Kapitel 7

„Ah, Logan! Gut daß Du auch da bist!"

Es war spät in der Nacht und in der Mansion war alles ruhig. Der Professor hatte Logan telepathisch zu einer Einsatzbesprechung in sein Büro bestellt.

Storm und Gypsy Witch waren auch schon anwesend. Phoenix und Cyclops hatte Xavier auf Zwangsurlaub geschickt, da er fand, daß die beiden Zeit alleine miteinander verbringen sollten.

„Professor, was ist los? Ein Notfall?"

Logan ließ sich in einen bequemen Stuhl neben Storm gleiten.

„Eher ein Hilferuf! Ich hoffe es wenigstens sehr! Vor etwa dreißig Minuten erhielt ich einen Telefonanruf von Pyro. Er bittet die X-Men um Hilfe, er ist vor Magnetos Leuten auf der Flucht und möchte zu uns zurückkehren!"

Logan zog die Augenbrauen hoch und tauschte mit Ororo einen Blick aus, die sein Mißtrauen zu erwidern schien.

„Es könnte eine Falle sein, Professor! Sollen wir ihm wirklich zur Hilfe eilen und einen Angriff von Magnetos Leuten riskieren?"

„Ein wahres Wort, Storm! Aber er war wirklich verängstigt, und was ich in der kurzen Zeit von seinen Gedanken erhaschen konnte, klang aufrichtig! Wir waren alle sehr von seinem Verhalten am Alkali Lake enttäuscht, aber John haderte schon ziemlich lange mit seinen Fähigkeiten. Er wollte nicht einsehen, warum er bei den normalen Menschen als Ausgestoßener galt. Wer von uns hat nicht auch schon einmal in Betracht gezogen, die Seiten zu wechseln? Wollen wir das einem sechzehnjährigen verübeln, der sich seines Weges noch nicht sicher ist? Und Magnetos Versprechungen klingen immer süß in den Ohren der Enttäuschten!"

Frederica lächelte in sich hinein, der Professor war ein wunderbarer Mensch. Er schaffte es immer wieder, sie mit seiner unermeßlichen Güte zu überraschen. Sie wußte durch ihre Schulungen, daß Magneto und der Professor früher einmal auf derselben Seite gekämpft hatten und sie immer noch in einer Art freundschaftlicher Feindschaft miteinander verbunden waren.

„Ich kann den Bengel abholen, wenn Sie möchten, Chuck!"

Frederica fragte sich immer wieder, woher Logan die Chuzpe nahm, den Anführer der X-Men so salopp anzusprechen. Das war für als hätte sie ihren früheren Bischof neckend in die Wange gekniffen. Aber Logan pfiff nun einmal auf die Konventionen. Den Professor schien das nicht zu stören, im Gegenteil der Professor lächelte Logan freundlich an:

„Ich möchte, daß Du Gypsy Witch als Verstärkung mitnimmst, Logan!"

Logan wollte zum Widerspruch ansetzen, doch in den Augen seines Vorgesetzten erkannte er, daß dieser seine Ausflüchte nicht ernst nehmen würde. Freddy war durch sein knallhartes Training gegangen und durchaus fähig, einen Zweikampf zu bestehen. Pyro versteckte sich irgendwo am Strand entlang der Atlantikküste New Jerseys. Der Junge allein war keine Bedrohung für sie, eigentlich war es der perfekte Übungseinsatz, also gab Logan sich geschlagen und stimmte dem Ganzen zu.

Frederica strahlte voller Tatendrang, während sie mit Logan zu den Umkleidekabinen ging. Sie brannte förmlich darauf, ihre Feuerprobe als vollwertiges Mitglied der X-Men zu absolvieren.

XXX

Eine halbe Stunde später saß sie neben Logan in einem dunklen Van aus dem gut bestückten Fuhrpark der Mansion, dessen Laderaum X-Men-gerecht umgebaut worden war, angetan mit der Lederkluft der X-Men, die sie erst vor einer Woche fertig angepaßt bekommen hatte.

Äußerlich wirkte die kleine Hexe vollkommen ruhig, doch Logan hörte deutlich ihr heftiges Herzklopfen und ihre mikroskopisch feinen Ausdünstungen wurden durch den Geruch ihrer Nervosität überlagert.

„Entspann dich Freddy! Wir werden nicht vor drei oder vier Stunden am Zielpunkt eintreffen! Du könntest etwas schlafen!"

Frederica zog ob dieser gönnerhaften Rede die Nase kraus, wenn sie mit Wolverines Kampferfahrung in die Schlacht ziehen könnte, wäre sie auch lockerer drauf.

