Kapitel 30: Der vierzehnte Februar

Zufrieden betrachtete Albus Dumbledore sein Werk und missachtete dabei die skeptischen Blicke der ersten Schüler, welche die Große Halle zum Frühstück betraten. Er verzauberte noch die letzten Wände und verpasste auch der Beleuchtung noch den letzten Schliff, bevor er sich zufrieden auf seinem Platz niederließ.

„Was für eine wundervolle Idee, Albus!" begrüßte ihn Julius Malfoy und setzte sich neben den Schulleiter. „Ich wusste gar nicht, dass dieser Tag hier gefeiert wird."

„Wurde er bisher auch nicht, mein lieber Julius. Aber ich hielt es in diesem Jahr für angebracht."

„Wissen Sie, auf von Hohenburg wird dieser Tag auch heute noch gefeiert, wie mir Michel erzählte."

„Wirklich?" Nach seinem Lächeln zu urteilen, war Dumbledore nicht wirklich überrascht.

„Vielleicht schickt er mir etwas. Hmm… vielleicht sollte ich heute im Unterricht über diesen Tag sprechen… heute ist doch Unterricht, oder?… Oh, hätte ich das vorher gewusst, hätte ich selber etwas verschenkt. Ach, ich werde einfach noch schnell etwas besorgen… ein paar Rosen, Schokolade und…"

Schmunzelnd überließ Dumbledore seinem Nachbarn seinen Gedanken. Na bitte, einem gefällt es schon mal. „Da waren es nur noch…" Grübelnd wandte er sich an McGonagall, die neben ihrem Platz stehengeblieben war und stumm sein Werk betrachtete. „Minerva, wie viele Menschen leben derzeit auf Hogwarts, mich und Professor Malfoy nicht mitgezählt?"

Hermione Granger hastete die letzten Stufen hinunter und verfiel in einen leichten Sprint, während sie auf die Große Halle zuhielt, wo Harry und Ron sicherlich schon mit ihren Gryffindor-Kumpanen ihr Frühstück genossen. Hermione hatte noch bis spät in die Nacht in dem Buch gelesen, dass sie in der Bibliothek gefunden hatte, aber letztendlich war nichts Besonderes dabei herausgekommen. Und jetzt war sie kurz davor, das Frühstück zu verpassen.

Anscheinend war sie nicht die einzige. Zu spät sah sie, wie ihr Zaubertränkemeister, kaum hatte er die Halle betreten, auch gleich wieder auf dem Absatz kehrtmachte, um sich wieder in seine Kellergewölbe zu flüchten. Doch als sie in ihn hineinrannte und somit zu Boden riss, wurde seine Flucht jäh verhindert.

Begleitet von einem „Wooohhh!" vom Tisch der Hufflepuffs und dem Gelächter der anderen Tische richtete sich Severus Snape schnell wieder auf, half Hermione grob auf die Beine, und wollte mit einem „Passen Sie gefälligst auf, wo Sie hinrennen, Miss Granger! 10 Punkte von Gryffindor für unerlaubtes Laufen in den Gängen!" seinen (Rück-)Weg fortsetzen, als er Dumbledores Stimme hörte. „Schön, dass Sie da sind, Severus. Ich habe noch etwas mit Ihnen zu bereden."

„Großartig", grummelte der Zaubertränkemeister und warf Hermione einen Du-bist-Schuld- Blick zu, bevor er zum Großen Tisch schritt.

Peinlich. Wenn die Sache mit Draco nicht wäre, hätte er sicher mehr Punkte abgenommen – zumindest nach dem Gesichtsausdruck zu urteilen, dachte Hermione, während sie auf den Gryffindor-Tisch zuhielt. Aber heute scheint Snape besonders schlecht gelaunt zu sein. Erst jetzt bemerkte sie die Dekoration der Großen Halle und verstand nun auch das Verhalten ihres Zaubertränkemeisters.

Die ganze Halle leuchtete in rosa, roten und weißen Farben, überall waren Schleifen und Kerzen und Tücher an den Wänden und hier und da war sogar ein Amor zu sehen, der nicht mit seinen Pfeilen geizte. Und Hermione war sich sicher, einen leichten Duft von Rosen vernehmen zu können, der wohl von den Blumensträußen, die überall die Tische zierten, herrührte.

