AN: Sorry, dass es längere Zeit keine Updates gegeben hat. Hatte die letzte Zeit ein bisschen Schulstreß. Hoffe, dass ihr trotzdem noch weiter lest. Über ein paar Feedbacks freue ich mich auch immer wieder !
Wie angelt man sich einen Hobbit
oder –
Das Jahr, in dem Merry Brandybock erwachsen wurde
- Kapitel 7-
Das JulfestTeil 1
„Du?", stieß sie hervor.
„Ja, da staunst du, was? Das passiert mit kleinen Mädchen, die uns hinterher spionieren. Du und deine komische Freundin!"
„Doderic... aber.", stotterte Estella verwirrt und versuchte aufzustehen. „...Aber wir haben dir nicht hinterher spioniert!"
Doderic drückte sie wieder mit seinem ganzen Gewicht auf den Boden. „Ach nein? Das sehen wir aber ganz anders!"
„Wir?"
„Ja, ganz genau! Wir!"
Brutal drückte er ihre arme über ihrem Kopf zusammen und band sie mit einem grauen Seil fest zusammen.
Estella versuchte sich irgendwie aus seinem Griff zu befreien. Panisch trat sie um sich.
„Jetzt halt still!", zischte Doderic sie an. Mit voller Wucht schlug er ihr ins Gesicht.
Estellas Kopf flog nach hinten und knallte hart auf dem Boden auf. Leise wimmerte sie und merkte wie etwas feuchtes warmes sich seinen Weg ihre Stirn hinunter suchte.
„Doderic was soll das?", versuchte sie leise an seine Vernunft zu appellieren.
„Du bist mein Estella! Mein ganz alleine! Niemand wird uns jemals auseinander bringen. Und niemand wird meine Pläne kaputt machen. Am allerwenigsten du!" Der blanke Wahnsinn sprach aus seinen Augen.
Entsetzt sah sie Doderic an. Mit einem Mal verstand sie, warum alle sie vor Doderic gewarnt hatten. Sein Gesicht war vor Hass verzerrt und seine Augen blitzen wie die eines Irren.
Erneut versuchte Estella sich von ihrem Peiniger zu befreien. Doch Doderic erwies sich als der Stärkere. Wild schmiss er sich auf sie und drückte sie zu Boden. Dabei fiel etwas klappernd aus seiner Hosentasche auf den Boden. Estella stockte der Atem. Panisch fing sie an um Hilfe zu Rufen. Er würde sie umbringen!
Auf dem Boden lag ein langes, silbern glänzendes Messer an dessen Spitze getrocknetes Blut klebte...
Estella verspürte Todesangst.
Doderic wurde langsam nervös. Dass Estella schrie, passte ihm gar nicht. Sicherlich würde sie dadurch Merry oder Peregrin wecken.
„Halt die Klappe!", fuhr er sie an.
Doch Estella wurde immer panischer, trat so gut es ging um sich und rief immer wieder laut um Hilfe.
Plötzlich merkte Estella wie Doderics Hand sich um ihren Hals legte. Voller Angst schrie sie ein allerletztes Mal auf. Dann drückte Doderic zu.
Merry schlief tief und fest, als er auf einmal eine kleine Hand in seinem Nacken spürte, die ihn vorsichtig rüttelte. Mit einem verschlafenem Brummen schob er die Hand weg und drehte sich auf die andere Seite. Doch die Hand wollte keine Ruhe geben und rüttelte ihn erneut.
Mit einem Seufzen richtete er sich auf und kramte auf dem kleinen Tisch neben seinem Bett nach Streichhölzern um eine Kerze anzuzünden.
Nachdem er das (im Dunklen) endlich geschafft hatte, setzte er ein gespielt empörtes Gesicht auf und wollte den Störenfried für sein Stören zurechtweisen. Doch als er sich umdrehte, wurde sein Gesichtsausdruck ernst. Vor ihm stand eine total verängstigte Stina.
„Merry," ,schluchzte sie, „du musst schnell kommen. Der Doderic tut der Estella ganz dolle weh!"
Merry nahm das kleine Mädchen auf den Schoß. „Stina, du hast bestimmt nur geträumt."
„Nein, ich hab nicht geträumt. Ich habe Estella schreien gehört."
„Aber Estella liegt doch in ihrem Bett, hier neben mir."
Stina sah ihren Cousin mit großen Augen an. „Merry, das Bett ist doch leer."
Erst jetzt bemerkte er, dass Estella sich wirklich nicht im Zimmer befand.
„Wo sind sie?", fragte er knapp.
Stina nahm Merry bei der Hand und zusammen liefen sie los.
Als sie vor dem Zimmer im Flur standen, war es verdächtig ruhig. Kein Schrei oder irgend ein anderes Geräusch verriet die Anwesenheit Estellas und Doderics.
„Stina, bist du dir sicher, dass du nicht geträumt hast?", fragte Merry.
Das Hobbitkind nickte und sah ihn wartend an. „Na gut, dann werde ich da jetzt reingehen."
Er schickte Stina in ihr Zimmer. Dann öffnete er die Tür.
Estella lag auf dem Boden. Doderic kniete über ihr, die eine Hand mit festem Griff um ihrem Hals, mit der anderen zwischen ihre Beine langend.
Eine unbeschreibliche Wut kroch in ihm hoch. Der Gedanke, dass Doderic gewaltsam sich etwas von Estella nehmen könnte, zerriß ihm das Herz.
Merry musste sich schwer zusammen reißen, um nicht auf Doderic loszustürmen. Aus den Augenwinkeln heraus nahm er das Messer war, welches immer noch auf dem Boden lag.