„Du hast gut reden, Logan! Mit dem ganzen Adrenalin, das gerade durch meinen Körper schießt, werde ich kein Auge zu tun können!"

Logan schmunzelte in sich hinein: „Wir holen einen Ausreißer zurück! Keine große Sache! Es sei denn er verspürt das Bedürfnis, uns zu rösten!"

„Richtig, Pyro beherrscht das Feuer!"

Frederica runzelte die Stirn und sah nachdenklich auf die vorbeiziehende Begrenzung des Highways.

„Magnetos rechte Hand, Mystique, ist doch ein Formwandler. Wie erkennen wir, ob sie nicht Pyros Gestalt angenommen hat?"

„Ich erkenne diese Ratte an ihrem Geruch, Freddy!"

Logan grinste breit, als Frederica ihm einen erstaunten Blick zuwarf.

„Hast Du nicht richtig bei der Mutanten-Nachhilfe aufgepaßt, Kleines? Gesteigerte Sinneswahrnehmung! Das betrifft alle Sinne!"

„Oh!"

Kein Wunder, daß es ihr beim Training nicht möglich gewesen war, sich unbemerkt an ihn heranzuschleichen, wenn der Bursche einen durch seinen Geruchssinn orten konnte. Sie zog einen Schmollmund, Logan war einfach zuviel des Guten!

Logans heißeres Flüstern schrak sie aus ihren Gedankengängen hoch.

„Dein Körper verrät dich jedesmal Frederica! Du brauchst dich in meiner Gegenwart nicht zu verstellen!"

Er tat einen tiefen Atemzug und stieß dabei sein typisches Grollen aus, das ihr jedesmal einen Schauer über den Rücken jagte.

„Die Natur ruft! Du bist heute bereit zu empfangen!"

Frederica klappte sprachlos vor Erstaunen die Kinnlade herunter. Logan konnte selbst das riechen?

Ihre Wangen färbten sich dunkelrot, als ihr das Ausmaßseiner Fähigkeiten bewußt wurde. Sie konnte sagen oder tun, was sie wollte, Logan würde immer die Wahrheit an ihr riechen!

„Großartig Logan! Wenn ich je einen Eisprungtest brauchen sollte, werde ich mich an dich wenden!"

Ihr trockener Kommentar entlockte Logan ein bellendes Lachen.

„Bevor das passiert, solltest Du erst auf diesem speziellen Gebiet Erfahrungen sammeln! Schwester Frederica!"

Dabei betonte er ihren früheren Titel ironisch.

Frederica gab als Antwort nur ein Schnauben von sich, weil er wieder ihre Schwachstelle isoliert und mitten ins Schwarze getroffen hatte. Auf diesem Gebiet sollte sie sich nicht mit ihm auf Diskussionen einlassen. Bücherwissen reichte einfach nicht aus, um dem impertinenten Kerl den Mund zu stopfen.

Logan grinste zufrieden vor sich hin, es war immer sehr unterhaltsam, wenn Freddy sich selbst ins Aus manövrierte. Und er hatte es geschafft, daß sie nicht mehr zu sehr an den baldigen Einsatz dachte.

Für den Rest der Fahrt zog sie es vor, so zu tun, als ob sie schliefe...

XXX

Frederica wurde unsanft an der Schulter gerüttelt und wandte ihr Gesicht der Stimme, die etwas in ihr linkes Ohr flüsterte. Sie blinzelte verwirrt in Logans dunkle Augen, dann lächelte sie ihn verschlafen an. Logan konnte nicht widerstehen und legte seine große Pranke auf ihre vom Schlaf erwärmte Wange. Als er an ihrem aufklarenden Blick bemerkte, daß sie sich der Situation bewußt wurde, preßte er seinen hungrigen Mund auf ihre süßen, vollen Lippen.

Jemand stieß einen tiefen Seufzer aus und Frederica bemerkte verwundert, daß sie das getan hatte. Ihre Hände krallten sich in Logans wilde Mähne, während sie seine heißen Küsse voller Sehnsucht erwiderte. Selbst als Logans starke Hände über der Lederkluft ihre von Verlangen schweren Brüste umspannten, unterbrach Frederica den Kuß den Kuß nicht, sie bog sich ihm entgegen und wünschte sich, der Anzug wäre nicht so einengend.

Logan mußte sich zwingen, die Hände von ihren appetitlichen Hügeln zu nehmen und legte sie statt dessen um ihr erhitztes Gesicht, um mit einem letzten sanften Biß in ihre volle Unterlippe den Kuß zu beenden.

Das Wageninnere war angefüllt von ihren lockenden Ausdünstungen und er war versucht, Frederica die Uniform mit seinen Klauen Stück für Stück vom Leib zu schneiden, um sie hier und jetzt zu nehmen.

