ᴇᴍɪʟʏ ʜᴜɴᴛᴇʀ
14. August 1994
Ein paar Tage später wurde ich um zwei Uhr morgens geweckt, als man mir ins Ohr schrie. Grummelnd drehte ich mich um und zog die warme Decke näher an meinen Körper, doch Ginny war so freundlich und zog sie mir weg, sodass ich fast aus dem Bett fiel. „Mann, ich wäre doch sowieso gleich aufgestanden", rief ich genervt.
Die einzige Antwort war ein: „Jaja."
Genervt schwang ich meine Beine aus dem Bett und machte mich auf den Weg ins Bad. Doch schnell schlug meine Genervtheit in Begeisterung um, als ich daran dachte welcher Tag heute war. Der 14. August und somit auch der Tag der Quidditchweltmeisterschaft. Auf der Stelle war ich total aufgeregt und hüpfte wie ein kleines Kind herum.
Im Bad putzte ich mir rasch meine Zähne, kämmte meine Haare und reinigte mein Gesicht, um Pickel zu vermeiden, dann zog ich schnell Jeans und T-Shirt an und ging nach unten in die Küche, in der schon die ganze Weasley-Familie versammelt war. „Ihr müsst noch auf Harry und Ron warten", meinte Percy Weasley mit Missbilligung in der Stimme und warf einen tadelnden Blick auf seine Uhr.
Wie zur Bestätigung ertönte ein Poltern auf der Treppe und die beiden kamen herein, beide mit verstrubbelten Haaren und Schlaf in den Augen. Besonders Harrys Haare sahen aus wie ein Vogelnest. „Sexy Frisur", kommentierte ich leise, als er neben mir stehen blieb. Er musste noch sehr müde sein, denn er reagierte nicht einmal.
Percy wünschte uns eine gute Reise und verschwand nach oben mit der Begründung zu arbeiten. Er war wirklich nicht mehr ganz dicht.
Wir wollten gerade loslaufen, doch Mrs. Weasley hielt die Zwillinge auf einmal auf. Es ging alles sehr schnell. Mit einem Accio wurde die Tasche der beiden geöffnet und die kleinen Würgezungentoffees, die die beiden verteilen wollten, flogen heraus, mitten in die ausgetreckte Hand von Molly Weasley.
Natürlich war sie wütend und machte die Zwillinge zur Sau. Die beiden sahen ihre Mutter mit einer Mischung aus Wut und Scham an. „Wir haben ein halbes Jahr gebraucht, um sie zu entwickeln!", schrie Fred, doch Mrs. Weasley gab nicht klein bei und beförderte alle Toffees mit einem Aufrufezauber herbei.
Das Ganze endete in einer gedrückten Stimmung, als wir das Haus verließen und uns auf den Weg zum Wieselkopf machten, einem kleinem Hügel, auf dem unser Portschlüssel versteckt war.
Auf dem Weg redeten wir nicht viel, die meisten waren noch im Halbschlaf oder noch in Gedanken versunken, so auch ich. Heimlich musterte ich George vor mir. Er sah ziemlich gut aus, seit dem letzten Schuljahr waren seine Haare gewachsen und sein Körper wurde definierter. In den letzten Tagen hatte ich mich ziemlich oft dabei erwischt, wie ich ihn heimlich beobachtete und mir vorstellte, wie es wäre, ihn zu küssen.
Super, ich hatte wirklich nicht geplant mich in jemanden zu verlieben.
Seufzend band ich meine Haare zu einem Dutt zusammen, doch unglücklicherweise achtete ich dabei nicht auf den Weg und stolperte direkt über eine Wurzel. Unwillkürlich presste ich meine Augen zusammen, um den zurasenden Boden nicht sehen zu müssen, doch wie ein Wunder knallte ich nicht auf den Boden, sondern in zwei starke Arme, die mich festhielten. Das gab mir ungewollt Flashbacks an meinen Besuch in der Winkelgasse mit Malfoy.
Überrascht schlug ich die Augen auf und drehte mich so gut es ging um und starrte direkt in Georges Augen. Noch nie war ich in meinem Leben so froh gewesen, dass ich nie rot wurde, denn sonst sähe ich jetzt aus wie ein überreifer Apfel. Ich räusperte mich verlegen: „Danke."
„Kein Problem", meinte er sanft und half mir auf die Beine. Dann sah er mich fast belustigt an und meinte: „Das nächste Mal solltest du deine Haare nicht im Wald voller Wurzeln zusammenbinden."
„Na vielen Dank auch", lachte ich und sah nach vorne. Durch meinen Fast-Aufprall hatten die anderen an Vorsprung gewonnen und wir lagen nun ein ganzes Stück zurück. Zusammen rannten wir los und erreichten die anderen nach einem kurzen Spurt. Glücklicherweise hatten diese unsere Abwesenheit nicht bemerkt und wir konnten uns unbemerkt wieder einreihen. Bevor ich zu Ginny lief, drehte ich mich noch einmal kurz um und zwinkerte George geheimnisvoll zu, ehe ich zu Ginny aufholte.
