Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat mit dem Update.. ( weiß, dass ich manchen von euch in den Osterferien ein neues Kapitelversprochen hab..) Aber ich hatte meine Fachabiprüfungen und fürs Abtippen deswegen wenig Zeit... Die Geschichte ist jetzt aber schon bis Kapitel 11 fortgeschritten und muss nur noch abgetippt werden.. Hab ja jetzt Ferien, deswegen könnt ihr euch schon bald auf neue Updates gefasst machen ! So, jetzt hoffe ich nur noch, dass ihr fleissig reviewt lol Bis zum nächsten Kapitel !

Wie angelt man sich einen Hobbit

oder –

Das Jahr, in dem Merry Brandybock erwachsen wurde

- Kapitel 8 -

Das Julfest

Teil 2

Am nächsten Morgen erwachte Estella viel zu spät. Die ersten Sonnenstrahlen schienen bereits durch das Fenster und ein Poltern und Klappern verriet ihr, dass Linda und die anderen bereits mitten in den Vorbereitungen für diesen Tag steckten. Sie wunderte sich, dass sie keiner geweckt hatte, beeilte sich aber aus den Federn zu kommen. Merry lag noch friedlich schlafend in seinem Bett.

Es war eine verrückte Nacht gewesen. Merry hatte einen Teil der Vorratskammer geplündert und zusammen hatten sie allerhand gegessen und dabei zweieinhalb Flaschen Wein getrunken. Irgendwann, gegen Morgen, waren sie dann beide todmüde ins Bett gefallen. Solche Nächte hatte Estella bis jetzt nur mit Juweline zusammen erlebt.

Vorsichtig stieg sie, nachdem sie sich angezogen hatte, über Essensreste, Weinflaschen und Gläser hinweg und verließ das Zimmer. Ihr Kopf brummte ganz schön und sie hatte einen schrecklichen Durst. Schnell lief sie durch die noch menschenleeren Gänge zur Küche.

Als sie die Tür aufriss und in den Raum hereinstürmte, hätte sie beinah ein Mädchen mit einem voll beladenem Tablett umgerannt. Im letzten Moment konnte sie noch ausweichen.

„Da bist du ja endlich! Wir haben dich schon vermisst.", sagte Linda und drückte das Tablett jemand anderem in die Hand.

„Tut mir leid, ich habe verschlafen.", sagte Estella etwas kleinlaut.

„Nun ja, wenn man mit so einem Traumhobbit wie Merry in einem Zimmer schläft, sei das verziehen.", sagte Linda.

„Was soll das denn heißen?"

„Das soll das heißen, was ich gesagt habe."

Estella runzelte die Stirn.

„Komm.", sagte Linda, „ du kannst mir nicht sagen, dass du Merry nicht toll fändest. Und noch weniger kannst du mir sagen, dass du nicht froh darüber bist, mit ihm in einem Zimmer schlafen zu dürfen. Es gibt viele hier, die dich darum beneiden. Sie denken, dass nur du dieses Glück hast, weil du die kleine Schwester seines besten Freundes bist. Und die meisten würden viel dafür geben, wenn sie auch mal mit Merry ins Bett gehen könnten!"

Estella stand vor Staunen der Mund offen und es dauerte einen Moment, bis sie ihre Stimme wieder fand. „Ich war nicht mit Merry im Bett!", brachte sie empört hervor. „Letzte Nacht nicht und auch davor die Nächte nicht!"

„Ach, wirklich ?", sagte Linda. „Und was habt ihr dann beispielsweise letzte Nacht gemacht?"

„Wir haben geredet... und was gegessen."

„Klar, geredet und etwas gegessen.", spöttelte Linda. „Das kannst du deinen Eltern erzählen, aber nicht mir."

„Es war aber wirklich so!", protestierte Estella.

Linda grinste sie einfach nur an und drückte sie auf einen Stuhl. „Jetzt trink das hier erst einmal.", sagte sie und stellte ihr eine dampfende Tasse Kaffe auf den Tisch. „So müde, wie du aussiehst überstehst du sonst noch nicht einmal das Frühstück."

