An GefallenerEngel: Aus Sirius schlau zu werden ist grundsätzlich unmöglich. Und um ehrlich zu sein: In Kap.14 und 15 macht er mir Angst.
An Mimim: Ja, arme Lily… sag mal, ist dir aufgefallen, dass erst alles Mitleid James galt, dann Remus und jetzt Lily? Schon interessant… vor allem, weil ich weiß, wem nach Kap.16 sämtliches Mitleid zu Teil kommt…
An Romi: Irgendwie ne Schreibblockade oder so. Naja, jetzt klappt's ja wieder.
An caroline: Danke.
An Seidenschnabel: Ich
war auch recht lange gesund. Aber ich hatte auch keinen Stress, seit den
Weihnachtsferien und ich werde meistens dann krank, wenn ich gestresst bin.
Ja, am Ende steht James. Am Ende. Die Frage ist nur, wann das Ende beginnt.
Tears in heaven
„Ist eigentlich irgendwas mit dir? Du bist so komisch, seit du auf dem Astronomieturm warst. Hat Padfoot irgendwas gemacht? Oder ich?", erkundigte James sich, als er einige Stunden später neben Lily im Bett (‚Raum der Wünsche') lag und sie näher zu sich heran zog. Lily barg ihr Gesicht an seiner Brust und sog seinen Geruch ein. Es hatte etwas Tröstliches an sich, einfach dazuliegen, in James Armen, zu wissen, dass er sie beschützen würde und die Welt einfach auszuschließen. Aber so funktionierte das Leben nicht. Sie konnte nicht ewig hier bleiben, an ihn gekuschelt und wartend, dass sich ihre Probleme von selbst lösten. Denn das hatten die ganz sicher nicht vor. „Sweetheart?", riss James sie aus ihren Gedanken und hob sanft ihren Kopf, so dass sie ihm in die Augen sehen musste.
„Ich habe nur mit meinem Schicksal gehadert", winkte Lily ab, „und Sirius wollte wissen, was genau wir mit Remus vorhätten." James stöhnte und ließ sich zurück in die Kissen sinken. „Genau meine Meinung", auf Lilys Gesicht erschien ein müdes Grinsen, als sie sich halb aufrichtete, drehte und etwas hoch rutschte, sodass sie über ihn gebeugt in sein Gesicht sehen konnte. „Er hat Recht, das weißt du. Langsam müssen wir diese Dreiecksbeziehung auflösen", merkte Lily an. „Wir?", James hob eine Augenbraue, „Nein, du! Du musst das entscheiden. Ich kann nicht objektiv genug an das Thema dran gehen. Wenn es nach mir ginge, könnte Remus sonst wo hingehen." „Er ist dein Freund", erinnerte Lily. James sah sie ein paar Sekunden an, bevor er erwiderte: „Deiner auch." Lily seufzte, nickte und rollte sich wieder auf den Rücken.
„Und was ist noch?", fragte James nach ein paar Sekunden. Lily überlegte kurz, ob sie ihm ausweichen sollte, entschied dann aber, dass es sinnlos war. Sie blinzelte kurz und augenblicklich erschienen auf dem Boden neben ihr etwa ein Dutzend Zeitschriften des erst zu ¾ vergangenen Jahres. Cosmopolitan. ELLE. Vogue. Seventeen. Glamour. Marie-Claire. ELLEgirl. Teen Vogue. Von jedem Cover blickte ihnen Lilys Gesicht entgegen. Nachdenklich betrachtete James erst die Hochglanzmagazine, dann das Mädchen in seinen Armen. Wären da nicht ein paar Merkmale (Haare, Augen, Gesichtszüge) gewesen, hätte er wahrscheinlich daran gezweifelt, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte. Klar, man erkannte deutlich, dass das auf den Fotos Lily war, keine Frage, aber irgendwie… hätte er es nicht besser gewusst, hätte James angenommen, es hier mit Zwillingen zu tun zu haben.
Die Frau auf den Fotos sah perfekt aus, selbstbewusst, gestylt, sexy und weitaus älter, als sie wirklich war. Das Mädchen, welches James grade im Arm hielt, hingegen hatte zerzauste Haare, müde Augen, verschmiertes Make-up, ein paar kleine Pickel auf der Stirn und wirkte unsicher, verloren und hilflos. James schob die Zeitschriften zur Seite, zog Lily ganz nah zu sich und sah sie ein paar Sekunden einfach nur an. Hätte jemand ihn gefragt, welche von Lilys Seiten er bevorzugte, hätte James ohne zu zögern antworten können. Was bitte sollte er mit einer übermenschlich schönen, perfekten Frau? Aber, wenn er so darüber nachdachte… er hatte gar nicht das Recht zu wählen. Lily war immer noch Remus Freundin. Nur weil sie mit James schlief, hieß das noch lange nicht, dass sie ihm auch gehörte.