Er zog seine Hände abrupt weg und ließ sich dann frustriert auf den Fahrersitz fallen, wo er die Fenster runter ließ und dann seine Stirn gegen das Lenkrad lehnte, um die Augen zu schließen, und ein paar tiefe Atemzüge der salzig prickelnden Meerluft zu nehmen.

„Logan?", flüsterte sie unsicher.

Frederica wollte die Hand nach ihm ausstrecken, ohne seine Nähe fühlte sie sich plötzlich schwach und verletzlich. Sein mißgelauntes Grollen ließ sie jedoch zurückzucken.

„Verdammt, Freddy! Halt einfach einen Moment lang deinen süßen Hintern still und laß mich in Ruhe!"

Frederica starrte ihn ungläubig an. Warum war er so sauer, sie hatte doch gar nichts gemacht!

Nichts gemacht?

Eine leise, spöttische Stimme in ihrem Kopf lachte sie aus.

Du hast dich ihm an den Hals geworfen, obwohl Du weißt, daß er diese besondere Fähigkeit hat! Wenn nicht direkt mit Worten, so hast Du ihn praktisch dazu aufgefordert, dich hier im Auto zu nehmen!

Als Logan sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht eine abweisende Maske, unter der alle Gefühlsregungen verborgen blieben.

Zur Hölle, sie waren auf einer verdammten Rettungsmission!

„Der Junge versteckt sich hier irgendwo am Strand. Da gibt es einige verlassene Höhlen. Charles meinte, er meide die nächste Ortschaft aus Angst, dort unschuldige Menschen zu gefährden!"

Frederica blinzelte irritiert, Logan klang vollkommen kühl und beherrscht. Während sie innerlich noch gegen das Verlangen ankämpfte, sich wieder in seine Arme zu werfen und von ihm bis zur Besinnungslosigkeit geküßt zu werden. Weiter wagte sie den Gedanken nicht zu formulieren, der Gedanke an die mögliche Steigerung ihres kleinen Experiments war einfach zu überwältigend.

Sie räusperte sich: „Dann sollten wir ihn suchen gehen! Die Sonne geht bald auf, und ich möchte nicht von Spaziergängern überrascht werden!"

Logan ließ die Fenster wieder hoch gleiten und stieg dann aus dem Wagen, während Frederica seinem Beispiel folgte. Trotz des nahenden Tagesanbruchs war es noch ziemlich dunkel und Frederica mußte höllisch aufpassen, um nicht zu stolpern. Logan fand sich natürlich mit Leichtigkeit auf dem steinigen Weg zurecht.

Sie stiegen über die Klippen und dann zum Strand hinunter immer umgeben von der tosenden Musik, die die einbrechenden Wellen erzeugten.

Als Freddy den Abstieg nicht schnell genug schaffte, packte Logan sie um ihre Taille und hob sie mit Leichtigkeit den letzten Stück des Abhangs herunter. Er hatte keine Zeit damit verschwenden wollen, den richtigen Abstieg zu suchen. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß es besser war, sich zu beeilen.

‚Konzentrier dich! Du absolvierst hier deine erste Mission!'

Frederica versuchte, ihr heftig pochendes Herz zu beruhigen und folgte in Logans Schatten seinen schnellen Schritten.

Ein lauter Knall. Dann erfüllte plötzlich hellgelbes Licht den Strand und Frederica erschrak heftig.

Die Sonne konnte doch nicht so schnell aufgegangen sein?

Logan warf sich auf sie und drückte sie in den weichen Sand. In dem Moment flog eine Feuerwalze über sie hinweg, die eine ungeheure Hitze ausströmte. Frederica traten Schweißperlen auf die Stirn und sie kniff fest die Augen zusammen.

„Pyro! Hör auf mit dem Mist! Ich bin's Logan!"

Als Antwort schoß ein erneuter Feuerstrahl über sie hinweg und dann schallte ohrenbetäubendes Gelächter über den Strand, das Fredericas Nackenhaaren zum Aufrichten brachte.

„Verdammt! Das ist Sabretooth! Er ist absolut irre, Du mußt deine fünf Sinne beisammen halten, Freddy!"

Sie schluckte schwer, dieser Mutant war eine blutrünstige Bestie, die vor nichts zurückschreckte.

„Hat dich Magneto also wieder aufgelesen, Du nichtsnutziger Flohsack!"

Logans Knurren erschreckte Frederica immer, wenn sie es vernahm, doch Sabretooths unmenschliches Brüllen erfüllte sie mit kaltem Grauen, er klang wie ein Wahnsinniger.

„Haut ab! Er killt uns alle! Ich will euch nichts tun, er zwingt m..."

