A/N: Dieses Kapitel hat Züge einer Songfiction. Keiner der Texte ist mein geistiges Eigentum und ich verdiene keinen Cent damit. „Alle Männer müssen Kämpfen" stammt von Xavier Naidoo und „Wenn Du da bist" von Pur. Viel Spaß beim Lesen. Und ich hoffe, ihr findet es nicht allzu furchtbar. Und wenn doch, sagt es mir - dann muß ich nämlich manches streichen ...(SMILE) REVIEWS!

ShiaAngel: Was denn, ich bin noch ein Favorite? Tempos, sofort! (Schnüf, schnäuz, heul vor Rührung) DAAAAAANKE! Ich fand es auch so extrem wichtig, dass Harry mal Alles raus lässt. Der arme Junge muss sonst echt irgendwann in die Geschlossene. Und das wollen wir ja alle nicht – genauso wenig, dass er stirbt (Kleiner Hinweis für Mrs. Rowling Hüstel, hüstel!)

Imobilus: Okay, okay, leg bitte das Messer weg! Ich schreibe ja schon weiter! (Kicher!) Und wie gesagt, - nach den unzähligen Sticheleien eines gewissen Zaubertränke-Lehrers (Na, wen meine ich da wohl …) musste ich Moony doch endlich mal die Gelegenheit geben, es jemandem zurückzuzahlen. Und da Snape grade nicht da war – musste Rupert dran glauben! Grins!

Lia: Hallöchen. Da „Zwei Hälften" ja erst einmal nur eine Kurzgeschichte ist, antworte ich Dir hier, okay! Du hast Recht, Rupert sagt in der Geschichte, dass sein Volk Werwölfe meiden, weil sie „nicht bei Verstand seien. (Streck die Zunge raus). Aber Karpatianer sind ja ihr Leben lang auf der Suche nach der oder dem Einen, ihr Gegenstück. Und da machen sie auch keine Kompromisse. Liebe überwindet schließlich Alles, oder? (Zwinker) Selbst die liebe Lycantrophie. Außerdem ist Rupert ein Feigling …. Und zu der Frage mit der Fortsetzung … na ja, es ist etwas in Planung, aber keine Fortsetzung im eigentlichen Sinne. Lasst euch einfach überraschen, okay!


Der Anschlag

Die Nachricht ihres ersten Kusses schien schon die Runde gemacht zu haben, als Harry und Cho zu den anderen stießen. Ginny grinste über das ganze Gesicht und kicherte albern während Ron nur den Daumen hochreckte und Harry zuzwinkerte. Hermine begann sofort mit ihm zu schimpfen und belehrte ihn, dass diese Geste wohl kaum angebracht sei.

Während Cho und Harry die gut gemeinten Neckereien mit schiefem Lächeln über sich ergehen ließen, stellte Mila die neuen Töpfe auf dem Boden ab und lächelte Sirius an. Der grinste zurück und ohne ein Wort zu sagen verschwanden beide um die nächste Ecke und so aus dem Blickfeld der Anderen. Als sie sicher sein konnten, dass sie vor neugierigen Blicken geschützt waren, zog Sirius sie in seine Arme und verschloss ihre Lippen mit den seinen.

Dieser Kuss hatte wenig mit dem zu tun, den Harry und Cho eben getauscht hatten. Nach 14 Jahren Trennung und ebenso vielen Jahren Erwachsenwerdens wären schüchterne Lippenbekenntnisse auch recht fehl am Platz gewesen, fand Mila. Die Teenager-Neckereien hatten sie Gott sei Dank hinter sich gelassen.

Sie genoss diese hungrigen Küsse um Vieles mehr – wenn dies überhaupt möglich war, hatte Sirius es doch mit 15 schon recht gut verstanden, ihre Beine in Pudding zu verwandeln. Und das ganz ohne Zauberstab!

Schweratmend lösten sich beide nur sehr widerwillig voneinander. „Na, das kann ja was werden, wenn die beiden erst einmal herausfinden, was Küssen wirklich ausmacht", mutmaßte Sirius, während er nun ausgiebigst begann ihren Hals zu küssen. Wohlig erschaudernd lachte Mila leise. „Dafür sind sie noch ein bisschen zu jung, oder?" erwiderte sie atemlos und lenkte seinen Mund sanft wieder in Richtung des ihren. „Bei ihnen hält sich vermutlich noch der alte Aberglauben, dass man vom Küssen schwanger wird!"

„Mit 16! Das glaube ich eher nicht. Außerdem - seinen Vater hat das auch nicht abgehalten. James war darin recht frühreif, wenn Du Dich erinnerst."

Beide kicherten wie Teenager. „Stimmt. Und einer seiner Freunde hat sich das sehr zum Vorbild genommen."

