Beyond the Seaside

Kap. 2 : Gespräche

Selten war der große, helle Holztisch so reich gedeckt wie jetzt. Silberne Kerzenhalter, auf denen magische Lichter brannten. Das beste Porzellan, das zuletzt bei Pipers Hochzeit mit Leo aufgedeckt wurde und ein richtiges Festmahl, wie es sonst nie zustande gekommen war. Truthahn, Kartoffeln, Soßen, Salat und alle nur denklichen Leckereien waren verteilt. Und obwohl schon alle gegessen hatten und pappsatt in den Stühlen lagen, sah das Essen aus, wie nicht angerührt. Ein Zauber, der jedes entnommene Stück Nahrung sofort wieder ersetzte.

Zur Feier des Tages war ihnen jede Regel gegen „Eigennutz" oder „missbrauch der Magie" egal, denn schließlich saß die größte aller magischen Sünden direkt am Ende des Tisches und ließ sich noch etwas von der Preiselbeersoße und Truthahn schmecken.

Es herrschte eine seltsam glückliche Stimmung, obwohl niemand ein Wort sagte. Nur das Summen der sich regenerierenden Speisen und das Kratzen und Schaben des Silberbestecks war zu hören. Leo saß mit Chris auf der einen Seite des Tisches, alle Streitereien waren für jetzt vergessen. Phoebe und Paige saßen ihnen gegenüber und tranken genüsslich ihre Gläser mit bestem Wein aus. Paige zögerte immer etwas. Ihr Gefühl unwillkommen zu sein irritierte sie, doch sie versuchte diese Gedanken zu verdrängen.

Piper saß am einen Ende des Tisches, während Prue am anderen Ende saß und immer noch nach Herzenslust schlemmte. Sie trug ihr altes, blaues Kleid, das Piper wie einen Schatz eingeschweißt und magisch vor aller Art von Schmutz oder Beschädigungen geschützt hatte. Alle trugen sie Anzüge oder Kleider, selbst der kleine Wyatt, der inzwischen schon leicht weggedöst war, saß mit seinem kleinen Frack im Kinderstuhl.

Phoebe strahlte immerzu. Sie konnte ihre Augen kaum von ihrer großen Schwester nehmen, wie sie dort fröhlich aß, trank und lebte, genauso ging es Leo. Chris, dem es anscheinend nicht passte einen unbequemen Anzug zu tragen, saß schon fast gelangweilt aus. Völlig verständlich, schließlich hatte er nie die älteste Schwester kennen gelernt.

Piper nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Glas und stellte es ab.

Sie trug ein Kleid, das dem von Prue sehr ähnlich sah. Sie hatte auch ihren Hochzeitsschmuck angelegt, auch wenn sie sich geschworen es nie wieder zu tragen, nachdem Leo sie verlassen hatte. Doch heute war alles egal.

Sie blickte auf ihren Teller, dann zur großen Standuhr. Es war kurz vor Elf Uhr Abends.

Sie legte die Hände zusammen und sah auf ihren Sohn, der nun völlig eingeschlafen war.

Plötzlich richteten sich alle Blicke auf Prue, die prustend und keuchend über ihrem Teller lag.

Nach einem kleinen Kampf schluckte sie dann kräftig und aß weiter.

Die Standuhr dröhnte, und Wyatt schreckte hoch. Piper sah ihn an und beobachtete, wie sich sein müdes Gesicht verfärbte und dicke Tränen aus den Augen kullerten. Er war völlig fertig und wollte nur noch in sein Bettchen, also beamte er sich kurzerhand weg.

Ohne ein Wort zu sagen stand Piper auf und ging nach oben.

Besorgt sah Paige zu Leo, doch der strahlte mit Phoebe um die Wette. Erst als sie zu Chris sah, erhielt sie Antwort. Beide standen auf und gingen in die Küche.

Nun saßen nur noch Leo, Phoebe und Prue am Tisch. Eine ganze Weile störte sich die ehemalige Tote nicht an den starrenden Blicken ihrer Gesellschaft, doch als sie einmal kurz hochsah, und Phoebe Tränen in den Augen hatte, stockte sie. Schnell schluckte sie ihren letzten Bissen hinunter und wischte ihrer kleinen Schwester mit einer sauberen Serviette vorsichtig die Tränen ab. Doch es half nichts. Immer mehr und mehr kamen aus ihren verheulten Augen, bis sie dann in Schluchzen aufging. Prue stand auf und umarmte ihre Schwester zärtlich und versuchte sie zu trösten, Leo beobachtete das Ganze glücklich, bis ihm dann auch die Tränen kamen, und er zu den Beiden hinüber ging um sich auch in den Arm nehmen zu lassen.

