Tote

"Wir sterben jede Nacht..."

Ein seltsames Geräusch erklang, als die Schneide das weiche Fleisch durchtrennte und ein weiteres lebloses Stück Mensch zu Boden fiel. Doch es folgten schon weitere, die aber auch nicht lange am Leben blieben. So ging das jetzt schon zwei Jahre, jede Nacht und jeden Tag. Niemand fragte danach, was für einen Sinn es hätte, denn es hatte keinen. Sinnloses Sterben und sinnloses Morden.

Sie Schatten dieser Nacht wurden tiefer - bald würde der neue Tag anbrechen und alles wieder von vorn beginnen. Ihr Anführer - keine Ahnung, wer ihn dazu gemacht hatte - würde in aller Ruhe dasitzen und Kaffee trinken und die Wirtschaftsseiten der Zeitung studieren.

Sie Nervensäge - plärrt wie ein Kind, obwohl er schon über zwanzig Jahre alt ist - würde irgendwas Unverständliches in seiner Sprache singend durch die Wohnung laufen und alle nerven.

Das Kind - wunderschön und zerbrechlich - würde zur Schule gehen und erst am Abend wieder kommen.

Und er - geistesgestört und schizophren, wie sie glauben - würde im Keller sitzen und sich mit sich selbst unterhalten.

Man(n) konnte ja nur verrückt werden, wenn man so behandelt wurde.

Vielleicht hatte er es nicht besser verdient, schlachtete er doch Nacht um Nacht seines Gleichen ab und empfand nichts außer Freude dabei.

Oft hatte er sich schon gefragt, ob er wirklich so krank war, wie die anderen behaupteten oder ob er normal und die anderen krank waren, so dass sie seine Normalität für Krankheit hielten und ihre Krankheit für Normalität.

So gingen die Tage und Nächte vorbei, in trostloser Eintönigkeit und seine Welt wurde Schwarz und Weiß, etwas anderes kannte er nicht mehr.

Er starb - innerlich, denn äußerlich brachte er immer noch Menschen um.

Zwei Jahre sind vergangen und aus dem innerlich Toten wurde eine Maschine, bis, ja, bis er seine Blume sah! Seine Blume, die ihm zeigte, dass die Welt auch bunt sein konnte.

"... aber wir sind Tote, die sich erinnern!"

Und er tötete seine Blume...

Fin