Das Bedienen der Frühstücksgäste war ähnlich stressig wie der Morgen zuvor. Schon nach wenigen Stunden fing Estellas Hand an entsetzlich zu schmerzen.

„Linda.", sagte sie, als sie sich das nächste mal über den Weg liefen, „ich muß mal einen Moment Pause machen. Meine Hand..."

„In Ordnung.", sagte Linda und nahm ihr die Bierkrüge aus der Hand, die sie ins Festzelt hatte bringen wollen und eilte davon.

Estella setzte sich in die Küche und betrachtete schon fast verzweifelt ihre Hand. Wieso um aller Welt heilte es bloß nicht?

Während sie da in Gedanken so saß, bemerkte sie gar nicht wie Merry, der gerade erst aufgestanden war, in die Küche kam.

Sie schreckte hoch, als er sich mit einem lautem Plumps auf einen Küchenstuhl fallen ließ. „Guten Morgen.", nuschelte er verschlafen. „Ist noch Kaffee da und vielleicht ein Brötchen?"

Estella konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Kaffee und Brötchen? Du bist gut, es gibt gleich Mittagessen."

„Was?", Merry schien mit einem Mal hellwach zu sein. „Wie spät ist es denn? Wieso hast du mich nicht geweckt, als du aufgestanden bist?"

„Wieso sollte ich dich wecken? Ich bin doch nicht dein Kindermädchen!"

„Estella, du bist schon wieder zickig.", sagte Merry warnend. „Ich dachte, die Phase hätten wir hinter uns."

Estella stand auf und streckte ihm die Zunge raus. Dann verließ sie die Küche um den anderen wieder zu helfen.

Merry sah ihr lachend und kopfschüttelnd hinterher. Dann verließ auch er die Küche. Wenn er zum Mittagessen pünktlich sein wollte, müßte er sich jetzt ganz schön beeilen.

Er schaffte es gerade noch rechtzeitig. Den bösen Blicken seines Vaters ausweichend, setzte er sich an den letzten freien Platz der großen Tafel, neben Timm Sandigmann, einem relativ unbeliebten Hobbit. Zu seiner Beruhigung saß Pippin aber links neben ihm.

„Ich wußte gar nicht, dass dein Vater den Sandigmann eingeladen hat.", sagte Pippin. „Ich dachte dein Vater kann ihn nicht ausstehen, genau wie alle eigentlich."

„Er kann ihn auch nicht ausstehen. Wir haben ihn auch nicht eingeladen, das hat er wahrscheinlich selber getan..."

„Nun ja, wie auch immer. Hoffen wir nur, dass er nicht wieder mit Sam aneinander gerät.", sagte Pippin.

„Sind Sam und Rosie schon hier?"

„Ja, seit heute morgen. Sie haben sogar die kleine Elanor dabei. Sam hütet sie wie ein rohes Ei!"
„Er hat sich riesig auf das Baby gefreut.", stellte Merry fest.

„Aber manchmal übertreibt er ein bisschen.", meinte Pippin.

„Wir wollen mal sehen, wie es ist, wenn Juweline und du euren ersten Nachwuchs kriegt."

„Also bis jetzt haben wir uns noch keine Gedanken um unsere Familienplanung gemacht.", sagte Pippin und warf Juweline einen schrägen Blick von der Seite zu. „Obwohl ich mich durchaus mit dem Gedanken, Kinder zu haben anfreunden könnte."

Merry lachte. „Laß dir lieber noch ein bisschen Zeit."
Mittlerweile war das Essen serviert worden und man vernahm von Seiten der anderen Hobbits nur noch das Klappern ihres Bestecks.

Estellas Hand schmerzte entsetzlich. Unbeholfen versuchte sie alleine den Verband zu wechseln. Nachdem der Esstisch abgeräumt war und Estella dabei mehrere Teller hatte fallen lassen, weil sie sie mit ihrer verletzten Hand nicht mehr richtig festhalten konnte, hatte Linda sie in den Smial geschickt. Sie meinte, sie würden den Rest auch ohne sie schaffen.

Erleichtert atmete sie auf, als das weiße Stück Stoff endlich so saß, wie es zu sitzen hatte.

Beim Umziehen ließ sie sich sehr viel Zeit, bevor sie gegen Abend zum Festzelt zurückkehrte.

