BlackNightmare16: Die Andeutungen sind wohl nicht zu übersehen, was? ;-) Aber im Moment ist Alina wirklich nur eine Freundin, obwohl, wer weiß, was später noch passieren wird? Einfach mal überraschen lassen!
Kapitel 5: "Man sagt, dass jeder Mensch irgendwo auf der Welt einen Zwilling hat...
Draco und Aidan standen sich gegenüber und sahen sich an.
Aidan konnte nicht fassen, dass das, worüber er gerade noch mit Alina geredet hatte, soeben eingetroffen war. Vor ihm stand sein kleiner Bruder und starrte ihn mit großen, ungläubigen Augen an.
Aidan kam es vor, als wäre die Zeit kurz stehen geblieben; der Moment, in dem sie einander ansahen, kam ihm unendlich lang vor, doch in Wahrheit vergingen nur wenige Sekunden.
Aidans eisblaue Augen trafen für einen kurzen Moment auf Dracos graue.
Dann drehte Draco sich plötzlich um und lief den Weg, den er gerade gekommen war, zurück.
Draco kannte nur einen Gedanken: Flucht!
Er hätte niemals einem Gerücht Glauben geschenkt, aber nun hatte er es mit eigenen Augen gesehen: es war wirklich ein Mann auf Hogwarts, der ihm zum verwechseln ähnlich sah.
Und er hatte es gefühlt.
Irgend etwas war da zwischen ihm und diesem Mann, etwas, was er nicht definieren konnte, ein unbestimmtes Gefühl, eine Ahnung.
Er wusste nicht, warum er so panisch reagiert hatte, aber in dem Moment, als er in das Gesicht des Mannes geblickt hatte, das so sehr seinem eigenen zu gleichen schien, hatte er das Bedürfnis verspürt, einfach wegzurennen und als seine Augen dann auf die des Fremden trafen, hatte er es einfach nicht länger ausgehalten.
Seine Beine hatten ihn einfach ohne seinen Willen davongetragen und nun war er fast wieder am Gemeinschaftsraum angekommen.
Draco wurde bewusst langsamer, hörte auf zu rennen, ging langsam weiter und blieb schließlich ganz stehen. Schwer atmend lehnte er sich gegen die kalte Wand. Er hätte nicht gedacht, dass der kurze Lauf ihn so erschöpfen würde.
Ihm war kalt und er fröstelte, was aber nicht an den niedrigeren Temperaturen hier in den unteren Gemäuern des Schlosses lag. Hier unten war es immer kälter als in den oberen Räumen und alle Slytherins hatten sich mit der Zeit daran gewöhnt. Nein, es war etwas anderes.
Das muss der Schock sein, dachte Draco, der Schock.
Er wischte sich das feuchte Haar aus der Stirn und schloss kurz die Augen. Du Narr, du musstest das Schicksal ja herausfordern, und das hast du jetzt davon.
Wenigstens folgt er mir nicht, dachte er weiter und ärgerte sich sofort über diesen Gedanken. Warum sollte dieser Mann ihm folgen? Das war ja schon fast so, als hätte er, Draco Malfoy, Angst vor einem Fremden!
Verfolgungswahn, meinte er in Gedanken und fing dann lauthals an zu lachen. Verfolgungswahn! Ja, warum nicht...
Als er einige Minuten später den Gemeinschaftsraum wieder betrat, schmunzelte er noch immer über seine Einfältigkeit. Ein Malfoy und Verfolgungswahn... Wie konnte ich nur auf so einen törichten Gedanken kommen!
Einige der anwesenden Slytherins, die untätig herumsaßen, blickten zu ihm auf, als er durch den Raum zu den Schlafsälen ging, aber es war keiner seines Jahrgangs darunter. Anscheinend waren Pansy und Millicent schlafen gegangen, genauso wie Crabbe und Goyle, nachdem sie seine Anweisung befolgt hatten.
Draco war das nur recht, er hatte nicht die geringste Lust auf ein Gespräch, egal mit wem.
In dieser Nacht fand Draco lange keinen Schlaf. Er lag in seinem Bett und warf sich von einer Seite auf die andere.
Obwohl er es nicht wollte, dachte er an diesen Mann, sein Spiegelbild...
Wer war er? Draco war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass ihm niemand einen Streich gespielt hatte und dass weder Potter noch sonst jemand dahinter steckte.
Warum sah dieser Fremde ihm selbst so ähnlich? Und warum war die neue Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste bei ihm gewesen?
Diese und andere Fragen schwirrten Draco im Kopf herum.
Und kurz bevor er einschlief dachte er noch:
"Man sagt, dass jeder Mensch irgendwo auf der Welt einen Zwilling hat... Heute Abend bin ich meinem begegnet."