Er sah mir noch verwirrt hinterher und ich musste ein Lachen unterdrücken, was Ginny natürlich bemerkte und mich sofort leise auslöcherte. „Später", sagte ich leise, da ich keine große Lust hatte über meinen Crush, auch bekannt als ihr Bruder, zu reden.
Nach einer Weile erreichten wir endlich den Wieselkopf und wollten sofort in alle Richtungen ausschwärmen, als uns eine Stimme herumfahren lies: „Hier Arthur! Hierher, alter Junge, wir haben ihn!" Die Stimme gehörte einem Mann mit braunem Stoppelhaar, der einen ziemlich hässlichen Schuh in der Hand hielt.
„Darf ich vorstellen, Amos Diggory", stellte Mr. Weasley ihn vor. In diesem Moment trat ein ziemlich hübscher Junge neben Amos Diggory, den ich vom sehen her aus Hogwarts kannte. Cedric Diggory, Kapitän der Hufflepuffs. Wir grüßten ihn alle, außer Fred und George, die immer noch ziemlich sauer, wegen der letzten Niederlage gegen Hufflepuff waren. Das wir trotz allem den Pokal gewonnen hatten, war ihnen anscheinend egal.
Soeben wollte Mr. Weasley alle vorstellen, doch Mr. Diggory unterbrach ihn und sah Harry mit einer Mischung aus Schock und freudiger Überraschung an. „Meine Güte, Harry Potter!" Harry war das sichtlich unangenehm, doch der Fokus war schon wieder auf Cedric.
„Ja, aber du bist heruntergefallen, nicht wahr? Immer so bescheiden, unser Ced, immer ein Ehrenmann... aber der Beste auf dem Platz hat gewonnen, sicher würde Harry das auch sagen, nicht wahr, Harry? Der eine fällt vom Besen, der andere bleibt oben, du musst kein Genie sein, um rauszufinden, wer der bessere Flieger ist!"
Da wurde er mir direkt unsympathisch.
Glücklicherweise wechselte er dann das Thema und wir versammelten uns um den verschimmelten Schuh, der sich als Portschlüssel herausstellte, und warteten auf das bekannte Gefühl.
Ich hatte erst einmal in meinem Leben einen Portschlüssel genutzt, als wir zur alljährlichen Silversterparty gingen, da die Eingänge dank eines Squibs, der Stinkbomben in die Kamine geschmissen hatte, blockiert wurden. Es war kein schönes Gefühl, es fühlte sich wie ein Haken direkt hinter dem Bauchnabel an, der die Haut herausriss. Glücklicherweise waren das Jahr darauf, die Kamine frei.
Zehn... neun... acht"; ich sah auf, alle standen nun mit einem Finger am Portschlüssel auf dem Boden und starrten darauf, als würde er durch bloßes ansehen aktiviert werden. „Drei... zwei... eins...", murmelte Mr. Weasley und wollte schon ein „Los!", rufen, doch der Portschlüssel aktivierte sich bereits.
Für einen kurzen Moment leuchtete er auf, dann begann er sich zu drehen und ich spürte das altbekannte Ziehen hinter dem Bauchnabel, ehe ich durch die Luft geschleudert wurde; meine Schultern stießen gegen die von Ginny und Cedric, als der Portschlüssel immer schneller wurde und uns förmlich durch die Luft schmiss.
Dann war alles vorbei. Kopfüber knallte ich mitten mit dem Gesicht in das feuchte Gras, hinter mir konnte ich eine Stimme hören: „Sieben nach fünf vom Wieselkopf."
Mühsam rappelte ich mich auf und sah mich um. Ron umklammerte Harry gerade, als ginge es um Leben und Tod, Hermine klopfte sich ihre Jacke ab und Ginny lag im Gras und überlegte anscheinend gerade, ob es Sinn machte jetzt noch zu schlafen. Und Cedric? Der stand da, zwar etwas zerzaust, doch immer noch frischer als wir alle zusammen.
Ich sah an mir hinunter. Abgesehen davon dass meine Haare aussahen wie ein Vogelnest, war meine Kleidung noch ganz ordentlich, abgesehen von dem Grasfleck direkt über meinem Knie. Wenn Mutter das sehen würde, würde sie wahrscheinlich sämtliche Ratzeputzs der Weltgeschichte vollführen, damit ich ja nicht so aussah. Wie ich Flecken hasste!
Cedric musste meinen Blick bemerkt haben, denn er hielt seinen Zauberstab auf den Fleck und murmelte einen Ratzeputz. Dankbar war ich ihm ein Lächeln zu, dass er höflich erwiderte. „Kaum zu glauben, endlich sind wir hier!", hörte ich eine Stimme direkt neben meinem Ohr und drehte mich um.
Ginny stand direkt neben mir, anscheinend hatte sie sich gegen das Schlafen auf dem Boden entschieden, und sah mit leuchtenden Augen direkt auf den Platz vor uns. Erst da fiel mir auf, warum wir überhaupt hier waren und ich scannte meine Umgebung. Wir standen auf einem nebelverhangenem Hügel, doch das war nicht das beeindruckende, nein, es war der riesige Platz, der sich direkt vor mir erstreckte.
