Disclaimer: Juti. Alles was man schon aus einem dicken, genialen Buch
namens "Herr der Ringe" oder einem anderen Werk von Großmeister J. R. R.
Tolkien kennt, gehört nicht mir und ich verdiene mit dieser Story kein
Geld.
Hey Leutz, da binsch wieder. Tut mir leid, dass es diesmal so lange gedauert hat, aber wir haben im zweiten Halbjahr vorm Abi nur noch acht Wochen Schule und da haben sich sämtliche Lehrkörper dazu verschworen, schon vor Ende des ersten Halbjahres möglichst viel Tests zu schreiben. Es könnte ja sonst der Verdacht aufkommen, dass das Abi-Jahr nicht stressig wäre. Aber ab heute ham wir erstma Winterferien, deshalb könnte das nächste Chap schon a bisserl eher kommen. Auch wenn man uns diese hart verdiente Zeit auf eine Woche zusammengeschrumpft hat. *mpf* Weils aber so lang gebraucht hat, ist dieses Chap auch extra lang.
@Nilli: Danke für deine überschwängliche Review:) Baut mich immer wieder auf.
@Finda: Ich hab schon gedacht, du hast mich vergessen *traurig guck*. War deshalb sehr froh wieder was von dir zu hören. Wünsch dir ganz viel Glück bei den Prüfungen und hoffe, dass die die schon hinter dir liegen gut gelaufen sind. Ich zittere schon vor meinen. Hab aber noch Schonfrist bis zur ersten Maiwoche.
Natürlich auch vielen Dank an die anderen Reviewer. Hoffe Euch allen gefällt das next Chap. Wenn nicht...Ihr wisst ja, wo der Review-Button is;) *Mit einem riesigen Zaunpfahl um mich schlag*
Also viel Spaß beim Lesen.
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Kapitel 7
"In Iluvatars Namen, hoffentlich geht es ihr gut." Unruhig spazierte Nell durch den Schlossgarten. Melonndil hatte sie aus einiger Entfernung beobachtet. Nun kam sie auf die Prinzessin zu und fasste sie bei den Schultern. Nell wand sich aus der Berührung, als Melonndil zum Sprechen ansetzte.
"Nein, Tante Mel. Ich will es nicht hören. Sag bitte nicht, dass ich mich beruhigen soll. Dazu bin ich derzeit wirklich nicht in der Lage."
Sie war im Pavillon angekommen und ließ sich in einer verzweifelten Geste auf die Bank fallen. "Wie soll ich das nur ihrem Bruder erklären?...Mae govannen. Mein Name ist Nenellinwen. Was ich Euch noch sagen wollte: Ich bin dafür verantwortlich, dass Eure Schwester spurlos im Taur-nu-Fuin verschwunden ist... Wenn du mich fragst, Tante Mel, klingt das ganz und gar nicht beruhigend."
"Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich es nicht gar so drastisch formulieren", kommentierte die Haushaltsvorsteherin Nells Ausbruch trocken, "Aber das liegt ganz bei dir. Du kannst die Wirkung gleich ausprobieren. Ihr Bruder ist soeben eingetroffen."
"Das ist ja alles gut und schön. Dennoch...", Nells Augen weiteten sich, "Ihr Bruder ist hier."
Melonndil nickte: "Er ist gerade dabei auf den Hof zu reiten. Und er sah äußerst besorgt aus. Wir können uns den Grund dafür ausmalen."
Nell war einer Ohnmacht nahe. Sie fragte sich, ob auch noch andere Leute solch furchtbare Tage durchlebten.
"Kind, du bist ja ganz blass. Du musst dich wirklich beruhigen, wenigstens mir zuliebe. Mache dir keine Vorwürfe. Es war richtig, dass du zurückgekommen bist und Soldaten auf die Suche geschickt hast."
"Aber wenn ich noch ein wenig gewartet hätte. Vielleicht war sie noch in der Nähe. Ich hätte weiter suchen sollen. Immerhin dauert die Suche schon einige Stunden."
"Jetzt hör mir zu. Eine Einzelperson hätte überhaupt nichts ausrichten können, bedenkst du die Größe des Gebietes. Genauso gut hättest du eine Nadel im Heuhaufen suchen können. Außerdem war es erst kurz nach Mittag, als sie verschwunden ist. Das heißt, bis zur Dämmerung ist noch Zeit. Die Chancen stehen gut, dass man sie noch vor der Dämmerung findet."
"Nichts desto Trotz muss ich jetzt vor ihren Bruder treten."
"Das kann ich übernehmen, wenn du dich nicht in der Lage dazu fühlst." Besorgt schaute Melonndil Nell in die Augen, doch die wiegelte ab.
"Nein, das muss ich selbst machen. Immerhin bin ich dafür verantwortlich."
Sie atmete tief durch und machte sich auf den Weg zum Schloss. Als sie die Eingangshalle betrat, traf sie überraschen bereits dort auf eine Gruppe Elben - unter ihnen Soldaten in lórienischer und in Düsterwald-Uniform. Ohne Zweifel musste das die Abordnung sein, die Fés Bruder gesucht hatte. Wenigstens war ein Teil der Geschwister aufgetaucht.
Sie nahm ihren Mut zusammen und versuchte jetzt Ruhe zu bewahren. Solo hin ar' imya.*
"Mae govannen. Creoso ne noss Thranduilen.** Darf ich erfahren, bei welchem der Herren es sich um Herrn Féagil handelt?"
Ein sehr hochgewachsener Elb trat hervor. Seine Augen waren von Schatten getrübt und eine Falte zwischen den Brauen verlieh seiner Besorgnis Nachdruck. Die Farbe seiner Haare glich der von Fés dunklem Schopf und seine Züge hatten unverkennbare verwandtschaftliche Ähnlichkeit mit den ihren. Bei genauem Betrachten hätte Nell den Bruder ihrer Freundin wohl auch allein erkannt.
"Mae govannen. Mein Name ist Nenellinwen Thranduilen. Ich habe mich um Eure Schwester gekümmert." Sie beschloss sofort zum Thema zu kommen. "Zu meinem Bedauern muss ich Euch aber mitteilen, dass sie..."
Nell unterbrach sich, als einer der Dienstboten auf sie zu trat und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Erleichterung ließ die Anspannung in ihrem Gesicht weichen. "Ist das wahr?", fragte sie den Diener. Als dieser bestätigend nickte, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie musste sich zurückhalten, um nicht erleichtert aufzulachen.
Die Prinzessin wandte sich wieder an Féagil, der seiner bestürzten Miene zufolge bereits mit dem Schlimmsten zu rechnen schien.
"Es tut mir leid, Euch in Angst versetzt zu haben. Ich habe soeben erfahren, dass Eure Schwester Féathila gefunden wurde. Sie erwartet Euch im Hof."
"Gefunden?", Féagils Blick war eine einzige Frage.
"Ich erkläre es Euch später. Bitte folgt mir."
Nell ging voran und führte die Gruppe durch den Haupteingang nach draußen. Dort saß Fé gerade ab und übergab Melans Zügel einem Stallknecht. Sie wurde flankiert von mehreren Angehörigen der königlichen Garde. Die Freude übermannte Nell und sie umarmte stürmisch die verloren Geglaubte.
"Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dich zu sehen. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir etwas passiert wäre."
Fé schien den ganzen Trubel nicht zu verstehen. Überrascht ob der heftigen Begrüßung, sah sie leicht irritiert aus und lachte. "Ich bin doch wieder da. Und wie du siehst, habe ich dieses alles unbeschadet überstanden...Nell, Nell, du kannst jetzt aufhören, sonst geht mir die Luft aus."
"Entschuldigung", bat Nell und ließ los, "Aber ich habe auch gute Neuigkeiten für dich: Sieh mal wen wir außer dir noch gefunden haben."
Sie trat zur Seite und Féagil kam ins Blickfeld seiner Schwester. Fé fiel ihm mit einem Hufschrei um den Hals: "Féagil! Ich dachte schon, ich würde dich nie wieder sehen."
Ihr Bruder erwiderte die Umarmung und lächelte. "Das gleiche könnte ich dir sagen, seler'amin.***" Er löste sich widerwillig von ihr und sah sie Ernst an. "Hat dich Melkor geritten, dass du dich einfach allein davongeschlichen hast? Ich habe dir gesagt, der Düsterwald ist kein Spielplatz."
Féathilas Gesicht bekam einen trotzigen Ausdruck: "Ich bin doch keine fünfhundert mehr. Im übrigen lasse ich mich nicht gern von Leuten bevormunden, die fast auf die Minute genauso alt sind wie ich. Und vor allem nicht von solchen, die es als notwendig erachten, hier mit fast zwei Tagen Verspätung einzutreffen."
"Erstens: Woher sollte ich denn wissen, dass du hier bist? Und zweitens: Dreimal darfst du raten, was uns so lange im Wald gehalten hat."
"Doch nicht etwa..."
"Ja, seler'amin. Wir haben versucht dich zu finden", seine Züge wurden wieder weicher, als er den gerührten Blick seiner Schwester begegnete.
"Wir mussten ihn fast zwingen die Suche vorerst aufzugeben und stattdessen lieber beim König von Düsterwald um Hilfe zu bitten", schaltete sich einer der lòrienischen Soldaten ein.
Fé umarmte ihren Bruder nochmals. "Unter diesen Umständen sei dir verziehen."
"Aber was musste ich bei meiner Ankunft erfahren?", allem Anschein nach war Féagils kleine Predigt noch nicht beendet, "So wie sich die Lage hier darstellt, warst du schon wieder verschwunden."
"Das war nichts Weltbewegendes, tôror'amin****", wischte Fé das beiseite, "Nur ein kleiner Vorfall mit dem Drachen."
Ihr Bruder sah sie entsetzt an. "Drachen?"
"Nun", unterbrach Nell die Geschwister, "Wollen wir das nicht lieber drinnen bei einer Stärkung besprechen? Ich lass eine Kleinigkeit auftragen, dann können wir in Ruhe über alles reden."
Die Versammlung setzte sich in Bewegung. Die Düsterwald-Soldaten verbeugten sich und suchten ihre Quartiere auf. Die übrigen begaben sich zum Speisezimmer.
"Wie gut, dass er noch nichts von den Ungols weiß", murmelte Fé in Nells Ohr.
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Als Legolas das Schlosstor passierte, zog bereits die Dämmerung herauf. Er hatte sich wirklich ausgiebig Zeit gelassen und noch einmal alles durchdacht. Wenn seine Vermutung stimmte, war sein Traum - zumindest der letzte Teil davon - den Vorahnungen sehr ähnlich, die seinen Vater plagten und wahrscheinlich auch Herrn Elrond rastlos werden ließen. Wie diese Vorgänge jedoch mit seinen Erinnerungen an Fé zusammenhingen mochten, blieb ihm ein Rätsel. Zumal er nicht glaubte, dass seine Jugendfreundin durch die Träume seines Vater und des Herrn von Imladris tanzte.
Legolas brachte Ithilos in den Stall und machte sich dann auf den Weg zur Kaserne. Er wollte nachsehen, ob Aldalor sich von seinem gestrigen Trinkgelage erholt hatte. Leise klopfte er an die Tür zum Quartier seines Freundes.
"Herein", brummte es aus dem Inneren. Das hörte sich nicht sehr elangeladen an. Legolas betrat leise den Raum. "Maer gwein, mellon'amin*****. Ich wollte mich nur vergewissern, wie es deinem Brummschädel geht."
"Legolas", begann Aldalor, "Du musst mir hoch und heilig versprechen, mich das nächste Mal davon abzuhalten, so viel zu trinken."