„So etwas hätte Remus nie getan!"

Mila kämpfte ein lautes Lachen nieder, um die allgemeine Aufmerksamkeit nicht auf sie zu ziehen. „Darin warst Du schon immer gut – es Anderen in die Schuhe schieben! Unser edler Remus hätte mir nicht hintern den Gewächshäusern aufgelauert!" „Pah, edel! Er hätte es vermutlich versucht. Aber er wusste genau: wenn er es getan hätte, hätte er einige Gliedmaßen eingebüßt", nuschelte er erneut an ihrem Hals.

Seine Hände hatten sich mittlerweile auf andere Weise auf eine recht aufreizende Reise begeben, sodass sie ihm nicht sagen konnte, was für einen Blödsinn er da redete. Mila lachte und versuchte verzweifelt, ihn wenigstens ein bisschen im Zaum zu halten. Nicht, das sie es wirklich störte, aber es war nicht grade der Wunsch ihrer schlaflosen Nächte, sich hier im Gebüsch von einem der Kinder erwischen zu lassen.

„Ich glaube, dass einige unserer Professoren damals ernsthaft darüber nachgedacht haben Aufklärungsunterricht in ihre Stundenpläne aufzunehmen. Aus Angst bald doch eine Schülerin mit dickem Bauch zu haben!"

„Viel hat ja auch nicht gefehlt. Wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, waren James und Lily ein halbes Jahr nach Hogwarts verheiratet und recht bald danach folgte Harry!" Es war schön, mit Mila über ihre alten Freunde zu sprechen. Das erste Mal nach dem Tod Harrys Eltern gelang es Sirius wieder ohne bitteren Nachgeschmack über sie zu sprechen.

„Wir sollten jetzt langsam wieder zurück gehen", murmelte Mila zwischen zwei Küssen halbherzig. „Sonst suchen sie noch nach uns, weil sie denken die fleischfressende Pflanze hätte uns erwischt."

Grade als er ihr widersprechen wollte, ertönte plötzlich heftiges Getöse und beide sahen sich überrascht nach der Ursache um. Die Tür flog auf und Remus stürmte in den Garten. „MILA!" brüllte er ohne Einleitung. „SIRIUS!" Ohne zu Zögern rannten beide wieder zu der behelfsmäßigen Küche zurück. Das Milas Kleidung etwas verknautscht wirkte, war nebensächlich.

„Was ist passiert?"

„Verletzte!" keuchte Remus und wies mit der Hand hinter sich in Richtung große Halle. „Unsere Verbündeten in Sussex sind angegriffen worden!" Mehr musste er nicht sagen. Er hatte das Wort noch nicht ausgesprochen, da schoss Mila auch schon an ihm vorbei. Sirius folgte ihr und Remus auf dem Fuße, nicht jedoch ohne noch kurz zu den überraschten Jugendlichen hinüberzublicken und scharf zu befehlen: „Ihr rührt euch nicht vom Fleck!"


Da kannte er aber die Jungs schlecht. Er war noch nicht ganz aus dem Garten verschwunden, als Harry, Ron, Fred und George folgten. Auch Hermine, Cho und Ginny ließen nicht lange auf sich warten. Auf das Bild, was sich ihnen bot, hätten besonders die Mädchen allerdings gern verzichtet. Es herrschte das reinste Chaos!

Mehrere Menschen lehnten stöhnend an den Wänden, ihre Kleidung blutverschmiert und zerrissen. Andere lagen bewusstlos auf Tragen. Mehrere der Verletzten hatten absurd verdrehte Gliedmaßen, andere waren definitiv gebrochen. Aus dem Bein eines jungen Mannes, kaum älter als Fred oder George, ragte sogar der Oberschenkelknochen aus einer heftig blutenden Wunde.

Unwillkürlich stieg Übelkeit in Harry hoch, die er heftig zurückdrängte, und aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Ron Hermine schnell an sich zog, offensichtlich um zu verhindern, dass sie hinsah. Inmitten dieses Durcheinanders hockte Mila und versuchte Wunden zu verbinden, damit der Blutverlust dieser Menschen nicht noch schlimmer wurde. Sirius und Lupin taten es ihr nach, beide mit fest aufeinander gepressten Lippen.

Ohne darüber nachzudenken umrundete Harry mehrere stöhnende Opfer und fiel neben Mila auf die Knie. „Was ist passiert?" fragte er entsetzt und sah sie an. Als sie ihn erkannte, herrschte sie ihn an: „Sofort zurück in den Garten mit Dir! Du hast hier nichts verloren!"