Als Draco weggelaufen war, war Aidan zuerst über diese Reaktion erstaunt gewesen. Sein erster Impuls war, seinem Bruder nachzulaufen, doch dann spürte er Alinas Hand auf seiner Schulter.
"Willst du ihm wirklich folgen?" Alina sprach sanft, doch Aidan erkannte sofort den mitklingenden Ton in ihrer Stimme, den sie immer benutzte, wenn sie das, was jemand tun wollte, nicht unbedingt guthieß.
Aidan blickte in den nun leeren Korridor vor ihnen. "Nein", antwortete er, "Ich denke, ich habe für heute Abend genug angerichtet..." Er seufzte. "Aber wenigstens habe ich ihn jetzt doch schon heute persönlich getroffen."
"Wenigstens etwas." Alina klang nicht spöttisch, sondern mitfühlend. "Lass uns wieder nach oben gehen, ja? Ich zeig dir dein Zimmer, damit du dich etwas ausruhen kannst, in Ordnung?"
"Ja." Aidan nickte, doch dann ballte er wütend die Fäuste. "Oh, verdammt, ich hab alles verdorben, oder? Verdammt!" Am liebsten hätte er gegen die Wand getreten, aber das hätte nichts gebracht und er hätte sich außerdem wie ein kleines Kind aufgeführt. Statt dessen schluckte er seinen Ärger hinunter. "'Tschuldige, du hattest ja versucht mich zu warnen. Und jetzt hab ich totalen Mist gebaut."
"Hallo, Erde an Aidan, hör mal zu. Niemand konnte ahnen, wie er reagiert, niemand konnte wissen, dass wir ihn wirklich hier treffen, also hör auf rumzujammern. Ist doch verständlich, dass du ihn sehen wolltest, immerhin hast du dich schon lange darauf gefreut." Alina schmunzelte. "Aber irgendwie kann ich ihn auch verstehen. Er hat sein eigenes Spiegelbild vor Augen gehabt, kein Wunder, das er Reißaus genommen hat. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn mir so was passieren würde. Also lass ihn sich erstmal daran gewöhnen. Aber sonst hast du Mist gebaut, ja." Sie lachte.
"Wie nett", gab Aidan zurück. "Und ich dachte schon, du wolltest mich trösten."
Später in der Nacht, als Draco noch versuchte einzuschlafen, war Harry bereits in einem düsteren Traum gefangen.
Sein Traum-Ich ging durch einen Wald, der Harry irgendwie an den Verbotenen Wald erinnerte und doch ein anderer war, hindurch, scheinbar ohne Ziel, und doch von einer inneren Unruhe getrieben.
Etwas rief ihn, so wie es ihn schon viele Male zuvor gerufen hatte.
So wanderte er also durch diese unwirkliche Traumwelt, durch diesen Wald, der aus Schatten zu bestehen schien.
Nachdem er, wie es schien, endlos lange zwischen den Bäumen in der Dunkelheit umhergeirrt war, gelangte er an eine Lichtung, an der der Ruf stärker wurde. Was immer ihn rief, es war hier.
Komm her... komm und sieh... schien die lautlose Stimme zu rufen.
Harrys Traum-Ich sah über die Lichtung.
Am anderen Ende, von Schatten umhüllt, waren zwei Gestalten. Die eine war mit unsichtbaren magischen Schnüren an einen Baum gefesselt, die andere hatte der ersten Gestalt den Rücken zugewandt.
Komm her... Die stille Macht zerrte an ihm, zog ihn näher an das Geschehen heran, auch wenn er es nicht wollte.
In der Mitte der Lichtung ließ das Zerren nach und Harry blieb stehen. Er konnte nun mehr erkennen, aber er befürchtete, dass ihm das, was er sah und noch sehen würde, nicht gefallen würde.
Er konnte die gefesselte Gestalt deutlicher erkennen als zuvor, aber ihr Gesicht schien unklar, unwirklich zu sein, als hätte jemand einen dünnen Nebelschleier über das Gesicht der Gestalt gelegt.
Aber Harry wusste auch so, dass es ein Todesser war, denn einer der Arme der Gestalt war durch die Fesselungsmagie so verdreht, dass man das Dunkle Mal erkennen konnte. Der restliche Körper wurde von einem zerrissenen Umhang bedeckt und die Haut der Gestalt war von Einschnitten und Wunden übersät, von denen mehrere bluteten.
Die andere Traum-Person stand vor der Gestalt und schien sie anzustarren.
Harrys Traum-Ich konnte den Hass der anderen Person fast spüren. Abgrundtiefen, brennenden Hass schien die Person auszuströmen, geradewegs auf den Todesser gerichtet.