Pyros Ausruf wurde jäh unterbrochen und er stieß einen hohen, schmerzerfüllten Schrei aus, der in einem Schluchzen verebbte.

„Logan, wir müssen ihm helfen! Mit dem Feuerstrahl komme ich zurecht!"

Logan blickte kurz in ihr blasses aber entschlossenes Gesicht. Er vertraute ihr, wenn sie versicherte, daß sie das Feuer bekämpfen konnte, dann stimmte das auch. Beim Training hatten ihn ihre besonderen Fähigkeiten oft genug überrascht.

„Also gut! Wir haben Gegenwind, das ist ein Vorteil! Ich schleiche mich zu den beiden vor. Du zählst still und langsam bis zehn. Spring auf und tu so als würdest Du einen Angriff starten. Sabretooth wird Pyro veranlassen, dich anzugreifen! Schaffst Du das?"

„Ja, geh nur!"

Lautlos robbte Logan von ihr weg und Frederica begann in Gedanken bis zehn zu zählen. So ungeschickt und Laut verursachend wie möglich sprang sie auf und täuschte eine Attacke vor. Nach einigen Schritten blieb sie jedoch stehen und stellte sich dem bevorstehenden Gegenangriff.

Die Feuerwand kam direkt auf sie zugeschossen. Frederica legte die Hände einander und konzentrierte sich auf die Beschwörung des Feuergeistes. Sie formte mit ihren Händen einen Kelch und sammelte die Energie des Feuers in einer glühenden Kugel zwischen ihren Handflächen. Die Feuerwand war schwer zu bezwingen, die Hitze schier unerträglich, doch dann entzog Frederica ihr endgültig ihre Nahrung und sie löste sich in Rauch auf. Die Energie des Feuers war zu einer rotglühenden Kugel in ihren Händen komprimiert worden. Die Grundschule der Hexenkunst war die Manipulation der Elemente, sie arbeitete nach dem allgemeingültigen Naturgesetz, das auch für Hexen galt: Energie verschwand nie, sie verwandelte sich nur in eine andere Form der Energie. Frederica holte aus und warf die Kugel ins Wasser, wo sie zischend unterging.

„Aaaaah!"

Logans langgezogener Angriffsschrei veranlaßte Frederica, in die Richtung, wo sie ihn vermutete, loszurennen. Im fahlen Licht, das den herannahenden Sonnenaufgang ankündigte, konnte sie gerade noch erkennen, daß Logan sich auf einen riesigen Kerl mit zotteligen Haaren gestürzt hatte.

Sabretooth war gut einen Kopf größer als Logan und schier zwei Mal so breit. Ihr blieb fast das Herz stehen, als Logan nach einem Schlag meterweit durch die Luft flog. Doch er kam mit einer geschickten Drehung seines Körpers auf den Füßen auf und stürmte wieder auf seinen Gegner los.

Frederica riß sich von dem Anblick der Kämpfenden los und ging neben der leblosen, auf dem feuchten Sand ausgestreckten Gestalt des Jungen in die Knie. Sie drehte ihn behutsam auf den Rücken. Er starrte sie aus glasigen Augen, die tief in den Höhlen lagen, an.

In der Einsatzzentrale hatte Ro ihr ein Bild von ihm gezeigt, wo ein lachender, vor Gesundheit strotzender Teenager sie angestrahlt hatte. Pyro war nur noch ein Schatten seiner selbst. Seine Wangen waren bleich und eingefallen, seine Haare hingen in kraftlosen Strähnen herunter, die teilweise auf der blutigen Schramme in seinem Gesicht klebten und seine Kleider sahen aus, als hätte er tagelang darin geschlafen.

„Hab' keine Angst! Ich gehöre zu Logan, ich bin hier, um dir zu helfen. Bist Du verletzt?"

Frederica suchte seine speckige Jeansjacke ab und auch den schwarzen Pulli, den ertrug, doch durch die dunkle Farbe der Stoffe und aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse konnte sie nichts erkennen.

Sie tastete vorsichtig seinen Bauch ab, dann seine Brust, als sie nach seinen Schultern griff, zuckte der Junge zusammen und wimmerte leise.

„Ruhig, John! Ich will nachsehen, wie schwer die Verletzung ist!"

Frederica schob die Jacke zur Seite und schnitt den Pulli mit dem rituellen Dolch auf, der zur Grundausstattung ihrer Uniform gehörte. Xavier hatte eigens dafür ein Futteral an ihrem Gürtel anbringen lassen. Die Bestie hatte Pyros linke Schulter mit seinen Klauen durchbohrt und tiefe, blutende Wunden hinterlassen. Frederica fluchte leise, wie konnte dieses Tier es wagen, einen Jungen so zu mißhandeln?

