ᴇᴍɪʟʏ ʜᴜɴᴛᴇʀ
26. Oktober 1993
An diesem Morgen wachte ich viel zu früh auf. Super, nachher bekam ich dann wieder Kopfschmerzen. Ich versuchte gar nicht erst wieder einzuschlafen, es würde sowieso nichts bringen, also lief ich ins Bad und putzte in aller Ruhe meine Zähne. Etwas nervös nahm ich einen Gryffindorpulli und Jeans aus meinem Schrank und zog sie an. Dann band ich mir meine Haare nach hinten und lief, so leise wie möglich, aus dem Saal, ohne Ginny oder Hermine zu wecken. Sie würden mich umbringen, wenn ich sie wecken würde.
In der großen Halle war es so früh am Morgen noch leer, einzig die Lehrer saßen vollzählig am Tisch. Saßen sie da jeden Tag so viele Stunden, um die Schüler zu beobachten? Ich nahm mir einen Toast, doch ich hatte absolut keinen Hunger, ich war viel zu nervös. Nachher würde ich mein erstes Quidditchspiel haben. Im Training hatte ich mich ganz geschickt angestellt und auch gut mit dem Team zusammengearbeitet, aber da hatte uns nicht die ganze Schule zugeguckt.
Während ich vor mich hinstarrte, ging die Tür auf und Malfoy lief herein. Ich würdigte ihn nicht eines Blickes und betete, dass er nicht auf die Idee kam, mich so früh am Morgen zu nerven. Doch zu meinem Glück sah er mich nur verächtlich an, während ich ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. So ein Arschloch.
„Guten Morgen", flüsterte mir eine verträumte Stimme ins Ohr und riss mich aus meiner Starre. Luna Lovegood, eine von Ginnys Freundinnen, stand neben mir uns ließ sich nun neben mich fallen. Sie schnappte sich einen Toast und sah mich an.
„Weißt du, du sahst so alleine aus, deshalb dachte ich, ich leiste dir mal Gesellschaft. Hm, du hast heute dein erstes Quidditchspiel, oder? Du fliegst echt gut, ich habe dich letztens fliegen sehen, da wo Wood fast vom Besen geflogen ist, weil du mitten in sein Gesicht gezielt hast." Verwundert sah ich sie an. Beim Training hat uns nie jemand zugesehen.
„Wie hast du-"
„Oh, nur weil du mich nicht gesehen hast, heißt das nicht, dass ich dich nicht gesehen habe." Sie kicherte. „Viel Glück." Und weg war sie. Irgendwie mochte ich sie, sie war auf ihre eigene Art besonders.
Ich war gerade dabei nervös an meinen Haaren herumzuzwirbeln und zu zupfen, etwas was ich immer tat, wenn ich nervös war, auch wenn es die Haare kaputtmachte, da lief Harry durch die Tür direkt auf mich zu, auch alleine.
„Nervös?", fragte Harry mich, als wir uns kurz umarmten und dann Platz nahmen.
,Ich sterbe!"
„Ging mir bei meinem ersten Spiel auch so, aber das legt sich", meinte er und aß genüsslich seinen Toast. Wie konnte er jetzt essen? „Glaub mir, nichts zu essen macht es nur noch schlimmer", meinte er. Konnte er jetzt auch noch Gedanken lesen?
„Ach ja? Damit ich Stoff zum erbrechen habe?"
„Stell dich nicht so an", belustigt reichte er mir einen Toast.
„Danke", flüsterte ich kopfschüttelnd und zu meiner Verwunderung bekam ich tatsächlich etwas herunter.
„Siehst du? Außerdem spielst du klasse."