„Was ist passiert?" fragte Harry noch einmal, ihre Worte ignorierend. Er starrte auf die junge Frau neben Mila, die seinen Blick mit glasigen Augen erwiderte. Sie schien eine riesige Bauchwunde zu haben, die trotz Milas Druckverband heftig blutete. „Harry Potter", krächzte sie mit brüchiger Stimme. Er schluckte. „Voldemort", flüsterte die junge Frau und hob die Hand, als wolle sie Harry berühren, doch bevor sie sein Gesicht erreichte, verlor sie das Bewusstsein.

„GEH!"

Mila schrie ihn fast an. Doch Harry schüttelte den Kopf. „Nein! Ich will helfen!" „Ich werde nicht mit Dir streiten, junger Mann!" „Gut! Dann sag mir was ich tun kann!"

Einen Moment lang starrten sich beide wütend ins Gesicht, dann schloss Mila kurz die Augen. Wieso musste der Junge ausgerechnet jetzt seiner Mutter so ähnlich sein? Als sie die Augen wieder öffnete, nickte sie knapp. „Geh zurück in den Garten. Dort stehen die fertigen Zaubertränke. Hol sie mir! Und bring um Gottes Willen wenigstens die Mädchen hier raus. Ich kann mich nicht auch noch um Ohnmächtige kümmern, die sich den Kopf beim Fallen anschlagen! Los!"

Harry sprang auf und flitzte zurück zu seinen Freunden. Fred war vollkommen grün im Gesicht, genauso wie Ginny. George starrte mit offenem Mund umher, während Ron immer noch Hermine im Arm hielt. Nur Cho stand allein und sah Harry entgegen. Er griff nach ihrem Arm und zog sie hinter sich her, während er Ron mit einer Kopfbewegung anwies, ihm zu folgen. Dann schob er Fred und die mittlerweile leise schluchzende Ginny zurück in den Park. Ron folgte ihnen mit Hermine und George.

„Setzt euch", befahl Harry. Fred, Ginny und Hermine gehorchten sofort, ihre Beine schienen sie sowieso keinen Moment länger mehr tragen zu können. Doch Cho blieb neben ihm stehen und sah ihn an. „Vol … demort?" fragte sie mit zittriger Stimme. Einen Moment lang war er völlig überrascht, dass sie diesen Namen aussprach, doch dann nickte er. „Ich gehe helfen. Bleib hier bei den Anderen." Cho schüttelte allerdings vehement den Kopf. „Bitte!" flehte er eindringlich. „Nein, Harry! Du gehst da nicht alleine wieder rein!" „Genau!" Auch Ron trat neben ihn und George, der sich langsam von seinem Schock erholte, schüttelte ebenfalls den Kopf. „Fred und Ginny bleiben hier. Sie können kein Blut sehen. Und Hermine wohl auch nicht." Mit einer Kopfbewegung wies er auf Harrys beste Freundin, die gemeinsam mit Ginny im Gras kauerte und schluchzte. Ergeben nickte Harry.

Zusammen schnappten sie sich die verschieden farbigen Fläschchen mit Zaubertränken und rannten zurück. Als sie neben Mila zum Stehen kamen, sah sie von einem zum Anderen und seufzte dann laut. „Eure Eltern – und Sirius", brummte sie mit einem besonders strengen Blick auf Harry, „werden mich umbringen!" Sie nahm Harry eine Flasche der orangefarbenen Flüssigkeit ab, die sie schon damals bei Sirius verwendet hatte. Harry stellte eine dunkelrote daneben. „Okay. Ron und George, geht zu Lupin. Nehmt diese Flaschen mit und gebt jedem Verletzten, nachdem ein eventueller Bruch verbunden wurde, einen Schluck davon zu trinken, verstanden?"

Harry erkannte die Flasche Skelewachs. Sie nickten und verschwanden. „Ihr beide", sie sah von Cho zu Harry, „helft Sirius. Verbindet kleinere Wunden und überlasst die größeren ihm und den Anderen. Sie haben Erfahrung." Der letzte Satz klang bitter und Harry hätte gern gewusst, wie er den grauenerfüllten Ausdruck aus ihren Augen verscheuchen konnte. „Und Du?" „Ich schaffe das schon." Bevor Harry widersprechen konnte, zog Cho ihn hinter sich her.

Als sie neben Sirius auftauchten, blickte er auf. „Was macht ihr denn hier?" polterte er sofort los. „Ich habe euch doch deutlich gesagt …" „Ihr schafft es nicht allein", fauchte Cho zu Harrys bodenloser Überraschung zurück. Noch vor 5 Minuten hätte er darauf gewettet, dass sie immer noch einen Heidenrespekt vor seinem Paten hatte. Auch Sirius schien verblüfft. Wortlos klappt sein Mund auf und zu. Dann nickte er, aber immer noch recht widerwillig. „Verbände sind dort. Nehmt nur, was ihr euch zutraut!"