Soweit das Auge reichte, standen Zelte auf der Wiese verteilt, bunt zusammengewürfelt, manche waren edler, andere jedoch eher weniger. Nachdem Mr. Weasley nach einigen Komplikationen mit dem Muggelgeld, dank Harrys und Hermines Hilfe bezahlt hatte, machten wir uns auf den Weg zu unserem Platz. Wir mussten eine ganze Weile laufen, bis wir unseren gefunden hatten, er war direkt am Waldrand, was aber anscheinend super war, da das Stadion direkt dahinter lag. Vor dem Platz stand ein Schild mit der Aufschrift Weezly.
Mr. Weasley begann sofort munter ein Zelt aus seinem Rucksack auszupacken, und auf Muggelart aufzubauen, was wirklich lange dauerte, weil Hermine offenbar die einzige war, die so etwas je getan hatte, doch auch nach einer Weile stand das kleine Zelt vor uns, zwar ein wenig schief, doch immer noch stabil. Harry musterte das Zelt kritisch, genauso wie Hermine, doch ich schüttelte nur den Kopf und zog sie beide einfach hinein, um ihnen zu zeigen, dass das Zelt innen groß genug war.
Nachdem jeder seine Sachen auf seinem Bett abgeladen hatte, schickte Mr. Weasley uns zum Wasserholen los. Während wir über den Campingplatz liefen, musterte ich die Zelte an meiner Seite. Manche waren genauso klein und unscheinbar, wie unseres, andere hingegen besaßen mehrere Stockwerke und sogar einen kleinen Pool. Eines war besonders groß und protzig, fast zu viel des guten. „Das ist doch eine Verschwendung" hörte ich Hermine neben mir leise sagen.
Soeben wollten wir weiterlaufen, als hinter uns eine nur allzu bekannte Stimme ertönte. „Ah Granger, gefällt dir unser Zelt? So etwas gibt es bei Muggeln wohl nicht." Bevor Hermine zu einer Antwort ansetzten konnte, wandte sich Malfoy an Ron und sagte hämisch: „Na Wiesel, selten so einen Reichtum gesehen, was? Wo schlaft ihr? Im Wald?"
Ron sah aus, als würde er Malfoy mit bloßen Händen erwürgen wollen, doch Harry fuhr dazwischen: „Wir haben uns nur gerade überlegt, ob dein Zelt nur so groß und protzig ist, um deine fehlende Intelligenz zu vertuschen!"
Malfoy sah Harry mit blitzenden Augen an. Erst da erkannte ich, Zabini und die zwei Schränke hinter ihm, sowie einen Jungen aus Slytherin, der mir vom Sehen bekannt war. „War ja klar, dass ausgerechnet du zu so einem Spruch greifst, Potter. Du kommst doch nur durch die Prüfungen, wegen des großen Dumbledores, der aus unerfindlichen Gründen beschlossen hat, dich zum Held zu krönen!"
Langsam wurde mir das zu viel; ich hatte jetzt wirklich keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit Malfoy, doch ihn gewinnen lassen, kam nicht in Frage. Ginny sah das anders, denn sie schrie Malfoy mit einem „Halt die Fresse" an und zog uns unter Malfoys höhnischem Gelächter weiter.
„So ein Arschloch", würgte Ron hervor. Er war immer noch knallrot im Gesicht und sah aus, als könnte er jemanden umbringen. Glücklicherweise verlief der restliche Weg ohne Komplikationen, nur ein paar Freunde oder Mitschüler waren zu sehen. Wir begegneten auch meinem Bruder, der bei seinem Freund die Ferien verbrachte und gemeinsam die Meisterschaft besuchte.
Überall schrien Menschen und bannten sich panisch eine Weg durch die Menge. Ginny sah aus, als hätte sie einen Geist gesehen, als wir wegrannten, von diesen maskierten Menschen, die mit ihren Zauberstäben drohend durch die Luft schwangen.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, erreichten wir das Ende des Platzes, auf dem einige Menschen versammelt waren und den mittlerweile fast leeren Campingplatz, anstarrten. „Wo sind Harry, Ron und Hermine?", fragte ich Ginny, nach einem Blick durch die Menge. Ginny runzelte die Stirn und sah sich um, doch da waren kein Harry, kein Ron und keine Hermine. „Vielleicht kommen sie gleich", sagte Ginny mehr zu sich selbst und fuhr sich nervös durch die roten Haare. Auch ich zitterte noch am ganzen Körper. Schreckensbilder sausten durch mein Gedächtnis, wie Hermine von den maskierten Leuten durch die Luft geschleudert wurde; wie Harry von den maskierten Leuten- Nein, sie waren bestimmt gleich da.
„Wo zur Hölle wart ihr?", rief Ginny, kaum waren die drei mit Mr. Weasley im Schlepptau bei uns angekommen. Leise erzählten sie uns die Geschichte, während wir zurück zum Zelt liefen. Überall sahen die Menschen immer noch panisch aus und murmelten leise vor sich hin, um sich selbst zu beruhigen. Doch an Ruhe war bei mir überhaupt nicht zu denken. Ich hoffte wirklich, dass dieser Schrecken einmalig war.