Sie riß den Kopf hoch und sah kurz dem heftigen Kampf zwischen Wolverine und Sabretooth zu. Es wurde ihr augenblicklich klar, daß Sabretooth Logan töten wollte und an gar nichts anderem interessiert war.

In dem Augenblick stürzte sich Sabretooth wieder auf Logan und rammte seine mit scharfen Krallen bewährte Hand in dessen Magen. Die Krallen des Monsters drangen durch das feste Leder der Uniform als sei sie aus Papier gemacht.

Logan schrie vor Schmerzen auf und revanchierte sich sogleich mit einem Hieb seiner Adamantium-Klauen, die das Biest jedoch nur oberflächlich streiften, da es für seine Größe erstaunlich behende zur Seite gesprungen war. Logan sackte auf die Knie und hielt sich den blutenden Bauch.

Der Anblick von Logans frischem Blut auf Sabretooths Pranke sprengte Fredericas Selbstbeherrschung. Sie sprang Verwünschungen ausstoßend auf die Füße. Sie achtete nicht darauf, daß sie in die Sprache ihrer Ahnen gewechselt war, der Sinn der Worte mußte auch das Tier erreicht haben, denn Sabretooth drehte sich mit einem breiten Grinsen auf den Lippen zu ihr um.

„Wen haben wir denn da? Ein neues Mutanten-Püppchen zum Spielen!"

Er lachte dreckig und kam mit großen, bedrohlichen Schritten auf sie zu. Frederica blieb breitbeinig stehen und versuchte ihre Angst unter Kontrolle zu bringen, während Sabretooth seine riesige Hand nach ihr ausstreckte und sie dann bei ihren Haaren packte, dabei zerriß er das Gummi, das ihre Haare im Nacken festgehalten hatte.

Seine kalten, schwarzen Augen blitzten lüstern auf, während sein Blick gierig über ihr Gesicht glitt.

„Du bist Logans kleine Hure! Ich kann ihn an dir riechen!"

Sabretooth beugte sich zu ihr herunter und leckte mit seiner abstoßenden, rauhen Zunge über ihre rosige Wange. Frederica mußte ein Würgen unterdrücken und den Impuls, sich ihr Gesicht angewidert abzuwischen.

„Faß mich nicht an, Du widerlicher Mistkerl! Du ekelst mich an!"

Frederica starrte ihrem Gegenüber furchtlos in die toten Augen und betete im Stillen, daß er ihre Provokation annahm. Das Biest enttäuschte sie nicht, er packte mit beiden Pranken ihren Kopf und preßte seinen Mund dann auf ihren. Frederica hielt den Atem an, weil ein Brechreiz sie zu überwältigen drohte. Das Scheusal hatte scheinbar die Eßgewohnheiten eines wilden Tieres und sein Atem war schier unerträglich. Frederica erschauerte, hielt jedoch den Kontakt. Sie beschwor den alten Zauber ihrer Ahnen zu ihrem Schutz herbei. Sie konnte den schlafenden Abwehrmechanismus willentlich verstärken und so unwillkommene Bewerber ernsthaft verletzen.

Sie hatte das bisher noch nie gemacht, war sich nicht sicher, ob es funktionieren würde, doch innerhalb weniger Augenblicke, fühlte sie wie die Macht des Zaubers sie erfüllte.

Logan hatte mit ansehen müssen, wie Frederica von Sabretooth angegriffen wurde und dann sah er wie das Tier Frederica brutal von den Füßen riß und sein widerliches Maul ihren Mund mit der Perversion eines Kusses schändete.

Mit letzter Kraft richtete er sich auf, und hielt seine Eingeweide mit seinen bloßen Händen an ihrem Platz. Er mußte Frederica retten, koste es, was es wolle. Sabretooth würde sie zerquetschen, er brauchte nur ein paar Minuten, um etwas besser zu heilen. Die Schmerzen in seinem Bauch waren unerträglich und er würgte an seinem eigenen Blut.

Zuerst meinte er unter Halluzinationen zu leiden, doch die Aura, die Frederica plötzlich umgab war keine Einbildung. Ihre Haare schienen Feuer gefangen zu haben. Die langen Strähnen peitschten in unkontrollierten Bewegungen um ihren Kopf und trafen Sabretooth am ganzen Körper. Er ließ Frederica los und stieß einen markerschütternden Schrei aus, der von großen Schmerzen kündete. Logan torkelte ein paar schritte vorwärts und starrte auf Frederica, deren Augen sich in Feuerbälle verwandelt hatten.

Mit tiefer Stimme rezitiert Frederica eine Beschwörung in der Sprache, die Logan schon einmal gehört hatte. Damals als die besessene Jean zum ersten Mal Frederica begegnet war.