Bevor ich etwas erwidern konnte, quetschte sich Ginny neben mich und starrte mich an. „Das wird schon, du kannst doch so gut fliegen!" Auch Hermine und Ron setzen sich nun gegenüber. Eine Weile aßen wir schweigend vor uns hin, während ich versuchte nicht die Blicke der anderen ertragen zu müssen. Harry konnte einem leid tun, wenn er das jeden Tag ertragen musste. Irgendwann war es mir zu blöd und ich starrte den Hufflepuff, der mich schon die ganze Zeit beglotzte, mit einem strahlenden Lächeln an und er wandte sich ab.
„Boah", stieß ich genervt aus und senkte den Blick. Doch nicht lange und ich spürte wieder einen Blick auf mir, der verdächtig aus Richtung Malfoy kam. Wieder hob ich den Kopf und starrte direkt in seine Augen. Irgendetwas hielt mich für einen Moment gefangen, zog mich in seinen Bann, doch dann schüttelte ich den Kopf und wandte mich Ginny zu. So weit kam es noch, dass ich Malfoys Augen schön fand. Pff.
Nach einer Weile erhoben Harry und ich uns und verabschiedeten uns von den anderen, sie würden uns erst wieder beim Spiel zu Gesicht bekommen. Alle am Gryffindortisch wünschten uns viel Glück, bevor wir die Halle verließen. Zum Glück war dieses Spiel gegen Hufflepuff und nicht gegen Slytherin, sonst würde ich schneller verhext werden, als sonst was. Normalerweise würden wir auch gegen Slytherin spielen, doch die hatten es fertig gebracht, Malfoy als Ausrede zu benutzen, um nicht bei diesem Sauwetter zu spielen. Der Grund? Sein Arm, der, als wir daran vorbeiliefen, mit höchster Flexibilität nach der Butter griff. Man konnte ganz deutlich sehen, wie sehr er verletzt war.
In der Umkleide zog ich mich schnell um, während Wood zum hundersten Mal die Taktik erklärte. Im Moment hatte ich nicht die Nerven, ihm zuzuhören, also starrte ich ins Leere vor mich hin, während ich versuchte die aufkommende Übelkeit mit der gefährlichen Mischung aus Nervosität und Magenschmerzen zu unterdrücken. So nervös war ich nicht mal, als ich den sprechenden Hut aufgesetzt bekommen habe. „Du schaffst das", flüsterte Harry mir noch ins Ohr, ehe das Signal ertönte und wir hinaus auf den Platz liefen. Wood schüttelte diesem Hufflepuff-Kapitän, Cedric oder so, die Hände und wir stiegen in die Luft.
In der Menge konnte ich eine Ginny ausmachen, die lauter jubelte als die gesamte Ravenclawkurve. Aus irgendeinem Grund musste ich lachen und der Knoten in meinem Magen löste sich und lies mich seltsam frei auf meinem Besen sitzen. Es fühlte sich schwerelos an. Meine Nervosität war verschwunden und hinterließ ein Gefühl der Kampfbereitschaft. Ich konnte das. Konzentriert fixierte ich den Quaffel, als Madam Hooch ihn nahm und hochschmiss.
Sofort stürzte ich auf ihn zu, fing ihn auf und passte an Katie ab. Im Zickzack flogen wir zwischen den Hufflepuff-Jägern hindurch und schmissen uns gegenseitig den Quaffel zu. Kurz vor den Ringen wich ich einem Jäger aus, kniff die Augen zusammen und schmiss mit aller Kraft durch den äußerten Rand des rechten Ringes.
Der Gong ertönte und die Gryffindorkurve jubelte. Meine Mundwinkel zogen sich automatisch nach oben, meine Nervosität war verschwunden. Die Hufflepuffs bekamen den Quaffel und schossen auf uns zu, sie waren ziemlich gut.