So leise, wie es eben möglich war, schlich er dort hin. Er hoffte das Doderic ihn nicht bemerkte. Estella, die es aufgegeben hatte sich zu wehren, schluchzte leise.
Merry hatte das Messer fast erreicht, als Doderic sich mit einem Male umdrehte. Schnell und nahezu lautlos ließ Merry sich auf den Boden fallen, so dass er sich gerade noch Doderics Blickfeld entziehen konnte. Vorsichtig kroch er in eine Ecke.Er wagte es noch nicht einmal zu atmen.
Ein paar Minuten verharrte er so, dann wand Doderic sich wieder Estella zu. Schnell eilte Merry zu dem Messer. Rasch nahm er es in seine rechte Hand und ging langsam und vorsichtig in geduckter Haltung auf Doderic und Estella zu. So schlich er bis er direkt hinter Doderic stand.
Estella fühlte sich mit plötzlich schrecklich erschöpft. All ihre Glieder schmerzten, genauso wie die Stelle an ihrem Hals, die Doderic immer noch brutal zusammen drückte. Seine Hand zwischen ihren Beinen wanderte immer weiter nach oben, sie wollte sich wehren, aber ihre Körperteile gehorchten ihr einfach nicht. Angstvoll, die Dinge erwartend, die folgen sollten, schloss sie die Augen. So musste sie wenigstens nicht in Doderics Gesicht mit den gierigen Augen und den hämisch grinsenden Mund schauen.
Kurz bevor Doderic das Ende ihres Oberschenkels erreicht hatte, nahm Estella ihren letzten Willen zusammen und bäumte sich mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, auf.
Im selben Moment sah sie, wie eine sonnengebräunte Hand Doderic ein Messer an die Kehle legte. Die andere Hand riss ihn an den Haaren zurück, so das Doderics Kopf in den Nacken flog.
„Du lässt sie sofort los!", sagte die stimme Merrys und sein Tonfall verriet Estella, dass er seine Wut nur schwer bezähmen konnte.
Sie spürte wie Doderics Griff um ihren Hals sich langsam löste . Schließlich ließ er ganz los und Estella hustete.
„Nimm deine andere Hand auch von ihr weg! Und dann stehst du ganz langsam auf!", befahl Merry ihm.
„Wieso sollte ich?", fragte Doderic gefährlich leise. „Du traust dich doch eh nicht von dem Messer Gebrauch zu machen! Dafür bist du viel zu feige!"
Merry merkte, dass er bald nicht mehr an sich halten konnte. Seine Hand, welche das Messer hielt, zitterte bereits verdächtig.
„Lass sie los!", sagte er um einen ruhigen Ton bemüht.
Als Doderic sich ein paar Augenblicke später immer keinen Zentimeter bewegt hatte, riss Merry endgültig der Geduldsfaden. Mit einem heftigem Ruck an Doderics Haaren zog er diesen von Estella runter. Doderic fiel rücklings auf den Boden und keuchte überrascht auf. Das Messer immer noch fest an seiner Kehle stand Merry jetzt über ihm.
„Sag mir einen guten Grund, warum ich dir deinen dreckigen kleinen Hals nicht durchschneiden sollte!", sagte Merry durch zusammengebissene Zähne.
Doderic bekam es jetzt sichtlich mit der Angst zu tun. Er wusste, dass mit seinem Cousin nicht zu spaßen war. Vor allem nicht, wenn er ihm ein Messer an den Hals hielt und dazu ein entschlossenes und grimmiges Gesicht machte.
„Merry, nein! Lass ihn, er ist es nicht wert!", rief Estella plötzlich.
Überrascht blickte Merry zu ihr rüber.
Diesen Augenblick nutzte Doderic. Er verpasste Merry einen kräftigen Tritt gegen die Beine und Merry, um das Gleichgewicht kämpfend, riss die Hand mit dem Messer hoch und ließ ihn los. Doderic sprang auf und flüchtete.
Merry sprang ebenfalls hoch, hin und her gerissen, ob er Doderic hinterher laufen oder bei Estella bleiben sollte.
Er entschied, dass das Letztere erst einmal wichtiger war. Er kniete sich neben sie und durchschnitt mit einem raschem Schnitt die Handfesseln. Vorsichtig nahm er ihre Hände in die seinen.
„Bist du in Ordnung? Kannst du aufstehen?"
Estella nickte und endlich kamen die Tränen, die sie so lange zurück gehalten hatte.
„Ich bin so froh, dass du gekommen bist.", schluchzte sie. „Es war so schrecklich!"
Merry nahm Estella in den Arm und wusste nicht so recht, was er sagen sollte um sie zu trösten.
„Es ist ja jetzt vorbei...", murmelte er leise. „Komm!" Er packte sie bei den Armen und half ihr auf die Füße.
Langsam, da Estella mehr stolperte als ging, brachte er sie in sein Zimmer. Erschöpft ließ sie sich auf ihr Bett sinken.
Merry eilte direkt wieder zur Tür um das Zimmer zu verlassen.
„Merry, lass mich nicht alleine, bitte!", flehte sie ihn an. „Was ist wenn er wiederkommt?"
„Eben deswegen muss ich ja gehen.", erklärte Merry. „Ich muss wissen wo er sich versteckt hat! Ich glaube nicht, dass er bereits schon weit von hier sein kann." Er ging zu ihr und nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Ich sag Juli, dass sie vorbei kommen soll. Ich beeile mich. Hab keine Angst!"
Estella nickte zaghaft und Merry eilte los.
Pippin und Juweline lagen eng aneinander gekuschelt in ihrem Bett. Nach einem schönen Abend und einer noch schöneren Nacht waren sie endlich eingeschlafen. Von dem ganzen Trubel, der sich immerhin fast vor ihrer Tür abgespielt hatte, hatten sie nichts mitbekommen.