„Liebst du ihn?", fragte James in die Stille. Kaum das die Worte über seine Lippen waren, biss er sich auf die Zunge und hoffte, dass Lily ihn nicht gehörte hatte. Hatte sie aber. Natürlich. Lily lehnte den Kopf zurück, damit sie James ansehen konnte. Er blickte ihr in die Augen. Nervös, beinahe ängstlich, vor dem, was vielleicht kommen würde. Andererseits: Die Frage brannte ihm schon so lange auf der Seele, dass er fast erleichtert war, sie endlich ausgesprochen zu haben. Er wollte Lily Antwort einerseits unbedingt hören, andererseits hätte er sie am liebsten gebeten, nichts zu sagen. Während James noch innerlich mit sich rang, öffnete Lily schon den Mund und erwiderte langsam: „Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Remus bedeutet mir viel und ich will ihm wirklich nicht wehtun, aber naja… es ist einfach… weißt du, er… für ihn bin ich das da." Sie deutete auf die Zeitschriften und sah James dann wieder an.
„In dir steckt ungefähr so viel von dem da, wie in mir von einem Todesser", erwiderte James trocken und Lily musste trotz allem grinsen. „Eben das", stimmte sie zu, „nur das jeder denkt, ich wäre das da." „Jeder?", James zog eine Augenbraue hoch. „Außer dir", gab Lily zu, „und Sirius, weil der gestern dabei war, als ich meinen kleinen Anfall hatte und alles aus mir raus geschrieen, bzw. –geheult, habe." „Sirius?", James sah sie ungläubig an. Lily lachte: „Ja, genau, Sirius." Dann richtete sie sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und hob ihre Sachen vom Boden auf. James verzog schlecht gelaunt das Gesicht, legte die Hände auf ihre Taille und versuchte sie wieder zu sich zu ziehen. Lily lachte wieder, schlug ihm spielerisch auf eine Hand und fuhr fort sich anzuziehen. „Wir müssen zurück, das weißt du", erinnerte sie ihn, stand auf und warf sich den Umhang um. Mit einem Kuss verabschiedete sie sich von James und verschwand. Er sah ihr hinterher und bemerkte erst jetzt, dass sie seiner Frage ausgewichen war – wie immer.
„Prongs? Können wir reden?", fragte Sirius am nächsten Tag beim Mittagessen und James nickte. Er wusste, was kommen würde. „Ich habe gestern mit Lily geredet… naja, eine wirkliche Konversation war es jetzt nicht grade, aber…", begann Sirius, als sie außer Hörweite der anderen Schüler über die Ländereinen gingen, wurde aber von James unterbrochen: „Ich weiß, sie hat es mir erzählt." „Ich hätte nicht gedacht, dass ihr wirklich und wahrhaftig REDET, wenn ihr zusammen seid…", für einen Moment verließ Sirius seine neu gewonnene Ernsthaftigkeit. James grinste: „Auch…" „Naja, darum geht es nicht…", startete Sirius einen neuen Versuch, aber wieder griff James ein: „Nein, darum geht es wirklich nicht." „Würdest du mich freundlicherweise mal ausreden lassen?", empörte Sirius sich. James legte den Kopf zur Seite, grinste und zuckte vage mit den Schultern.
„Also, was gedenkt ihr zu tun?", fragte Sirius mit derselben Formulierung, die er am Abend zuvor bei Lily gebraucht hatte. „Ich hab ihr gesagt, dass sie das entscheiden soll. Ich bin bei weitem nicht objektiv genug dafür", erwiderte James und kickte einen Stein weg. Sirius nickte: „Na das ist mal wahr." James knurrte nur und begann schneller zu gehen. „Hey, warte", Sirius joggte zu seinem Freund auf, „wegrennen bringt dir auch nix." „Das sagt der Richtige", erwiderte James trocken, wurde aber wieder langsamer. „Geht doch", bemerkte Sirius und sah seinen Freund dann nachdenklich von der Seite an. James ignorierte ihn, aber nachdem Sirius einige Minuten später weder etwas gesagt, noch weggeguckt hatte, wurde es ihm dann doch zu bunt: „Was?" „Gib ihr ein Ultimatum. Du oder er. So geht das nicht mehr weiter", erklärte Sirius ernst. James seufzte, nickte und begann plötzlich loszurennen. Sirius sah ihm hinterher, seufzte ebenfalls und ging zurück ins Schloss.