Der Prinz grinste. "Dir ist aber schon bewusst, dass du das jedes mal sagst."
"Dieses Mal meine ich es ernst."
Legolas musste ein lautes Auflachen unterdrücken. Das sagte er auch jedes Mal.
"Übrigens", bemerkte Aldalor mit matter Stimme, "Ich hatte heute höchst seltenen besuch von deiner Schwester."
"Von Nell? Welch bedeutsame Umstände zeichnen denn dafür verantwortlich?"
"Sie wollte in Erfahrung bringen, ob ich weiß, wohin ihr Bruder schon wieder entschwunden ist. Deine kleine Freundin - du weißt schon, die mit den Ungols - war nämlich im Wald verschwunden, weil ihr Pferd mit ihr durchgegangen war. Nenellinwen wollte dich zusammen mit dem Suchtrupp losschicken."
"Sie ist nicht meine kleine Freundin..."
"Ja, ich weiß. Du wirst nicht müde das zu betonen. Ihr Bruder ist übrigens angekommen - heute Nachmittag. Ich kann dir sagen, der Lärm, den sie bei der Wiedervereinigung auf dem Hof gemacht haben, war ohrenbetäubend. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie mir der Schädel gedröhnt hat." Zur Verdeutlichung legte Aldalor die Hände an die Schläfen und setzte seinen gequältesten Gesichtsausdruck auf.
"Das kommt daher, weil ich mich nicht wie ein Wilder auf jeden Becher Met stürze, der mir vorgesetzt wird....Sie hat einen Bruder?"
Aldalor rollte mit den Augen und verzog schmerzhaft das Gesicht. "Sage mir, mellon'amin, wie lebt es sich außerhalb der Wirklichkeit? Ist es dir dort möglich, deine Umwelt wenigstens in Bruchstücken wahrzunehmen? Wenn du mir jetzt wirklich erzählen willst, dass du das Mädchen später nicht einmal gesehen hast, nehme ich das mit dem Retter in der glänzenden Rüstung sofort zurück. Wo warst du überhaupt?"
Das er sie nicht gesehen hatte, war nicht ganz richtig. Nur hatte er es nicht darauf angelegt. In Anbetracht der Umstände fand er dieses Verhalten jedoch nicht gar so verwerflich wie sein Freund. Er hatte aber nicht vor diese Umstände seinem Freund zu erklären. Die Folgen wären haarsträubend.
"Ich war nachdenken", sagte er stattdessen. Nein, die Begegnung am Waldsee würde er für sich behalten.
"Warum, zum Melkor, lächelst du schon wieder so seltsam?" Aldalor sah seinen Freund prüfend an, "Das scheint bei dir zur Gewohnheit zu werden."
"Was?" Legolas schüttelte seine Gedanken ab, "Ach nichts."
Aldalor seufzte: "Warte nur, bis ich wieder klar denken kann. Dann kommst du mir nicht mehr so ungeschoren davon. So und jetzt gib mir bitte den Becher, der auf dem Tisch steht."
Der Prinz musterte skeptisch das Trinkgefäß. "Was ist da drinnen?"
"Hältst du mich wirklich für so dumm? Das ist nur ein Kräutertee. Deine Schwester hat ihn mir vorhin vorbeigebracht, nachdem sie mich in meinem erbärmlichen Zustand gesehen hat. Sie hat mir versichert, er würde gegen das Hämmern in meinem Schädel helfen würde." Aldalor nahm den Becher, trank schlürfend seinen Tee und kämpfte gegen den sich sofort einstellenden Würgereiz an. "Nenellinwen hat nichts davon erzählt, dass der Tee dem Geschmack von Orkblut so nahe kommt. Weshalb trägst du eigentlich noch nicht dein kleines Krönchen und trägst noch Kleider, die dem von einem Waldläufer zum Verwechseln ähnlich sehen?"
"Muss ich den Sinn deiner Frage verstehen?"
"Legolas, Legolas", meinte sein Freund trocken, "Es geht wirklich einiges an dir vorbei. Dein Vater hat kurzfristig ein weiteres Fest anberaumt. Dieses mal zu Ehren der Nichte und des Neffen von Frau Galadriel. Wenn du nicht schon wieder Ärger mit deinem Vater willst, würde ich vorschlagen, dich dort sehen zu lassen."
"Die Nichte und der Neffe von Frau Galadriel. Ich wusste gar nicht, dass weiterer hoher Besuch erwartet wird. Wann sind sie denn eingetroffen?"
"Mellon'amin, bist du dir sicher, dass du dir bei dem Kampf mit den Ungols keine Kopfverletzung zugezogen hast?" Aldalor beäugte seinen Freund skeptisch. "Es handelt sich um deine kleine Freundin und ihren Bruder."
"Sie ist nicht...Sie ist die Nichte von Frau Galadriel?"
Aldalor hob schwach die Hände. "Eru hab Dank, dass du seinen Verstand wenigstens zu Teil verschont hast. Ich hab sie mir vorhin durch das Fenster angeschaut. Und ich muss wirklich sagen... Hast du ein Glück, dass du einer solchen Elbe über den Weg gelaufen bist und auch noch die Ehre hattest sie zu retten."
"Übertreibst du nicht ein bisschen."
"Ich untertreibe höchstens. Bei Manwe, tu mir den Gefallen und mach das nächste Mal, wenn du ihr begegnest die Augen auf."
Wenn du wüsstest. Aber das behielt Legolas für sich.
"Willst du mir nicht erzählen", fuhr sein Freund fort, der nun etwas besorgt klang, "Was dich so sehr beschäftigt, dass du nicht einmal ein solches Mädchen bemerkst?"
"Später, versprochen", warf Legolas hastig ein, "Jetzt muss ich mich erst einmal auf schnellstem Wege zum Fest begeben, sonst geschieht wirklich noch eine Familientragödie. Weshalb gibst du uns eigentlich nicht die Ehre?"
"Sei ruhig", meinte Aldalor knurrend, während er wieder in sein Bett kroch, "ihr müsst heut ohne mich auskommen. Und jetzt geh, sonst kommst du zu spät. Das wird meinem Kopf auch helfen; der schmerzt nämlich nur noch mehr, wenn er sich über dein seltsames Verhalten Gedanken machen muss."
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Nervös zupfte Fé an ihrem Kleid herum. Sie hatte noch nie etwas so schönes getragen. Es war dunkelblau und mit Silberfäden durchwirkt. An den Armen und dem Oberkörper lag es eng an und ging fließend in einen langen, weiten Rock über. Das Kleid hatte nur einen kleinen Haken: Es war schulterfrei. Sie hatte deshalb die ständige Befürchtung es würde herunterrutschen, obwohl Nell natürlich darauf bestand, dass das unmöglich wäre. Fé seufzte. Sie würde sich in Zukunft wohl an eine solche Kleidung gewöhnen müssen. Sie konnte es noch gar nicht richtig glauben. Vor ein paar Stunden musste sie sich noch mit einem dreisten Elben im Wald herumplagen, dann war endlich ihr Bruder wieder aufgetaucht und nun sollte sie ihren ersten öffentlichen Auftritt als Mitglied der lórienischen Adelsfamilie absolvieren.
Sie folgte der Düsterwald-Prinzessin den gang entlang zum großen Festsaal. Die große Flügeltür kam in Sicht und Fé sah die vielen Elben, die sich bereits versammelt hatten. Sie würde das nie und nimmer durchstehen. Öffentliche Auftritte waren definitiv nichts für sie. Fé machte auf dem Absatz kehrt und ging den gang wieder zurück.
"So, Fé. Bist du bereit?", hörte sie Nell fragen, die noch nichts von ihrer Flucht bemerkt hatte. Sie konnte die Frage mit einem äußerst klaren "Nein" beantworten. "Fé?" rief die verdutzte Prinzessin, "Féathila, du kommst auf der stelle zurück."
Nach wenigen Augenblicken war Nell hinter ihr, ergriff ihre Schultern und drehte sie herum.
"Fé, was soll denn das?"
"Ich kann da nicht hinausgehen. Hast du nicht die vielen Leute gesehen? Ich war noch nie auf einem solch großen Fest. Ich habe nur eine theoretische Vorstellung davon, wie man sich dort verhalten muss. Nell, das wird eine furchtbare Blamage. Du weißt doch, wie ungeschickt ich bin."
"Hör auf zu jammern. Du redest völligen Unsinn", Nell sah ihre Freundin eindringlich an, "Sieh dich an!"
Sie schob Fé zu einem großen Spiegel, der in der Nähe an der Wand hing.
"Was siehst du?"
Fé betrachtete ihre offen getragenen, dichten, dunklen Haare - die ihrer Meinung nach einem Wischmopp ähnlich sahen - das hagere Gesicht, aus dem ihr ängstliche Augen entgegenblickten, und ihre zusammengesunkenen Schultern. Kein Zweifel...
"Eine kleine Elbe, die nicht hierher gehört", war ihre Antwort.
"Unsinn", wiederholte Nell, "Du siehst absolut umwerfend aus. Und wenn ich das schon sage, kannst du dir ausmalen, was die männliche Bevölkerung Düsterwalds für Ansichten vertritt. Stell dich gerade hin."
Fé tat wie ihr geheißen.
"Siehst du", meinte Nell, "Du wirkst gleich viel selbstbewusster. Wir gehen jetzt dort hinein, und du wirst allen beweisen, dass du nicht das stille Mäuschen bist, auf das du dich immer selbst reduzierst."
Wider Willen musste Fé lächeln. Ihre Freundin klang wie ein Feldherr, der seine Mannen für die nächste Schlacht motivieren will. Aber vielleicht war das auch notwendig.
"So gefällst du mir und jetzt komm mit". Nell nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich. Fé blieb nur noch eine Hoffnung: Eventuell bemerkte sie ja niemand, wenn sie sich möglichst still verhielt.
Als sie mit ihrer Freundin den Saal betrat ertönte die Stimme des Zeremonienmeisters: "Ihre Hoheit, Tarien Nenellinwen Thranduilen o Taur-nu- Fuin****** und ihre Hoheit Tarien Féathila, Nichte ihrer Majestät Frau Galadriel Finarfinen o Caras Galadhon."
Sämtliche Elben im Raum wandten sich zu ihnen um. Soviel zu dem Versuch keine Aufmerksamkeit zu erregen.
"Komm mit, ich stell dir draußen ein paar Leute vor", sagte Nell strahlend - ihr schien das allgemeine Interesse an ihr nichts auszumachen - und führte Fé zu den an den Festsaal grenzenden Terrassen.
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Eilig lief Legolas die Treppen hinauf. Er musste sich wirklich beeilen, wollte er seinen Vater nicht noch mehr verärgern. Im oberen Stockwerk begegnete er den Zwillingen. Elladan waren noch die Nachwirkungen des letzten Abends anzusehen. Eine sehr blasse Gesichtsfarbe und eine vom Kopfschmerz leicht verzerrte Miene sprachen eine deutliche Sprache.
"Maer gwein, mellyn'amin", begrüßte er sie. Mitleidig blickte er zu Elladan. "Elrohir, meinst du nicht, das ist etwas sehr hart?"
"Ganz und gar nicht", antwortete dieser und seine Mundwinkel zuckten, "Wir wollen doch nicht unseren Gastgeber verärgern."
"Er ist schlimmer, als unser Vater", bemerkte Elladan mit einem bösen Blick auf seinen Bruder, "Er hat so lange auf mich eingeredet, und das in einer Lautstärke, dass es für meinen Kopf angenehmer war, nachzugeben. Außerdem hat er mir noch so einen absolut furchtbaren Tee zu trinken gegeben."