Ich schob alle meine Gedanken in den Hintergrund und schoss auf sie zu. Angeline fing den Quaffel während eines Passes ab und warf ihn mir zu. Vor mir war nur ein Jäger und die zwei Treiber. Das war meine Chance, ich hatte den drittschnellsten Besen der Welt und war ziemlich geschickt im ausweichen. Sofort schoss ich los. Links neben mir hörte ich ein Sirren, dass verdächtig nach einem Klatscher klang und ich senkte meinen Besen ein Stück. So schnell war ich seit langem nicht mehr geflogen. Es machte unglaublich viel Spaß, zu fliegen als gäbe es kein Morgen, als sei man schwerelos.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie zwei der Jäger links und rechts beiden Seiten, auf mich zusteuerten. Angelina flog unter mir und deutete an, den Quaffel fallen zu lassen, damit sie ihn auffangen konnte, so wie wir es hunderte Male im Training geübt hatten. Ich flog mit vollem Tempo los, lies den Quaffel los und stieg senkrecht nach oben. Ein hässliches Geräusch, sowie der Gong ertönte: Die zwei Jäger waren mit vollen Wucht zusammengekracht und Angelina hatte den Ring getroffen. Die Gryffindorkurve applaudierte laut, während die Hufflepuffkurve bedröppelt dreinsah.
Die Hufflepuffs erhielten den Quaffel und flogen erneut auf uns los. Mit dem Gefühl, dass dieses Spiel bei diesem Wetter noch lange dauern würde, flog ich erneut auf sie zu.
OoOoOoO
ᴅʀᴀᴄᴏ ᴍᴀʟꜰᴏʏ
Ich hatte sie schon eine ganze Weile beobachtet. Wie sie so leichthändig durchs Stadion flog, als sei das alles ein Witz. Sogar bei diesem Dreckswetter sah sie noch wunderschön aus. So weit man das durch den Regen beurteilen konnte. Ein wenig mies fühlte ich mich schon, dass wir meinen Arm als Ausrede benutzen, um nicht zu spielen, doch ein wenig Schmerzen verspürte ich tatsächlich noch.
Der Gong ertönte. Die Hufflepuffs hatten den Quaffel durch den Ring geschossen und wurden ordentlich dafür bejubelt. Emily bekam den Quaffel zugeteilt und flog sofort los. Meine Augen klebten förmlich an ihr, während sie durchs Stadion raste, und den Quaffel mit einer beeindruckenden Leichtigkeit an Johnson und Bell abpasste. Kaum zu glauben, dass jemand, der so gut Quidditch spielen konnte, vor etwas so banalem wie Schlangen Angst hatte.
5. September 1993
Ich stand am Rand des Klassenzimmers, neben meinen Freunden und betrachtete den ziemlich arm aussehen „Professor". Potter und seine Armee starrten ihn natürlich alle ehrfürchtig an. Tss. Er lies uns alle laut „Riddikulus" sagen, dann lies er den Irrwicht auf Longbottom los. Dieser verwandelte sich in Severus. Severus war also Longbottoms größte Angst, interessant.
Wir lachten uns alle über Longbottoms Dummheit tot, doch dann verwandelt er Severus Klamotten, so dass dieser gar nicht mehr furchteinflößend, sondern nur noch peinlich aussah. Was bildete sich dieser aufgeblasene Idiot eigentlich ein?
Longbottom trat zurück und das Wiesel war an der Reihe, auf den war ich schon gespannt. Meine Beherrschung wurde stark auf die Probe gestellt, als ich Wiesel's Gesicht sah, als er diese Riesenspinne anstarrte. Leider, wirklich leider, schaffte er es den Irrwicht zu verwandeln und die Aufgabe zu bestehen. Sieh an, das Wiesel besaß tatsächlich ein Minimum an Intelligenz.
Ich verstummte, als Emily nach vorne trat und allem Anschein nach tief durchatmete. Auf ihren Irrwicht war ich schon sehr gespannt, vor allem da sie immer so tat, als hätte sie vor nichts Angst. Tja, jetzt schlug das Karma aber zurück! Der Irrwicht begann sich zu verwandeln in- eine Schlange?