Es dauerte Stunden, bis sie alle Verwundeten versorgt hatten. Und obwohl sie nur leichte Fälle übernahmen, fanden sowohl Harry und Cho wie auch Ron und George keine Sekunde für eine Pause. War der eine mit Verbänden versorgt, bat ein Anderer wieder um Wasser oder etwas gegen die Schmerzen. Ein paar Mal sah Harry hinüber zu Mila. Völlig konzentriert arbeitete sie und schien ansonsten nichts um sich herum wahrzunehmen. Ein Glück, das Sirius sie mit zum Grimmauldplatz genommen hatte. Und ein Glück, das Mila nicht sofort wieder kehrt gemacht hatte.


Nachdem sie endlich fertig waren – trotz ihrer allgemeinen Anstrengungen hatten es nicht alle geschafft – stand Mila auf und versuchte ihre verkrampfte Rückenmuskulatur zu locker. Die Toten waren bereits weggeschafft worden. Gott sei Dank niemand, den sie kannte.

Mit Macht schwappt die Erinnerung an damals über ihr zusammen. Sie erinnerte sich so gut daran: diese alles verzehrende Angst, jemanden zu finden, den man kannte, wenn wieder Verwundete gebracht wurden. Hektisch waren ihre und oft auch Lilys Blicke über die vielen verletzten oder toten Menschen geglitten, nur auf der Suche nach Sirius, James, Remus oder anderen Freunden. Und die Schuldgefühle, wenn sie vor lauter Erleichterung begannen zu weinen, weil sie niemanden fanden. Oder der Schmerz - wenn sie jemanden fanden.

Mit aller Macht drängte sie die Tränen zurück. Sie wollte nicht daran denken! Nicht an den Tag denken, als sie von James und Lilys Tod erfahren hatte. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und als sie sich umwandte blickte sie in Harrys besorgtes Gesicht. Harrys Gesicht, nicht James. So dumm es war, für einen Moment hatte sie geglaubt …

Sie versuchte ein kleines Lächeln, hob die Hand und strich ihm über die Wange. „Alles in Ordnung?" fragte sie leise. Er nickte und schmiegte seine Wange in ihre Handfläche. „Und bei Dir?" Mila nickte. „Geht schon." Er sah sie eigenartig an. So als würde er ihr kein Wort glauben. „Wirklich", beschwichtigte sie leise. Doch Harry ließ sich nicht täuschen. Ohne Vorwarnung zog er sie in seine Arme und drückte sie so fest er konnte an sich. Dieser 16-jährige Junge strahlte in diesem Moment eine unglaubliche Kraft aus!

Als er sie wieder los ließ, war Mila ehrlich verblüfft. „Wofür war denn das?" Harry zuckte vage mit den Schultern. „Ein bisschen davon war wohl, weil Du das Alles hier schon viel zu oft tun musstest. Und auch dafür, dass Du hier bist. Danke! Ohne Deine Heilkünste hätten die Meisten hier nicht überlebt."

‚Trotz dieser Künste konnte ich meine besten Freunde nicht retten´, schoss es Mila durch den Kopf und wieder kamen Tränen. Harry entging es nicht. Doch bevor er etwas sagen konnte, kamen Cho und Sirius zu ihnen herüber. Auch sein Pate wirkte müde und abgekämpft. Er hatte kurz zuvor mit Lupin noch einige der Toten hinausgeschleppt.

„Wir haben Dumbledor grade informiert", murmelte er und schob einen Arm um Milas Taille, die sich dankbar an ihn lehnte. Auch Cho suchte Harrys Hand. „Er kommt so schnell es geht. Morgen wollen alle eine kleine Trauerfeier abhalten." Mila nickte, ihr Gesicht fest an Sirius Schulter gepresst, damit niemand ihre Tränen sah. Er blickte auf sie hinunter und drückte ihr einen sanften Kuss aufs Haar. „Kommt. Lasst uns gehen."


Keiner von ihnen wusste warum sie ausgerechnet zurück in den Park gingen, aber im stummen Einverständnis lenkten sie ihre Schritte dorthin. Auf ihrem Weg stieß auch Lupin mit George und Ron zu ihnen. Hermine, Fred und Ginny saßen immer noch auf der gleichen Stelle, an der Harry und die Anderen sie zurück gelassen hatten. Die Mädchen hatten sich beruhigt und auch Fred wirkte nicht mehr, als müsse er sich jeden Moment übergeben.