Juweline schreckte hoch, als plötzlich, ohne Vorwarnung, Merry ins Zimmer platzte.
„Pippin!", er stürzte auf seinen jüngeren Cousin, „Pippin wach auf!"
Verschlafen öffnete Pippin die Augen. „Merry spinnst du?", fuhr dieser ihn an. „Was willst du hier?"
„Pippin, ich brauche deine Hilfe. Doderic, er hat sich an Estella vergriffen. Ich bin gerade noch dazwischen gekommen. Er ist weggelaufen und ich weiß nicht wohin. Aber wir müssen ihn suchen! Wer weiß ob er nicht zurückkehrt und das zu Ende bringt, was er angefangen hat!", sprudelte es aus Merry heraus.
„Was?", fragte Pippin verständnislos, während Juweline sich in Windeseile etwas überzog.
„Kann ich irgendwie helfen?", fragte sie.
„Ja, du kannst zu Estella gehen. Sie ist in meinem Zimmer. Ich glaube, sie steht immer noch sehr unter Schock!", sagte Merry.
„Wie konnte das denn überhaupt passieren?", fragte Pippin. „Ich meine, Estella war doch bei dir im Zimmer."
„Ich weiß es nicht.", sagte Merry ungeduldig. „Wir haben auch keine Zeit für lange Erklärungen... Jetzt komm schnell.", sagte Merry mit ungewöhnlichem Ernst.
Pippin hatte seinen Freund selten so Ernst und gleichzeitig aufgewühlt erlebt. Langsam verstand er, dass die Lage doch sehr kritisch sein musste. Er sprang aus dem Bett und machte sich nicht erst die Mühe seine Schlafkleidung gegen Tageskleidung zu tauschen. Zu dritt rannten sie den Flur entlang.
Zuerst brachte sie Juweline zu Estella.
„Hört zu ihr beiden.", sagte Merry. „Ihr bleibt im Zimmer. Schließt die Fenster und verriegelt die Tür. Vermeidet es auch Licht zu machen, dann kann man euch von draußen nicht sehen." E
r blickte die beiden Mädchen an. Estella sah noch sehr mitgenommen, aber gefasst aus. Juweline wirkte ein wenig nervös.
„Wir sind bald wieder da. Ihr braucht keine Angst zu haben.", fügte Merry noch hinzu.
Pippin drückte Juweline noch schnell einen Kuss auf die Lippen. Dann folgte er Merry nach draußen. Sie hatten kaum die Tür hinter sich zu geschlossen , da vernahmen sie das klackende Geräusch, welches der Schlüssel im Schloss verursachte, als die Mädchen die Tür zuschlossen.
Pippin seufzte. „Na dann mal los. Hast du denn eine Ahnung wo Doderic stecken könnte?"
„Leider nein.", sagte Merry. Er sah besorgt aus.
„Na ja, ich könnte mir vorstellen, dass ihn jetzt im Brandyweinschloß nichts mehr hält."
„Wahrscheinlich nicht. Aber trotzdem muss ich wissen wo er hin ist. Er könnte ansonsten Estella schließlich immer wieder belästigen."
Pippin nickte ernst und dachte dabei auch an Juweline.
Die beiden Hobbits traten nach draußen. Stille lag über Bockland.
Raschen Schrittes traten sie hinunter zum Gartentor. Merry wollte das Grundstück schon verlassen, als Pippin stehen blieb und ihn in die Seite stieß. Er deutete auf einen nahe stehenden Busch.
„Da in dem Busch ist irgendwer.", flüsterte er so leise wie es eben ging.
„Bist du dir sicher?", wisperte Merry zurück.
Aber noch bevor Pippin ihm antworten konnte, sprang ein Schatten hinter dem Busch hervor und wollte zum Smial rennen.
Ohne lange zu überlegen setzten Merry und Pippin der Person nach und hatten sie bereits nach ein paar Schritten eingeholt. Beide wussten, dass es jetzt um alles ging.
Als sie mit dem davonhuschenden Schatten auf einer Höhe waren, sprangen sie, wie auf ein vorher verabredetes Zeichen, auf ihn los. Er fiel der Länge nach mit dem Gesicht auf den Boden.
Merry ging ihm direkt an die Gurgel, während Pippin die zappelnden Beine in Schach zu halten versuchte.
„So, da haben wir dich endlich.", sagte Merry.
Von unten kam nur ein wimmerndes Geräusch.
„Wo ist denn bloß auf einmal dein ganzer Mut und deine große Klappe hin?", stichelte Merry weiter.
„Bitte, tut mir nichts!", meldete die Stimme von unten.
Pippin stutzte. „Du Merry,", sagte er, „das ist nicht Doderic!"
„Nicht Doderic?" Merry sprang auf und zog sein Opfermit sich hoch. Erst jetzt bemerkte er, dass der Hobbit für Doderic viel zu klein war, außerdem hatte er lange Haare.
„Stina!" Er fiel aus allen Wolken. „Stina, was machst du mitten in der Nacht draußen in einem Busch? Bist du verrückt? Ich hab dich doch in dein Zimmer geschickt!"
„Ich...ich...ich", das Mädchen schaute ihn angstvoll an. „Krieg ich jetzt Ärger?", fragte sie ängstlich.
Merry ging vor dem Mädchen in die Knie, so dass er seiner Cousine in die Augen sehen konnte. „Sag mir erst einmal, was du hier draußen wolltest.", fragte er mit einem ruhigeren Ton.
Stina sah ihn nur mit großen Augen an, die Lippen fest aufeinander gepresst. Sie hatte anscheinend beschlossen ihrem Cousin nichts zu sagen um weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen.