Logans Knie wurden wieder schwach, er ließ sich auf Hände und Füße fallen, ließ den Blick jedoch nicht von der glühenden Gestalt, die Sabretooth im Zaum hielt.

Je öfter sie die Beschwörung wiederholte, desto höher wurde ihre Stimme, Logans Ohren schmerzten beim Klang der Töne und er wußte, daß auch Sabretooth darunter leiden würde. Dessen Sinne waren nämlich genauso scharf wie seine eigenen. Dann stieß Frederica einen so hohen Ton aus, daß Logan kurz die Lider zusammenpreßte, weil er einfach zu schmerzhaft war. Er hörte wie Sabretooth aufjaulte, riß die Augen wieder auf, da schoß ein gleißender Feuerstrahl aus Fredericas Mund und setzte Sabretooth in Flammen. Logan drehte sich fast der Magen um, als er das brennende Fleisch roch und der beißende Gestank von versengten Haaren in seine Nase stieg.

War das wirklich seine kleine, süße Frederica, die er noch vor kaum einer halben Stunde in dem Van hemmungslos geküßt hatte?

Sabretooth war eine lebende Fackel geworden, Frederica hatte ihn scheinbar von dem Bann erlöst, der ihn auf dem Fleck festgehalten hatte, denn er rannte wie verrückt vor Schmerzen brüllend am Strand entlang. Logan stöhnte kurz und kippte dann vornüber, wo er regungslos liegenblieb.

Es dauert einige Augenblicke, bis die Energie, die der uralte Zauber mit sich gebracht hatte, ihren Körper verlassen hatte. Sie spürte wie die Flammen um ihr Gesicht erloschen und ihre Augen aufhörten zu brennen. Ihre Kehle fühlte sich etwas wund an, als hätte sie zu lange laut geschrieen. Ihr Blick heftete sich auf den davon torkelnden Sabretooth, der in seinem Schmerz vollkommen die Orientierung verloren hatte. Sie empfand jedoch nicht das geringste Mitleid mit ihm, dafür war sie viel zu wütend, daß er es geschafft hatte, Logan leiden zu lassen.

Dann fiel ihr siedendheiß ein, daß Logan vorhin zu Boden gegangen war. Sie blickte sich suchend um und fand ihn bewußtlos zu ihrer Rechten liegend. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und sie konnte genau sehen, daß Logan in einer Blutlache lag. Ihr Herz zog sich zusammen und sie rannte zu ihm, um sich neben ihn zu werfen und ihn umzudrehen, damit sie seine Verletzung begutachten konnte.

„Logan, Logan! Bitte sag doch etwas!"

In ihrer Panik konnte sie nicht verhindern, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen und ungehindert über ihre bleichen Wangen flossen. Mit fliegenden Fingern schob sie den Reißverschluß der lädierten Uniform herunter und schob sein blutdurchtränktes T-Shirt zur Seite.

„Oh, mein Gott!"

Logans Bauchdecke sah aus, als wäre er von einem wilden Tier gerissen worden. Frederica atmete flach, weil sie befürchtete, ihr würde gleich die Galle hochkommen.

Was sollte sie tun?

Logan blickte unter schweren Lidern zu Frederica auf. Die Sonne hinter ihr tauchte ihre lose fallenden Haare in goldrot leuchtende Lichter, die in ihm das Bild heraufbeschworen, wie sie in Flammen gestanden hatte.

Und jetzt kniete sie neben ihm und weinte bittere Tränen, die seinem Schmerz galten.

Dieses allmächtige Wesen war von ihrem Olymp zu ihm herab gestiegen und nahm sich seiner verlorenen Seele an. Die Tatsache erfüllte ihn mit Ehrfurcht und einem anderen überwältigendem Gefühl, das er im Moment lieber nicht näher analysieren mochte, dazu schmerzten seine Eingeweide zu sehr.

„Kleines! Du wirst doch nicht über einen Gadjo Tränen vergießen wollen! Der –wie hast Du ihn vorhin genannt?- Beng hat mich kaum gekratzt!"

Logan mußte nach diesem längeren Ausspruch etwas husten und drehte dann seinen Kopf zur Seite, um Blut in den Sand zu spucken.

Fredericas Herz machte einen freudigen Satz, obwohl die Sorge um Logan immer noch ihren Magen verknotete. Sie legte einen Arm um seine Schultern und half ihm, sich aufzusetzen. Er lehnte sich schwer gegen sie, doch er war bei Bewußtsein und sein Atem kam in starken, regelmäßigen Zügen.

„Woher kennst Du dieses Wort?"