„Geht es allen gut?" fragte Hermine leise. Mila nickte und ließ sich von Sirius ins weiche Gras ziehen. Von den Toten sprachen sie erst einmal nicht. Es erschien ihr so unwirklich, dass sie und Sirius noch vor ein paar Stunden in diesem Park – hinter diesen Bäumen – wie Teenager geturtelt hatten. Sie starrte auf ihre Hände und lange Zeit sprach niemand ein Wort.

Lupin hatte seine Jacke, die er sonst immer trug, ausgezogen und lehnte an einem nahe stehendem Baum. Ihn so zu sehen – nicht so ordentlich wie sonst und vollkommen erschöpft - ließ ihn eigenartigerweise jünger wirken. Trotz der grauen Strähnen, die sein braunes Haar durchzogen.

Nach einer ganzen Weile sah Mila wieder auf und Sirius an. Auch er lehnte an einem Baumstamm und sah hinauf zur Glaskuppel. „Woran denkst Du?" fragte Mila ihn leise. „Dieser ganze Mist kommt mir so höllisch vertraut vor." Seine Stimme klang rau und er schluckte. „Das letzte Mal haben wir so um James Leben gefürchtet, oder?" Harry sah bei der Erwähnung des Namens seines Vaters auf und hielt im sanften Streicheln von Chos Rücken inne. Unwillkürlich rückte Cho ein Stückchen näher an ihn heran, fast so als wolle sie ihn schützen.

Mila nickte und zu ihrer Überraschung sprach nun Lupin. „Wisst ihr noch? Dieser blöde Hund hat sich damals von Lily verabschiedet, als würde er nie wiederkommen. Und sie, hochschwanger mit Harry, hat geheult, getreten und gespuckt, weil sie ihn nicht gehen lassen wollte." Sirius und Mila nickten. Ihr Blick huschte zu Harry hinüber, der sie gebannt ansah. Sie lächelte kurz.

„Deine Mutter hat so furchtbare Angst gehabt, dass Dein Dad bei Deiner Geburt nicht da sein würde." „James hätte sie nie allein da durchgehen lassen." Sirius spielte mit seinen Fingern. „Dein Dad wollte, dass ich bei Deiner Mutter wäre, wenn er es aus irgendeinem Grund nicht schaffen würde, Harry. Gott sei Dank habt ihr beide brav gewartet, bis er wieder hier war. Ich wäre nämlich nur ohnmächtig geworden!" Wieder herrschte kurz Schweigen, bis Sirius zu aller Überraschung plötzlich begann, leise zu singen:

Alle Männer müssen kämpfen

Sagten sie mir

Alle Männer müssen kämpfen

Das sag ich nun Dir

Viele Männer werden sterben

Und ich bet' ich wär‚ nicht dabei

Viele Männer werden sterben

Und wenns mich trifft, hoff ich Du verzeihst

Keiner weiß wer die Schlacht gewinnt

Pass gut auf Dich auf und auf das ungeborene Kind

Ich weiß noch nicht ob ich dich wiederseh'

Auch weiß ich nicht ob ich im Kampf besteh.

Alle Männer müssen kämpfen

Sagten sie mir

Alle Männer müssen kämpfen

Das sag ich nun Dir

Viele Männer werden sterben

Und ich bet‚ ich wär‚ nicht dabei

Viele Männer werden sterben

Und wenn's mich trifft, hoff' ich Du verzeihst!"

Er hielt inne und starrte auf seine Finger. „So ging es doch, oder? " Mila nickte und fuhr dann mit weicher Stimme in der gleichen Melodie fort:

Ich warte hier bis Du wiederkehrst

Ich glaube fest, dass du nicht dem Tod verfällst

Du wirst Dein Kind in meinen Armen seh'n

Denn ich glaube fest das wir das übersteh'n!"

Und dann erklang wieder Sirius. Er starrte immer noch auf seine Finger, als sei er in der Erinnerung völlig verloren:

Alle Männer müssen kämpfen

Sagten sie mir

Alle Männer müssen kämpfen

Das sag ich nun Dir

Viele Männer werden sterben

Und ich bet' ich wär‚ nicht dabei

Viele Männer werden sterben

Und wenn's mich trifft, hoff' ich Du verzeihst!

Ich seh' Dich an und ich glaub' daran

Sein Blick flackerte kurz hinüber zu Mila.

Der Krieg ist vorbei – irgendwann

Dann kehr' ich wieder heim zu Frau und Kind

Ich finde euch!

Wär' ich auch taub und blind.

Alle Männer müssen kämpfen

Sagten sie mir

Alle Männer müssen kämpfen

Das sag ich nun Dir

Viele Männer werden sterben

Und ich bet' ich wär‚ nicht dabei

Viele Männer werden sterben

Und wenn's mich trifft, hoff' ich Du verzeihst!"