Legolas grinste: "Ich fürchte, du bist nicht das einzige Opfer von Nells Wundertrank. In der Kaserne leidet noch jemand furchtbar. Aber der Tee hilft. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Und außerdem bringt er die meisten dazu, beim nächsten Mal auf das Maß ihres Met-Genusses zu achten...Falls ihr beiden noch kurz warten wollt, komme ich mit euch."
"Sehr gerne", meinte Elrohir, "So bleibt uns wenigstens noch eine kurze Schonfrist, bevor wir uns der heiratswütigen Meute stellen müssen. Außerdem sind wir zu dritt stärker."
"Aber wir können uns nicht so gut unbemerkt flüchten", wandte Legolas ein. Die Zwillinge folgten ihm zu seinen Gemächern. "Setzt euch, ich brauch nicht sehr lange." Er verschwand in seinem Schlafzimmer.
"Lass dir Zeit", rief ihm Elrohir hinterher.
"Könntest du wohl leiser sein", knurrte Elladan mit gequälter Stimme.
Legolas wusch sich das Gesicht in einer Schüssel mit kaltem Wasser, die immer bereitstand, und suchte sich aus seinem Schrank neue Kleidung. Während er schnell in ein neues Leinenhemd, eine silber-blau schimmernde Tunika und eine dazu passende Hose wechselte, versuchte er den Gedanken zu verdrängen, dass er seine Krankenzimmer- und Waldseebekanntschaft auf dem Fest treffen würde. Er war sehr auf ihre Reaktion gespannt, was ihm half nicht über die Umstände ihrer beiden letzten Begegnungen nachzudenken.
Die Seitenpartien seiner Haare band er geübt nach hinten. Darüber setzte er einen aus Mithril gefertigten Stirnreif. Dieser war am Hinterkopf schmal und wurde vorn zu einem kunstvollen Geflecht. Legolas' Vater bestand bei öffentlichen Anlässen darauf, dass er den Stirnreif trug, um seine Position als künftiger Thronfolger angemessen zu repräsentieren. Seiner Meinung nach zumindest im Düsterwald völlig überflüssig. Es wusste doch jeder wer und was er war.
Er gesellte sich wieder zu den Zwillingen.
"Ah", trompetete Elrohir, "Unser Prinzlein hat sich ja aufs höchste herausgeputzt."
Elladan zuckte zusammen: "Musst du denn so schreien. Du kannst deiner Bewunderung auch eine Idee leiser Ausdruck verleihen."
Aufmerksam betrachtete Legolas seine Gäste. "Ich kenne da zwei, die sollten lieber ganz ruhig sein. Aber weshalb sehe ich eigentlich nicht eure beiden adligen Häupter im Glanze eures sonst so edlen Kopfschmuckes erstrahlen?"
"Ach", erwiderte Elrohir leichthin und sah dabei beiläufig zur Decke, "Den haben wir zu unserem allergrößten Bedauern zu Hause vergessen."
Vor seinem inneren Auge sah Legolas zwei einsame Stirnreifen, aufs kunstfertigste verziert, auf zwei leeren Betten liegen. Daneben stand ein grimmig dreinblickender, sonst sehr gefasster, Herr von Imladris, die Hände in die Hüften gestemmt und verzweifelt nach einem für diese Schandtat geeigneten, elbischen Schimpfwort suchend.
"Ich verstehe", grinste der Düsterwald-Prinz, "Wenn das so ist, kann man natürlich nichts dagegen machen."
"Falls ihr endlich damit fertig seid herumzuschreien", warf ein schon leicht grünlich verfärbter Elladan ein, "Wäre es sehr nett, wenn wir uns auf den Weg machen könnten. Je eher wir auf dem Fest sind, desto eher kann ich mich wieder zurückziehen und mich hinlegen."
"Und du meinst, dass dich die Damen so einfach gehen lassen?" fragte Legolas.
Elrohir sah seinen Bruder prüfend an: "Wenn er weiter so aussieht, wie ein Käse, der Schimmel angesetzt hat, dann glaube ich, dass er gute Karten hat."
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Nell trat hinaus in die angenehm kühle Nachtluft. Vom Festsaal her drang gedämpfte Begleitmusik in wunderschönen Harmonien bis an die Ohren, der auf den Terrassen versammelten Gäste. Hinter ihr folgte die schüchterne Fé. Die Düsterwald-Prinzessin lächelte, als sie an ihr erstes Bankett dachte. Beim großen Iluvatar, war sie nervös gewesen. Allerdings hatte sie sich nach anfänglichen Panikattacken recht gut geschlagen und bis auf einige Füße, die beim Tanzen unter ihr hatten leiden müssen, hatte sie auch keine mittelschweren Katastrophen ausgelöst. Fés Gesichtsausdruck nach zu urteilen, machte ihre Freundin gerade ähnliche innere Gefühlsausbrüche durch. Aber Nell war sich sicher, dass Fé sich umsonst Sorgen machte. Sie war immerhin älter, als Nell es damals gewesen war.
"Nenellinwen!"
Sie fuhr erschrocken zusammen, als Melonndil plötzlich wie aus dem nichts neben ihr auftauchte.
"Maer gwein, Tante Nell", begrüßte sie die Haushaltsvorsteherin und Beraterin in allen Lebenslagen.
Diese erschien ihr sehr zerstreut und hektisch. "Du kannst mir nicht zufällig sagen, ob dein werter Bruder gedenkt, uns heute Abend noch mit seiner Anwesenheit zu beehren?"
"Nein, Tante Mel, es tut mir leid, aber ich kann dir noch nicht einmal sagen, wo er sich gerade aufhält. Ich habe heute selbst schon nach ihm gesucht."
"Er ist wieder einmal ausgeflogen", Melonndils Nerven schienen am seidenen Faden zu hängen, "Es ist immer dasselbe. Jedoch meinte er, dass er am Abend wieder da sein würde. Der König wird sehr ungehalten sein, wenn er auch dieses Fest versäumt."
"Beruhige dich, Tante Mel", meinte Nell und legte ihr eine Hand auf den Arm, "Wenn er sagte, dass er wieder hier sein würde, dann wird er sicherlich noch erscheinen."
"Dein Wort in Erus Ohr", antwortete Melonndil resignierend.
"Übrigens möchte ich dir jemanden vorstellen", wechselte Nell das Thema, "Tante Mel, das ist Féathila, Nichte der hohen Frau Galadriel. Fé, das ist Melonndil, unsere Haushaltsvorsteherin und guter Geist des Hauses."
"Sie übertreibt wieder schamlos", richtete sich Melonndil an Féathila, "Es freut mich sehr Euch kennen zulernen. Der gesamte Hofstaat spricht nur noch von Euch und Eurer Rettung durch unseren Thronfolger. Ihr habt ihn sicherlich schon gesprochen."
Fé reichte Melonndil die hand und vollführte einen kleinen Knicks. "Die Freude erwidere ich natürlich. Es war mir zu meinem Bedauern noch nicht vergönnt dem Prinzen zu treffen - jedenfalls nicht bei vollem Bewusstsein."
Die ältere Elbe lächelte: "Es ist sehr schön, dass es auch noch Elbinnen gibt, die ein wenig Humor besitzen. Die meisten Hofdamen besitzen ein äußerst - nun ja, sagen wir eingeschränktes Maß davon. Jedoch muss ich zu meiner eigenen Erziehung Schande zugeben, dass es sehr unschicklich von Nenellinwens Bruder war, dass er es bisher versäumt hat, Euch einen Besuch abzustatten. Auch wenn er Euch wahrscheinlich nicht angetroffen hätte. Mir kam zu Ohren, dass Ihr ebenfalls einen kleinen Ausflug gemacht habt."
"Dieser Ausflug war leider größtenteils unfreiwillig; daher bin froh wieder zurückgefunden zu haben."
"Das sind wir auch, meine liebe Féathila", Melonndil umschloss Fés Hände mit den ihren, "Ich hoffe, es gefällt Euch bei uns."
Fés Antwort war von einem Lächeln untermalt. "Ich wäre überrascht, wenn es nicht so wäre."
"Das höre ich gern", erwiderte die Haushälterin mit warmer Stimme, "Nun den, ich wünsche euch beiden noch viel Spaß. Ich muss noch die Minister begrüßen." Damit rauschte sie wieder davon.
Nell war beeindruckt. Von Fés Nervosität war während des Gespräches nichts zu spüren gewesen.
"Du bist ja ein regelrechtes Rhetorik-Naturtalent", lobte sie ihre Freundin.
"Dann hat man also nicht bemerkt, dass ich einer Ohnmacht nahe war?"
Ein Grinsen schlich sich in Nells Züge. "Wenn du es bei meinem Vater ebenso gut überspielen kannst, wird Frau Galadriel dich zum lórienischen Botschafter in Düsterwald ernennen. Dort drüben ist er. Er unterhält sich mit einem der Generäle."
Sie winkte ihrem Vater, der am anderen Ende der Terrasse stand. Thranduil lächelte sie an und nickte ihr zu.
Sie vernahm Féathilas freudige Stimme neben sich: "Dort hinten ist ja Féagil." Ihr Bruder war gerade in ein Gespräch mit einem der königlichen Berater.
"Das trifft sich hervorragend", bemerkte Nell, "Dann kann ich euch gleich zusammen vorstellen." Sie setzte sich in Bewegung und dirigierte Fé durch die kleine Gasse, die sich bildete, um die Hoheiten ein durchkommen zu ermöglichen, zu Féagil.
"Verzeiht, Cammanor", wandte sich Nell dort an den Berater des Königs, "Gestattet Ihr, dass ich unseren Ehrengast kurz entführe?"
"Wie könnte ich Eurer Hoheit je etwas abschlagen", entgegnete der ältere Elb.
"Das ist äußerst liebenswürdig von Euch", lächelte Nell. Dann richtete sie sich an den Bruder ihrer Freundin: "Féagil, dürfte ich Euch und Eure Schwester meinem Vater vorstellen?"
"Natürlich. Es wäre uns eine Ehre", antwortete Féagil. Zusammen mit seiner Schwester, die ihre Hand in seine Armbeuge gelegt hatte, folgte er Nell.
"Und, seler'amin, wie gefällt dir das Fest bisher?", fragte er Fé flüsternd.
"Es ist himmlisch", meinte diese, "Ich muss nur ständig gegen meinen vor lauter Nervosität rebellierenden Magen ankämpfen."
"Keine Sorge, das legt sich mit der Zeit. Außerdem ist das völlig unbegründet. Du und unsere junge Gastgeberin seid die beiden schönsten Elbinnen auf dem ganzen Bankett. Die Herren folgen euch mit den Augen auf Schritt und Tritt und die Damen sehen ihre Chancen neben euch rapide schwinden."
Verstohlen blickte Fé sich um, um die Aussage ihres Bruders zu überprüfen. Tatsächlich bemerkte sie wie einige Elbenden Blick in ihre Richtung wandten. In einiger Entfernung stand eine Gruppe Elbinnen, die leise tuschelten und kicherten. Machten sie sich etwa über sie lustig?
Sie seufzte und schlug die Augen nieder. "Ich weiß, du meinst es gut, tôror'amin, aber das trägt nicht wirklich dazu bei, dass meine Nervosität wieder zu ihrem Normalzustand des Nicht-Vorhandenseins zurückkehrt." Sie drückte kurz den Arm ihres Bruders. Dabei entging ihr nicht, dass er Nell sehr genau beobachtete. Ein Schmunzeln lag auf ihren Lippen. Doch es erstarrte, als der König in ihr Blickfeld kam. Ihre Finger verkrampften sich und krallten sich in Féagils Arm. Wenn sie die nächsten paar Minuten vermasselte, würde es eine furchtbare Blamage für sie selbst und Lothlórien sein. Vielleicht hatte sie es vorhin nur so gut überstanden, weil sie vorher keine Zeit für Gedanken an ein Versagen hatte. Diesmal sah das ganz anders aus. Ihr Bruder legte beruhigend seine Hand auf ihre. Zusammen warteten sie in einiger Entfernung.