Dann drehte die Person sich um und Harry wäre fast das Herz stehen geblieben.
Denn er sah sich selbst.
Ein verzerrtes Abbild seines eigentlichen Traum-Ichs, das ihn mit stechenden, vor Hass glühenden Augen ansah.
Harry wollte zurückweichen, doch er konnte nicht. Er schien wie gelähmt zu sein, seine Muskeln wollten sich keinen Millimeter bewegen.
Der andere, dunkle Harry wandte sich wieder dem gesichtslosen Todesser zu. Er hob seinen Zauberstab.
Harrys Herz verkrampfte sich. Er wird doch nicht... nein!
Harry wollte wegsehen, wollte nicht zusehen, was jetzt geschah, doch diese grausame Macht zwang sein Traum-Ich, weiter zuzusehen.
Sieh zu... sagte die lautlose Stimme wieder.
...Sieh zu was passiert... genieße deine Rache...
Der andere Harry zog hörbar die Luft ein, bevor er zwei Worte ausstieß, seine Stimme klang rauh und eiskalt: "Avada... Kedavra!"
Ein grüner Blitz zuckte durch die Traumwelt und die Gestalt des Todessers erschlaffte.
Harrys Traum-Ich kämpfte verzweifelt mit dem, was auch immer ihn hier festhielt. Nein! Nein, nein, NEIN! Ich wollte das nicht, warum, warum, warum? Ich will das nicht sehen! Was immer mich hier auch hergeholt hat, es soll mich endlich gehen lassen! Ich will hier weg!
Währenddessen hatte der andere Harry die Arme ausgebreitet und fing nun an, aus voller Kehle zu lachen. Er lachte und lachte, ein schreckliches, grausames Lachen.
Harry wollte sich die Ohren zuhalten, wollte endlich freigelassen werden, wollte diese Qual nicht länger durchmachen. Er kämpfte mit all seiner Kraft gegen die grausame Macht, die ihn umschlossen hielt wie eiserne Ketten, doch es half nichts. Er kam hier nicht einfach so weg.
"Harry, warum?" Er hörte eine Stimme, eine andere als diese lautlose Stimme, und eine Hand legte sich auf seinen Schulter.
Mit einem Mal war der Bann gebrochen. Harry fuhr herum und blickte in ein Gesicht, das er zuletzt vor zwei Jahren lebendig gesehen hatte.
"Harry, warum diese Rachegefühle?" Sirius blickte ihn traurig an. "Warum hast du das getan? Es ist nicht richtig, dass du anfängst, Voldemorts Weg zu gehen."
Harry wollte etwas erwidern, wollte Sirius sagen, dass nicht er den Todesser umgebracht hatte, dass es jemand anderes gewesen war, dass er keine Rache wollte und keinen Hass empfand, aber er brachte keinen Ton heraus.
Denn in dem Moment, in dem er in Sirius' Augen sah, wusste er, dass Sirius Recht hatte. Er wollte sich rächen. Er wollte töten. Wollte die Todesser dafür leiden sehen, was sie so vielen Menschen angetan hatten.
Harry blickte auf seine Hände und erschrak. Sie waren rot von Blut. Das Blut tropfte von seinen Händen auf den Boden und bildete vor seinen Füßen eine Pfütze, die sich schnell ausbreitete.
"Harry!" Sirius packte Harry am Arm. "Warum? Warum hast du das getan?"
Nein, Sirius, nicht ich habe das getan... nicht ich! Ich wollte das nicht mit ansehen, das musst du mir glauben! Vielleicht habe ich diesen Hass und diese Rachegefühle in mir, aber das eben war nicht ich! Glaub mir! Ich würde doch niemals ihre Wege gehen... Wie kannst du nur so etwas von mir denken? DAS WAR NICHT ICH!
Aber immer noch brachte Harry keinen Ton hervor. Es war ihm, als müsse er an den Worten, die er nicht aussprechen konnte, ersticken.
Er hielt es nicht länger aus, er wollte nur noch fort, fort aus diesem Traum, der ihn gefangenhielt, fort von seinem einstigen Paten, der ihn nun anklagte.
Harry riss sich von Sirius sich los und...
...erwachte schweißgebadet in seinem Bett.
Sein Herz klopfte wie wild und er hatte sich in seiner Bettdecke verheddert, wahrscheinlich hatte er im Schlaf um sich geschlagen.
Er fühlte kalten Angstschweiß auf seinem Körper und zu seinem erstaunen auch Tränen auf seinen Wangen.
Tränen? Ja, Tränen. Er hatte lange nicht mehr geweint, das letzte Mal bei Sirius' Tod... Wenn er denn damals wirklich gestorben war... Aber daran wollte Harry jetzt nicht denken.