Das Festzelt war, wie es nicht anders zu erwarten war, bereits übervoll, als sie eintrat. Der Geruch von Essen, Bier und Pfeifenkraut schlug ihr entgegen und die Luft war erfüllt von den Stimmen der sich unterhaltenden Hobbits. Suchend blickte sie sich um. In einer Ecke sah sie ihre Eltern zusammen mit ein paar Freunden stehen. Energisch kämpfte sie sich durch die Massen (manche Hobbits waren ausgesprochen stur und wichen kein bisschen zur Seite) um ihnen Hallo zu sagen.

„Estella, Kind! Schön dich zu sehen!", wurde sie freudestrahlend von ihrer Mutter begrüßt.

„Ich freue mich auch euch zu sehen!", erwiderte Estella den Gruß und ließ sich von ihrer Mutter in den Arm nehmen.

„Und, wie war deine Zeit im Brandyweinschloß?", erkundigte sich ihre Mutter. „Morgen kommst du ja schon wieder heim."

Estella erschrak etwas. Ihre Mutter hatte Recht, morgen würde sie wieder nach hause gehen. Dann würde sie nicht mehr mit Merry in einem Zimmer, sondern wieder Zimmer an Zimmer mit Fredegar wohnen. Wenn sie ehrlich war, würde sie gerne noch etwas länger im Brandyweinschloß bleiben, was vor zwei Wochen noch undenkbar gewesen wäre. Den Grund dafür wollte sie sich selber kaum eingestehen.

„Meine Zeit hier war in Ordnung."

„Nur in Ordnung?", harkte ihre Mutter nach. „Ist denn nichts Außergewöhnliches passiert?"

„Nein.", antwortete Estella etwas zögernd. „Wie kommst du darauf?" Sollte ihre Mutter etwas von den zahllosen Streichen und letztendlich von dem Vorfall mit Doderic mitbekommen haben? Letzteres hatten sie zumindest so gut es ging geheimzuhalten versucht. Trotzdem wußten schon mehr Hobbits darüber Bescheid, als ihnen lieb war.

„Ich dachte, wenn man so eine große Feier mit vorbereitet, würde sich auch mal etwas besonderes ereignen.", entgegnete ihre Mutter. „Außerdem bist du kein Kind mehr und ich dachte, du hättest in der Zeit, wo du nicht zu Hause bei uns warst, dir schon mal Gedanken über deinen Zukünftigen gemacht. So langsam wird es Zeit."
„Mama!", rief Estella empört und zog ihren wadenlangen Rock glatt.

„Estella, glaub mir, du wirst nicht jünger.", sagte ihre Mutter tadelnd. „Was hältst du zum Beispiel von dem netten jungen Herren dort drüben?" Sie zeigte auf einen Hobbit, der eine paar Meter entfernt von ihnen stand.

Estella folgte dem Blick ihrer Mutter und errötete promt, als dieser ebenfalls zu ihnen herüber sah.

„Mama, doch nicht vor all dem Leuten.", sagte Estella peinlich berührt.

„Aber Kind, du musst dich doch nicht schämen! Als ich in deinem Alter war, da kannte ich deinen Vater schließlich auch schon..."

Estella warf ihrem Vater einen hilfesuchenden Blick zu, doch dieser zuckte nur hilflos mit den Schultern.

Sie wollte gerade ihrer Mutter etwas erwidern, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Erschrocken wirbelte sie herum und schlug dem hinter ihr Stehenden beinahe das Bierglas aus der Hand. Das kostbare Getränk schwappte aus dem hohem Glas und verfehlte nur knapp die Weste des Hobbits.

„Herr Meriadoc.", Estellas Mutter deutete einen Knicks an. „Kind, das du aber auch immer so ungestüm sein musst.", sagte sie zu Estella gewandt. „Pass doch ein bisschen mehr auf!"

„Ist schon gut, Frau Bolger.", grinste Merry. „Ihre Tochter verfügt halt über ein sehr lebhaftes Temperament."
Estella war das Ganze ziemlich unangenehm. Im Stillen beschloß sie bei sich, dass sie sich heute lieber nicht mehr von der Stelle bewegen sollte, um weitere peinliche Situationen dieser Art zu vermeiden.