"Du wirst das großartig machen, Fé", flüsterte er ihr zu, "Denke einfach daran, was du gelernt hast."
Es gab da nur das winzige Problem, dass ihr Kopf wie leergefegt war. Definitiv keine gute Vorraussetzung.
"Maer gwein, Vater", begrüßte Nell den König; sie nickte dem Elben zu, der bei ihm stand: "Minister Dólthington."
"Maer gwein, Euer Hoheit. Es ist mir immer wieder eine Freude", entgegnete dieser und küsste Nell die Hand.
"Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite", antwortete sie und wandte sich dann an ihren Vater, "Darf ich dich kurz stören? Ich möchte dir gern jemanden vorstellen."
"Natürlich, tinu en amin*******", lächelte Thranduil, "Entschuldigt mich Minister Dólthington."
Er bot seiner Tochter den Arm an und geleitete sie zu Féathila und Féagil.
Fé machte einen tiefen Knicks; ihr Bruder senkte ehrfurchtsvoll den Kopf.
"Adar", begann Nell, "Darf ich dich mit unseren Ehrengästen bekannt machen, der Nichte und dem Neffen von Frau Galadriel?" - Sie wies auf Fé. - "Das ist Féathila." Thranduil reichte ihr die Hand und sie erhob sich wieder. "Féathila", fuhr Nell fort, "Das ist mein Vater, König Thranduil Oropheren o Taur-nu-Fuin."
"Es ist mir eine große Ehre, Eure Majestät", brachte die Angesprochene schüchtern hervor.
"Für mich ebenfalls", entgegnete der König lächelnd, "Ihr seid also die geheimnisvolle Fremde, welche mein Sohn mitbrachte. Ich muss sagen, er hat Mittelerde vor dem Verlust einer Schönheit bewahrt."
Fé errötete: "Danke, das ist sehr freundlich von Euch."
"Es ist die Wahrheit", sprach Thranduil voller Überzeugung.
"Und das ist Féathilas Bruder Féagil", wies Nell auf den Elben, der noch immer sein Haupt gesenkt hielt.
Auch ihm reichte der König die Hand, woraufhin Féagil den Kopf wieder hob. "Es ist mir ebenfalls eine große Ehre, Eure Majestät."
"Das kann ich nur erwidern. Celeborn lobt Euch in hohem Maße."
"Ich hoffe, dass ich mich dessen würdig erweise", antwortete der jüngere Elb erfreut.
"Daran hege ich keinen Zweifel", meinte der König. "Da jetzt beide Ehrengäste anwesend sind", fuhr er fort, "Kann das Fest offiziell eröffnet werden. Darf ich bitten?"
Thranduil bot Féathila seinen Arm an.
"Na...natürlich, liebend gern", ereiferte sich Fé mit anfänglichen Sprachschwierigkeiten und machte sich an der Seite des Königs auf den Weg zurück in den Saal.
"Würdet ihr mit mir vorlieb nehmen?", fragte Féagil Nenellinwen. Diese lächelte und ergriff seinen Arm: "Dieses Angebot kann ich unmöglich ausschlagen."
Plaudernd folgten sie Féathila und dem König.
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Mit klopfendem Herzen lief Fé neben Thranduil her. Sie konnte es kaum fassen. Welche Ehre vom König persönlich begleitet zu werden. Das Einzige, was störte, waren die vielen Leute, die sie anblickten.
"Stellt Euch einfach vor, dass die vielen Gäste mich ansehen", flüsterte ihr der König mit einem Augenzwinkern zu, "Obwohl ich mit Eurem Aussehen in meinem Alter wahrlich nicht mehr mithalten kann."
Fé blickte erstaunt zu ihm auf. "Was denn?", fragte sie Thranduil daraufhin, "Dachtet Ihr etwa, ich hätte schon immer dieses souveräne Auftreten an den Tag gelegt. Auch ich musste einmal mein erstes Bankett durchstehen. Und glaubt mir, ich denke heute noch mit einem Schaudern daran zurück."
Sie betraten den Festsaal. Der Zeremonienmeister kündete gerade einige neu eingetroffenen Besucher an. Es herrschte ein reges Stimmengewirr, deshalb verstand sie ihn nur teilweise.
"...Thranduilen o Taur-nu-Fuin...Taren******** Elrohir...Elladan Elronden o Imladris."
"Ah", rief der König mit zufriedenem Gesichtsausdruck, "Das klingt ganz so, als ob uns mein Sohn und seine beiden Freunde eingetroffen sind. Ihr habt ihn höchstwahrscheinlich seit seiner Ankunft hier öfter zu sehen bekommen als ich."
"Eigentlich habe ich ihn noch nicht getroffen. Aber ich hatte bereits das Vergnügen Taren Elrohir vorgestellt zu werden", antwortete Fé leicht verlegen. Sie wollte den Elben, dem sie ihr Leben zu verdanken hatte, nicht in Schwierigkeiten bringen.
Thranduil sah für einen Moment leicht verärgert aus, doch es hielt nicht lange vor. "Dann müssen wir diese versäumte Vorstellung sofort nachholen", meinte er mit normaler Stimme.
Fé lächelte. Endlich würde sie sich für ihre Rettung bedanken können. In einiger Entfernung sah sie eine Gruppe von drei Elben. Ein blonder Elb flankiert von zwei dunkelhaarigen. Das mussten die Zwillinge sein, denn sie waren in ihrer Erscheinung nahezu identisch und sahen dem Prinzen, den sie heute beim Frühstück getroffen hatte, außergewöhnlich ähnlich. Der einzige Unterschied war die Gesichtsfarbe. Der Elb zur Linken sah merkwürdig grün aus. Der blonde Elb in der Mitte, der demnach ihr vielgerühmter Retter sein musste, sprach gerade mit dem seltsam verfärbten Imladris-Prinzen. So konnte sie nur einen Teil seines Profils erkennen.
Thranduil steuerte mit der neugierigen Fé an der Seite auf seinen Sohn zu.
"Wie schön, dich heute noch zu sehen, utinu en amin*********", begrüßte ihn der König und breitete seinen freien Arm aus, "Du kommst gerade rechtzeitig. Wir wollten gerade anfangen."
"Adar", der Prinz wandte sich nach vorn. Fé musterte ihn aufmerksam. Ihr Lächeln erstarb und sie musste sich zusammenreißen um ihren Kiefer nicht herunterklappen zu lassen. Sie hoffte sehr, dass das nur ein Albtraum war, aus dem sie jede Minute wieder aufwachen würde. Es musste einfach so sein.
Sie verfolgte mit den Augen, wie der blonde Elb, der dem von der Lichtung heute Nachmittag und dem in ihrem Zimmer heute Morgen erschreckender Weise zum Verwechseln ähnlich war, den König umarmte. Fé konnte förmlich spüren, wie ihre Gesichtsfarbe ständig zwischen weiß und dunkelrot wechselte und sie musste ihren ganzen Willen aufbringen, um der Versuchung zu widerstehen, schreiend aus dem Saal zu laufen.
"Lass mich dich mit unseren Ehrengästen heute Abend bekannt machen?", erklang des Königs volle Stimme, doch Fé hörte sie wie durch eine Wand hindurch, "Obwohl du ja unseren weiblichen Gast bereits kennen müsstest."
Sie beobachtete, wie sich der Gesichtsausdruck des Prinzen kurz veränderte, jedoch schnell wieder zurück wechselte. Natürlich musste er sie schon bei ihren Treffen erkannt haben. Immerhin war er bei ihrem ersten nächtlichen Zusammentreffen auf dem Elbenpfad nicht bewusstlos gewesen.
"Ich weiß, Adar", erwiderte er nun ungerührt, "Aldalor hat mir die verwandtschaftlichen Beziehungen erläutert."
Der König strahlte. "Dann ist es mir eine Freude, dir die Nicht von Frau Galadriel vorstellen zu können."
Thranduil schob Fé ein klein wenig nach vorn. Sie stolperte etwas. Jemand nahm sie bei den Ellenbogen und stützte sie dann an der Hüfte. Als sie sich mit rotem Kopf wieder aufgerichtet hatte, sah sie auf und hätte die Augen am liebsten vor der Wahrheit verschlossen.
Kein Zweifel. Es war der Elb, der sie heute Morgen fast nackt gesehen hatte und den sie heute Nachmittag fast nackt gesehen hatte. Die Situation war an Verlegenheit wahrlich nicht zu übertreffen. Unsicher lächelte er sie an. Obwohl er eigentlich hätte vorbereitet sein müssen, konnte sie in seinen blauen Augen sehen, wie auch er um Fassung rang. Ihr selbst ging es nicht besser.
Der Prinz blinzelte, als Elrohir - oder war es Elladan, eigentlich hatte Elrohir heute morgen noch gesund ausgesehen - ihn mit dem Ellenbogen anstieß. "Sag was", flüsterte er nur für den Prinzen und Fé hörbar, die er entschuldigend anlächelte.
"Ja,...mh...", räusperte sich der blonde Elb, "Es freut mich Euch kennen zulernen."
"Tarien Féathila", hörte sie die Stimme Thranduils hinter sich, in der unverkennbar Stolz mitschwang, "Das ist mein Sohn Legolas."
"Legolas", erklang ein Echo in ihrem Kopf. Legolas?
Stumm formte sie das Wort mit den Lippen. Das war doch nicht möglich. Sie hatte gedacht, dass... Er hatte nie erwähnt, dass er Düsterwalds Thronfolger war, als er ihr seine Wunder geschildert hatte. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass er adlig war. Das dort konnte doch unmöglich...
Auch er starrte sie an, die Augenbrauen hochgezogen und sagte lautlos ihren Namen. Wie konnte das sein? Er sah so verändert aus. Dem Jungen von damals so gut wie nicht mehr ähnlich. Kein Wunder, dass sie ihn nicht erkannt hatte. Aber wie...? War das wirklich...der kleine Legolas?"
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*Augen zu und durch. **Willkommen im Hause Thranduils. ***Schwesterchen ****Brüderchen *****Guten Abend, mein Freund. ******Prinzessin Nenellinwen Thranduilen von Düsterwald *******meine Tochter ********Prinz *********mein Sohn
Notes: Ja, ich wees. Dis waren a bisserl viele Angaben, aber ich benutz doch so gern Elbisch. *hi* Was macht ein Mädel, dass erfahren hat, dass der Kerl, von dem sie gehofft hat, er wäre auch in sie verliebt, plötzlich mit ner Freundin aufkreuzt. Richtig: Sie baut beim Ausparken (fast Fé-reif, soll nich heißen, dass ich mich selbst mit ihr darstelle) einen Unfall (nicht schlimm nur ne Beule) und sorgt dafür, dass ihre beiden Hauptcharaktere sich endlich mal unter nicht so seltsamen Umständen treffen, weil sonst die Gefahr besteht, dass entweder Fé oder der gute Lego früher oder später mit nem/ner anderen Elb/e an der Seite auftaucht. Und das wollen wir ja alle nich, obwohl ich schon drüber nachgedacht hab...mal schauen. Hier erst mal noch das übliche: REVIEWN, REVIEWN, REVIEWN. Weder beißt der Button noch explodiert er, wenn man drauf klickt. Im Gegenteil. Er freut sich darüber und ist überglücklich, wenn ihr ne kleine Nachricht für die Wilwarinya dalasst. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Bis zum nächsten Chap.