„Stina.", sagte Merry gedehnt. „Stina, wie konntest du uns bloß so erschrecken? Bei aller Auen, wir haben dich für Doderic gehalten. Sei froh, dass Pippin den Irrtum bemerkt hat."
„Genau.", pflichtete Pippin Merry bei. „Sei froh, sonst hätte Merry dich wahrscheinlich umgebracht!"
„Also raus mit der Sprache! Was hast du spät Nachts hier draußen noch zu suchen?", sagte Merry.
„Aber du erzählst es nicht Mama!", platzte Stina heraus.
„Ich sag ihr nichts."„Du musst es schwören!"
„Ich schwöre es!", wie zum Beweis hob Merry seine rechte Hand.
„Also, als du zu Estella in das Zimmer gegangen bist, hab ich mich in einer Ecke im Flur versteckt. Ich wollte doch auch wissen, was passiert! Und dann kam er, ich meine Doderic, also er kam auf einmal aus dem Zimmer gerannt und ich dachte, es ist vielleicht wichtig zu wissen, wo er hinrennt. Also bin ich ihm hinterher gerannt. Aber dann kamen auf einmal noch viele andere Hobbits, da habe ich Angst gekriegt und mich in dem Busch versteckt. Und dann seid ihr gekommen und ich dachte ihr wärt einer von denen und wollte wegrennen..."
„Das war mutig, aber vollkommen verrückt und gefährlich.", stellte Pippin fest.
„Und wo ist Doderic dann hingegangen, nachdem er die anderen getroffen hat? Konntest du das auch noch sehen?", wollte Merry wissen
„Da hoch!", Stina zeigte zum dunklen Waldsaum hin.
„Zum Alten Wald?", murmelte Merry ungläubig. Dann hob er Stina hoch und drehte sich einmal mit ihr im Kreis.
„Du bist die Beste!" Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Aber mach so etwas nie wieder! So, komm, ich bringe dich schnell rein, sonst gehst du wieder allein auf Nacht- Wanderschaft."
Er nahm das Mädchen bei der Hand.
„Meine Eltern bringen mich um, wenn sie das rauskriegen!", stellte Stina fest.
„Oh ja, das werden sie! Aber von Pippin und mir werden sie nichts erfahren."
Stina sah ihn dankbar an.
„Weißt du, ich bin ja froh, dass du gesehen hast, wo Doderic hin gelaufen ist. Aber es war schon sehr gefährlich. Mach so etwas bitte nie wieder. Überlass es lieber uns oder anderen, die sich zur Not richtig wehren können."
Stina nickte. „Wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch ganz schön Angst. Vor allem, als du mich gepackt hast. Aber ihr müsst auch vorsichtig sein. Doderic ist nicht alleine!"
„Ich weiß.", sagte Merry. „Geh jetzt schlafen und mach dir keine Sorgen. Wenn du magst kannst du ja noch ein bisschen zu Estella und Juweline gehen. Aber sei leise, sonst bemerken deine Eltern doch noch, dass du nicht schon längst im Bett liegst und schläfst!"
Er zwinkerte dem Mädchen lächelnd zu, dann beeilte er sich wieder hinaus zu Pippin zu kommen.
Pippin stand bewegungslos draußen in der Dunkelheit, als er zurück zum Gartentor hinunter kam ging.
„Und?", fragte Merry.
„Nichts zu hören und nichts zu sehen."
Merry drückte Pippin ein Schwert in die Hand und einen Umhang, da er immer noch seine Schlafsachen trug.
„Laß uns hoch zum Waldsaum gehen und die Umgebung dort absuchen. Vielleicht bekommen wir wenigstens eine Ahnung wo sie sich aufhalten."
Pippin nickte und gürtelte sich das Schwert um.
„Die Kleine hat ganz schönes Glück gehabt.", sagte er. „Doderic hätte sich bloß einmal umdrehen müssen und hätte gesehen, wer ihm da folgt."
Merry nickte. „Ich möchte lieber nicht daran denken, was dann geschehen wäre."
Schnell kamen sie dem Waldsaum näher. Die nächtliche Stille wurde hin und wieder von dem unheimlichen Knacken und Wispern des Waldes unterbrochen. Eine Eule flog mit leisen; sanften Flügelschlägen direkt über die Köpfe der Hobbits hinweg.
Pippin blieb plötzlich stehen. „Merry.", er flüsterte fast, als hätte er Angst im Wald etwas aufzuschrecken. „Weißt du was es heißen würde, wenn Doderic und seine Kumpanen sich im Alten Wald versteckt halten würden? Ich bin nicht sehr erpicht darauf, diesen Ort noch einmal zu betreten..."
„Ja, ich weiß Pip. Auch ich würde diesen Ort lieber meiden. Aber ich traue es Doderic auch nicht zu, dass er freiwillig den Alten Wald betritt."
„Und was ist, wenn es zu einem Kampf kommt? Ich meine, wenn wir zu zweit gegen mehrere kämpfen müssten. Unserer letzter Kampf liegt jetzt schon einige Zeit zurück."
„Pippin.", sagte Merry ungeduldig. „Was ist denn mit dir los? Du hast doch früher nicht so viel nachgedacht. Wenn du noch weißt, an welchem Ende man ein Schwert festhält und wie man es gebraucht, sollte es wohl klappen. Damals auf der Wetterspitze oder in Moria hattest du noch überhaupt keine Ahnung mit dem Umgang von Schwertern und es hat doch auch geklappt... Und jetzt komm!"
Vorsichtig gingen sie weiter. Um sie herum standen vereinzelt hohe Fichten mit dicken Stämmen. Merry lockerte sein Schwert in der Scheide. Es war stockfinster und es könnte jeden Moment jemand hinter einem Baum hervorspringen.