Sie war sich absolut sicher, daß sie es in seiner Gegenwart noch nie benutzt hatte. Sie strich ihm die wirren Haare aus der Stirn und preßte ihre Lippen dagegen. Seine Temperatur war etwas erhöht, doch das lag wahrscheinlich daran, daß der Selbstheilungsprozeß in vollem Gange war.

„Ach, man hat mich auch schon als Teufel betitelt! Ich hab' wohl geraten!", flüsterte Logan etwas zerstreut.

Er hätte noch Stunden lang hier am Strand in ihren Armen verbringen und sich dabei von der wärmenden Sonne bescheinen lassen können.

Logan hatte die richtige Bedeutung des Wortes erfaßt und behauptet, daß er selbst einmal so genannt worden war.

War das in seinem früheren Leben gewesen? Eine bruchstückhafte Erinnerung an ein Ereignis aus seiner dunklen Vergangenheit?

Der kleine Schatz, den sie in ihrer Destille verwahrte, gewann nun noch mehr an Bedeutung, sie hatte bisher gezögert, ihn tatsächlich zu benutzen, doch die heutigen Ereignisse verlangten eine Erklärung.

Sie mußten noch eine Stunde warten, bis Logan soweit verheilt war, um den Aufstieg zu ihrem Wagen ohne große Schmerzen zu schaffen. In dem Punkt hatte sie sich auf keine Diskussionen mit ihm eingelassen, sie würde Logan nicht unnötigerweise quälen. Nicht nachdem sie mitbekommen hatte, wie Logan auf wackeligen Beinen hinter einen Fels getorkelt war, um Blut zu speien.

Pyro hatte sie mit Hilfe eines Zaubers in den Van geschafft, wo sie seine Wunde versorgt und ihm ein starkes Schmerzmittel verabreicht hatte. Er lag sicher hinter den verschlossenen Türen des Wagens auf einer Bahre und war gut zugedeckt. Über Funk hatte sie in der Einsatzzentrale Bescheid gegeben, daß die Mission geglückt war, und sie sich bald auf den Rückweg machen würden.

Frederica hatte nicht auch noch gewagt, Logan mit einem Levitationszauber über die Klippen zu schaffen, weil er durch sein Adamantium-Skelett sehr viel schwerer war als ein normaler Mann seiner Größe und sie nicht sicher war, ob sie noch genug Kraft für ihn übrig hatte.

Sie hatte eine warme Decke aus dem Vorratsschrank des Vans mitgebracht und sich und den genesenden Logan darin eingewickelt. Sie saßen unter den Klippen still beieinander und sahen hinaus auf das tosende Meer, das in der ganzen Farbenpracht eines wunderbaren Sonnenaufgangs erstrahlte.

Während sie das Gewicht von Logans warmen Körper an ihrer Seite spürte, wurde ihr klar, daß dieser Mann ihr Schicksal war. Sie hatte versucht, die Anzeichen zu ignorieren, doch die uralte Weisheit ihrer Ahnen hatte noch nie geirrt.

Wie sollte sie die Sache angehen?

In der Regel übernahm in ihrem Volk die Familie eines Mädchens die Kontaktaufnahme zu potentiellen Gefährten. In ihrem speziellen Fall hätte ihre Mutter oder Großmutter sie bei ihrer Werbung unterstützt, als Hexe verfügte sie über das Privileg, dem Auserwählten einen Antrag machen zu dürfen.

Sie war aber schon lange nicht mehr mit den Bräuchen und Riten ihres Volkes sehr vertraut, da sie ja mit vierzehn in die Obhut der Nonnen gekommen war. Nach dem Zwischenfall in der Schule, bei dem sie einen Jungen schwer verletzt hatte, hatte sie die Hoffnung auf ein normales Leben aufgegeben und beschlossen, dem Orden beizutreten und alles andere hinter sich zu lassen.

Du machst einen Schritt nach dem anderen, kleine Chávihánni!

Die neckenden Worte ihrer Großmutter kamen ihr in den Sinn, als sie ihr mit neun Jahren die Frage stellte, wie sie all die Anforderungen erfüllen sollte, die als zukünftige Hexe an sie gestellt werden würden.

Frederica lächelte versonnen vor sich hin, ihre Großmutter war wirklich eine sehr vorausschauende und weise Frau gewesen.

Sie mußte nicht alles auf einmal in Angriff nehmen! Logan würde ihr nicht wegrennen, sie würde ihn schon noch davon überzeugen, daß er ihr vom Schicksal auserwählter Gefährte war!

XXX

„Wir müssen tanken, Logan! Ich fahre an der nächsten Tankstelle raus! Dann kann ich auch nach Pyro sehen!"