Als er endete, bemerkte er die fragenden Gesichter. „Na ja, eine solche Unterhaltung gab es irgendwann zwischen Harrys Eltern. Sie haben natürlich nicht in Reimen gesprochen. Und Lily hat mehr geschrieen als gesungen." Er schnitt eine Grimasse und Harry musste fast lachen. „Mila hat es damals in einen Lied-Text verwandelt", erklärte Sirius weiter. „Dieser ungebrochene Wille an ein gutes Ende zu glauben war Deiner Mutter eigen, Harry. So dumm es klingen mag, es hat uns oft Mut gemacht. Und als Du geboren wurdest, warst Du sowieso unser heiß geliebtes Fünkchen Hoffnung." Er lächelte und Harrys Magen machte einen angenehmen Hüpfer. Wohlige Wärme breitete sich bei diesen Worten in ihm aus und vertrieben ein wenig das Grauen, dem sie noch vor wenigen Minuten ausgesetzt gewesen waren. Lupin lächelte. „Als sie von Harry erfuhren, hat doch auch James seine kreative Ader im Lieder-Schreiben gefunden. Wie ging dieses Lied noch, was er kurz vor Harrys Geburt geschrieben hat?" Einen kurzen Augenblick überlegten sie, dann leuchtete Sirius Gesicht auf. „Warte, warte, ich glaube ich weiß es wieder!" Und somit begann er erneut mit seiner kräftigen, melodischen Stimme zu singen:

Diese Art Glanz in ihren Augen

Hab ich zuvor noch nie gesehen

Sie strahlt von innen her

Und Lupin fiel für die nächste Zeile in seinen Gesang ein, bevor Sirius allein weitersang:

Von da wo Du noch wohnst.

Seit ich von Deiner Ankunft weiß

Wart' ich auf die neue Zeit

Steht meine Welt mir Kopf

Denn Eins und Eins gibt Drei

Wieder viel Lupin in den Gesang mit ein:

Die Welt die auf Dich wartet

Ist nicht wie sie gerne wär'.

Nein! Doch das hat Zeit.

Nur keine Angst.

Du kannst Dich wirklich trau'n.

Vier Hände voller Liebe

Streicheln sich um Dich.

Und ich schwör Dir:

Deine Mutter ist ne klasse Frau!

Nun begann auch Mila wieder mit den beiden zusammen zu singen:

Wenn Du da bist

Wenn Du Licht siehst

Und das zum allerersten Mal

Wenn sie Dich sieht

Wenn Du mich siehst

Dann glaub ich werden Wunder wahr

Wir stehen Dir bei

Oh wir zwei

Wir stehen Dir bei

Aus zwei mach‚ drei!

Mila lachte und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Er war so vernarrt in Dich, Harry! Sein Sohn! Deine Mutter musste richtig um Dich kämpfen, um Dich nach der Geburt überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Er wollte Dich partout nicht hergeben!" „Wie süß", rief Hermine begeistert und Harry wurde diese ganze Geschichte jetzt doch ein wenig peinlich. Vermutlich würden sie Alle gleich mit Geschichten von seinem ersten Bäuerchen anfangen.

„Schon gut, schon gut, wir sind jetzt alle im Bilde", unterbrach er Mila, Remus und den singenden Sirius also. Cho lachte leise und drückte zu seiner Überraschung kurz ihre Lippen auf seinen Hals – etwas, dass Harry ziemlich gefiel. „Glaube ja nicht, dass ich mich mit so wenigen Baby-Geschichten zufrieden gebe! Ich will alles erfahren, was Mila, Sirius, Professor Lupin oder irgendjemand Anderes über Dich erzählen kann!"


Erst sehr, sehr viel später verließen sie alle gemeinsam wieder den Garten – ungefähr eine Million Baby-Geschichten später, so kam es Harry vor. Nicht, das er es nicht genossen hätte. Glucksend hatte Lupin davon erzählt, wie Harry als Baby von Sirius jauchzend in die Luft geworfen worden war – was damit endete, dass sein Pate auf den Schrank klettern musste, um ihn wieder hinunter zu holen. Harry hatte damals anscheinend beschlossen, die Aussicht zu genießen und war einfach in der Luft verschwunden und auf dem Schrank wieder aufgetaucht.

Bei der Erwähnung dieses Ereignisses verdrehte Sirius die Augen. „Mir ist fast das Herz stehen geblieben, als Du plötzlich weg warst! Ich hab mich schon von Deinen Eltern skalpiert am London-Tower baumeln sehen. Aber alles was James fast vor Stolz platzend dazu sagte war: ‚Mein Sohn! ´" Er schüttelte scheinbar immer noch fassungslos den Kopf.