Nach ein paar hundert Metern beruhigte James sich so weit und joggte nur noch am Seeufer entlang. Ihm war durchaus klar, dass Sirius einmal in seinem Leben tatsächlich Recht hatte, dass diese Triangelbeziehung so nicht weitergehen konnte und dass Lily sich ganz einfach drücken würde, wenn sie er das zuließ. Es war nicht so, als würde er sie nicht verstehen, aber je länger das alles hier so weiterlief, desto eher und schlimmer würde am Ende jemand verletzt werden. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende", murmelte James einen der Lieblingssprüche seines Vaters vor sich hin. Schweren Herzens nahm er sich vor, heute Abend noch mit Lily zu reden. Er war für elf Uhr mit ihr im Raum der Wünsche verabredet und hielt das für einen recht guten Zeitpunkt. Natürlich musste man nicht mit der Tür ins Haus fallen. Nein, James beschloss, es Lily vorsichtig, freundlich, aber bestimmt beizubringen. James nickte seinem Spiegelbild im Wasser zu. Genau so würde er es machen.
„Du musst dich entscheiden. Er oder ich! Ich kann so nicht mehr weitermachen", platze James ohne nachzudenken heraus, als er am Abend den Raum der Wünsche betrat. Nun, ganz SO hatte er es jetzt eigentlich nicht machen wollen, aber zumindest war es raus. Lily, die auf dem Bett saß, hob überrascht den Kopf. „James, alles in Ordnung mit dir?", fragte sie und versuchte sich an einem sorglosen Auflachen, was ihr nicht so ganz gelang. „Nein", James schüttelte den Kopf, kam zum Bett und setzte sich, den Kopf gesenkt, die Schultern eingezogen, die Hände kraftlos in seinem Schoß. Lily kniete sich hinter ihn und begann sanft seine Schultern zu massieren. Nach ein paar Augenblicken schob James sie weg und erklärte, ohne sich umzudrehen: „Ich meine es ernst. Remus oder ich. Du hast eine Woche Lily, sonst erzähle ich es ihm. Es tut mir wirklich Leid, aber… ich kann das nicht mehr."
Als Lily nicht reagierte, drehte James sich doch um und was er zu sehen bekam, ließ den Kloß in seiner Kehle anschwellen. Lily saß am äußersten Ende des Bettes, gegen die Wand gelehnt, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen und den Kopf darauf gelegt. Unter halb gesenkten Lidern füllten sich ihre Augen mit Tränen, die sie krampfhaft zurückzuhalten versuchte. Ohne Erfolg. Langsam, eine nach der anderen, liefen die Tränen über ihre Wange. James rutschte näher zu ihr, streckte die Hand aus, um ihre Tränen wegzuwischen, aber Lily drehte den Kopf weg. „Geh jetzt", bat sie, „ich muss ein bisschen für mich nachdenken, weißt du. Ich habe eine Entscheidung zu machen, die längst überfällig ist, die niemand mir abnehmen kann und die eventuell mein Leben beeinflussen wird. Geh bitte." James nickte, beugte sich dann nach vorne und küsste sie auf die Stirn, bevor er ging, eine weinende Lily zurücklassen.
Während James ziellos durch die Korridore ging und sich fragte, ob er grade wirklich das richtige getan hatte, lag Lily ausgestreckt auf dem Bett und überlegte, wie sie sich entscheiden sollte und ob diese Entscheidung wirklich noch in ihrer Hand lag. Quälend langsam rollte Lily auf den Bauch, nahm ihren Zauberstab, der neben dem Kopfkissen lag und holte sich Mithilfe des Aufrufezaubers ein Pergament, eine Feder und Tinte. James hatte Recht, es war Zeit, aus dem Trio ein Duo zu machen. Oder das ganze mit Beziehungen vielleicht komplett sein zu lassen. Lily schniefte, langte dann in ihre Tasche und zog ein blütenweißes Taschentuch hervor. Nachdem sie sich beruhigt und ihre Tränen abgewischt hatte, griff Lily nach der Feder, tunkte sie in das Tintenfass und begann zu schreiben.
