Kapitel 2
Doppelgänger
„Fingerabdrücke, Haare, ein paar Fasern, die Kugeln – und was hast du?", fragte Greg und musterte Sara von der Seite. Sara stoppte auf ihrem gemeinsamen Weg zurück zum Tahoe und sah zu Grissom und Brass, die am Wagen auf sie warteten. Greg drehte sich zu ihr um. Sara seufzte.
„Der Regen hat fast alles vernichtet. Das Einzige, was ich habe, sind Abdrücke von Fußspitzen vor dem Wohnzimmerfenster."
Sie dachte an die beiden Opfer zurück, die David inzwischen abgeholt und ins Leichenschauhaus gebracht hatte. Grissom hatte Sara brüsk aus dem Haus gewiesen, noch bevor sie das Zimmer betreten konnte. Doch Sara hatte durch das Fenster genug gesehen, um zu verstehen. Beide Opfer waren Sara wie aus dem Gesicht geschnitten. Die Mutter war in Saras Alter und glich ihr wie ein Zwilling. Die ca. neunjährige Tochter sah Sara ebenfalls auffallend ähnlich. Sara schauderte. Wie viele Doppelgängerinnen von ihr mochten noch in Las Vegas leben? Und nicht genug: Wieder nahm Grissom diesen Fall persönlich und versuchte Sara herauszuhalten. Genau wie damals, als Dr. Lurie Debbie Marlin ermordet hatte. Sara dachte an Grissoms Geständnis im Vernehmungszimmer, an die Worte, die er an Dr. Lurie gerichtet hatte und von denen er nicht wusste, dass Sara sie jenseits der Spiegelwand gehört und ihre Konsequenzen gezogen hatte. Daran, dass Grissom bekannt hatte, dass er nie seinen Job riskieren würde – für eine Beziehung mit ihr. Seine Worte hatten weh getan. Sehr weh. Aber sie hatten Sara aufgerüttelt aus ihrem Traum. Diese Liebe hatte keine Chance, keine Zukunft.
„Hallo! Erde an Sara! Hey, du bist ganz blass geworden. Was ist los?", fragte Greg und legte seinen Arm um sie.
Sara lächelte und lehnte sich an ihn. Die Freundschaft mit Greg tat gut. Sie war froh, dass sie ihn auf seinem Weg zum CSI trainierte. Greg brachte sie mit seinen Witzen zum Lächeln und war ein guter Zuhörer. Sara konnte sich kaum noch an die Zeit erinnern, als sie in ihm nur die verrückte kleine Laborratte gesehen hatte. Inzwischen machte es ihr sogar Spaß, auf seine Flirts einzugehen, so wie vor Jahren bei Nick. Greg gab ihr das Gefühl, nicht nur Wissenschaftsfreak und Workaholic zu sein, sondern ein Mensch mit Gefühlen. Etwas, was Grissom anscheinend abschreckte.
„Alles okay, ich habe nur gerade über die beiden Opfer nachgedacht. Sie sehen mir so ähnlich …", sagte sie.
Greg schaute Sara besorgt an.
„Du hast sie also doch gesehen?"
„Ja, von draußen, vom Fenster aus. Der Täter hat sie bestimmt von dort beobachtet."
Greg nickte und flüsterte:
„Schon seltsam. Erst der Fall mit dieser Krankenschwester und nun das. Schönheiten wie du scheinen gefährdet zu sein."
Saras Augen weiteten sich und Greg schluckte.
„Oh, entschuldige Sara, ich rede zu viel."
Sie lächelte schwach.
„Ist schon okay, Greg. Ich glaube, wir müssen weiter. Grissom."
Sie nickte hinüber zum Tahoe. Grissom lehnte an der offenen Fahrertür und schaute grimmig zu ihnen herüber. Brass schlug ihm auf die Schulter und sagte leise:
„Irgendwann ist es nun mal zu spät."
„Ich weiß nicht, wovon du redest, Jim. Ich glaube, es ist besser, du fährst schon einmal vor."
Brass zuckte mit den Schulter, schlenderte zu seinem Polizeiwagen hinüber und stieg ein. Als er den Zündschlüssel ins Schloss steckte, blickte er noch einmal zu den drei CSIs. Die Spannung, die über dem Trio lag, war nicht zu übersehen …
TBC