Oben lag Wyatt friedlich in seinem Bettchen, über ihm seine Mutter, die ihn sanft und nachdenklich ansah. Vorsichtig nahm sie ihn hoch und versuchte seinen kleinen Anzug auszuziehen, doch nach einigen Rucken wachte Wyatt wieder auf und beamte grimmig seine Kleidung weg. Lächelnd legte Piper ihn dann wieder hin und deckte ihn zu. Sanft gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn, dann ging sie wieder runter.

Unten kamen gerade auch Chris und Paige aus der Küche. Sie trugen die guten Silbernen Kaffe und Teekannen und mit einer Handbewegung ließ Paige den Zauber, der das Essen ermöglicht hatte, verschwinden um so Platz für die Getränke zu schaffen. Etwas trauernd um das gute Essen setzte sich Prue wieder an ihren Platz, nachdem sie ihrer Schwester noch tröstend die Augen gewischt hatte.

Ohne ein Wort schenkten Paige und Chris ein, wobei Prue seltsam lange in die Augen des jungen Wächters des Lichts geblickt hatte, als dieser ihr Kamillentee eingoss.

Nun waren nur noch das Scheppern der Tassen und das kreischen der Silberlöffel an dem Porzellan zu hören. Jeder nahm sich Zucker und Milch, ohne das ein Wort gesprochen wurde.

Alle genossen sie diese Stimmung. Fast schon ehrergiebig versuchten alle so wenig Lärm wie möglich zu machen. Nur Chris und Paige kippten ihren Tee hinunter und machten sich daran, aufzustehen, doch wurden sie von Phoebe aufgehalten. Sie sah fragend zu ihrer Schwester hoch und wollte schon etwas sagen, doch Paige winkte stumm ab und lächelte nur kalt.

Schnell griff sie sich dann ihre leere Teetasse und folgte Chris in die Küche.

Piper und Phoebe sahen ihnen verwirrt nach, doch wollten sie die Stimmung nicht stören und ließen sie gewähren. Leo konnte den Blick nicht von Prue nehmen, die mit kleinen Schlucken an ihrem Tee nippte. Die Beobachtete sah immer wieder verlegen auf und wieder ab. Ihr war es etwas unangenehm so im Mittelpunkt zu stehen. Aber sie musste es über sich ergehen lassen, schließlich kommt nicht jeder aus dem Totenreich zurück.

So ließ sich das friedliche Familienbild von nichts stören.

„Kommt es dir nicht komisch vor, dass Prue einfach so wieder ins Diesseits kommt, und nicht sofort alle Cleaner und Aufpasser der Welt hier auftauchen und auf einen apokalyptischen Kampf aus sind?"

Paige freute sich zwar, dass die älteste Schwester zurückgekommen war, doch sie machte sich sorgen. In Chris hatte sie da den einzigen Verbündeten gefunden. Er kannte Prue nur aus Geschichten, und in seiner Zukunft war sie nie zurückgekehrt. Alles kam ihm höchst seltsam vor.

„Wir sollten mal beim Tartaros vorbeischauen.", sagte er und Paige stimmte zu.

Die stille Gesellschaft hatte sich inzwischen ins Wohnzimmer bewegt. Im Kamin brannte ein helles Feuer und alle saßen bequem auf den Sofas. Prue saß auf dem großen Sessel, als Ehrengast. Piper daneben auf dem Sofa mit Phoebe. Leo saß auf der anderen Seite. Immer noch strahlten er und Phoebe um die Wette, und beide konnten ihre Augen nicht von der ältesten Schwester nehmen.

„Warum bist du wieder hier?"

Wie ein Messer durchschnitten diese Worte die warm glühende Stille, in der nur das knistern der Flammen zu hören war. Prue sah Piper in die Augen. Ein verständnisvolles Lächeln huschte über ihr Gesicht, dann stellte sie ihre Teetasse, die inzwischen schon zweimal aufgefüllt worden war, ab.

„Ich wollte wieder nach Hause.", antwortete sie mit sanfter Stimme. Phobes und Leos strahlen wurde noch heller. Nur Piper schien von einer seltsamen Kälte umgeben zu sein.