„Was zum-!" Verdutzt ließ sie sich neben ihren Freunden am Tisch nieder.

„Hey, Hermione, alles in Ordnung, oder müssen wir schnell ein Gegengift suchen? Zuzutrauen wär's ihm ja. Ich meine, dich öffentlich zu vergiften. Warum bist du überhaupt so spät? … Hermione?"

Die Hand, die vor ihren Augen hin- und hergeschwenkt wurde, holte sie aus ihren Gedanken zurück. „Äh, mir geht es gut, Harry… Ich habe gestern nur… zu lange in einem Buch gelesen. Was ist hier los?!"

„Oh, das? Wir feiern dieses Jahr Valenztag, einen Feiertag der deutschen Zauberschule", klärte sie Ron zwischen einem Stück Apfelkuchen und einem Liebesapfel auf.

„Das heißt Valentinstag, Ron", verbesserte ihn Harry und wandte sich wieder an Hermione. „Und eigentlich wird ein Ereignis in der Geschichte der deutschen Zauberwelt gefeiert, das zufällig auf den Valentinstag fällt. Deshalb wird der Tag bei den Deutschen wie Valentinstag gefeiert und Dumbledore lässt ihn dieses Jahr wegen des Schulausflugs feiern. Wir dürfen sogar heute Nachmittag nach Hogsmeade."

Natürlich, am vierzehnten Februar war Valentinstag. Hermione hatte es ganz vergessen, weil er kaum noch gefeiert wurde und sowieso nur bei Muggeln bekannt war. Jedenfalls hatte sie das gedacht. Aber die deutsche Zauberschule war ja auch näher mit den Muggeln verbunden. Ein Tag, an dem sich liebende Menschen etwas schenken… Unwillkürlich schaute sie zum Slytherin-Tisch hinüber, wo Draco Malfoy skeptisch die Schokoherzen probierte und sie dann abwertend betrachtete, während er sich ein paar für später „aufbewahrte". Hermione musste unwillkürlich lächeln.

Das Geräusch der ersten Eulen ließ sie ihren Blick abwenden, gerade als Draco seinerseits zu ihr hinüberschaute.

Severus Snape bekam selten Post und wenn, war diese meist nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht, so dass sie gleich an seine Privatgemächer geschickt wurde. Ungeduldig wartete er darauf, endlich aus diesem Alptraum entkommen zu können, während er von rechts von Julius mit alten Erinnerungen voll geschwafelt wurde und Lupin sich links von ihm begeistert durch die Schokoladensorten probierte. Einem Armor warf er einen warnenden Blick zu, als plötzlich etwas Weißes vor ihm auf dem Tisch landete und gurrte. Gurrte? Ungläubig schaute Severus auf eine Taube, die ein kleines Päckchen am Fuß hatte.

„Wow, Severus, du hast Post aus Deutschland bekommen! Da verwendet man Tauben. Mach es auf!"

Der Zaubertränkemeister sah Julius an, als habe er ihn gerade aufgefordert, Gift zu schlucken.

Wenn das ein Scherz ist, wird jemand dafür büßen. Kaum hatte er das Päckchen vorsichtig vom Bein der Taube gelöst, flog diese auch schon davon. In dem Päckchen befanden sich ein kleines Schokoladenherzchen und eine kleine Valentinskarte. Kein Absender.

Schnell stellte Severus sicher, dass dies keiner gesehen hatte oder jemals zu Gesicht bekommen würde. Und anscheinend war er nicht der einzige, der seltsame Post bekommen hatte. Am Gryffindor-Tisch strahlte Ron Weasley über beide Ohren und seine Kameraden klopften dem Rotschopf gratulierend auf die Schulter.

„Bestimmt von deinem Fanclub", fing der Muggelkundeprofessor wieder an.

„Fanclub?" Neben ihm verschluckte sich Lupin bei dem Gedanken an einen Snape-Fanclub unwillkürlich an einer Marzipankugel.

„Ja, nach eurem sagenhaften Kampf in der Verteidigungsstunde haben sich zwei Fanclubs gebildet, wusstet ihr das nicht?"