Hey Leutz, da binsch wieder. Tut mir leid, dass es diesmal so lange gedauert hat, aber wir haben im zweiten Halbjahr vorm Abi nur noch acht Wochen Schule und da haben sich sämtliche Lehrkörper dazu verschworen, schon vor Ende des ersten Halbjahres möglichst viel Tests zu schreiben. Es könnte ja sonst der Verdacht aufkommen, dass das Abi-Jahr nicht stressig wäre. Aber ab heute ham wir erstma Winterferien, deshalb könnte das nächste Chap schon a bisserl eher kommen. Auch wenn man uns diese hart verdiente Zeit auf eine Woche zusammengeschrumpft hat. *mpf* Weils aber so lang gebraucht hat, ist dieses Chap auch extra lang.
@Nilli: Danke für deine überschwängliche Review:) Baut mich immer wieder auf.
@Finda: Ich hab schon gedacht, du hast mich vergessen *traurig guck*. War deshalb sehr froh wieder was von dir zu hören. Wünsch dir ganz viel Glück bei den Prüfungen und hoffe, dass die die schon hinter dir liegen gut gelaufen sind. Ich zittere schon vor meinen. Hab aber noch Schonfrist bis zur ersten Maiwoche.
Natürlich auch vielen Dank an die anderen Reviewer. Hoffe Euch allen gefällt das next Chap. Wenn nicht...Ihr wisst ja, wo der Review-Button is;) *Mit einem riesigen Zaunpfahl um mich schlag*
Also viel Spaß beim Lesen.
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Kapitel 7
"In Iluvatars Namen, hoffentlich geht es ihr gut." Unruhig spazierte Nell durch den Schlossgarten. Melonndil hatte sie aus einiger Entfernung beobachtet. Nun kam sie auf die Prinzessin zu und fasste sie bei den Schultern. Nell wand sich aus der Berührung, als Melonndil zum Sprechen ansetzte.
"Nein, Tante Mel. Ich will es nicht hören. Sag bitte nicht, dass ich mich beruhigen soll. Dazu bin ich derzeit wirklich nicht in der Lage."
Sie war im Pavillon angekommen und ließ sich in einer verzweifelten Geste auf die Bank fallen. "Wie soll ich das nur ihrem Bruder erklären?...Mae govannen. Mein Name ist Nenellinwen. Was ich Euch noch sagen wollte: Ich bin dafür verantwortlich, dass Eure Schwester spurlos im Taur-nu-Fuin verschwunden ist... Wenn du mich fragst, Tante Mel, klingt das ganz und gar nicht beruhigend."
"Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich es nicht gar so drastisch formulieren", kommentierte die Haushaltsvorsteherin Nells Ausbruch trocken, "Aber das liegt ganz bei dir. Du kannst die Wirkung gleich ausprobieren. Ihr Bruder ist soeben eingetroffen."
"Das ist ja alles gut und schön. Dennoch...", Nells Augen weiteten sich, "Ihr Bruder ist hier."
Melonndil nickte: "Er ist gerade dabei auf den Hof zu reiten. Und er sah äußerst besorgt aus. Wir können uns den Grund dafür ausmalen."
Nell war einer Ohnmacht nahe. Sie fragte sich, ob auch noch andere Leute solch furchtbare Tage durchlebten.
"Kind, du bist ja ganz blass. Du musst dich wirklich beruhigen, wenigstens mir zuliebe. Mache dir keine Vorwürfe. Es war richtig, dass du zurückgekommen bist und Soldaten auf die Suche geschickt hast."
"Aber wenn ich noch ein wenig gewartet hätte. Vielleicht war sie noch in der Nähe. Ich hätte weiter suchen sollen. Immerhin dauert die Suche schon einige Stunden."
"Jetzt hör mir zu. Eine Einzelperson hätte überhaupt nichts ausrichten können, bedenkst du die Größe des Gebietes. Genauso gut hättest du eine Nadel im Heuhaufen suchen können. Außerdem war es erst kurz nach Mittag, als sie verschwunden ist. Das heißt, bis zur Dämmerung ist noch Zeit. Die Chancen stehen gut, dass man sie noch vor der Dämmerung findet."
"Nichts desto Trotz muss ich jetzt vor ihren Bruder treten."
"Das kann ich übernehmen, wenn du dich nicht in der Lage dazu fühlst." Besorgt schaute Melonndil Nell in die Augen, doch die wiegelte ab.
"Nein, das muss ich selbst machen. Immerhin bin ich dafür verantwortlich."
Sie atmete tief durch und machte sich auf den Weg zum Schloss. Als sie die Eingangshalle betrat, traf sie überraschen bereits dort auf eine Gruppe Elben - unter ihnen Soldaten in lórienischer und in Düsterwald-Uniform. Ohne Zweifel musste das die Abordnung sein, die Fés Bruder gesucht hatte. Wenigstens war ein Teil der Geschwister aufgetaucht.
Sie nahm ihren Mut zusammen und versuchte jetzt Ruhe zu bewahren. Solo hin ar' imya.*
"Mae govannen. Creoso ne noss Thranduilen.** Darf ich erfahren, bei welchem der Herren es sich um Herrn Féagil handelt?"
Ein sehr hochgewachsener Elb trat hervor. Seine Augen waren von Schatten getrübt und eine Falte zwischen den Brauen verlieh seiner Besorgnis Nachdruck. Die Farbe seiner Haare glich der von Fés dunklem Schopf und seine Züge hatten unverkennbare verwandtschaftliche Ähnlichkeit mit den ihren. Bei genauem Betrachten hätte Nell den Bruder ihrer Freundin wohl auch allein erkannt.
"Mae govannen. Mein Name ist Nenellinwen Thranduilen. Ich habe mich um Eure Schwester gekümmert." Sie beschloss sofort zum Thema zu kommen. "Zu meinem Bedauern muss ich Euch aber mitteilen, dass sie..."
Nell unterbrach sich, als einer der Dienstboten auf sie zu trat und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Erleichterung ließ die Anspannung in ihrem Gesicht weichen. "Ist das wahr?", fragte sie den Diener. Als dieser bestätigend nickte, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie musste sich zurückhalten, um nicht erleichtert aufzulachen.
Die Prinzessin wandte sich wieder an Féagil, der seiner bestürzten Miene zufolge bereits mit dem Schlimmsten zu rechnen schien.
"Es tut mir leid, Euch in Angst versetzt zu haben. Ich habe soeben erfahren, dass Eure Schwester Féathila gefunden wurde. Sie erwartet Euch im Hof."
"Gefunden?", Féagils Blick war eine einzige Frage.
"Ich erkläre es Euch später. Bitte folgt mir."
Nell ging voran und führte die Gruppe durch den Haupteingang nach draußen. Dort saß Fé gerade ab und übergab Melans Zügel einem Stallknecht. Sie wurde flankiert von mehreren Angehörigen der königlichen Garde. Die Freude übermannte Nell und sie umarmte stürmisch die verloren Geglaubte.
"Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dich zu sehen. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir etwas passiert wäre."
Fé schien den ganzen Trubel nicht zu verstehen. Überrascht ob der heftigen Begrüßung, sah sie leicht irritiert aus und lachte. "Ich bin doch wieder da. Und wie du siehst, habe ich dieses alles unbeschadet überstanden...Nell, Nell, du kannst jetzt aufhören, sonst geht mir die Luft aus."
"Entschuldigung", bat Nell und ließ los, "Aber ich habe auch gute Neuigkeiten für dich: Sieh mal wen wir außer dir noch gefunden haben."
Sie trat zur Seite und Féagil kam ins Blickfeld seiner Schwester. Fé fiel ihm mit einem Hufschrei um den Hals: "Féagil! Ich dachte schon, ich würde dich nie wieder sehen."
Ihr Bruder erwiderte die Umarmung und lächelte. "Das gleiche könnte ich dir sagen, seler'amin.***" Er löste sich widerwillig von ihr und sah sie Ernst an. "Hat dich Melkor geritten, dass du dich einfach allein davongeschlichen hast? Ich habe dir gesagt, der Düsterwald ist kein Spielplatz."
Féathilas Gesicht bekam einen trotzigen Ausdruck: "Ich bin doch keine fünfhundert mehr. Im übrigen lasse ich mich nicht gern von Leuten bevormunden, die fast auf die Minute genauso alt sind wie ich. Und vor allem nicht von solchen, die es als notwendig erachten, hier mit fast zwei Tagen Verspätung einzutreffen."
"Erstens: Woher sollte ich denn wissen, dass du hier bist? Und zweitens: Dreimal darfst du raten, was uns so lange im Wald gehalten hat."
"Doch nicht etwa..."
"Ja, seler'amin. Wir haben versucht dich zu finden", seine Züge wurden wieder weicher, als er den gerührten Blick seiner Schwester begegnete.
"Wir mussten ihn fast zwingen die Suche vorerst aufzugeben und stattdessen lieber beim König von Düsterwald um Hilfe zu bitten", schaltete sich einer der lòrienischen Soldaten ein.
Fé umarmte ihren Bruder nochmals. "Unter diesen Umständen sei dir verziehen."
"Aber was musste ich bei meiner Ankunft erfahren?", allem Anschein nach war Féagils kleine Predigt noch nicht beendet, "So wie sich die Lage hier darstellt, warst du schon wieder verschwunden."
"Das war nichts Weltbewegendes, tôror'amin****", wischte Fé das beiseite, "Nur ein kleiner Vorfall mit dem Drachen."
Ihr Bruder sah sie entsetzt an. "Drachen?"
"Nun", unterbrach Nell die Geschwister, "Wollen wir das nicht lieber drinnen bei einer Stärkung besprechen? Ich lass eine Kleinigkeit auftragen, dann können wir in Ruhe über alles reden."
Die Versammlung setzte sich in Bewegung. Die Düsterwald-Soldaten verbeugten sich und suchten ihre Quartiere auf. Die übrigen begaben sich zum Speisezimmer.
"Wie gut, dass er noch nichts von den Ungols weiß", murmelte Fé in Nells Ohr.
+++++++
Als Legolas das Schlosstor passierte, zog bereits die Dämmerung herauf. Er hatte sich wirklich ausgiebig Zeit gelassen und noch einmal alles durchdacht. Wenn seine Vermutung stimmte, war sein Traum - zumindest der letzte Teil davon - den Vorahnungen sehr ähnlich, die seinen Vater plagten und wahrscheinlich auch Herrn Elrond rastlos werden ließen. Wie diese Vorgänge jedoch mit seinen Erinnerungen an Fé zusammenhingen mochten, blieb ihm ein Rätsel. Zumal er nicht glaubte, dass seine Jugendfreundin durch die Träume seines Vater und des Herrn von Imladris tanzte.
Legolas brachte Ithilos in den Stall und machte sich dann auf den Weg zur Kaserne. Er wollte nachsehen, ob Aldalor sich von seinem gestrigen Trinkgelage erholt hatte. Leise klopfte er an die Tür zum Quartier seines Freundes.
"Herein", brummte es aus dem Inneren. Das hörte sich nicht sehr elangeladen an. Legolas betrat leise den Raum. "Maer gwein, mellon'amin*****. Ich wollte mich nur vergewissern, wie es deinem Brummschädel geht."
"Legolas", begann Aldalor, "Du musst mir hoch und heilig versprechen, mich das nächste Mal davon abzuhalten, so viel zu trinken."
Der Prinz grinste. "Dir ist aber schon bewusst, dass du das jedes mal sagst."
"Dieses Mal meine ich es ernst."