Ein paar meiner Klassenkameraden lachen leise, dass eine Löwin, Angst vor Schlangen hatte, doch ich starrte nur ihr Gesicht an. Sie reagierte kein Stück, was bedeutete, dass sie wusste was auf sie zukam. Vielleicht war sie auch schon einmal einem begegnet und hatte so nicht mehr so viel Angst davor. Denn sie sah, im Gegensatz zu dem Wiesel, nicht so aus, als würde sie sich vor Angst in die Hose machen. Wie in Zeitlupe hob sie ihren Zauberstab und sprach laut und deutlich den Zauberspruch, während in ihrem Gesicht nicht die geringste Regung zu sehen war. Die Schlange flog zurück, und Patil war an der Reihe.
Während Emily zurücklief, betrachtete ich ihr Gesicht ganz genau, doch nicht die kleinste Emotion ist auf ihrem Gesicht zu sehen. Wie konnte sie so ruhig und gefasst sein, wenn sie gerade ihrer größten Angst gegenüber stand?
Emily stellte sich zu den bereits bestandenen nach hinten in die Ecke und sah den anderen zu. Alle Schüler schafften es ihren Irrwicht zu besiegen, bis Potter an die Reihe kam. Auf diesen Irrwicht hatte ich mich schon die ganze Zeit gefreut, es interessierte mich wirklich brennend, wovor der heilige Potter die meiste Angst hatte. Doch Potter kam gar nicht so weit, seinen Zauberstab zu heben, denn dieser komische Lupin stieß ihn zur Seite und man konnte nur für einen kurzen Moment, einen Dementor ausmachen, ehe er sich in eine Kristallkugel verwandelte. Das war eine Angst der speziellen Sorte.
Dieser Lupin rief „Riddikulus" und der Irrwicht verwandelte sich in einen Ballon, aus dem man die Luft rausließ. „Der Unterricht ist beendet", rief er uns zu, doch die meisten schauten ihn mürrisch an. Ich jedoch war heilfroh meine größte Angst nicht mit der ganzen Klasse teilen zu müssen und verließ als erstes den Klassenraum und ging mit den Slytherins zum Mittagessen in die große Halle.
Der Gong riss mich aus meinen Gedanken. Peinlich berührt wandte ich meinen Blick von Emily ab und hielt stattdessen nach Potter Ausschau, der bei diesem Horrorwetter hoffentlich zu blind war, um den Schnatz zu fangen.
Potter war natürlich nicht zu sichten, es war schon schwer genug überhaupt etwas vom Spiel zu sehen.
Ohne dass ich Kontrolle darüber hatte, suchten meine Augen wieder nach der Gryffindor, an die ich in letzter Zeit viel zu oft gedacht habe. Ich musste lächeln. Schlangen, also wirklich, ich hätte etwas ausgefalleneres erwartet.
Es passte mir nicht, dass sie Potter heute morgen umarmt hatte, es hat mir einen Stich versetzt, sie so zu sehen, während sie mir gegenüber immer kalt war. Ich wusste selbst nicht einmal wieso. Da tat es mir dann nicht mehr leid, dass sie so alleine am Gryffindortisch saß, abgesehen von der irren Lovegood.
Blaise stupste mich an und riss mich erneut aus meinen Gedanken. „Wenn das so weitergeht, erfrieren wie hier noch alle", sagte er genervt und zog sich ein zweites Paar Handschuhe über. Ich wollte gerade den Mund aufmachen, doch plötzlich wurde alles eiskalt.
Dann passierte alles ganz schnell. Schattenartige Gestalten, die Dementoren glichen, flogen übers Feld und hielten alle vom spielen ab. Jeder der Quidditchspieler stoppte, um vor den Dementoren wegzufliegen und jemand stürzte fluchtartig in den Sinkflug. Moment, war das nicht Potter?
Jetzt erst konnten alle erkennen, dass er vom Besen gefallen war und gnadenlos auf den Boden knallen und sterben würde. Emily versuchte noch seine Hand zu packen, doch sie rutschte hindurch und Potter stürzte auf den Boden zu.