Nachdem die Aufregung von Frau Bolger sich wieder etwas gelegt hatte, gesellte sich Merry neben Estella.

„Wie geht es deiner Hand?" ,fragte er leise.

„Besser...", antwortete Estella eben so leise, aber nicht gerade wahrheitsgemäß.

„Deine Eltern haben von dem Unfall noch nichts mitbekommen?", erkundigte Merry sich.

„Nein. Und das sollte auch so bleiben!"

Merry nickte. „Natürlich. Das schaffen wir schon." Aufmunternd lächelte er sie an.

Estella erwiderte das Lächeln zaghaft, allerdings weniger überzeugt.

„Begleitest du mich mit zu Pippin und Juweline, oder möchtest du noch ein bisschen bei deinen Eltern bleibe?", fragte Merry.

„Um mich weiter der Hektik und Aufregung meiner Mutter auszusetzen? Ich glaube, ich komme lieber mit dir!"

Merry lachte und bot ihr seinen Arm an.

Zusammen saßen sie in einer gemütlichen Ecke nahe dem großem Feuer im Zelt. Sam, dauernd um das ungeborene Kind besorgt, und Rosie hatten sich bereits verabschiedet.

Merry und ein paar jüngere Hobbits unterhielten sich angeregt über Sachen, denen Estella nicht so ganz folgen konnte. Wahrscheinlich ging es schon wieder über längst vergangene Abenteuer, die er und Pippin erlebt hatten.

Sie selbst saß entspannt und weit zurück gelehnt in einem Sessel und genoss es mal nichts tun zu müssen. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, beobachtete die lachenden und trinkenden Hobbits und schließlich blieb ihr Blick an Juweline hängen, die zusammen gesunken und schlafend in dem Sessel neben ihr saß. Estella befürchtete, dass sie in den letzten Tagen nicht gerade wenig gefeiert hatte und wohl hier und da ein bisschen viel getrunken hatte.

Plötzlich brachen die Hobbits um Merry herum in schallendes Gelächter aus. Aufmerksam geworden widmete sich Estella wieder dem Gespräch zu.

„Und was ist dann passiert?", erkundigte sich ein Hobbit mit einem dicken, rotem Gesicht.

„Ja genau, erzähl weiter!", drängten auch die anderen Hobbits.

Merry zögerte und warf einen schrägen Seitenblick auf Estella. Seine Augen trafen ihre, er sah etwas angenüchtert aus,wie er grinste und trotzdem ging ihr sein Blick durch und durch.„Na ja", begann er, „eigentlich... eigentlich ist danach nichts mehr passiert."

„Ach Merry! Das kannst du mir nicht erzählen! Die Idee war genial!", empörte sich einer der Hobbits.

Estella bemerkte, wie Pippin Merry einen warnenden Blick zuwarf. Dieser schien sich in seiner Lage sichtlich unwohl zu fühlen.

„Ist die Kleine dann nicht wie irre aus dem Smial gestürmt und auf dich losgegangen?", meldete sich ein anderer Hobbit zu Wort. Die Menge lachte wieder.

„Nein, sie hat sich doch in ihrem Zimmer verschanzt und versucht das Feuer mit ihrem Nachtgewand zu löschen." Wieder wurde sich darüber ausgelassen, wie Estella Bolger wohl nur in Unterwäsche aussehen würde.

Estella zog scharf die Luft ein und merkte, wie es vor Wut in ihr zu brodeln anfing. Da ging es gerade mal zwei Tage zwischen ihr und Merry gut, dann musste dieser eingebildete Brandybock sie mal wieder zum Gespött der Nachbarschaft machen. Sie wußte nicht , ob sie enttäuscht oder einfach nur sauer sein sollte.

„Nun ja, ganz so war es nicht.", sagte Merry. „Aber ich hätte nichts dagegen, wenn Estella es getan hätte..."

Estella blieb angesichts der Dreistigkeit der Mund offen stehen. Sie überlegte gerade, was sie darauf erwidern sollte, als ein ihr fremder Hobbit seinen Arm um ihre Schulter legte.