Legolas musste ein lautes Auflachen unterdrücken. Das sagte er auch jedes Mal.
"Übrigens", bemerkte Aldalor mit matter Stimme, "Ich hatte heute höchst seltenen besuch von deiner Schwester."
"Von Nell? Welch bedeutsame Umstände zeichnen denn dafür verantwortlich?"
"Sie wollte in Erfahrung bringen, ob ich weiß, wohin ihr Bruder schon wieder entschwunden ist. Deine kleine Freundin - du weißt schon, die mit den Ungols - war nämlich im Wald verschwunden, weil ihr Pferd mit ihr durchgegangen war. Nenellinwen wollte dich zusammen mit dem Suchtrupp losschicken."
"Sie ist nicht meine kleine Freundin..."
"Ja, ich weiß. Du wirst nicht müde das zu betonen. Ihr Bruder ist übrigens angekommen - heute Nachmittag. Ich kann dir sagen, der Lärm, den sie bei der Wiedervereinigung auf dem Hof gemacht haben, war ohrenbetäubend. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie mir der Schädel gedröhnt hat." Zur Verdeutlichung legte Aldalor die Hände an die Schläfen und setzte seinen gequältesten Gesichtsausdruck auf.
"Das kommt daher, weil ich mich nicht wie ein Wilder auf jeden Becher Met stürze, der mir vorgesetzt wird....Sie hat einen Bruder?"
Aldalor rollte mit den Augen und verzog schmerzhaft das Gesicht. "Sage mir, mellon'amin, wie lebt es sich außerhalb der Wirklichkeit? Ist es dir dort möglich, deine Umwelt wenigstens in Bruchstücken wahrzunehmen? Wenn du mir jetzt wirklich erzählen willst, dass du das Mädchen später nicht einmal gesehen hast, nehme ich das mit dem Retter in der glänzenden Rüstung sofort zurück. Wo warst du überhaupt?"
Das er sie nicht gesehen hatte, war nicht ganz richtig. Nur hatte er es nicht darauf angelegt. In Anbetracht der Umstände fand er dieses Verhalten jedoch nicht gar so verwerflich wie sein Freund. Er hatte aber nicht vor diese Umstände seinem Freund zu erklären. Die Folgen wären haarsträubend.
"Ich war nachdenken", sagte er stattdessen. Nein, die Begegnung am Waldsee würde er für sich behalten.
"Warum, zum Melkor, lächelst du schon wieder so seltsam?" Aldalor sah seinen Freund prüfend an, "Das scheint bei dir zur Gewohnheit zu werden."
"Was?" Legolas schüttelte seine Gedanken ab, "Ach nichts."
Aldalor seufzte: "Warte nur, bis ich wieder klar denken kann. Dann kommst du mir nicht mehr so ungeschoren davon. So und jetzt gib mir bitte den Becher, der auf dem Tisch steht."
Der Prinz musterte skeptisch das Trinkgefäß. "Was ist da drinnen?"
"Hältst du mich wirklich für so dumm? Das ist nur ein Kräutertee. Deine Schwester hat ihn mir vorhin vorbeigebracht, nachdem sie mich in meinem erbärmlichen Zustand gesehen hat. Sie hat mir versichert, er würde gegen das Hämmern in meinem Schädel helfen würde." Aldalor nahm den Becher, trank schlürfend seinen Tee und kämpfte gegen den sich sofort einstellenden Würgereiz an. "Nenellinwen hat nichts davon erzählt, dass der Tee dem Geschmack von Orkblut so nahe kommt. Weshalb trägst du eigentlich noch nicht dein kleines Krönchen und trägst noch Kleider, die dem von einem Waldläufer zum Verwechseln ähnlich sehen?"
"Muss ich den Sinn deiner Frage verstehen?"
"Legolas, Legolas", meinte sein Freund trocken, "Es geht wirklich einiges an dir vorbei. Dein Vater hat kurzfristig ein weiteres Fest anberaumt. Dieses mal zu Ehren der Nichte und des Neffen von Frau Galadriel. Wenn du nicht schon wieder Ärger mit deinem Vater willst, würde ich vorschlagen, dich dort sehen zu lassen."
"Die Nichte und der Neffe von Frau Galadriel. Ich wusste gar nicht, dass weiterer hoher Besuch erwartet wird. Wann sind sie denn eingetroffen?"
"Mellon'amin, bist du dir sicher, dass du dir bei dem Kampf mit den Ungols keine Kopfverletzung zugezogen hast?" Aldalor beäugte seinen Freund skeptisch. "Es handelt sich um deine kleine Freundin und ihren Bruder."
"Sie ist nicht...Sie ist die Nichte von Frau Galadriel?"
Aldalor hob schwach die Hände. "Eru hab Dank, dass du seinen Verstand wenigstens zu Teil verschont hast. Ich hab sie mir vorhin durch das Fenster angeschaut. Und ich muss wirklich sagen... Hast du ein Glück, dass du einer solchen Elbe über den Weg gelaufen bist und auch noch die Ehre hattest sie zu retten."
"Übertreibst du nicht ein bisschen."
"Ich untertreibe höchstens. Bei Manwe, tu mir den Gefallen und mach das nächste Mal, wenn du ihr begegnest die Augen auf."
Wenn du wüsstest. Aber das behielt Legolas für sich.
"Willst du mir nicht erzählen", fuhr sein Freund fort, der nun etwas besorgt klang, "Was dich so sehr beschäftigt, dass du nicht einmal ein solches Mädchen bemerkst?"
"Später, versprochen", warf Legolas hastig ein, "Jetzt muss ich mich erst einmal auf schnellstem Wege zum Fest begeben, sonst geschieht wirklich noch eine Familientragödie. Weshalb gibst du uns eigentlich nicht die Ehre?"
"Sei ruhig", meinte Aldalor knurrend, während er wieder in sein Bett kroch, "ihr müsst heut ohne mich auskommen. Und jetzt geh, sonst kommst du zu spät. Das wird meinem Kopf auch helfen; der schmerzt nämlich nur noch mehr, wenn er sich über dein seltsames Verhalten Gedanken machen muss."
+++++++
Nervös zupfte Fé an ihrem Kleid herum. Sie hatte noch nie etwas so schönes getragen. Es war dunkelblau und mit Silberfäden durchwirkt. An den Armen und dem Oberkörper lag es eng an und ging fließend in einen langen, weiten Rock über. Das Kleid hatte nur einen kleinen Haken: Es war schulterfrei. Sie hatte deshalb die ständige Befürchtung es würde herunterrutschen, obwohl Nell natürlich darauf bestand, dass das unmöglich wäre. Fé seufzte. Sie würde sich in Zukunft wohl an eine solche Kleidung gewöhnen müssen. Sie konnte es noch gar nicht richtig glauben. Vor ein paar Stunden musste sie sich noch mit einem dreisten Elben im Wald herumplagen, dann war endlich ihr Bruder wieder aufgetaucht und nun sollte sie ihren ersten öffentlichen Auftritt als Mitglied der lórienischen Adelsfamilie absolvieren.
Sie folgte der Düsterwald-Prinzessin den gang entlang zum großen Festsaal. Die große Flügeltür kam in Sicht und Fé sah die vielen Elben, die sich bereits versammelt hatten. Sie würde das nie und nimmer durchstehen. Öffentliche Auftritte waren definitiv nichts für sie. Fé machte auf dem Absatz kehrt und ging den gang wieder zurück.
"So, Fé. Bist du bereit?", hörte sie Nell fragen, die noch nichts von ihrer Flucht bemerkt hatte. Sie konnte die Frage mit einem äußerst klaren "Nein" beantworten. "Fé?" rief die verdutzte Prinzessin, "Féathila, du kommst auf der stelle zurück."
Nach wenigen Augenblicken war Nell hinter ihr, ergriff ihre Schultern und drehte sie herum.
"Fé, was soll denn das?"
"Ich kann da nicht hinausgehen. Hast du nicht die vielen Leute gesehen? Ich war noch nie auf einem solch großen Fest. Ich habe nur eine theoretische Vorstellung davon, wie man sich dort verhalten muss. Nell, das wird eine furchtbare Blamage. Du weißt doch, wie ungeschickt ich bin."
"Hör auf zu jammern. Du redest völligen Unsinn", Nell sah ihre Freundin eindringlich an, "Sieh dich an!"
Sie schob Fé zu einem großen Spiegel, der in der Nähe an der Wand hing.
"Was siehst du?"
Fé betrachtete ihre offen getragenen, dichten, dunklen Haare - die ihrer Meinung nach einem Wischmopp ähnlich sahen - das hagere Gesicht, aus dem ihr ängstliche Augen entgegenblickten, und ihre zusammengesunkenen Schultern. Kein Zweifel...
"Eine kleine Elbe, die nicht hierher gehört", war ihre Antwort.
"Unsinn", wiederholte Nell, "Du siehst absolut umwerfend aus. Und wenn ich das schon sage, kannst du dir ausmalen, was die männliche Bevölkerung Düsterwalds für Ansichten vertritt. Stell dich gerade hin."
Fé tat wie ihr geheißen.
"Siehst du", meinte Nell, "Du wirkst gleich viel selbstbewusster. Wir gehen jetzt dort hinein, und du wirst allen beweisen, dass du nicht das stille Mäuschen bist, auf das du dich immer selbst reduzierst."
Wider Willen musste Fé lächeln. Ihre Freundin klang wie ein Feldherr, der seine Mannen für die nächste Schlacht motivieren will. Aber vielleicht war das auch notwendig.
"So gefällst du mir und jetzt komm mit". Nell nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich. Fé blieb nur noch eine Hoffnung: Eventuell bemerkte sie ja niemand, wenn sie sich möglichst still verhielt.
Als sie mit ihrer Freundin den Saal betrat ertönte die Stimme des Zeremonienmeisters: "Ihre Hoheit, Tarien Nenellinwen Thranduilen o Taur-nu- Fuin****** und ihre Hoheit Tarien Féathila, Nichte ihrer Majestät Frau Galadriel Finarfinen o Caras Galadhon."
Sämtliche Elben im Raum wandten sich zu ihnen um. Soviel zu dem Versuch keine Aufmerksamkeit zu erregen.
"Komm mit, ich stell dir draußen ein paar Leute vor", sagte Nell strahlend - ihr schien das allgemeine Interesse an ihr nichts auszumachen - und führte Fé zu den an den Festsaal grenzenden Terrassen.
+++++++
Eilig lief Legolas die Treppen hinauf. Er musste sich wirklich beeilen, wollte er seinen Vater nicht noch mehr verärgern. Im oberen Stockwerk begegnete er den Zwillingen. Elladan waren noch die Nachwirkungen des letzten Abends anzusehen. Eine sehr blasse Gesichtsfarbe und eine vom Kopfschmerz leicht verzerrte Miene sprachen eine deutliche Sprache.
"Maer gwein, mellyn'amin", begrüßte er sie. Mitleidig blickte er zu Elladan. "Elrohir, meinst du nicht, das ist etwas sehr hart?"
"Ganz und gar nicht", antwortete dieser und seine Mundwinkel zuckten, "Wir wollen doch nicht unseren Gastgeber verärgern."
"Er ist schlimmer, als unser Vater", bemerkte Elladan mit einem bösen Blick auf seinen Bruder, "Er hat so lange auf mich eingeredet, und das in einer Lautstärke, dass es für meinen Kopf angenehmer war, nachzugeben. Außerdem hat er mir noch so einen absolut furchtbaren Tee zu trinken gegeben."