Plötzlich gab es neben ihm ein lautes Knacken. Sofort fuhren die Schwerter der beiden in die Höhe. Irgendjemand quiekte unmenschlich und das dumpfe Geräusch, als ob Eisen auf Holz schlüge, war zu vernehmen.
„Verflucht!"
Merry bemerkte wie Pippin fluchend der Länge nach in den Dreck fiel.
„Was ist?", fragte er besorgt.
„Ich weiß nicht. Irgendetwas hat mich getroffen."
In dem Moment kam eine schmale Mondsichel hinter den Wolken zum Vorschein und spendete ein wenig Licht. Schemenhaft konnten sie ein schwarzes Pony erkennen, das mit schreckhaften Augen vor ihnen stand.
Erleichtert steckte Merry sein Schwert zurück an den Gürtel. Pippin, der sich wieder aufgerappelt hatte, starrte das Pferd an.
Dann lachte er. „Und ich dachte wir bekämen es jetzt mit Doderic und zwanzig anderen Hobbits zu tun.", sagte er erleichtert.
Merry steckte seine Hand nach dem Pony aus. Dieses wich ängstlich zurück.
„Max komm her. Ist ja gut, mein Junge.", lockte er Estellas Pferd. Schließlich bekam er es an der Mähne zu fassen. Er nahm seinen Gürtel ab und legte ihn um den Hals damit er es besser führen konnte.
„Lass uns nach Hause gehen Pip. Doderic im Dunklen zu suchen hat keinen Sinn. Wahrscheinlich ist er eh schon über alle Berge. Belassen wir die Sache dabei."
Pippin stimmte nickend zu. „Ich denke auch nicht, dass er sich noch mal hier sehen lässt. Und übermorgen ist ja auch das Julfest!"
Der Morgen graute schon, als Merry und Pippin zurück zum Brandyweinschloß kamen. Merry entließ das Pony auf die Koppel, dann stolperten die beiden übermüdet in den Smial.
Sofort machten sie sich auf den Weg zu Merrys Zimmer. Merry wollte hinein stürmen.
„Mist!"
„Was ist?", fragte Pippin.
„Die Mädchen haben doch die Tür abgeschlossen."
Er klopfte an die Tür. Von drinnen kam keine Reaktion. Er zögerte einen Moment und klopfte dann nochmals lauter. Als dann immer noch keiner Anstalten machte die Tür zu öffnen rief Merry schließlich Estellas Namen.
„Estella! Estella, macht die Tür auf!"
„Was fällt euch ein mitten in der Nacht solch einen Lärm zu veranstalten, ihr Möchtegernabenteurer? Es gibt Hobbits, die um diese Zeit noch die Ruhe pflegen!", wetterte ein älterer Gast Hobbit los.
Merry sah genervt zu ihm rüber. „Im Alter braucht man doch nicht mehr so viel Schlaf!", sagte er.
„Ja also...also, das ist ja unerhört!", rief der Hobbit empört.
Merry und Pippin verließen den Smial wieder. Auf einen Streit mit einen der Gästen hatten sie nun wirklich keine Lust.
Sie liefen einmal um das Anwesen herum, so dass sie durch das Fenster in Merrys Zimmer hinein schauen konnten.
Merry und Pippin mussten grinsen. Die drei Mädchen lagen alle in Merry Bett, die kleine Stina in der Mitte, und schienen tief und fest zu schlafen.
Merry und Pippin gingen erst einmal in die Küche und beschlossen ein verfrühtes Frühstück einzunehmen.
Den kommenden Tag verschliefen Pippin, Juweline , Merry und Estella komplett. Von den ganzen stressigen letzten Vorbereitungen für das Julfest bekamen sich nichts mit. Und keiner wagte sie zu wecken oder zu stören. Darauf achtete Stina mit Feuereifer.
Am nächsten Morgen stand Estella schon früh auf. Mit ein paar anderen Helfern bereitete sie das Frühstücken für ungefähr hundert Hobbits vor. Ihrer Hand ging es wieder besser. Zwar trug sie immer noch einen Verband, aber sie hatte keine Schmerzen mehr und sie konnte ihre Finger schon wieder ein bisschen bewegen.
Zusammen mit den anderen brachte sie Brötchen, Brotaufstriche und all die anderen Sachen, die man für ein gutes Frühstück brauchte, raus in das große Festzelt. In diesem war es noch ganz still, als sie alles auf die einzelnen Tische verteilte.
Wie die Ruhe vor dem großem Sturm., dachte Estella.
Sie war den ganzen Tag über fürs Kellnern eingeteilt. Erst gegen Abend würde sie Zeit haben, selbst an den Festlichkeiten teilzunehmen. Estella seufzte. Sie dachte mit grauen an diesen Tag.
„Estella, kommst du?", rief Linda, ein Mädchen das ebenfalls mithalf. „Wir müssen noch jede Menge in der Küche vorbereiten bevor die ganze Meute sich wie hungrige Wölfe auf das Frühstück stürzt!"
Estella riss ihren Blick von den leeren Stühlen und Tischen los und folgte Linda wieder nach drinnen.
Das Kellnern erwies sich als noch anstrengender als Estella gedacht hatte.
Sie hatte gerade die letzten Teller vom Frühstückstisch abgeräumt, als der Tisch schon wieder für Mittag gedeckt werden musste. Und wenn Estella nicht gerade mit Tisch ab- oder aufdecken beschäftigt war, mussten Bierkrüge, Weinkaraffen und Säfte für die Kinder in das Festzelt gebracht werden um die durstigen Hobbitkehlen zu stillen.