„Na Kleine, wie sieht es aus, ziehst du dich auch mal für mich aus?", säuselte er ihr ins Ohr.

Angewidert schlug sie seine Hand weg und sprang auf. Merry beobachtete die Szene mit einem ungutem Gefühl. Wütend stapfte Estella davon, aber nicht ohne Merry vorher einen vernichtenden Blick zuzuwerfen und voller Wut einen mittelgroßen Weinkrug über seinem Kopf auszuleeren.

„Estella!", Merry blickte ihr hilflos und tropfend hinterher.

Die Hobbits johlten und klatschten. Für genügend Gesprächsstoff war vorerst gesorgt.

„Glückwunsch.", bemerkte Pippin. „Das, was du dir mühsam, Stück für Stück, die letzten Tage erarbeitete hast, hast du in einer halben Minute wieder kaputt gemacht. Das macht dir so schnell keiner nach. So wird das nie was zwischen Stella und dir."

Hilflos sah Merry seinen jüngeren Cousin an. „Was mach ich denn jetzt bloß?"

Pippin seufzte und schüttelte den Kopf. „Du solltest dir in Zukunft besser zweimal überlegen, was du in der Öffentlichkeit erzählst. Und wenn du noch irgendetwas retten möchtest, dann geh jetzt hinunter und rede mit Estella. Aber du solltest dich vorher umziehen, du stinkst nach Wein!"

Merry sah Pippin dankbar, wenn auch nicht erleichtert, an und stürmte davon. Unterwegs fragte er sich was bloß mit ihm los war. Er hatte eigentlich immer gedacht, dass er zu den Hobbits gehöre, die nicht ständig auf den Gefühlen anderer herumtrampeln. Doch irgendwie war er im Umgang mit Estella immer so kopflos.

Enttäuscht ging Estella zum Brandyweinschloß. Der Weg vor ihr verschwamm durch die Tränen, die ihr vor Wut und Enttäuschung in die Augen traten und langsam ihre Wangen hinunter kullerten. Sie würde abreisen! Und zwar sofort! Keinen Moment würde sie noch länger bleiben. Sie dachte die ganzen letzten zwei Tage, dass zwischen ihr und Merry endlich alles in Ordnung sei. Und jetzt machte er sich öffentlich lustig darüber. Sie schluchzte und stieß die Tür zum Inneren des Smial auf. In all ihrer Wut, Verzweiflung und Enttäuschung bemerkte sie nicht, dass gleich drei Hobbits ihr folgten und zwei davon sie sehr genau beobachteten.

Merry war ihr den ganzen Weg hinterher gerannt und folgte ihr nun schnell nach drinnen. Als er in ihr Zimmer kam stopfte sie wahllos ihre Sachen in eine Reisetasche. Tränen hatten auf ihrem Gesicht helle Spuren hinterlassen.

„Was machst du denn da?", fragte Merry. Estella warf ihm nur einen kurzen Blick aus ihren geröteten Augen zu und fuhr mit dem Packen fort.

„Estella, rede mit mir!", bat Merry. „Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen!"

„Ach nein, und warum nicht?", fuhr Estella ihn an.

„Weil...,weil...", Merry gab schon fast ein lustiges Bild ab, wie er da stand, hilflos nach Worten ringend und mit rotweindurchnässten Kleidungsstücken.

„Oh Merry, du bist so erbärmlich!", schimpfte Estella und knallte einen Schwung Kleider in die Tasche.

„Ich wollte wirklich nicht deine Gefühle verletzen.", sagte Merry entschuldigend.

„Ach nein? Dann überlege dir vorher was du tust! Oder hast du deinen Kopf nur um deine Haare darauf spazieren zu tragen?"

„Estella, jetzt wirst du ungerecht.", sagte Merry warnend, der sich so langsam ungerecht behandelt vorkam.

„Ungerecht? Ich kann dir sagen was ungerecht ist! Ungerecht ist es einem nur vorzuspielen, dass man alle Streitigkeiten beigelegt hat. Ungerecht ist es einem Freundschaft oder noch mehr einfach nur vorzuspielen. Ungerecht ist es einen mit fiesen Streichen reinzulegen und dann in großer Gesellschaft sich darüber lustig zu machen. Das ist ungerecht!", wütend blitzte Estella ihn an. Und obwohl langsam die Wut auch in Merry hochkroch, bewunderte er ihr Temperament.