Die Betroffenen sahen sich nur fragend an, als ein Sturm Brieftauben plötzlich durch die Große Halle fegte und direkt auf den Großen Tisch zuhielt. Binnen kürzester Zeit war der ganze Tisch überfüllt von gurrenden Briefträgern und die Tauben, die keinen Platz mehr fanden, nahmen auch gern mit den Köpfen der Empfänger Vorlieb, namentlich Severus Snape und Remus Lupin (der sichtlich überrascht war), aber auch Julius Malfoy konnte ein paar Geschenke sein Eigen nennen. Jetzt konnten sie sich der Aufmerksamkeit der ganzen Halle sicher sein und selbst der Zaubertränkemeister konnte seine gefürchteten Blicke nicht in alle Richtungen gleichzeitig schicken.

Severus wollte endlich die Halle verlassen, wurde aber von Julius aufgehalten. „Wenn du ihnen nicht die Post abnimmst, verfolgen sie dich und picken dich mit ihren Schnäbeln. Ich kann dir sagen, das ist keine schöne Erfahrung. Einmal, als ich…" Ein Blick des Ex-Todessers ließ ihn augenblicklich verstummen.

So schnell er konnte nahm der gefürchtetste Professor von Hogwarts die Päckchen an sich und verließ voll beladen mit bunten und herzförmigen Geschenken und unter tosendem Gelächter schleunigst den rosa-rot-beleuchteten Saal.

„Severus schien nicht sonderlich begeistert zu sein", wandte sich Julius Malfoy an Remus, während er seine eigene Post in Empfang nahm.

„Haha, so kann man es auch ausdrücken." Im Gegensatz zu Snape freute er sich sichtlich über die viele Schokolade, die er von seinem „Fanclub" erhalten hatte. Ein Fanclub, wer hätte das gedacht? In Gedanken überlegte er schon, die Süßigkeiten später mit Harry, Ron und Hermione zu teilen. Gemeinsam schmeckten sie noch am besten.

„Du scheinst dich aber sehr zu freuen. Merlin sei Dank. Die letzten Tage sahst du etwas mitgenommen aus." Der Muggelkundeprofessor hatte sich nun neben Lupin gesetzt. Severus ist vielleicht aus dem Spiel, aber…

Der Professor für Verteidigung gegen die Dunklen Künste verlor auf einmal seine gute Laune wieder und sprang auf. „Oh Gott. Jetzt habe ich wegen diesem überraschenden Festtag ganz vergessen, Snape nach dem Trank zu fragen." Hastig stopfte Lupin Schokolade und Geschenke in die unzähligen Außen- und Innentaschen seines Mantels, steckte sich noch eine Mozartkugel in den Mund und verabschiedete sich mit einem Nicken von Dumbledore und den anderen Lehrern. Er müsste es noch bequem vor der ersten Stunde schaffen, wenn er sich jetzt auf den Weg machte.

So schnell wollte Julius Malfoy jedoch nicht aufgeben. „Warte, ich begleite dich. Ich… wollte eh in die Richtung." Damit hastete er also dem ehemaligen Rumtreiber hinterher und als er bei seinem Neffen vorbeikam, blinzelte er ihm bedeutungsvoll zu und schaute dann in Richtung Hermione. Die untypische Rötung im Gesicht des jungen Slytherins verriet ihn, während Remus verständnislos zwischen Draco und Hermione hin- und herschaute. In letzter Zeit hatten die beiden sich wirklich außergewöhnlich gut verstanden. Auf dem Korridor sprach er Dracos Onkel darauf an.

„Noch hat es sich keiner von beiden eingestanden, glaube ich, aber das ist, denke ich, nur noch eine Frage der Zeit." Vielleicht ja schon heute, fuhr er in Gedanken fort.

Draco Malfoy und Hermione Granger? Remus musste bei dem Gedanken einerseits schmunzeln, aber andererseits gefiel er ihm auch.

„Oh, ein Brief von Michel!" Neben ihm packte Julius gerade ein besonders großes Päckchen aus und steckte das Parfüm grinsend in eine Tasche seines Jacketts. „Ich habe seit Weihnachten nichts mehr von ihm gehört. Und selbst da hatte ich kaum Zeit, wirklich mit ihm zu reden."