Der Nachmittag war schon fortgeschritten und sie hatten gerade Kuchen und Tee verteilt, als Estella sich erschöpft auf einen Küchenstuhl sinken ließ.
„Du meine Güte.", stöhnte sie. „Machen die auch mal etwas anderes als Essen und Trinken?"
Linda ließ sich neben sie nieder. „Ich glaube nicht."
„Ich hatte noch nicht einmal Zeit meinen Eltern Hallo zu sagen.", beschwerte Estella sich.
„Und ich hab mir die Füße wund gelaufen.", jammerte Linda.
Die beiden sahen sich an und mussten lachen.
„Man hat schon ein schreckliches Leben als Kellnerin.", stellte Estella fest. „Gut das wir dass nicht immer machen müssen!"
„Aber heute Abend haben wir frei und dann können andere uns mal bedienen.", sagte Linda fast schon schadenfroh.
„Ja, aber bis dahin sind es noch ein paar Stunden."
Und als ob jemand dieses gehört hätte, wurde lautstark nach mehr Kuchen verlangt.
Endlich war es Abend und Estella zog sich um. Voller Vorfreude steckte sie ihre langen dunkelblonden Haare am Hinterkopf zusammen und lief dann nach draußen.
Auf dem Weg zum Festzelt begegnete sie Linda.
„Endlich geht der Spaß auch für uns los.", freute sie sich.
Estella stimmte ihr nickend zu. „Komm, wir müssen uns beeilen, sonst verpassen wir das Abendbrot!"
Zusammen liefen sie los.
Die Stimmung war bestens. Merry stand bei ein paar Verwandten und unterhielt sich mit ihnen. Aber gleichzeitig behielt er immer den Zeltausgang im Blick. Schließlich würde Estella noch kommen.
„Meriadoc", Saradoc Brandybock stand plötzlich hinter seinem Sohn, „es ist Zeit für das Abendmahl. Du kannst dich Gäste schon einmal zu Tisch bitten."
Merry machte sich dran und bat die Gäste an eine lange Tafel Platz zu nehmen. Zuletzt kam er zu zwei Mädchen, die nahe dem Eingang standen. Er ging zu ihnen herüber und wollt sie ebenfalls an den Tisch bitten, doch als er näher kam, stockte ihm der Atem. Dort stand Estella, in einem einfachen, doch wunderbar hübschen dunkelblauem Kleid. Ihre Haare hatte sie raffiniert nach oben gesteckt.
Merry räusperte sich. „Darf ich bitten?", sagte er und bat ihr seinen Arm an. Estella lächelte scheu und nahm seinen Arm an. Er führte sie zu einem Platz, der dem seinigen genau gegenüber lag.
Neben ihr saßen Juweline und Pippin.
„Hallo.", begrüßte Juweline ihre Freundin direkt freudig. „Schön dich endlich zu sehen. Ihr hattet ja ganz schön viel zu tun."
Estella nickte zustimmend. „Es ist unglaublich wie viel manche Hobbits essen können!", dabei warf sie Pippin einen vielsagenden Blick zu.
Dieser hob erstaunt die Augenbraun. „Na also ich gehöre ja nun wirklich nicht dazu!"
Juweline lachte. „Mein Lieber, du hast heute schon mindestens für drei gegessen!", neckte sie ihn.
Pippin lehnte sich behaglich zurück, eine Hand auf seinen Bauch. „Ich bin ja auch viel größer als die anderen, also passt auch mehr hinein."
Juweline und Estella mussten herzhaft lachen. Und auch Merry, der nur die Hälfte des Gespräches mitbekommen hatte, schmunzelte.
Das Essen wurde aufgetischt. Natürlich gab es frische Pilze, Gemüse, Kartoffeln sowie Fisch und Fleisch. Pippin langte sofort zu.
„Mein lieber Herr Tuk,", sagte Juweline ernst, „ich denke Euch ist es klar, dass ich keinen fetten, behäbigen Hobbit zum Mann haben will!"
„Oh, verzeiht!", sagte Pippin und steckte ihr einen Pilz von seinem Teller in den Mund.
Estella schüttelte lachend den Kopf und wand sich wieder ihrem Essen zu. Manchmal kam es ihr vor, als würde ihre Freundin und Pippin eine richtige Gluckenbeziehung führen.
Pippin stupste Juweline an. „Guck mal wie Merry Stella anstarrt!"
„Ach, du willst doch nur von deiner Gefräßigkeit ablenken.", meinte Juweline.
„Nein wirklich!", beharrte Pippin. „Schau mal hinüber!"
Also sah Juweline zu Merry hinüber und musste grinsen. Tatsächlich blickte Merry Estella wie gebannt an. Sein Essen war nahezu unangerührt.
Durch Juwelines Gekicher aufmerksam geworden, blickte Estella von ihrem Teller auf. Fragend sah sie ihre Freundin an, doch Juweline kicherte nur um so mehr. Estellas Blick wanderte rüber zu Merry und für einen Moment trafen sich ihre Blicke.
Merry war es, als durchfahre ein Blitz seinen Körper. Ihm war vorher noch nie aufgefallen was für unglaublich schöne Augen Estella hatte.
Estella erschrak komischer Weise, als sie Merry direkt in die Augen sah. Ihr wurde unglaublich heiß. Und zu allem Unglück verschluckte sie den Pilz, den sie noch im Mund hatte. Verlegen blickte sie zu Boden und versuchte den Hustenreiz, der sie überkam, zu unterdrücken.
Doch irgendwann gelang ihr dies nicht mehr und sie hustete los. Verzweifelt versuchte sie Luft zu kriegen. Natürlich zog sie damit allerhand Blicke auf sich. Besorgt reichte Juweline ihr ein Glas Wasser.