„Estella, vergisst du da nicht etwas? Wer hat den mit Eiern geworfen und um sich geschlagen?", fragte Merry um einen ruhigen Ton bemüht.

„Du hast angefangen!", sagte Estella stur.

„Ach, so einfach ist das?", bemerkte Merry wütend.

„Ja, so einfach ist das. Und jetzt laß mich in Ruhe!" Estella schnappte sich ihre Tasche und wollte zur Tür hinaus. Merry stellte sich ihr in den Weg.

„Laß mich vorbei!", zischte Estella.

„Oh nein! Du läufst mir jetzt nicht davon! Ich laß dich erst hier raus wenn wir die Sache geklärt haben."

„Was gibt es denn da noch zu klären?", wütend knallte Estella ihre Tasche auf den Boden. „Jeder geht ab so fort wieder seinen eigenen Weg und lebt ganz normal weiter wie vorher."

„Ach, so einfach ist das für dich, Stella?", Merry packte sie an den Schultern und hielt sie fest. „Für mich ist das leider nicht so einfach. Ich will dich nicht verlieren..."

Estella blickte ihn misstrauisch an. „Mach dich nicht lustig über mich!", sagte sie und überspielte ihre aufkommende Unsicherheit über seine Worte und seine Berührungen mit einem barschem Ton.

Merry legte den Kopf schief und musterte das vor ihm stehende Mädchen. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet und aus ihren hochgesteckten Haaren hatten sich eine Strähne gelöst. Vorsichtig streckte er seine Hand aus um die Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Erst wich sie zurück, ließ es sich schließlich aber doch gefallen.

Als Merry nach ein paar Minuten immer noch seine Augen fest auf Estella gerichtet hatte, wurde diese unruhig. „Lässt du mich jetzt endlich hinaus?", durchbrach sie die Stille.

„Nicht bevor ich dir noch eins gesagt habe.", sagte Merry.

„Dann sag es.", sagte Estella nicht gerade freundlich.

Merry schluckte und suchte nach den richtigen Worten. Schließlich konnte man sich bei Estella nie so sicher sein, wie sie es auffassen würde.

„Estella...ich.", er nahm ihre Hand, ließ sie aber direkt wieder los, als habe er sich an ihr verbrannt. „Estella...ich mag dich.. Sogar sehr.."

Estella blickte ihn aus großen Augen erstaunt an. Sie wußte nicht so recht, wie sie reagieren sollte. „Wie...was, ich dachte immer..." Letztendlich fing sie herzhaft an zu lachen.

Merry blickte unsicher zu Boden. Er wußte nicht, was ihr Lachen zu bedeuten hatte.

Als Estella sich halbwegs beruhigt hatte und wieder Luft bekam, meinte sie zu Merry: „Da kann ich ja echt beruhigt sein. Und ich dachte immer, du haßt mich!"

„Estella, du nimmst mich nicht ernst!", beschwerte Merry sich.

„Wie ernst ist es dir denn?", fragte sie.

„So ernst!" Blitzschnell hatte er sie an sich gezogen und seine Hände um ihren schmalen Nacken gelegt. Er näherte sich etwas langsamer ihren Lippen und berührte sie flüchtig mit seinen eigenen. Estella erschauderte und errötete bis an die Haarspitzen, fasste sich aber schnell und war um einen frechen Spruch noch nicht verlegen genug.

„Wie, das war alles?", meinte sie keck.

Merry zog erstaunt grinsend die Augenbrauen hoch. „Wäre dir so etwas wie im Grünen Drachen denn lieber gewesen?"

Estella wollte schnell verneinen und ihm sagen, dass sie es ja gar nicht so gemeint hätte. Doch bevor sie etwas sagen konnte, spürte sie Merrys warmen Lippen auf den ihrigen. Estella schloß genussvoll die Augen, als er behutsam mit seiner Zunge um Einlass bat.

Der Kuss war atemberaubend und Estella ,musste sich insgeheim eingestehen, dass Merry viel besser küsste als Doderic. Viel zärtlicher...