„Lily hatte glaube ich schon das Messer gewetzt", lachte Remus. Und Mila trumpfte sogar mit einigen magischen Bildern auf, die selbst Harry noch nicht kannte. Mitten in der Unterhaltung war sie aufgesprungen und aus dem Park gerannt, nur um kurz darauf mit einer ziemlich lädierten und staubigen Schachtel zurückzukehren. „Sie ist lange nicht geöffnet worden", erklärte sie mit einem Schulterzucken und einem schiefen Lächeln ihren Zustand.

Sie ließ sich erneut im Schneidersitz neben Harrys Paten nieder und kramte wild darin herum. „Wo hab ich sie denn?" murmelte sie dabei leise, bevor sie einen leisen Triumpfschrei ausstieß. „Wusste ich es doch. Hier!"

Auf dem Bild, das sie ihm letztendlich reichte, war Sirius als Hund zu sehen, eingerollt, und zwischen seinen Pfoten lag Harry als schlafendes Baby. Der Hund wirkte um einiges jünger und zwinkerte. Mila kicherte. „Du warst völlig vernarrt in seine Hundegestalt. Sirius ist so manches Mal Stunden mit einem Stück Deines Schalfanzugs im Maul und Dir, vor sich her baumelnd, durchs Haus gelaufen, nur um Dich endlich zum Schlafen zu bringen."

Bei dieser Vorstellung musste sogar Harry Grinsen. Und Lupin fügte hinzu: „Lily ist darüber fast verrückt geworden, aus Angst Sirius könne Dich nicht vorsichtig genug packen oder würde Dich sogar fallen lassen. Aber Du hast immer so lange geschrieen, bis sie nicht mehr anders konnte und einverstanden war."

„Er konnte sich eben schon damals durchsetzen", erklärte Sirius, nun selbst sichtlich stolz auf ihn. „Lily war sowieso immer viel zu ängstlich!"

„Und das von dem Mann, der sich in den ersten Tagen partout geweigert hat, Dich zu halten, Harry. Ich glaube Sirius hatte Angst, Dir können ein Bein oder so etwas abfallen!"

Mila und Lupin versuchten vergeblich ein Lachen zu unterdrücken. Dann sah Mila Harry von der Seite an und wuschelte ihm liebevoll durch die Haare. „Deine Mum hat Dich in dieser Zeit immer liebevoll ihren kleinen Mogly genannt." Mila zwinkerte. „So wie im Dschungelbuch."

Da Ron und seine Geschwister mit Muggel-Geschichten nicht vertraut waren, erzählte Hermine lachend in Kurzform die Geschichte des kleinen Jungen, der in einem Rudel Wölfe aufgezogen wurde. „Das würde Deine Frisur erklären", stichelte Ron, was ihn einen unsanften Boxer gegen den Oberarm einbrachte.


Als sie endlich auf den Weg zu ihren Zimmern waren, schlang Cho einen Arm um Harrys Hüfte und strahlte ihn an. „Du warst ein hübsches Baby", flüsterte sie leise und zwinkerte. „Ob Deine Kinder wohl auch einmal so aussehen werden?" Diese Frage verblüffte ihn und er sah sie fragend von der Seite an. Über Kinder hatte er sich ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht würde Voldemort ihn erledigen, bevor er überhaupt die Chance auf Kinder bekam. Schnell schüttelte er diesen Gedanken ab. „Wer weiß", erklärte er daher nur vage – und ohne es zu wollen, fragte er sich plötzlich selbst, wie wohl seine und Chos Kinder aussehen würden. Er schüttelte über sich selber den Kopf. Mit 16 sollte er vermutlich nicht schon über Kinder nachdenken.

Mila und Sirius hielten sich in der Prozedur recht weit hinten und waren schließlich die Letzten, die die Treppe zu den Schlafzimmern hinaufstiegen. Nach all diesen Baby-Geschichten von Harry war sie seltsam still geworden und er wurde das Gefühl nicht los, den Grund ihrer plötzlichen Traurigkeit zu kennen. Er hatte Mila als Erwachsene immer mit einem ganzen Rudel von Kindern gesehen. Aber hier war nicht Eines.

Nachdem Harry geboren wurde, hatte er fest damit gerechnet, dass auch sie nun Kinder haben wollte. Sirius hatte eigentlich sogar darauf gehofft - wenn er die Rolle des Vaters hätte einnehmen dürfen! Er schloss die Augen und versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen. Eigentlich musste er heute froh darüber sein, dass keiner von ihnen zu dieser Zeit wirklich darüber gesprochen hatte. Wenn er Mila mit seinem Kind hätte zurücklassen müssen - zu wissen, dass sein kleiner Junge oder sein kleines Mädchen ohne ihn aufwachsen musste – dieser Gedanke hätte ihn in Askaban vermutlich gebrochen. Er hatte schon genug unter dem Gedanken gelitten, nicht für Harry da sein zu können.