Als Estella sich wieder einigermaßen im Griff hatte, schaute sie wieder nach oben.
Zum Glück erhob sich nun Saradoc Brandybock um eine Rede zu halten, sodass auf Estella nicht weiter geachtet wurde. Sie seufzte erleichtert auf.
„Herzlich möchte ich mich für euer aller kommen bedanken.", erhob sich Saradocs Stimme. „Wir hatten bereits einen wundervollen Tag, worauf ein ebenso wundervoller Abend folgte und ein weiterer Tag folgen wird." Die Festgesellschaft applaudierte.
„Geht es besser?" Juweline beugte sich zu Estella herüber.
„Ja danke, es geht wieder."
Saradoc begann weiter zu reden und aus ein paar Ecken war ein schhh zu hören.
Auch Juweline und Estella wanden sich wieder der Rede zu.
„...natürlich möchte ich mich auch bei allen Helfern bedanken, die tagelang dieses Fest mit vorbereitet haben. Und jetzt, würde ich sagen, soll zum schönen Teil übergegangen werden. Zum Tanzen und Spaßhaben. Natürlich wird auch weiterhin für das leibliche Wohl gesorgt. Und nun möchte ich meinen Sohn Meriadoc und Estella Bolger, stellvertretend für alle Helfer, bitten, den Eröffnungstanz zu tanzen." Die letzten Worte Saradocs wurden von tosendem Jubel begleitet.
„Was?" Estella sah Juweline fragend und gleichzeitig erschrocken an.
„Du sollst mit Merry den ersten Tanz tanzen." wiederholte Juweline.
„Vor all den Leuten?"
„Klar."sagte Pippin. „Sie werden nicht dir zuliebe alle das Zelt verlassen!"
Merry kam lächelnd um den Tisch herum und verbeugte sich höflich vor Estella. Dann führte er sie auf die Tanzfläche.
Von irgendwo begann Musik zu spielen.
Merry legte einen Arm um Estellas Taille, mit der anderen Hand nahm er die ihrige. Dann zog er sie nahe zu sich heran. Estella merkte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss und senkte ihren Blick zu Boden.
Langsam begannen sie zu tanzen. Es stellte sich heraus, dass Merry ein ziemlich guter Tänzer war und Estella musste sich ganz und gar darauf konzentrieren, ihm nicht auf die Füße zu treten.
Viele Hobbits waren von ihren Plätzen aufgestanden, um Estella und Merry beim Tanzen zuzusehen. Doch nach einiger Zeit wurden ihnen das zu langweilig. Ein Teil begann ebenfalls zu tanzen, während der Rest sich wieder dem Essen zuwandte und darüber diskutierten, ob Merry und Estella ein gutes Paar abgaben.
Estella, die immer noch zu Boden schaute, merkte wie sich Merrys Finger sanft unter ihr Kinn legten. Behutsam hob er ihren Kopf an. „Warum schaust du die ganze Zeit zu Boden?", fragte er sie lachend. „Sehe ich so schrecklich aus?"
„Oh... ich weiß auch nicht.", sagte Estella verlegen. „Also ich weiß nicht, warum ich hinunter schaue."
Merry strich sanft mit seinen Fingern über ihre Wangen und lächelte. Seine Finger hinterließen auf Estellas Haut ein angenehmes Prickeln.
Merry nahm wieder Estellas Hand und zog sie noch ein Stückchen näher zu sich, so dass sich ihre Oberkörper fast berührten.
Estellas Körper stand unter Hochspannung. Obwohl Merrys Hand nur ganz leicht auf ihrem Rücken lag, schien von ihr eine ungeheure Macht und Wärme auszugehen. Eine Gänsehaut zog sich über ihren Rücken. Es fühlte sich so anders an, als bei Doderic, viel intensiver. Niemals zuvor hatte sie so etwas wahrgenommen. Es war ein unglaubliches Gefühl, aber es verwirrte sie.
Auf einmal blieb Merry stehen. Estella, aus ihren Gedanken hochgeschreckt, sah ihn fragend an. Erst jetzt bemerkte sie, dass die Musik zu spielen aufgehört hatte und alle anderen Paare ebenfalls nicht mehr tanzten.
Er begleitete sie noch zu ihrem Platz, bevor er schon wieder von irgendwelchen Bekannten in Beschlag genommen wurde.
„Und, wie war es?", wollte Juweline direkt wissen, als sie mit Pippin von der Tanzfläche kam.
„Juweline, sei nicht immer so neugierig!"
Juweline setzte ein beleidigtes Gesicht auf.
Estella verdrehte genervt die Augen. „Es war gut."
„Nur gut?"
„Ja, nur gut!"
„Das sah aber ganz anders aus."
Estellas Gesicht wechselte wieder die Farbe.
„Juli, du bist schrecklich! Ich geh jetzt meinen Eltern Hallo sagen." Sie stand auf und ging.
Juweline blickte ihr zufrieden grinsend hinterher.
Der Abend war inzwischen zur Nacht übergegangen. Ihre Eltern hatte Estella zwar in der Hobbitmenge nicht entdeckt, dafür aber jede Menge andere bekannte Hobbits. Jetzt war sie auf den Weg zurück in den Smial, während im Zelt die hartgesottensten Hobbits noch weiter feierten. Morgen musste sie wieder kellnern und fit sein.
Sie hatte sich gerade ihr Nachthemd angezogen und ihre kunstvoll hochgesteckten Haare gelöst, so dass sie jetzt in seichten Wellen über ihre Schultern fielen, als Merry ins Zimmer kam.
„Ich habe uns eine Flasche Wein mitgebracht." Er hielt eine Flasche und zwei Gläser hoch.