Merry strich ihr mit seinen Fingern zart über das Gesicht und ließ seine Hand langsam bis in ihren Nacken wandern. Estella ließ ihren Kopf gegen seine Schulter sinken.

„Bleibst du noch?", fragte Merry. „Wenigstens für eine Nacht?"

„Aber ich habe doch jetzt schon gepackt.", nuschelte Estella in seine Schulter.

„Du kannst ja wieder auspacken."

Er hob ihr Gesicht wieder etwas an und liebkoste erneut ihre Lippen mit den seinigen.

„Nun gut.", sagte Estella „Für eine Nacht brauche ich ja nicht gleich alles wieder auspacken."

Merry legte seine Arme an ihre Hüften und Estella legte ihre Arme um seinen Nacken. So standen sie da, jeder die unerwartete Nähe und Zärtlichkeit des anderen genießend, als plötzlich die Tür aufflog. Estella lugte über Merrys Schulter. „Fredegar, was machst du denn hier!" Sofort ließ sie Merry los.

Auch Merry drehte sich zu seinem Freund um.

Fredegar stand in der Tür, und seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen musste er über etwas sehr verärgert sein.

„Fredegar, komm doch rein.", bat Merry ihn.

Fredegar blickte Merry unterkühlt an. „Ich denke, Estella und ich gehen jetzt nach Hause! Komm Estella!", sagte er befehlerisch. Er wollte nach ihrer Hand langen.

Merry sah ihn überrascht an und auch Estella war erstaunt. „Und was ist, wenn ich noch gar nicht nach hause möchte?" Fredegars Tonfall ärgerte sie.

„Das ist mir egal, du kommst jetzt mit!" Er packte sie am Arm und wollte sie zur Tür hinaus zerren. Doch Merry stellte sich ihm in den Weg. „Fredegar! Was soll das? Was ist los?"

„Ist das so schwer zu verstehen?", rief Fredegar aufgebracht. „Estella und ich werden jetzt heim gehen! Also, geh uns aus dem Weg!"

„Fredegar, was soll das denn jetzt?", Merry verstand die Welt nicht mehr.

„Ich mag es nicht, wenn sie jemand wie du an meine Schwester heran macht!"

Merry zog halb erstaunt, halb verärgert die Augenbrauen hoch. Auch Estella konnte ihrem Bruder nicht so ganz folgen. Schließlich war er immer derjenige gewesen, der ihr gesagt hatte, sie solle sich mit Merry vertragen. „Ja, aber Fredegar, du sagtest doch immer..."

Estella, geh jetzt!", unterbrach Fredegar sie und schob sie zur Tür hinaus. „Geh heim, ich fürchte ich muß mit Meriadoc noch etwas klären."

Estella blickte unsicher von einem zum anderen. Merry nickte ihr kurz zu und deutete ihr nach draußen zu gehen.

„Was willst du mit mir klären?", fragte Merry schroff. „Ich denke, was es auch sein wird, es wird kein Grund sein Stella nach Hause zu schicken."

„Oh Merry, für dich war schon immer alles so leicht!" Fredegar war immer noch sehr aufgebracht. „Schon seit unserer Kindheit an. Aber ich sage dir, laß deine Finger von Estella. Sie ist zu schade für dich!"

„Sie ist zu schade für mich?", fragte Merry ärgerlich.

„Meriadoc Brandybock, ich mag meine Schwester sehr. Und ich möchte nur das Beste für sie. Ich denke schon seit Tagen darüber nach. Blicken wir den Tatsachen doch einmal ins Auge. Es wird nicht mehr lange dauern bis du, anstelle deines Vater, Herr von Bockland wirst. Du wirst Pflichten haben und du wirst im Auenland umher reisen müssen. Aber damit nicht genug. Denn dies könnte eine Frau noch durchstehen. Du bist ein Schildknappe Rohans. Sollte Rohan in Schwierigkeiten kommen, sollte Rohan in den Krieg ziehen oder die Riddermark selbst mit Krieg überzogen werden ist es deine Pflicht dem König Rohans beizustehen. Und ich will nicht, dass meine Schwester lange Nächte voller Ungewissheit, allein mit euren Kindern, um die du dich auch nicht richtig kümmern wirst, wacht. Voller Ungewissheit ob du noch am leben bist. Ich möchte nicht, dass sie aus lauter Sehnsucht auf dumme Gedanken kommt und sich wegen dir in Gefahr begibt."