Legolas grinste: "Ich fürchte, du bist nicht das einzige Opfer von Nells Wundertrank. In der Kaserne leidet noch jemand furchtbar. Aber der Tee hilft. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Und außerdem bringt er die meisten dazu, beim nächsten Mal auf das Maß ihres Met-Genusses zu achten...Falls ihr beiden noch kurz warten wollt, komme ich mit euch."
"Sehr gerne", meinte Elrohir, "So bleibt uns wenigstens noch eine kurze Schonfrist, bevor wir uns der heiratswütigen Meute stellen müssen. Außerdem sind wir zu dritt stärker."
"Aber wir können uns nicht so gut unbemerkt flüchten", wandte Legolas ein. Die Zwillinge folgten ihm zu seinen Gemächern. "Setzt euch, ich brauch nicht sehr lange." Er verschwand in seinem Schlafzimmer.
"Lass dir Zeit", rief ihm Elrohir hinterher.
"Könntest du wohl leiser sein", knurrte Elladan mit gequälter Stimme.
Legolas wusch sich das Gesicht in einer Schüssel mit kaltem Wasser, die immer bereitstand, und suchte sich aus seinem Schrank neue Kleidung. Während er schnell in ein neues Leinenhemd, eine silber-blau schimmernde Tunika und eine dazu passende Hose wechselte, versuchte er den Gedanken zu verdrängen, dass er seine Krankenzimmer- und Waldseebekanntschaft auf dem Fest treffen würde. Er war sehr auf ihre Reaktion gespannt, was ihm half nicht über die Umstände ihrer beiden letzten Begegnungen nachzudenken.
Die Seitenpartien seiner Haare band er geübt nach hinten. Darüber setzte er einen aus Mithril gefertigten Stirnreif. Dieser war am Hinterkopf schmal und wurde vorn zu einem kunstvollen Geflecht. Legolas' Vater bestand bei öffentlichen Anlässen darauf, dass er den Stirnreif trug, um seine Position als künftiger Thronfolger angemessen zu repräsentieren. Seiner Meinung nach zumindest im Düsterwald völlig überflüssig. Es wusste doch jeder wer und was er war.
Er gesellte sich wieder zu den Zwillingen.
"Ah", trompetete Elrohir, "Unser Prinzlein hat sich ja aufs höchste herausgeputzt."
Elladan zuckte zusammen: "Musst du denn so schreien. Du kannst deiner Bewunderung auch eine Idee leiser Ausdruck verleihen."
Aufmerksam betrachtete Legolas seine Gäste. "Ich kenne da zwei, die sollten lieber ganz ruhig sein. Aber weshalb sehe ich eigentlich nicht eure beiden adligen Häupter im Glanze eures sonst so edlen Kopfschmuckes erstrahlen?"
"Ach", erwiderte Elrohir leichthin und sah dabei beiläufig zur Decke, "Den haben wir zu unserem allergrößten Bedauern zu Hause vergessen."
Vor seinem inneren Auge sah Legolas zwei einsame Stirnreifen, aufs kunstfertigste verziert, auf zwei leeren Betten liegen. Daneben stand ein grimmig dreinblickender, sonst sehr gefasster, Herr von Imladris, die Hände in die Hüften gestemmt und verzweifelt nach einem für diese Schandtat geeigneten, elbischen Schimpfwort suchend.
"Ich verstehe", grinste der Düsterwald-Prinz, "Wenn das so ist, kann man natürlich nichts dagegen machen."
"Falls ihr endlich damit fertig seid herumzuschreien", warf ein schon leicht grünlich verfärbter Elladan ein, "Wäre es sehr nett, wenn wir uns auf den Weg machen könnten. Je eher wir auf dem Fest sind, desto eher kann ich mich wieder zurückziehen und mich hinlegen."
"Und du meinst, dass dich die Damen so einfach gehen lassen?" fragte Legolas.
Elrohir sah seinen Bruder prüfend an: "Wenn er weiter so aussieht, wie ein Käse, der Schimmel angesetzt hat, dann glaube ich, dass er gute Karten hat."
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Nell trat hinaus in die angenehm kühle Nachtluft. Vom Festsaal her drang gedämpfte Begleitmusik in wunderschönen Harmonien bis an die Ohren, der auf den Terrassen versammelten Gäste. Hinter ihr folgte die schüchterne Fé. Die Düsterwald-Prinzessin lächelte, als sie an ihr erstes Bankett dachte. Beim großen Iluvatar, war sie nervös gewesen. Allerdings hatte sie sich nach anfänglichen Panikattacken recht gut geschlagen und bis auf einige Füße, die beim Tanzen unter ihr hatten leiden müssen, hatte sie auch keine mittelschweren Katastrophen ausgelöst. Fés Gesichtsausdruck nach zu urteilen, machte ihre Freundin gerade ähnliche innere Gefühlsausbrüche durch. Aber Nell war sich sicher, dass Fé sich umsonst Sorgen machte. Sie war immerhin älter, als Nell es damals gewesen war.
"Nenellinwen!"
Sie fuhr erschrocken zusammen, als Melonndil plötzlich wie aus dem nichts neben ihr auftauchte.
"Maer gwein, Tante Nell", begrüßte sie die Haushaltsvorsteherin und Beraterin in allen Lebenslagen.
Diese erschien ihr sehr zerstreut und hektisch. "Du kannst mir nicht zufällig sagen, ob dein werter Bruder gedenkt, uns heute Abend noch mit seiner Anwesenheit zu beehren?"
"Nein, Tante Mel, es tut mir leid, aber ich kann dir noch nicht einmal sagen, wo er sich gerade aufhält. Ich habe heute selbst schon nach ihm gesucht."
"Er ist wieder einmal ausgeflogen", Melonndils Nerven schienen am seidenen Faden zu hängen, "Es ist immer dasselbe. Jedoch meinte er, dass er am Abend wieder da sein würde. Der König wird sehr ungehalten sein, wenn er auch dieses Fest versäumt."
"Beruhige dich, Tante Mel", meinte Nell und legte ihr eine Hand auf den Arm, "Wenn er sagte, dass er wieder hier sein würde, dann wird er sicherlich noch erscheinen."
"Dein Wort in Erus Ohr", antwortete Melonndil resignierend.
"Übrigens möchte ich dir jemanden vorstellen", wechselte Nell das Thema, "Tante Mel, das ist Féathila, Nichte der hohen Frau Galadriel. Fé, das ist Melonndil, unsere Haushaltsvorsteherin und guter Geist des Hauses."
"Sie übertreibt wieder schamlos", richtete sich Melonndil an Féathila, "Es freut mich sehr Euch kennen zulernen. Der gesamte Hofstaat spricht nur noch von Euch und Eurer Rettung durch unseren Thronfolger. Ihr habt ihn sicherlich schon gesprochen."
Fé reichte Melonndil die hand und vollführte einen kleinen Knicks. "Die Freude erwidere ich natürlich. Es war mir zu meinem Bedauern noch nicht vergönnt dem Prinzen zu treffen - jedenfalls nicht bei vollem Bewusstsein."
Die ältere Elbe lächelte: "Es ist sehr schön, dass es auch noch Elbinnen gibt, die ein wenig Humor besitzen. Die meisten Hofdamen besitzen ein äußerst - nun ja, sagen wir eingeschränktes Maß davon. Jedoch muss ich zu meiner eigenen Erziehung Schande zugeben, dass es sehr unschicklich von Nenellinwens Bruder war, dass er es bisher versäumt hat, Euch einen Besuch abzustatten. Auch wenn er Euch wahrscheinlich nicht angetroffen hätte. Mir kam zu Ohren, dass Ihr ebenfalls einen kleinen Ausflug gemacht habt."
"Dieser Ausflug war leider größtenteils unfreiwillig; daher bin froh wieder zurückgefunden zu haben."
"Das sind wir auch, meine liebe Féathila", Melonndil umschloss Fés Hände mit den ihren, "Ich hoffe, es gefällt Euch bei uns."
Fés Antwort war von einem Lächeln untermalt. "Ich wäre überrascht, wenn es nicht so wäre."
"Das höre ich gern", erwiderte die Haushälterin mit warmer Stimme, "Nun den, ich wünsche euch beiden noch viel Spaß. Ich muss noch die Minister begrüßen." Damit rauschte sie wieder davon.
Nell war beeindruckt. Von Fés Nervosität war während des Gespräches nichts zu spüren gewesen.
"Du bist ja ein regelrechtes Rhetorik-Naturtalent", lobte sie ihre Freundin.
"Dann hat man also nicht bemerkt, dass ich einer Ohnmacht nahe war?"
Ein Grinsen schlich sich in Nells Züge. "Wenn du es bei meinem Vater ebenso gut überspielen kannst, wird Frau Galadriel dich zum lórienischen Botschafter in Düsterwald ernennen. Dort drüben ist er. Er unterhält sich mit einem der Generäle."
Sie winkte ihrem Vater, der am anderen Ende der Terrasse stand. Thranduil lächelte sie an und nickte ihr zu.
Sie vernahm Féathilas freudige Stimme neben sich: "Dort hinten ist ja Féagil." Ihr Bruder war gerade in ein Gespräch mit einem der königlichen Berater.
"Das trifft sich hervorragend", bemerkte Nell, "Dann kann ich euch gleich zusammen vorstellen." Sie setzte sich in Bewegung und dirigierte Fé durch die kleine Gasse, die sich bildete, um die Hoheiten ein durchkommen zu ermöglichen, zu Féagil.
"Verzeiht, Cammanor", wandte sich Nell dort an den Berater des Königs, "Gestattet Ihr, dass ich unseren Ehrengast kurz entführe?"
"Wie könnte ich Eurer Hoheit je etwas abschlagen", entgegnete der ältere Elb.
"Das ist äußerst liebenswürdig von Euch", lächelte Nell. Dann richtete sie sich an den Bruder ihrer Freundin: "Féagil, dürfte ich Euch und Eure Schwester meinem Vater vorstellen?"
"Natürlich. Es wäre uns eine Ehre", antwortete Féagil. Zusammen mit seiner Schwester, die ihre Hand in seine Armbeuge gelegt hatte, folgte er Nell.
"Und, seler'amin, wie gefällt dir das Fest bisher?", fragte er Fé flüsternd.
"Es ist himmlisch", meinte diese, "Ich muss nur ständig gegen meinen vor lauter Nervosität rebellierenden Magen ankämpfen."
"Keine Sorge, das legt sich mit der Zeit. Außerdem ist das völlig unbegründet. Du und unsere junge Gastgeberin seid die beiden schönsten Elbinnen auf dem ganzen Bankett. Die Herren folgen euch mit den Augen auf Schritt und Tritt und die Damen sehen ihre Chancen neben euch rapide schwinden."
Verstohlen blickte Fé sich um, um die Aussage ihres Bruders zu überprüfen. Tatsächlich bemerkte sie wie einige Elbenden Blick in ihre Richtung wandten. In einiger Entfernung stand eine Gruppe Elbinnen, die leise tuschelten und kicherten. Machten sie sich etwa über sie lustig?
Sie seufzte und schlug die Augen nieder. "Ich weiß, du meinst es gut, tôror'amin, aber das trägt nicht wirklich dazu bei, dass meine Nervosität wieder zu ihrem Normalzustand des Nicht-Vorhandenseins zurückkehrt." Sie drückte kurz den Arm ihres Bruders. Dabei entging ihr nicht, dass er Nell sehr genau beobachtete. Ein Schmunzeln lag auf ihren Lippen. Doch es erstarrte, als der König in ihr Blickfeld kam. Ihre Finger verkrampften sich und krallten sich in Féagils Arm. Wenn sie die nächsten paar Minuten vermasselte, würde es eine furchtbare Blamage für sie selbst und Lothlórien sein. Vielleicht hatte sie es vorhin nur so gut überstanden, weil sie vorher keine Zeit für Gedanken an ein Versagen hatte. Diesmal sah das ganz anders aus. Ihr Bruder legte beruhigend seine Hand auf ihre. Zusammen warteten sie in einiger Entfernung.
