An Truemmerlotte: STIEFgeschwister! Ansonsten dürfte Harrys Existenz etwas schwierig zu erklären sein…
An Romi: Die Frage ist nicht, ob James nett zu Lily ist, sondern ob Lily nett zu James ist. Und jetzt rate mal, ob das der Fall sein wird.
Verschone mich!
„Liliana! So möchtest du doch nicht wirklich mitkommen, oder?", fragte Rose ihre jüngere Tochter in gefährlich ruhigem Ton. Lily sah an sich herunter. Abgerissene, ausgeblichene und durchlöcherte Jeansshorts, ein weißes, leicht durchsichtiges Top, welches mehr Haut zeigte, als in irgendeiner Weiße vertretbar war und kniehohe Stiefel mit Pfennigabsatz, die vorne sehr spitz zuliefen. Die Haare hatte sie zu einem sehr hohen Pferdschwanz zusammengebunden und an ihren Ohren baumelten übergroße Kreolen. Ein auffälliger Bauchnabelpiercing fehlte natürlich nicht und das Tatoo auf dem rechten Schulterblatt (eine weiße Lilie, die schwarzes Blut blutete) war deutlich sichtbar. Das, in Flammen aufgehende, Herz an der Innenseite des linken Knöchels war von den Stiefeln verdeckt. All diese Dinge waren in gewisser Weiße nur da, um ihre Mutter zu ärgern. Ebenso das Outfit, welches sie trug, denn so hätte Lily das Haus ganz sicher nicht verlassen. Aber das wusste Rose ja nicht…
„Wieso nicht?", fragte Lily also und schenkte ihrer Mutter das unschuldigste und süßeste Lächeln zu dem sie fähig war. Rose verzog das Gesicht. „Zieh dich um!", es war ein Befehl und Lily wusste, wann das Spiel vorbei war. „Sicher, Mutter." Dann deutete sich mit ihrem Zauberstab auf den Kleiderschrank und murmelte: „Accio!" Ein hellblauer, knielanger Rock flog auf sie zu, gefolgt von einer passenden Jacke und einer taillierten, weißen Bluse. Dann noch mittelhohe, hellblaue Schuhe und mit einem weiteren Schwung des Zauberstabs war Lily umgezogen. Ihre Haare fielen jetzt in weichen Locken über ihren Rücken und waren vorne mit zwei, ebenfalls hellblauen, Spangen zurückgehalten. Sie legte noch unauffälligen Silberschmuck mit kleinen, hellen Saphiren an und war fertig. Tatsächlich sah Lily aus, wie die perfekte Mustertochter.
Petunia betrat den Raum und Lily musterte ihre Mutter und ihre Schwester. Beide waren groß, eher schon zu dünn mit einem überlangen Hals und einem leichten Pferdegebiss. Dazu fisseliges, langweiliges aschblondes Haar und unscheinbare grau-blaue Augen. Lilys Vater war rothaarig, allerdings feuerrot und nicht dunkelrot wie sie, er hatte eine schlaksige Statur gehabt und grün-braune Augen. Lilys waren von einem reinen Smaragdgrün mit kleinen, goldenen Punkten darin. Rose schien sich heute mit ihrem Aussehen wirklich Mühe gegeben zu haben. Sie trug ein taubengraues Kostüm, was fast ganz perfekt saß, hatte die Haare hochgesteckt und sich leicht geschminkt. Petunia trug ein knielanges, rosafarbenes Kleid und eine violette Jacke darüber, die Haare halb offen, halb hochgebunden. Lilys grinste innerlich. Petunia sah in ihren Augen immer schlimm aus, egal was sie trug, aber heute war es sehr schlimm.
„James! Sirius! Kommt ihr runter?", rief Spencer, der am Fuß der Treppe stand. Kurz darauf hörte er zwei Zimmertüren zuknallen und die beiden Jungen erschienen in seinem Blickfeld. James in beigefarbenen Hosen und einem dunkelgrünen Hemd, Sirius in grauen Hosen und einem dunkelblauen Hemd. „Keinerlei Streiche oder sonst etwas", warnte Spencer und die beiden Schwarzhaarigen grinsten ihn an, während sie die Treppe runterkamen. Drei Stufen auf einmal nehmen, wie immer. Dann traten sie zu dritt vors Haus und warteten auf die Ankunft von Rose und ihren Töchtern.