„Du hättest auch als Geist kommen können, so wie es Grandma dauernd macht.", sagte sie, und Prues Lächeln wurde breiter. Doch schnell fing sie sich wieder und antwortete:

„Stimmt." Stille machte sich wieder breit und nach einer Weile fügte Prue hinzu :

„Ich bin gekommen um die Zukunft zu ändern."

Mit einmal Schlag war all die warme, familiäre Stimmung zerstreut und selbst Phobes Gesicht legte sich in Sorgenfalten.

„Was verändern?", fragte sie. „Wyatt?"

Prue nickte.

„Aber Chris ist doch schon hier um die Zukunft zu verändern?", warf Piper kühl in die Runde.

„Seine Zukunft wurde längst geändert. Seit dem Zeitpunkt, als er euch gesagt hat, dass Wyatt böse wird, war seine Zukunft zerstört und bildete sich seitdem völlig neu."

„Aber.", begann Phoebe. „ Ist das nicht gut?"

Prue lächelte. Sie hatte diese Diskussionen über Magie mit ihren Schwestern so vermisst.

„Die aktuelle Zukunft, ist fast noch schlimmer, als die von Chris.", sagte sie dann knapp.

„Wieso?"

„In Chris Zukunft gab es nur zwei Erben der Halliwell Macht.", begann Prue, doch sofort sprang Phoebe ein: „Was! Zwei ! Wer !"

Ihre Schwester sah sie seltsam an. Dann besann sie sich.

„Ja, Wyatt und den nächsten Erben. Wer das ist, sollte ich nicht sagen."

„Wieso?"

„Er sollte es selbst sagen." Ein verschmitztes Lächeln huschte über Prues Gesicht, doch sie wollte weitererzählen.

„Auf jeden Fall hat sich Chris Zukunft verändert. Wyatt wird jetzt nicht mehr alleine die größte Macht haben, sondern die Mächtigen Drei."

Eine eisige Stille machte sich breit, dann traute sich Phoebe die Frage zu stellen, die sonst keiner Stellen wollte.

„Die Mächtigen Drei?"

Prue nickte. „Deine Tochter, Paiges Sohn, und Wyatts Bruder werden in der Zukunft die Macht der Drei aufnehmen."

„Wyatts..." Piper stockte. „Bruder?"

„Ja. Dein zweiter Sohn Piper.", sagte Prue und lächelte, doch erhielt sie keine glückliche Antwort. Pipers Gesichtsausdruck wurde noch kälter, dann stand sie auf und ging ohne ein Wort raus. Phoebe, Prue und Leo sahen ihr nach. Ihr Ex-Mann wollte ihr nach, doch die älteste Schwester hielt ihn zurück. „Sie muss über euren zweiten Sohn nachdenken. Lass sie jetzt alleine." Sie hörten nur noch die Haustür zugehen.

Über Mittelmeer tobte gerade ein heftiger Sturm, als sich Paige und Chris auf eine kleine Felseninsel gebeamt hatten. Um sie herum schlugen die Wellen gegen die kleinen Felsen der Insel und schäumten das Wasser

mehrere Meter in die Höhe.

„Was ist das für ein Sauwetter?", schrie Paige, doch der Sturm war zu stark als Chris sie hätte hören können. „Was!", schrie er zurück, doch auch die Wiederholung verstand er nicht.

Plötzlich zückte er einen Zettel und einen Stift aus seiner Hosentasche und schrieb einige Worte darauf. Paige hatte ihre größte Mühe nicht vom Sturm weggeweht zu werden.

Der junge Wächter des Lichts gab ihr den Zettel und sie verstand. So laut und so deutlich sie konnte schrie sie die Worte in die Luft:

Die Wut des Sturms ganz ohne Grund

mit den magischen Worten aus meinem Mund

er zur Ruhe kommt und nun ganz schweigt,

bis dass sich der Tage zum Ende neig.,"

Kaum hatte sie das letzte Wort heiser ausgeschrieen stoppte der Orkan und magisch klärte sich der Wolkenbesetzte Himmel auf, bis warme Sonnenstrahlen die letzte Wolkenschicht durchbrach. Einen Moment lang genoss Paige den Anblick ihres Werkes. Doch dann kam ihr ein Gedanke, den sie sofort aussprach:

„Woher kannst du Zaubersprüche schreiben!"

Chris schreckte zusammen und versuchte wieder seine Ausreden, doch plötzlich stockten sowohl er, als auch Paige. Irgendetwas stimmte hier nicht.