Sie hatten die Kellergewölbe erreicht und passierten gerade die Klassenräume.

„Oh, er hat auch Professor Snape etwas geschickt. Stimmt ja, ich hab' ihm ja noch gar nicht gesagt, dass Severus…" Plötzlich spitzte Remus die Ohren. Dass Severus…?

Aber genau in dem Moment hörten sie einen Schrei und rannten alarmiert zu Snapes Gemächern.

Der Professor für Zaubertränke an Hogwarts hatte sich bei nächster Gelegenheit der lästigen Geschenke der deutschen Schüler entledigt und stieß griesgrämig die Tür zu seinen Gemächern auf.

Irgendwo auf dem Regal musste doch noch ein Trank gegen Kopfschmerzen sein. Entsetzt bemerkte Severus jedoch, dass er nicht einmal mehr das Regal finden konnte!

Kaum eingetreten stand der Zaubertränkemeister, Todesblicke aussendend, inmitten von weiteren Päckchen in rosa, lila und allen anderen erdenklichen Farben und Formen. Ein paar braune, schwarze und weiße Tauben hatten es auch irgendwie in seine Gemächer geschafft! „Was zum Irrwicht…!"

Nun waren seine Nerven definitiv überstrapaziert. (Er hätte gerne eine dieser verdammten Tauben getreten, aber diese Viecher waren einfach nicht zu packen.) Seine letzte Geduld aufbietend kümmerte er sich um die letzten Brieftauben und begann dann systematisch, sich seiner Post zu entledigen: Nach und nach gingen die bunten Päckchen und Herzchen leise in Flammen auf.

Plötzlich bewegte sich ein besonders großes Päckchen. Severus hielt inne und näherte sich langsam dem Päckchen, die Augen zu Schlitzen verengt – zum Angriff bereit. Wieder rüttelte es im Innern des Kartons. Vorsichtig bückte sich die Nummer eins (Commander Riker O.O) auf der Feindesliste der Todesser und öffnete dann blitzschnell das Päckchen, brachte den Zauberstab in Angriffsposition und starrte dann ungläubig auf dessen Inhalt.

Dumm schaute ihm ein weißes Kaninchen entgegen und in jenem Moment sah Snape kaum schlauer aus als das Tier. Panisch schaute er sich um, als erwartete er, von hinten angegriffen zu werden. Aber da war nichts. Wieder schaute er auf das Kaninchen.

Vorsichtshalber entfernte er sich von dem Geschenk, wobei er den Inhalt nicht einen Augenblick aus den Augen ließ. Ein weißes Kaninchen als Todesbote? Zu so etwas Grausamen wäre selbst Voldemort nicht im Stande gewesen… Zu allem Überfluss trug das Tier auch noch eine lila Schleife um den Hals. Kaum hatte er sich einige Schritte entfernt, da hoppelte das weiße Kaninchen mit einem Mal aus dem Päckchen und ließ Severus zusammenzucken, als es nun auf ihn zuhoppelte.

„Bleib stehen!" befahl der Zaubertränkemeister barsch und unterstrich seine Drohung, indem er seinen Zauberstab erneut auf das Tier richtete. Sofort gehorchte dieses, legte sich auf den Boden und zog die Löffel an. Es schien wirklich harmlos zu sein. Noch immer vorsichtig umrundete Snape das weiße Fellbündel und betrachtete nun das Päckchen genauer.

Unter das Kaninchen hatte der Absender eine Karte gelegt und nur allzu deutlich erkannte Severus nun, wem er das Tier mit der lila Schleife zu verdanken hatte. Graziös und verschnörkelt war die Karte unterschrieben mit: „Michel Le Tellier Marquis de Louvois"

Nicht begeistert, aber immerhin erleichtert, erhob Severus sich wieder und steckte seinen Zauberstab zurück in seine Robe. Dieser Marquis!

Und gerade in diesem Moment sah er, wie das Kaninchen zu platzen schien, bis er merkte, dass es sich vielmehr vor seinen Augen in einen Menschen verwandelte. Sein Gegenüber grinste ihn an. „Überraschung!"