Die ließen nicht lange auf sich warten. Nur etwa eine Minute später fuhr ein kleines blaues Auto die breite, Kies bestreute Einfahrt nach Godric's Hollow hoch. Es hielt direkt vor der Türe und drei Türen öffneten sich. Auf der Fahrerseite stieg eine etwa zwanzigjährige, ziemlich unattraktive Frau aus. Auf der Beifahrerseite hatte ihr zwanzig Jahre älteres Ebenbild gesessen und dahinter wiederum die Jüngste, circa siebzehn. Diese öffnete auch als erste den Mund, die Gastgeber ignorierend, und fauchte: „Nie wieder steige ich in ein Auto, dass von Petty gefahren wird. Wenn ich nicht eingegriffen hätte, wären wir nie lebend angekommen." „Ach ja?", schnarrte die jüngere der beiden Blonden. „Ja", erwiderte die Rothaarige und wollte wohl noch etwas hinzufügen, da unterbrach ihre Mutter die zwei: „Liliana! Petunia! Benehmt euch!" „Ja, Mutter, natürlich", kam es auch prompt unisono zurück.
Der Blick den Lily und Petunia sich hinter dem Rücken ihrer Mutter zuwarfen, war mörderisch. Dann drehte Lily sich um, warf das Haar zurück und ging auf die Haustür zu. Nach zwei Schritten, verharrte sie und blieb für zwei Sekunden stehen, wie versteinert. Sie warf einen Blick auf Sirius und James, dann einen über die Schulter auf Petunia und schließlich sah sie nach oben, rang die Hände zum Himmel und stöhnte gequält. „Wieso? Was habe ich in meinem früheren Leben denn bitte so Schlimmes angestellt, dass ich so bestraft werden muss? Eine gestörte Schwester, ein noch gestörterer Stiefbruder und dessen Freund, der jawohl am allergestörtesten ist. Und als wäre das nicht genug, noch zwei turtelnde Erwachsene. Na prima! Herzlichen Dank auch." Sie beendete ihre Konversation mit den Regenwolken, die heute den Himmel verhingen und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf.
Währenddessen begrüßten Rose und Spencer einander, was ihre Kinder und Sirius dazu brachte, rasch wegzusehen. Lily ließ sich einen Vorhang aus rotem Haar vor das Gesicht fallen, James drehte sich hastig weg, Sirius kniff die Augen zusammen und Petunia starrte auf den Boden. Das wollte ehrlich gesagt keiner von ihnen sehen. „Spencer, das hier ist meine ältere Tochter Petunia Isolde und das dort hinten ist die Jüngere Liliana Helena", stellte Rose nun ihre Töchter vor, „Liliana, Petunia, das hier ist Spencer Harold Potter." „Mein Sohn, James Spencer und dessen bester Freund Sirius Beteigeuze Black. Jungs, Rose Evans", schloss auch Spencer sich der ‚Begrüßungszeremonie' an. „Tag, Mr. Potter", begrüßte Lily ihn lächelnd. Er lächelte ebenfalls: „Hallo, Liliana. Nenn mich bitte Spencer. Du auch, Petunia." „Guten Tag, Spencer", auch bei Petunia zeigte sich beste Erziehung. Sie nickte James und Sirius einmal knapp zu, allerdings ohne sie richtig anzusehen, während Lily beide wir Luft behandelte.
„Hallo, ihr beiden. Ihr könnt mich auch gerne Rose nennen", wandte sich Mrs. Evans an die Jungen. „Tag Rose", kam es unisono zurück. „Hallo Lily, nett dich wieder zusehen", fügte James noch hinzu. Sie drehte sich sehr langsam zu ihm um: „Die Freude ist nicht auf meiner Seite, Potter." Er grinste unverschämt: „Hm… du musst mich irgendwann anders nennen, denn wenn deine Mutter meinen Vater heiratet…" „… werde ich immer noch eine Evans sein, es sei denn, dein Vater adoptiert mich und das wird nie der Fall sein. Du reichst mir als Stiefbruder schon, aber als richtiger? Never ever!", vervollständigte Lily und folgte dann wortlos ihrer Mutter und Schwester ins Haus. „Tja, Prongs", brummte Sirius, „sieht aus, als müsstest du dich bei ihr noch mehr reinhängen als ohnehin schon." James knurrte nur und ging ebenfalls nach drinnen.