Den Traum hatte schon öfter geträumt, doch nie war er vorher dort Sirius begegnet. Dieses Mal war es anders gewesen.
Sonst war er aufgewacht, weil er nicht sehen wollte, was sein anderes Ich tat. Schweißgebadet, manchmal sogar schreiend, aber nie, weil Sirius ihn angeklagt hatte.
Der Traum war jedes Mal gleich. Eine Stimme rief ihn zur Waldlichtung, er sah, wie ein Todesser von seinem zweiten Traum-Ich getötet wurde und er selbst wurde von dieser eigenartigen Macht gezwungen, dabei zuzusehen.
Am Anfang konnte er die Todesser noch erkennen, mal war es Bellatrix Lestrange gewesen, mal Lucius Malfoy, Peter Pettigrew oder ein anderer, ja, einmal war es sogar Voldemort selbst gewesen, der dort an den Baum gefesselt war. Aber mittlerweile waren die Todesser allesamt zu namen- und gesichtslose Gestalten geworden.
Meist tötete der andere Harry so wie in dieser Nacht schnell und ohne viel Aufsehen, aber manchmal quälte er auch die Todesser, belegte sie mit Flüchen, brachte ihnen Wunden bei und tat andere, ähnlich grausame Dinge.
Doch nie war jemand anderes als er selbst, sein zweites Ich und ein Todesser in seinem Traum gewesen.
Harry war sich sicher, dass es nicht Voldemort war, der ihm diese Träume schickte, er bezweifelte überhaupt, dass jemand das tat. Diese Träume kamen von ihm selbst, aus seinem Unterbewusstsein, und in dieser Nacht hatte sich das wohl bestätigt.
Denn Sirius hatte nur das getan, was Harry sich nicht traute einzugestehen: Er hatte seinen Hass auf die Todesser angeprangert.
Harry war der Gedanken selbst manchmal gekommen, dass die Träume ihm das ganze Ausmaß seines Hasses zeigten und wozu er selbst imstande sein könnte, wenn er die Möglichkeit hätte, sich an einem Todesser zu rächen.
Aber er hatte diesen Gedanken immer wieder verdrängt, denn er hatte Angst davor, die Wahrheit zu akzeptieren. Er hatte Angst, dass jemand erfuhr, was in ihm vorging, dass er jedem Todesser am liebsten das Herz aus dem Leib gerissen hätte. Er hatte Angst vor sich selbst, weil er sich seit Sirius' Tod fremd geworden war. Er hatte sich verändert, er war in seinem tiefsten Innern dunkler geworden und hatte begonnen, einen unstillbaren Drang nach blutiger Rache zu verspüren.
Ron und Hermine hatten wahrscheinlich bemerkt, dass etwas in ihm vorging, und ihn auch darauf angesprochen, aber auch ihnen war er ausgewichen. Er wollte es nicht wahrhaben, aber nun schien ihn sein eigenes Unterbewusstsein direkt darauf zu stoßen.
Harry wusste, dass er nicht so fühlen sollte oder dass er sich seine Gefühle wenigstens eingestehen und dann im Zaum halten sollte, aber er konnte es nicht. Er fühlte sich zweigespalten, uneins, als ob es wie in seinem Traum nicht einen, sondern zwei Harrys gab.
Nach außen hin schien alles beim Alten zu sein, er war zwar stiller geworden, als noch zwei Jahre zuvor gewesen war, aber wer nicht so viel mit ihm zu tun hatte, bekam von seiner Veränderung nichts mit. Denn die Veränderung war rein innerlicher Natur, es schien eine zweite Seele in ihn heranzuwachsen, eine Seele mit zerstörerischer Macht, die nur darauf wartete, ihn zu verschlingen.
Ich sollte mich endlich meinen Dämonen stellen..., dachte Harry. Wenn sich mein Unterbewusstsein schon die Mühe macht, Sirius Geist hervorzuholen... Vielleicht sollte ich mich dann wirklich mit meinen Gefühlen auseinander setzen...
Harry hatte sich im Bett aufgesetzt und sein Bettzeug wieder einigermaßen geordnet. Jetzt sank er müder auf sein Kissen zurück. Nachdenken konnte er morgen noch. Er wollte jetzt nur noch schlafen, einen traumlosen Schlaf, aus dem er vor dem Morgen nicht mehr wieder erwachte.
Es würde später schon noch genug Zeit sein, sich über alles Gedanken zu machen...
(To be continued...)
A/N: So, wie fandet ihr's?
Ich habe versucht, Harrys Traum so düster wie möglich darzustellen, ich hoffe, das ist mir gelungen.
Bis zum nächsten Kapitel
Eure Lupinus
PS: Kommentare sind natürlich immer erwünscht ;-)