Ein durchaus überraschter Schrei entfuhr dem Zaubertränkemeister. Daraufhin hörte er, wie sich laufende Schritte näherten und dann erkannte er die Stimmen von Malfoy und Lupin auf dem Korridor.

„Mach die Tür auf, Remus, schnell!"

„ALOHOMORA!"

Mit einem lauten Krachen schlug die Tür zu Snapes Gemächern auf und wirbelte dabei die Berge von Taubenfedern auf. Aber was sie da sahen, hatte Lupin nicht erwartet. Mit nichts bekleidet als einer lila Schleife um seinen Hals stand zwischen ihnen und dem Besitzer dieser Gemächer…

„Michel!"

Der blonde Wahrsagelehrer schaute über die Schulter. „Ah, Julius. Du hast nicht zufällig etwas zum Anziehen für mich? Das Paket mit meiner Kleidung wurde leider verbrannt, wie es scheint."

„Was machst du da. Bist du verrückt? Du hast Severus erschreckt! Ich meine – du hättest jetzt tot sein können!"

„Ich konnte mich plötzlich nicht mehr konzentrieren. Die Reise war zu lang."

Severus Snape fand endlich seine Stimme wieder und sein vor einigen Minuten noch blasses Gesicht bekam deutlich mehr Farbe, als man von ihm gewohnt war.

„RAUS HIER! ALLE DREI!"

Schnell kamen Julius und Michel seinem Wunsch nach und mit einem behelfsmäßig verwandelten Wandteppich bekleidet verschwand der Marquis dann zusammen mit dem Muggelkundelehrer.

Lupin wäre auch nur allzu gerne geflüchtet, vor allem jetzt, wo Snape seinen berühmt-berüchtigten Blick auf ihn richtete. „Was willst du noch, Lupin!" fauchte er mit bedrohlicher Stimme.

Der Werwolf nahm seinen gesamten Mut zusammen.

„Äh, den…Wolfsbanntrank…"

Hermione stieg als letzte aus dem Wagen, der sie, Harry und Ron nach Hogsmeade gebracht hatte.

„Warum müssen wir immer dann morgens Zaubertränkeunterricht haben, wenn nachmittags der Unterricht ausfällt? Und dann auch noch diese Hausaufgaben!" Ron fand immer etwas zum nörgeln.

„Heute muss ihm wieder eine besonders große Laus über die Leber gelaufen sein. Hey, Ron, was willst du Marie Therese eigentlich schenken? Ich schenke Ginny den Anhänger, den sie jedes Mal angeschmachtet hat, als wir in Hogsmeade waren."

Hermione hörte nur halbherzig zu, während sie durch die von Schülern überfüllten Straßen Hogsmeades schlenderten und um sie herum dicke Schneeflocken sanft zu Boden schwebten. Immer wieder ertappte sie sich dabei, die Stände und Läden nach einem Geschenk für Draco Malfoy zu durchsuchen. Warum eigentlich? Er schenkt mir auch sicher nichts. Außerdem ist es ja nicht so, als ob wir ein Paar wären, oder so.

Irgendwie war sie ein wenig neidisch auf Ron, der immer wieder geistesabwesend lächelte, wenn er seinen selbstgestrickten Schal von Marie berührte und dabei das Parfüm roch, mit welchem sie ihr Geschenk versehen hatte.

Und Harry würde heute Abend sicherlich auch etwas von Ginny bekommen. Sie hatte sich extra mit Luna Lovegood abgesetzt und war jetzt wahrscheinlich ebenfalls auf der Suche nach einem Geschenk.

Nachdem Ron einen kleinen Teddy gekauft hatte, gingen sie zum Schmuckladen, wo Harry die Kette für Ginny kaufen wollte. „Merlin sei Dank, sie ist noch da. Hätte ich bis zu ihrem Geburtstag gewartet, wäre sie bestimmt schon weg gewesen." Triumphierend nahm Harry die Kette an sich und ging zur Kasse, während Hermione ihre Blicke über die übrigen Kettenstände wandern ließ.

Plötzlich zog eine davon Hermiones Aufmerksamkeit auf sich. Die wäre perfekt!

„Hey, Hermione, pass auf, dass dir nicht die Augen ausfallen." Harry schlug ihr auf die Schulter und holte sie so aus ihren Gedanken. „Sollen Ron und ich dir eine kaufen? Du bist schließlich auch ein geliebter Mensch für uns."

