Grund. Wenn es wirklich Sauron selbst war, der sich in Dol Guldur eingenistet hatte, war er bereits wieder so mächtig geworden, dass er mit seinem Blick die Schranken seines Volkes durchdringen konnte. Und das verhieß nichts Gutes.
Er würde noch eine Nacht über seinen Gedanken schlafen und sich dann morgen mit seinem Vater darüber beraten. Im Moment brachte ihm hastiges Handeln gar nichts.
Er rief sein Pferd zu sich und schwang sich auf dessen unbesattelten Rücken. "Der Rückweg etwas gemächlicher, Ithilos, wir wollen noch ein wenig die Ruhe des Waldes genießen."
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*Meine Hoffnung schwindet. **Gib nicht auf! ***Fürchte nicht den Drachen, Melan. Die Gefahr ist vorüber.
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Notes: So. Wieder ein Chap fertsch. Tja, ja. Gleichberechtigung muss schon sein. Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit. Außerdem hat's bei unserm Legolaschen endlich mal klick jemacht. Obwohl er ja immer noch nicht genau weiß, wer sie ist. Naja, sie von ihm ja auch nich, wobei wir wieder bei der ausgleichenden Gerechtigkeit wären. *hi* Ja, diese Wortgefechte machen mir sehr viel Freude. Euch hoffentlich auch. Falls nicht, siehe oben. Also bei Anregungen, Kritik (ob laut oder leise) oder vielleicht sogar Lob: Reviewn, reviewn, reviewn. Und falls es irgendwo dort draußen außer der Wahrheit auch noch Leute gibt, die sich mein Schriebsel durchlesen und keine Review dalassen, muss ich sagen: Schämt euch. Ich hoffe ihr habt wenigstens ein schlechtes Gewissen. Aber auch das kann behoben werden. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole und euch furchtbar auf die Nerven gehe: REVIEWN!!!! Danke für die Aufmerksamkeit. Bis zum nächsten Chap.