„Wie komme ich denn zu der Ehre?", wollte Estella wissen.
„Nun ja, ich dachte mir, ich tu einer armen, geplagten Kellnerin mal etwas Gutes.", sagte er charmant.
Estella wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte.
Merry ließ sich auf seinem Bett nieder. „Komm, setzt dich her."
Estella zögerte. Immerhin lud Merry sie so zu sagen in sein Bett ein.
„Keine Angst, ich beiß dich schon nicht!"
Estella gab sich einen Ruck und setzte sich vorsichtig auf die äußerste Bettkante. Schüchtern blickte sie auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen.
Merry öffnete die Weinflasche und bot Estella ein Glas an.
Diese lehnte dankend ab. „Ich muss morgen früh bis morgen Nachmittag wieder bedienen.", sagte sie mit einem scheuem Lächeln.
„Möchtest du wirklich nicht?"
Estella schüttelte den Kopf.
Merry stellte das Glas bei Seite und rückte ein Stück näher zu ihr heran.
Was will er denn jetzt von mir, dachte Estella. Ängstlich schielte sie zu ihm herüber. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, aber die Erfahrung mit Doderic hatte sich tief in ihr eingeprägt. Auch wenn Merry, von Kleinigkeitenabgesehen, ihr noch nie etwas getan hatte, musste Estella plötzlich feststellen, dass es ihr womöglich schwer fallen würde, einem Mann, wenn sie mit ihm alleine war, wieder zu vertrauen. Der Schock und die Angst saßen einfach noch zu tief.
Merry nahm vorsichtig ihre Verletzte Hand hoch und legte sie in die Seinige. Zart strich er ihr über die Fingerkuppen, die aus dem Verband herausragten. „Tut es noch sehr weh?"
Estella, bis zu dem Augenblick zu sehr mit ihren Ängsten und Gedanken beschäftigt, sah auf.
„Was?", fragte sie verständnislos.
„Deine Hand meine ich.", sagte Merry lächelnd. „Ist alles in Ordnung?"
„Ja, schon gut... ich meine, die Hand tut immer noch etwas weh." Estella drehte ihr Gesicht von Merry weg. Sie wollte nicht, dass er etwas von ihrer Verunsicherung und Angst bemerkte.
Merry legte ihre Hand sanft zurück in ihren Schoß. Nachdenklich sah er sie an, dann hob er seine Hand und drehte Estellas Kopf langsam wieder in seine Richtung. Vorsichtig nahm er ihr Gesicht in seine Hände.
„Es ist wegen Doderic, nicht wahr?", fragte er.
„Was? Woher weißt du...?
„Estella, denkst du ich bemerke deine Angst nicht, jetzt wo wir alleine sind? Was für ein welchen Unsinn ich auch gemacht habe, du hattest nie Angst vor mir! Du warst vielleicht wüten auf mich oder verärgert..."
„Ich... ich weiß auch nicht.", sagte Estella unsicher. „Ich musste daran denken, was passiert ist und dass ich mit Doderic auch so oft alleine war. Es hat mir solche Angst gemacht.", fügte Estella leise hinzu.
Merry sah sie ernst an. „Ich weiß.", sagte er. „Aber ich würde einem Mädchen niemals so etwas antun!"
„Wahrscheinlich brauche ich einfach ein bisschen Zeit, bis ich jemanden wieder ganz vertrauen kann."
Merry nickte. „Wir sollten noch einmal nach deiner Hand sehen.", sagte er.
Geschickt wickelte er den schützenden Verband ab. Estella zuckte leicht zusammen, als Merry das letzte Stück, welches auf der Wunde festklebte, mit einem Ruck abzog.
Mit einem besorgtem Gesichtsausdruck nahm Merry die Hand in seine Hände und betrachtete sie genau. Er hatte erwartet, dass sich auf der Verletzung bereits eine Kruste gebildet hätte, doch die Wunde war noch offen und die Haut drum herum war rot und heiß.
Merry schmierte wieder etwas von der Salbe, die er auch beim letzten Mal verwendet hatte, auf die misshandelte Stelle an ihrer Hand. Estella biss fest die Zähne aufeinander.
Merry seufzte. „Estella, du musst mir versprechen morgen ein bisschen vorsichtiger zu sein und deine Hand etwas zu schonen."
Estella, die bis jetzt noch nicht gewagt hatte ihre Hand zu betrachten, warf einen Blick drauf und erschrak.
„Wie konnte das denn passieren?", fragte sie erschrocken. „Ich dachte deine Salbe würde so gut helfen, dass meine Hand schnell wieder in Ordnung ist."
„Ja, das tut sie normal auch. Aber ich glaube, die Salbe sieht es nicht vor, dass man den ganzen Tag kellnern geht. Du hast deine Hand überanstrengt! Du musst sie ein bisschen mehr schonen."
„Aber wie soll ich das denn machen, wenn ich arbeiten muss?"
„Lass die anderen für dich arbeiten!", sagte Merry und wickelte einen frischen Verband um die Hand.
„Magst du jetzt einen Schluck Wein?", fragte Merry als er fertig war. „Wir haben noch gar nicht auf das Julfest angestoßen."
Estella nahm das Glas, das er ihr reichte. „Na dann, auf das Julfest.", sagte sie.
Beide nahmen einen tiefen Schluck aus ihren Gläsern."
„Eigentlich fehlt jetzt noch was leckeres zu Essen.", stellte Merry fest.
Estella stimmte ihm zu. „Meinst du eure Gäste haben noch etwas übrig gelassen?"
„Ich geh mal gucken."
Und während Merry noch allerhand Essbares in sein Zimmer schleppte, gingen die letzten Hobbits zu Bett.