Die Schulsprecherin sah ihre Freunde an. „Häh?"

Ron kam auch dazu. „Genau, ein wenig Geld hab' ich noch. Es würde mich echt freuen."

Als sie ihre beiden besten Freunde so ansah, kamen ihr auf einmal Freudentränen in die Augen und um diese zu verbergen, schloss sie die beiden urplötzlich in eine Umarmung und lachte.

„Nein, danke. Aber ihr könnt mir ja heute ein Butterbier ausgeben, wenn ihr wollt." Außerdem wäre diese Kette wohl eher ein Geschenk für Draco als für mich. Aber das konnte sie ihnen unmöglich sagen.

„Ok, das mach' ich dann. Das kann ich mir leisten", sagte Ron und Harry fügte hinzu: „Und ich gebe dir einen großen Eisbecher aus. Gut, dann lasst uns mal zum Tropfenden Kessel gehen." Damit eilten die beiden nach draußen, wo die Kälte mit einem Mal nicht mehr so unangenehm zu sein schien, wie erwartet.

Hermione warf noch einen letzten Blick auf den Anhänger. Ja, der war einfach perfekt. Neuen Mutes traf sie ihre Entscheidung und verließ dann den Laden.

„Äh, geht schon mal ohne mich los. Ich… will mir noch schnell neues Papier holen."

Die zwei schauten sie an, zuckten mit den Schultern und lächelten. „Ok. Wir sehen uns dann im Tropfenden Kessel."

„Beeil dich. Sonst schmilzt das Eis."

„Klar." Hermione winkte ihnen noch zu und tat dann so, als würde sie sich auf den Weg zu „Penegramm's Pergaments" machen. Als Harry und Ron nicht mehr zu sehen waren, kehrte sie jedoch in das Schmuckgeschäft zurück.

Da hing sie. Eine silbergrüne Schlange mit einem Rubinauge und Hermione stellte sich vor, wie Draco sie trug… Wie für ihn geschaffen. Hermione ließ sie einpacken und machte sich dann auf den Weg zum Treffpunkt. Bei dem Gedanken, ihm die Kette heute Abend zu geben, wurde ihr ganz warm ums Herz.

„Draco, Schatz! Hier bin ich."

Der blonde Slytherin drehte sich um. „Mom?!"

Auf der anderen Straßenseite vor einem kleinen Pub stand Narcissa Malfoy und winkte ihrem Sohn zu, reinzukommen und sich hinzusetzen. „Wieso bist du so überrascht? Ich habe dir doch heute Morgen einen Brief geschickt, dass ich in Hogsmeade sein würde. Ich hab' ein paar schöne Kleider für das Baby gekauft. Aber was macht ihr denn alle hier, habt ihr denn keinen Unterricht?"

„Dein Brief muss untergegangen sein zwischen den vielen Valentinskarten", grummelte Draco. Narcissa sah ihren Sohn fragend an. „Professor Dumbledore hat spontan entschieden, einen deutschen Feiertag in Hogwarts feiern zu lassen. Wir haben den Nachmittag frei bekommen, damit man seinem Freund oder seiner Freundin etwas in Hogsmeade kaufen kann", erklärte er.

„Hört sich romantisch an. Und? Was hast du gekauft?"

„Was? Ich?" Unbewusst legte er die Hand auf seine Hosentasche.

Narcissa sah ihn verwirrt an. „Ja, du. Du hast doch eine Freundin, oder nicht?" Woher weiß sie das? „Wie kommst du darauf?" Der Slytherin kämpfte darum, sich nicht zu verraten.

Zum Glück wurde seine Mutter jedoch durch eine Person abgelenkt, die soeben das Pub betrat. Draco drehte sich um.

„Professor Snape!" erklang es aus zwei Mündern gleichzeitig.

Die besagte Person schreckte zusammen, als hätte sie weiße Kaninchen – äh Mäuse – gesehen. Dann entdeckte Severus Draco und Narcissa an ihrem Tisch und sofort war er wieder ganz der Alte. „Ah, Mrs. Malfoy. Wie geht es Ihrem Mann? …Und Ihrem Kind?" fügte er hinzu und ein leichtes Leuchten war in seinen Augen zu sehen.