„Spürst du das?", fragte Paige und stellte sich mit Chris Rücken an Rücken, damit keiner von beiden überrascht werden konnte.

„Ein Dämon?", entgegnete der junge Wächter des Lichts. Doch eine Antwort erhielt er nicht. Reflexartig hatte Paige sie beide kurz weggebeamt, als ein Feuerball auf sie zugeschossen kam. Sofort manifestierten sie sich und machten sich Kampfbereit, doch da war niemand.

„Komm raus und zeig dich du Feigling!", schrie Chris, doch er erhielt keine Antwort.

Wieder machte sich die Angespanntheit breit und die Beiden trauten sich kaum zu atmen.

Plötzlich zuckten beide zusammen, als eine Stimme in ihren Köpfen ertönte und wie Hammerschläge eindrang:

„Sagt den Mächtigen Drei, dass der Tod auf sie wartet."

Kaum war das letzte Wort verklungen, beamten sich Paige und Chris nach Hause. Sie mussten die anderen warnen.

Im Wohnzimmer hatte sich eine dumpfe Kälte ausgebreitet. Seit Piper rausgerannt war, hatte kaum jemand ein Wort gesprochen. Wie als hätten Prue, Phoebe und Leo nur auf die gerade durch die Decke kommende Nachricht gewartet. Kaum waren die letzten blauen Funken verschwunden, brach es aus Paige heraus:

„Jemand will uns töten!"

Doch niemand reagierte so, wie sie es sich gewünscht hatte. Als Antwort erhielt sie ein schon fast gelangweiltes „Na und?" von Phoebe.

Chris fügte dann hinzu:

„Es war mächtig."

„Ein Dämon?", hackte Leo nach.

„Wir wissen es nicht. Plötzlich schossen Feuerbälle auf uns und eine Stimme drang in unsere Köpfe.", erklärte Paige. „Und sie sagte: Der Tod wartet auf die Mächtigen Drei."

Leo stand auf. „Und ihr seit euch sicher, dass wir das ernst nehmen sollten?"

Sofort nickten Chris und Paige. Sie waren sichtlich erschrocken.

„Dann frage ich oben nach. Chris du bleibst bei Wyatt und ihr anderen sucht Piper, sie könnte in Gefahr sein!", befahl der Älteste und verschwand durch die Decke.

Nach einer kurzen Weile hackte Paige nach:

„...Piper?"

Der kühle San Fransisco Wind durchfuhr Pipers lange braune Haarsträhnen. Wie als würde er sie aufheitern wollen, doch es gelang ihm nicht. Hoch oben saß sie auf dem Felsen. Dort wo sie als Göttin hingegangen war, um die Stadt zu vernichten. Seltsamerweise beruhigte sie dieser Ort. Das Wasser, die Brücke und die Stadt in weiter Ferne ließen ihre Sorgen weit weg erscheinen, doch sie waren näher als es ihr lieb war.

Sie sollte also noch einen Sohn bekommen. Einfach so, damit die Macht der Drei aufrecht erhalten werden kann. Und diese neue Macht sollte dann gegen ihren kleinen Wyatt kämpfen! Gegen ihr Baby! Sie konnte das nicht fassen, sie konnte es nicht zulassen...

Sie hatte schon lange bemerkt, dass jemand anders da war. Doch es war ihr egal. Sie spürte auch das diese Person dämonisches Blut in sich trug, doch sie hatte keine Angst, denn die andere Hälfte ihres Blutes, war Hexenblut.

„Diese Aussicht ist auf der ganzen Welt berühmt.", sagte eine warme, junge Frauenstimme, die jedoch viel Kampferfahrung mitschwingen ließ. Ein bisschen ähnelte sie der Stimme von Prue.

„Ich weiß."

Die Person kam einige Schritte auf Piper zu. Sie schien Waffen bei sich zu tragen. Mit jedem Schritt klapperte Metall und Leder schien sich zu verziehen. Doch Piper hatte keine Angst.

„Du kamst früher oft her, um nachzudenken."

„Nein, ich bin heute das erste mal hier um nachzudenken. Früher war ich hier, um die Stadt zu zerstören." Piper konnte ein leises Kichern hören. Es klang ungewohnt, die Person hatte wohl nie wirklich etwas zum Lachen gehabt.

„Nicht in meiner Welt."

Urplötzlich durchschnitten diese Worte Pipers Trübsinnigkeit und sie sprang hoch, doch da war niemand. Nur der Wind, der wieder mit ihren Haaren spielte.