"Du wirst das großartig machen, Fé", flüsterte er ihr zu, "Denke einfach daran, was du gelernt hast."
Es gab da nur das winzige Problem, dass ihr Kopf wie leergefegt war. Definitiv keine gute Vorraussetzung.
"Maer gwein, Vater", begrüßte Nell den König; sie nickte dem Elben zu, der bei ihm stand: "Minister Dólthington."
"Maer gwein, Euer Hoheit. Es ist mir immer wieder eine Freude", entgegnete dieser und küsste Nell die Hand.
"Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite", antwortete sie und wandte sich dann an ihren Vater, "Darf ich dich kurz stören? Ich möchte dir gern jemanden vorstellen."
"Natürlich, tinu en amin*******", lächelte Thranduil, "Entschuldigt mich Minister Dólthington."
Er bot seiner Tochter den Arm an und geleitete sie zu Féathila und Féagil.
Fé machte einen tiefen Knicks; ihr Bruder senkte ehrfurchtsvoll den Kopf.
"Adar", begann Nell, "Darf ich dich mit unseren Ehrengästen bekannt machen, der Nichte und dem Neffen von Frau Galadriel?" - Sie wies auf Fé. - "Das ist Féathila." Thranduil reichte ihr die Hand und sie erhob sich wieder. "Féathila", fuhr Nell fort, "Das ist mein Vater, König Thranduil Oropheren o Taur-nu-Fuin."
"Es ist mir eine große Ehre, Eure Majestät", brachte die Angesprochene schüchtern hervor.
"Für mich ebenfalls", entgegnete der König lächelnd, "Ihr seid also die geheimnisvolle Fremde, welche mein Sohn mitbrachte. Ich muss sagen, er hat Mittelerde vor dem Verlust einer Schönheit bewahrt."
Fé errötete: "Danke, das ist sehr freundlich von Euch."
"Es ist die Wahrheit", sprach Thranduil voller Überzeugung.
"Und das ist Féathilas Bruder Féagil", wies Nell auf den Elben, der noch immer sein Haupt gesenkt hielt.
Auch ihm reichte der König die Hand, woraufhin Féagil den Kopf wieder hob. "Es ist mir ebenfalls eine große Ehre, Eure Majestät."
"Das kann ich nur erwidern. Celeborn lobt Euch in hohem Maße."
"Ich hoffe, dass ich mich dessen würdig erweise", antwortete der jüngere Elb erfreut.
"Daran hege ich keinen Zweifel", meinte der König. "Da jetzt beide Ehrengäste anwesend sind", fuhr er fort, "Kann das Fest offiziell eröffnet werden. Darf ich bitten?"
Thranduil bot Féathila seinen Arm an.
"Na...natürlich, liebend gern", ereiferte sich Fé mit anfänglichen Sprachschwierigkeiten und machte sich an der Seite des Königs auf den Weg zurück in den Saal.
"Würdet ihr mit mir vorlieb nehmen?", fragte Féagil Nenellinwen. Diese lächelte und ergriff seinen Arm: "Dieses Angebot kann ich unmöglich ausschlagen."
Plaudernd folgten sie Féathila und dem König.
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Mit klopfendem Herzen lief Fé neben Thranduil her. Sie konnte es kaum fassen. Welche Ehre vom König persönlich begleitet zu werden. Das Einzige, was störte, waren die vielen Leute, die sie anblickten.
"Stellt Euch einfach vor, dass die vielen Gäste mich ansehen", flüsterte ihr der König mit einem Augenzwinkern zu, "Obwohl ich mit Eurem Aussehen in meinem Alter wahrlich nicht mehr mithalten kann."
Fé blickte erstaunt zu ihm auf. "Was denn?", fragte sie Thranduil daraufhin, "Dachtet Ihr etwa, ich hätte schon immer dieses souveräne Auftreten an den Tag gelegt. Auch ich musste einmal mein erstes Bankett durchstehen. Und glaubt mir, ich denke heute noch mit einem Schaudern daran zurück."
Sie betraten den Festsaal. Der Zeremonienmeister kündete gerade einige neu eingetroffenen Besucher an. Es herrschte ein reges Stimmengewirr, deshalb verstand sie ihn nur teilweise.
"...Thranduilen o Taur-nu-Fuin...Taren******** Elrohir...Elladan Elronden o Imladris."
"Ah", rief der König mit zufriedenem Gesichtsausdruck, "Das klingt ganz so, als ob uns mein Sohn und seine beiden Freunde eingetroffen sind. Ihr habt ihn höchstwahrscheinlich seit seiner Ankunft hier öfter zu sehen bekommen als ich."
"Eigentlich habe ich ihn noch nicht getroffen. Aber ich hatte bereits das Vergnügen Taren Elrohir vorgestellt zu werden", antwortete Fé leicht verlegen. Sie wollte den Elben, dem sie ihr Leben zu verdanken hatte, nicht in Schwierigkeiten bringen.
Thranduil sah für einen Moment leicht verärgert aus, doch es hielt nicht lange vor. "Dann müssen wir diese versäumte Vorstellung sofort nachholen", meinte er mit normaler Stimme.
Fé lächelte. Endlich würde sie sich für ihre Rettung bedanken können. In einiger Entfernung sah sie eine Gruppe von drei Elben. Ein blonder Elb flankiert von zwei dunkelhaarigen. Das mussten die Zwillinge sein, denn sie waren in ihrer Erscheinung nahezu identisch und sahen dem Prinzen, den sie heute beim Frühstück getroffen hatte, außergewöhnlich ähnlich. Der einzige Unterschied war die Gesichtsfarbe. Der Elb zur Linken sah merkwürdig grün aus. Der blonde Elb in der Mitte, der demnach ihr vielgerühmter Retter sein musste, sprach gerade mit dem seltsam verfärbten Imladris-Prinzen. So konnte sie nur einen Teil seines Profils erkennen.
Thranduil steuerte mit der neugierigen Fé an der Seite auf seinen Sohn zu.
"Wie schön, dich heute noch zu sehen, utinu en amin*********", begrüßte ihn der König und breitete seinen freien Arm aus, "Du kommst gerade rechtzeitig. Wir wollten gerade anfangen."
"Adar", der Prinz wandte sich nach vorn. Fé musterte ihn aufmerksam. Ihr Lächeln erstarb und sie musste sich zusammenreißen um ihren Kiefer nicht herunterklappen zu lassen. Sie hoffte sehr, dass das nur ein Albtraum war, aus dem sie jede Minute wieder aufwachen würde. Es musste einfach so sein.
Sie verfolgte mit den Augen, wie der blonde Elb, der dem von der Lichtung heute Nachmittag und dem in ihrem Zimmer heute Morgen erschreckender Weise zum Verwechseln ähnlich war, den König umarmte. Fé konnte förmlich spüren, wie ihre Gesichtsfarbe ständig zwischen weiß und dunkelrot wechselte und sie musste ihren ganzen Willen aufbringen, um der Versuchung zu widerstehen, schreiend aus dem Saal zu laufen.
"Lass mich dich mit unseren Ehrengästen heute Abend bekannt machen?", erklang des Königs volle Stimme, doch Fé hörte sie wie durch eine Wand hindurch, "Obwohl du ja unseren weiblichen Gast bereits kennen müsstest."
Sie beobachtete, wie sich der Gesichtsausdruck des Prinzen kurz veränderte, jedoch schnell wieder zurück wechselte. Natürlich musste er sie schon bei ihren Treffen erkannt haben. Immerhin war er bei ihrem ersten nächtlichen Zusammentreffen auf dem Elbenpfad nicht bewusstlos gewesen.
"Ich weiß, Adar", erwiderte er nun ungerührt, "Aldalor hat mir die verwandtschaftlichen Beziehungen erläutert."
Der König strahlte. "Dann ist es mir eine Freude, dir die Nicht von Frau Galadriel vorstellen zu können."
Thranduil schob Fé ein klein wenig nach vorn. Sie stolperte etwas. Jemand nahm sie bei den Ellenbogen und stützte sie dann an der Hüfte. Als sie sich mit rotem Kopf wieder aufgerichtet hatte, sah sie auf und hätte die Augen am liebsten vor der Wahrheit verschlossen.
Kein Zweifel. Es war der Elb, der sie heute Morgen fast nackt gesehen hatte und den sie heute Nachmittag fast nackt gesehen hatte. Die Situation war an Verlegenheit wahrlich nicht zu übertreffen. Unsicher lächelte er sie an. Obwohl er eigentlich hätte vorbereitet sein müssen, konnte sie in seinen blauen Augen sehen, wie auch er um Fassung rang. Ihr selbst ging es nicht besser.
Der Prinz blinzelte, als Elrohir - oder war es Elladan, eigentlich hatte Elrohir heute morgen noch gesund ausgesehen - ihn mit dem Ellenbogen anstieß. "Sag was", flüsterte er nur für den Prinzen und Fé hörbar, die er entschuldigend anlächelte.
"Ja,...mh...", räusperte sich der blonde Elb, "Es freut mich Euch kennen zulernen."
"Tarien Féathila", hörte sie die Stimme Thranduils hinter sich, in der unverkennbar Stolz mitschwang, "Das ist mein Sohn Legolas."
"Legolas", erklang ein Echo in ihrem Kopf. Legolas?
Stumm formte sie das Wort mit den Lippen. Das war doch nicht möglich. Sie hatte gedacht, dass... Er hatte nie erwähnt, dass er Düsterwalds Thronfolger war, als er ihr seine Wunder geschildert hatte. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass er adlig war. Das dort konnte doch unmöglich...
Auch er starrte sie an, die Augenbrauen hochgezogen und sagte lautlos ihren Namen. Wie konnte das sein? Er sah so verändert aus. Dem Jungen von damals so gut wie nicht mehr ähnlich. Kein Wunder, dass sie ihn nicht erkannt hatte. Aber wie...? War das wirklich...der kleine Legolas?"
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*Augen zu und durch. **Willkommen im Hause Thranduils. ***Schwesterchen ****Brüderchen *****Guten Abend, mein Freund. ******Prinzessin Nenellinwen Thranduilen von Düsterwald *******meine Tochter ********Prinz *********mein Sohn
Notes: Ja, ich wees. Dis waren a bisserl viele Angaben, aber ich benutz doch so gern Elbisch. *hi* Was macht ein Mädel, dass erfahren hat, dass der Kerl, von dem sie gehofft hat, er wäre auch in sie verliebt, plötzlich mit ner Freundin aufkreuzt. Richtig: Sie baut beim Ausparken (fast Fé-reif, soll nich heißen, dass ich mich selbst mit ihr darstelle) einen Unfall (nicht schlimm nur ne Beule) und sorgt dafür, dass ihre beiden Hauptcharaktere sich endlich mal unter nicht so seltsamen Umständen treffen, weil sonst die Gefahr besteht, dass entweder Fé oder der gute Lego früher oder später mit nem/ner anderen Elb/e an der Seite auftaucht. Und das wollen wir ja alle nich, obwohl ich schon drüber nachgedacht hab...mal schauen. Hier erst mal noch das übliche: REVIEWN, REVIEWN, REVIEWN. Weder beißt der Button noch explodiert er, wenn man drauf klickt. Im Gegenteil. Er freut sich darüber und ist überglücklich, wenn ihr ne kleine Nachricht für die Wilwarinya dalasst. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Bis zum nächsten Chap.