Nach dieser für Fredegar ungewöhnlich langen Rede herrschte kurz betroffene Stille.

Dann erwiderte Merry vorsichtig: „Fredegar, ich verspreche dir, ich werde gut auf Stella aufpassen."

„Daran zweifele ich nicht. Ich befürchte nur, dass du wenig Gelegenheit dazu haben wirst. Die Gemeinschaft zu deinen Freunden und zu Rohan war vor Estella da. Ich lasse es nicht zu, dass du eine Bindung mit Estella eingehst!" Die letzten Worte sprach Fredegar sehr hart. Dann drehte er sich um und ging.

Merry sah ihm bestürzt hinterher und ließ sich Fredegars Worte noch mal durch den Kopf gehen. Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. Wieso sollte er schlecht für Estella sein? Und überhaupt, die Wahrscheinlichkeit, dass er nach Rohan musste schätzte er als sehr gering ein. Vielleicht hatte das ganze ja noch einen anderen Hintergrund. Jedenfalls sah es so aus, als müsste er sich zwischen Fredegar und Estella entscheiden...

Die Lust auf das Feiern war Merry gehörig vergangen. Er zündete sich seine Pfeife an und nahm in einem großem Sessel am Kamin platz. Immer wieder dachte er über Fredegars Worte nach. Sie waren immer sehr gute Freunde gewesen. Er verstand nicht ,wieso Fredegar so verbissen Estella und ihn davon abhalten wollte, zusammen zu sein. Er starrte ins Kaminfeuer, als würde er dort eine Antwort finden.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Fredegar kam herein gestürmt. „Was hast du mit ihr gemacht? Los, sag schon!", brüllte er ihn an.

„Was habe ich mit wem gemacht?", fragte Merry ruhig.

„Stell dich nicht so blöd an! Mit Estella! Sie ist weg!"

„Nichts habe ich mit ihr gemacht. Du hast sie nach Hause geschickt, Fredegar. Hast du das vergessen?"

Wutentbrannt schnaubte Fredegar durch die Nase. „Halt mich nicht für blöd Merry! Da ist sie nicht."

„Dann wird sie wohl woanders sein."

„Ja, das wird sie wohl!", explodierte Fredegar. „Und ich will jetzt auf der Stelle von dir wissen, wo sie ist!"

Merry erhob sich aus seinem Sessel. „Hör mir mal zu Fredegar, ich weiß nicht, wo Stella ist. Wahrscheinlich ist sie noch einmal kurz zu ihrem Pony gegangen. Und ich denke, sie ist alt genug um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, wo sie hingeht. Da braucht sie weder dich noch mich zu."

Zweifelnd blickte Fredegar Merry an.

Merry seufzte. „Los komm, wir suchen sie zusammen."

Die zwei Hobbits verließen eilig den Smial und traten in die kühle Nachtluft. Merry steuerte direkt den Weg zur Weide an. Doch Max stand mit den anderen Ponys zusammen am Futtertrog. Merry pfiff leise, wie Estella es auch immer tat, und das Pony kam langsam auf sie zugetrottet. Estella war weit und breit nicht zu sehen. Merry strich über Max warmen und weichen Nüstern.

„Und nun Herr ich bin durch ganz Mittelerde gereist und habe jede Menge Erfahrung?", fragte Fredegar.

Merry versuchte so gut es ging seinen Ärger in Schach zu halten. „Was schlägt denn Herr ich bleibe lieber daheim im Auenland vor? Fredegar, ich sagte es bereits, deine Schwester ist schon groß. Sie braucht keinen der ständig auf sie aufpaßt."

„Und was ist wenn ihr etwas passiert ist?"

Das traf bei Merry genau den Nerv. Er sah den leblosen Körper Estellas im Brandywein treiben, er sah ihre verletzte Hand vor seinem inneren Auge. Was wäre wenn...?