„Gut, wie immer. Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns an den Tisch."

Severus schien kurz zu überlegen, dann setzte er sich. Ganz zu Dracos Missfallen.

„Wie ich von meinem Sohn gehört habe, wird heute der Tag der Liebenden auf Hogwarts gefeiert. Ich würde auch gerne etwas von meinem Geliebten geschenkt bekommen. Wenigstens eine Geste." Und dann lachte sie ihr berühmtes Lachen, dass nicht nur Severus bezaubern konnte.

Snapes Blick fiel auf den Ring, den Narcissa an einem ihrer Finger trug. Seinen Ring. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, bevor er wieder seinen gewohnt trockenen Gesichtsausdruck zur Schau stellte.

Ungläubig verfolgte Draco, wie sich sein Professor für Zaubertränke mit seiner Mutter unterhielt, als wäre er wirklich nur der Professor ihres Sohnes und nicht ihr Geliebter, der, auf Teufel komm raus, mit ihr flirtete. So sehr es ihn auch freute, seine Mutter glücklich zu sehen, er hätte es wesentlich lieber gehabt, wenn sie es in Gegenwart seines Vaters wäre und nicht in der Snapes. Und Draco konnte nichts machen.

Als der junge Slytherin es kaum noch aushielt, erhob sich der Zaubertränkemeister plötzlich. „Wie doch die Zeit vergeht – besonders in solch guter Gesellschaft. Leider muss ich Sie bereits verlassen, Mr.s Malfoy. Grüßen Sie Lucius von mir."

Auch Narcissa erhob sich und die Etikette zwang Draco, es ihnen gleichzutun. „Oh, wie schade, ich hätte Sie gerne zur Feier des Tages eingeladen."

Entsetzt sah Draco, wie Snape sanft Narcissas Hand nahm und einen vollendeten Handkuss vollzog.

„Zur Feier des Tages", sagte er und verließ dann das Pub.

Laut seufzend schlug Hermione Granger das Buch zu und betrachtete die Tüte, in der sich ihr Geschenk für Draco befand. Am Ende hatte sie sich doch nicht getraut, es ihm zu geben. Vielleicht später… Sie stand auf, um weiter nach Informationen über die Einhornlichtung und das Ritual zu suchen.

„Oh Harry, danke!" Ginny Weasley ließ sich von Harry die Kette umlegen, dann konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und umarmte ihn. So stolz sah der Junge-der-lebt gewöhnlich nur aus, wenn er den Schnatz gefangen hatte. „Und? Was hat mein Bruder Marie gekauft? Hoffentlich keine Süßigkeiten, auch wenn sie sich darüber freuen würde."

„Nein, man kann deutlich erkennen, dass ihr verwandt seid", lachte Harry und hielt den Teddy hoch, den er von Ginny geschenkt bekommen hatte. Den gleichen, den auch Ron gekauft hatte.

„Hey, Hermione, was ist denn da in deiner Tüte? Auch ein Geschenk? Für wen denn?"

Die Schulsprecherin tat so als hätte sie nicht zugehört. „Was hast du gesagt, Ginny? Oh, da fällt mir ein, ich wollte noch ein wenig in die Bibliothek, bevor sie schließt. Dann lass ich euch Zwei mal allein."

Irgendwie konnte Hermione sich einfach nicht konzentrieren und entschied, für heute erst einmal Schluss zu machen. Sie stellte das Buch, das sie in der Hand gehabt hatte, wieder in das Regal zurück und ging dann zu ihrem Tisch zurück.

„Ist das etwa für mich?" begrüßte sie eine bekannte Stimme.

Hermione traute ihren Augen nicht. An dem Tisch mit Hermiones Sachen saß Draco Malfoy, rüttelte an dem Valentinstag-Päckchen und grinste sie unverschämt an. Was sollte sie sagen? Nun, wenn man keine Antwort geben konnte, stellte man am besten eine Gegenfrage. „Gehört Diebstahl zum Ehrenkodex der Malfoys?"

„Seit wann gibt es denn Diebstahl seiner eigenen Sachen?"