Einige Minuten starrte sie in die Dunkelheit, in der Hoffnung, die Person würde wieder auftauchen, doch es erschienen nur tausende kleiner blauer Funken und in ihnen Phoebe, Paige und Prue.

Verwundert sahen sie sich um. Piper hatte ihren Kampfblick aufgesetzt, doch da war niemand.

„Ist hier jemand!", fragte Phoebe und versuchte jemanden zu spüren, doch da war nichts.

„Nein.", antwortete Piper. „Noch nicht."

Niemand verstand diese Worte, doch es war jetzt auch nicht wichtig.

„Piper.", begann Paige. „Ein wirklich mächtiges Etwas will uns umbringen."

Doch keine Reaktion. Piper drehte sich nur wieder der Stadt zu und setzte sich auf ihren Felsen.

„Ehm... Piper?", hackte Paige nach. Die Schwester stellten sich um sie und versuchten sie anzusprechen, doch Piper wollte nicht. Sie winkte ab.

Prue ging einige Schritte auf sie zu und setzte sich schließlich neben ihre kleine Schwester.

„Was ist los?", fragte sie und versuchte ihr in die Augen zu schauen, doch Piper wich aus.

Einige Minuten vergingen. In der Ferne hörten sie die Stadt, die Autos und die Menschen, wie sie weiterlebten ohne eine Ahnung zu haben, was sich hier abspielte. Der Wind wehte und ließ die Schwestern frösteln. Dann sagte Piper ein Wort.

„Du."

Wieder vergingen einige Momente, dann brach es aus ihr heraus. Dicke Tränen quollen ihr aus den Augen und sie legte den Kopf auf die Knie.

„Du hast mich allein gelassen!", schluchzte sie. „Du bist gestorben und hast mich hier allein gelassen!"

Prue versuchte ihre Schwester zu trösten, doch Piper ließ es nicht zu. Sie sprang auf.

„Ich hatte immer jemanden! Immer eine große Schwester die auf mich aufgepasst hat! IMMER! Und dann stirbst du einfach! Du...hast mich allein gelassen!", schrie sie.

Sie machte einige Schritte zurück und stolperte etwas. Torkelnd fing sie sich auf und ging weiter. Immer mehr und mehr Tränen quollen aus ihren Augen. Alle Wut, alle Trauer, all der Schmerz brach nun aus ihr heraus.

„ICH WAR ALLEIN! ICH WAR DIE GROßE SCHWESTER!", schrie sie. Phoebe und Paige waren blass. Sie hatten es niemals bemerkt. Sie hatten nie gemerkt wie sehr Piper litt, so blind waren sie. Langsam quollen auch ihnen Tränen aus den Augen.

Piper blieb stehen.

„DU HAST MICH ALLEIN GELASSEN!", schrie sie Prue an. „DU HAST MICH ALLEIN GELASSEN!" Immer und immer wieder schrie sie es. Sie sank zusammen. Sie merkte nicht wie ihre Zauberkraft die umliegenden Steine und Felsen wegsprengte. „DU HAST MICH ALLEIN GELASSEN!"

Phoebe rannte zu ihrer Schwester und warf sich auf sie. Sie wollte sie trösten, doch brachte sie kein Wort raus, zu sehr schnürten die Tränen ihre Kehle zu. Um sie herum explodierten noch mehr Felsen und die Erde schien zu beben.

Einige Minuten lang ging es so, bis auch Prue langsam zu ihren Schwestern ging. Ebenfalls mit Tränen in den Augen. Sie legte die Arme um ihre zwei jüngeren Schwestern.

„Du hast mich allein gelassen...", schluchze Piper und Prue antwortete mit trauriger und verheulter Stimme:

„Es tut mir leid."

Wie sie so dasaßen. Die Arme umeinander und weinend. Wie langsam das Bombardement, das Pipers Kräfte verursachten aufhörte, und wie sich eine fast schon magisch glühende Macht um die Drei aufbaute, da erkannte es Paige. Auch sie hatte Tränen in den Augen. Auch sie wollte in den Arm genommen werden. Auch sie wollte ihre Schwestern trösten, doch sie konnte nicht. Sie war allein. Sie war unwichtig, nicht mehr zu gebrauchen.

Leise, kaum, dass sie jemand hätte hören können, sagte sie etwas. Dann verschwand sie in tausend blauen Funken, ohne, dass es die Schwestern merkten...