Drinnen hatten die Hauselfen bereits das Essen aufgetragen und die sechs setzten sich an den Esstisch im Salon. James verzog kurz das Gesicht. Im Salon aßen sie sonst nur an Weihnachten, Geburtstagen und am Todestag seiner Mutter. Das ganze Abendessen ging schleppend voran. Spencer und Rose versuchten beide, das Gespräch in Schwung zu halten, aber da Lily und Petunia konsequent sowohl einander, als auch die beiden Jungen ignorierten und diese wiederum konzentriert aßen, machte es das etwas schwierig. Irgendwann gaben auch die beiden Erwachsenen den Versuch auf und eine unangenehme Stille bereitete sich im Zimmer aus. Einzig Sirius schien sich nicht daran zu stören. Er mampfte munter weiter drauflos, während die anderen kaum etwas anrührten. Selbst James aß nur eine Portion, sehr wenig für seine Verhältnisse, Lily rührte das Essen auf ihrem Teller nicht einmal an und Petunia nahm nur ein paar Bissen.
„Ihr könnt es ruhig essen, Liliana, Petunia. Es ist nicht vergiftet", erklärte Spencer lächelnd. Lily hob den Kopf: „Petty ist auf Diät. Sie will schön sein, für ihren fetten Verlobten. Verstehe nicht wieso, aber mich fragt ja keiner. Und mir ist einfach der Appetit vergangen." „Wieso, wenn man fragen darf?", wollte Spencer wissen. „Naja, wegen den beiden hier", Lily deutete auf James und Sirius. Spencer lachte: „Du hälst anscheinend nicht wirklich viel von ihnen, oder?" „Nun, wir wollen es ja nicht untertreiben", bemerkte Lily trocken, „die machen mich krank." „Liliana!", beendete Rose das Gespräch und Lily beugte sich nach einem ‚es tut mir Leid, Mutter', wieder über ihren Teller, aß aber immer noch nichts. So sicher, dass James und Sirius nichts am Essen gedreht hatten, war sie dann auch wieder nicht. In Hogwarts war das einer ihrer Lieblingsstreiche. Es ging soweit, dass sie nie Speisen aß, die die Marauder nicht schon vor ihr gekostet hatten und durch diese und andere Umsichtigkeiten, verhinderte Lily meistens, Opfer ihrer Streiche zu werden.
Und in dem Moment passierte es tatsächlich. Petunias Gesichtsfarbe verfärbte sich zu einem ungesunden lindgrün, die von Spencer und Rose nahmen ein sattes blattgrün an. James und Sirius grinsten einander an, aßen aber abgesehen davon schweigend weiter. Die drei ‚Verfärbten' hatten nichts bemerkt und waren ebenfalls schweigend über ihre Teller gebeugt. Kurz überlegte Lily, ob sie etwas sagen sollte, dann schwieg sie allerdings und starrte das Essen auf ihrem Teller an. Es sah tatsächlich sehr gut aus und sie hätte am liebsten etwas gegessen, aber grün anlaufen wollte sie nicht unbedingt. Kaum das sie den Gedanken zu Ende gedachte hatte, spürte sie eine Hand an ihrem Knie.
Sie fuhr zu James herum, der links neben ihr saß. Sirius ihm und Petunia ihr gegenüber, Spencer und Rose jeweils am Tischende. Lilys Blick war mörderisch und sie schob seine Hand weg, als er ihre mit der Linken packte und ihr eine kleine Pastille reinlegte. „Hier, das Gegenmittel", wisperte er kaum hörbar an ihrem Ohr. Lily blickte ihn noch einmal misstrauisch an, dann führte sie die Pastille schnell zum Mund und schluckte sie. Wieso sie ihm jetzt vertraute, wusste sie nicht. Wahrscheinlich war es der schlichte Hunger, da sie heute morgen nur einen Apfel gegessen und es war jetzt halb acht.
Langsam begann Lily zu essen, wohl wissend, dass sowohl Sirius, als auch James sie beobachteten und ihnen beiden ein Grinsen im Gesicht stand. „Kriegen wir eigentlich jeder ein eigenes Zimmer, oder muss ich mir eins mit diesem Freak teilen?", fragte eine immer noch grüne Petunia. „Freak?", James Stimme war kühl. „Sie", erwiderte Petunia und deutete auf Lily. „Nein, natürlich nicht", griff Spencer ihre Frage wieder auf, „Godric's Hollow ist groß genug, so dass ihr beide ein eigenes Zimmer bekommen könnt. Ihr werdet es ja morgen sehen, wenn ihr hier einzieht." „Musste er mich daran erinnern", zischte Lily kaum hörbar, mehr zu sich selbst, als zu irgendwem sonst. James hörte es trotzdem. „Na komm schon, so schlimm wird es nicht, versprochen!", wisperte er zurück und zu seiner großen Überraschung widersprach Lily nicht, sondern zuckte nur kaum merklich mit den Schultern.