Aber es überraschte ihn trotzdem, dass Mila kinderlos geblieben war. Tief durchatmend fasste sich Sirius ein Herz. „Warum hast Du keine Kinder?" fragte er leise, sich schon fast darauf vorbereitend, dass sie ihm widersprach und ihm lächelnd von ihren Töchtern und Söhnen erzählte.

Sie hob langsam den Blick und sah ihn traurig an. „Du warst nicht da", erklärte sie schlicht, als sei dies' eine völlig schlüssige und ausreichende Erklärung. Ein Teil in ihm jubelte bei diesem Geständnis laut – der Andere wollte sie um Vergebung bitten.

Mila zog die Schultern hoch, als friere sie plötzlich. „Ohne Vater ist Kinder-Kriegen nun mal recht schwierig … auch für uns Zauberer." Vermutlich hatte sie es als Scherz gemeint. Aber lachen mochte er darüber nicht. „Du hättest einen Anderen …", begann er vorsichtig, doch ihr Kopf flog bei seinen Worten hoch und sie funkelte ihn wütend an. „NEIN!" fauchte sie und schüttelte heftig den Kopf, das ihre Locken nur so durch die Luft wirbelten. „Aber ich hätte es verstanden", versuchte er sich zu erklären, doch sie wollte nichts davon hören. „Dich oder keinen!" erklärte sie mit so fester Stimme, dass er sie am liebsten in seine Arme ziehen und halb bewusstlos küssen wollte.

Beide sahen sich eine halbe Ewigkeit schweigend in die Augen. Sirius kämpfte mit den widersprüchlichsten Gefühlen. Er wollte weinen – einerseits aus Freude über ihr Geständnis, andererseits aus Reue, an ihrer Kinderlosigkeit Schuld zu sein. Und ein unbändiger Hass auf Peter Pettigrew brodelte in ihm. Dieser Scheißkerl hatte so viele Leben zerstört, aus reiner Feigheit. Er wollte ihm vor die Füße spucken und ihn dann mit seinen eigenen, bloßen Händen kaltblütig töten. Ohne Magie, ohne Zauberstab!

Mila nestelte nervös an ihrem T-Shirt herum. Der Gedanke an die vielen Kinder, die sie und Sirius jetzt haben könnten, schnitt ihr ins Herz. Es stimmte, sie hatte schon immer von Kindern geträumt. Sie beneidete Familien wie die Weasleys heiß, die diesen Traum einfach verwirklicht hatten. Aber sie hatte diese Kinder wirklich nur mit Sirius haben wollen. Nur mit ihm. Er war damals so wundervoll mit Harry umgegangen. So als sei er zu nichts anderem geboren worden als ein liebevoller Vater zu sein.

Mila seufzte leise und schob diese ganzen trübseligen Gedanken beiseite. Das war Vergangenheit! Vorbei! Sie straffte die Schultern und holte tief Luft. Jetzt hatte sie Sirius wieder zurück – ein Glück, von dem sie nicht zu träumen gewagt hatte. Und wer wusste es schon. Vielleicht …

Außerdem war da noch Harry. James und Lilys Sohn. Er hatte eine liebevolle Familie so nötig! Viel zu lange war er von Menschen umgeben gewesen, die ihn nicht einmal mochten – geschweige denn, dass sie ihn so liebten, wie ein 16-jähriger Junge mit seiner Vergangenheit es brauchte.

Sie griff entschlossen nach Sirius Hand – sie und er würden Harry das Zuhause geben, nach dem er sich so sehr sehnt! Sanft versuchte sie ein kleines Lächeln. Und irgendwie gelang es ihm, es zu erwidern. Es ging ihr durch Mark und Bein und plötzlich purzelten die Worte aus ihr heraus. „Schläfst Du heute Nacht - bei mir?"

Sein Kopf ruckte hoch. Wäre es Mila nicht so ernst gewesen, sie hätte über seinen Gesichtsausdruck gelacht. Sirius sah aus, als hätte sie ihm einen gut gezielten Schlag in den Magen verpasst. Ungläubig musterte er ihr Gesicht. Diese Worte schien er als allerletztes erwartet zu haben! „Bitte", bat sie so leise, dass es kaum hörbar war. Ohne es wirklich zu bemerken, nickte er stumm. Jetzt lächelte sie wirklich. Und ohne ein weiteres Wort zog sie ihn hinein in ihr Zimmer und schob ihn zum Bett.


Tjaja. Ihr wisst ja, was jetzt kommt ... da unten ... links ... Ruhig weitersagen!