„Wer sagt denn, dass das dir gehört?"

„Na, das Namenskärtchen." Damit zeigte er auf das Päckchen.

Innerlich schlug sich Hermione gegen die Stirn. Natürlich, ich habe ein Kärtchen anbringen lassen. Na toll. Nun stand sie wie ein Idiot da. Das war ja fast wie eine Liebeserklärung. Hoffentlich machte er es nicht vor ihren Augen auf. Hätte sie doch Schokolade oder etwas ähnlich Triviales gekauft. Er würde sicher lachen.

„Hier." Plötzlich hielt ihr Draco etwas entgegen.

Verdutzt sah sie es an. Ein Geschenk! Sie konnte es nicht fassen. Auch er hatte ein Geschenk.

Der Slytherin legte es vorsichtig in ihre Hände. „Ich dachte mir schon, dass du mir eins kaufen würdest. Da konnte ich natürlich nicht hinten anstehen. Mach es auf. Ich hoffe, es gefällt dir."

Beschäftigt damit, ihr Geschenk zu öffnen, sah sie nicht, welche Unruhe sich in den sonst stahlgrauen Augen Dracos widerspiegelte.

Draco wusste, dass Hermione Granger eine sehr wichtige Person für ihn geworden war, aber die Grenze zwischen guter Freundin und „Freundin" war noch nicht überschritten. Doch dies konnte sich heute möglicherweise ändern.

Hermione bestaunte den Inhalt. Sie hielt eine kleine Parfümflasche mit wunderschöner Aufmachung in den Händen, die nach Rosen und anderen Blumen roch.

Die Reaktion der Gryffindor schien mehr als zufrieden stellend, so dass Draco übers ganze Gesicht grinste. Mit einem Mal lösten sich ihre strahlenden Augen von der Flasche und trafen auf Dracos. Dann umarmte sie ihn plötzlich, wobei er vor Überraschung fast zu Boden stürzte.

„Danke, Draco." Als sie merkte, was sie da tat, löste sie sich schnell wieder von ihm. „Oh… entschuldige."

Der blonde Slytherin hatte das Gefühl, das Gleichgewicht zu verlieren. Dann fasste er sich wieder. „Äh, es scheint dir zu gefallen. Darf ich meins auch aufmachen?"

„J-Ja klar." Hermione beobachtete angespannt, wie Draco das Päckchen öffnete und die Kette herausholte. Er betrachtete sie von allen Seiten.

Sag was, sag was! dachte Hermione.

„Wow", kam es aus seinem Mund und mit einer Mischung aus ehrlicher Überraschung und dem ihm typischen Grinsen, war das das beste Kompliment, das er ihr hätte geben können. Draco legte die Kette sofort an und Hermione fühlte sich so erleichtert wie nie.

„Ich glaube, so etwas ist nur noch mit einem Ring zu toppen."

„Haha. Über so etwas macht man keine Scherze. Wir sind ja noch nicht mal ein Paar." Was sag ich da?!

„Wirklich nicht? Geschenke am Valentinstag, wir haben uns schon geküsst und du hast mich sogar schon nackt gesehen. Ich frage mich, ob Potter und Weasley überhaupt schon so weit sind."

Hermione wartete darauf, dass Draco jeden Moment über seinen eigenen Scherz lachen würde, was er aber nicht tat. Er blickte ihr ernst und fragend in die Augen, wobei er aber innerlich das Gefühl hatte, jeden Moment zu explodieren. Er hatte soeben gestanden, eine Beziehung mit Hermione Granger in Erwägung zu ziehen. In einer solch verletzlichen Position war er noch nie gewesen. Wenn Hermione jetzt wollte…

„Harry und Ron habe ich jedenfalls kein Valentinstagsgeschenk gemacht." Sie lächelte etwas schüchtern.

Als Antwort schlang Draco überglücklich seine Arme um Hermione und zog sie eng an sich heran. Endlich war es raus. Es gab keine Zweifel mehr.

Die Grenze war überschritten.

TBC

AN.: Boah, ist das lang geworden. (Noch ein Grund mehr, erst einen Tag davor die Nacht durchzumachen. Dann wird's kürzer). Hoffe es hat euch gefallen

REVIEW!