„Gute Idee! Ich übernehme dann das Steuer! Keine Widerrede, Freddy! Ich bin wieder okay! Du mußt dich nach dem verdammten Navigationssystem richten und die nervige Stimme geht mir tierisch auf den Sack!"

Frederica mußte gegen ihren Willen lächeln, wenn Logan schon wieder fluchen konnte wie ein alter Seemann, dann ging es ihm auch wirklich besser. Sie fuhr also die nächste Ausfahrt raus und war froh, daß auch eine Raststätte an die Tankstelle angegliedert war.

Sie brauchte dringend einen Kaffee!

„Können wir uns in diesem Aufzug unter Leute wagen?"

Sie sah zweifelnd an dem eng sitzenden Lederanzug herunter.

Logan grinste breit: „Die Leute werden denken, daß wir Motorradfreaks sind, keine Sorge! Ich gehe kurz auf die Toilette, möchte das blutige Shirt loswerden! Hinten habe ich ein frisches! Die Uniform ist ja leider hinüber! Kommst Du kurz allein zurecht?"

„Ja, ich tanke schnell und stelle mich dann auf den Besucherparkplatz! Ich warte hinten bei Pyro auf dich!"

Logan behielt recht, keiner der Leute schenkte ihr groß Beachtung. Sie konnte in aller Ruhe tanken und bezahlen. Nachdem sie den Wagen abgestellt hatte, stieg sie zu Pyro in den Fond des Vans, wo er zu seinem Schutz an die Bahre festgeschnallt war, damit er während der Fahrt auf den Boden fiel.

„Sind wir schon da?"

Pyro blickte sie aus müden Augen an.

„Nein! Wir mußten tanken, wir fahren aber bald weiter! Logan kann dir helfen, falls Du auf die Toilette mußt!"

Frederica machte die Gurte los und half dem Verletzten, sich aufzurichten.

„Ich möchte mich bei Ihnen bedanken! Ohne eure Hilfe hätte mich Sabretooth bestimmt erledigt!"

„Schon gut! Ich bin nur froh, daß Du uns nicht absichtlich in einen Hinterhalt gelockt hast!"

John schüttelte heftig den Kopf, um seine Verneinung zu untermalen.

„Nein, das hatte ich nie vor! Ich bin schon letzte Woche vor ihnen weggelaufen, er hat mich erst gestern gefunden! Ich hatte nicht vor zur Mansion zurück zu kehren, dort müssen mich ja alle hassen! Ich wollte nur weg von allem! Sabretooth hat mich gezwungen beim Professor anzurufen, er hoffte darauf, daß Logan kommen würde, um mich zu retten. Er haßt Wolverine, er will ihn unbedingt vernichten!"

Pyro strich sich über seine verschwitzte Stirn und ließ mutlos die Schultern hängen.

„Professor Xavier haßt dich nicht! Er war ehrlich erfreut über deinen Anruf, die Mansion steht dir jederzeit offen! Ich lebe erst kurze Zeit mit den anderen zusammen, aber ich bin überzeugt, daß sie dir deinen Fehler verzeihen werden! Das weißt Du doch sicher selbst am besten, schließlich warst Du lange genug ein Mitglied der verschworenen Gemeinschaft!"

Pyros Gesichtszüge entglitten kurz seiner Kontrolle, als er versuchte, den übermächtigen Drang zu weinen, mit aller Macht zu unterdrücken.

„Junge, ich bin froh, daß Du noch an einem Stück bist!"

Logan stieg zu den beiden dazu und klopfte John leicht auf die unverletzte Schulter, er hatte fast Mitleid mit dem Jungen, der unter dem mitfühlenden Angesicht der kleinen Madonna mannhaft gegen seine Tränen ankämpfte. Wenn er tatsächlich in Tränen ausgebrochen wäre, hätte sich John sicher wie ein kompletter Versager gefühlt, auch wenn Freddy ihn sicher gerne an ihr großes Herz gedrückt hätte.

„Willst Du dich nicht auch etwas frisch machen?"

Frederica blitzte ihn kurz an, doch sie verstand seinen Wink. Sie wollte John nicht noch mehr Grund geben, sich zu hassen. Außerdem wollte sie wirklich dringend ihr Gesicht waschen. Sie hatte Sabretooths Berührung nur kurz mit kaltem Meerwasser abgespült, am liebsten hätte sie sie mit einem Reibeisen entfernt. Ihr kroch immer noch einer Gänsehaut über den Körper, wenn sie an seine ekelhaften Berührungen dachte.

Bei den Damenwaschräumen erstand sie Einwegtoilettenartikel, mit denen sie Sabretooths Spuren endgültig abwusch.

Sie hatte danach in der Raststätte noch heiße Getränke und etwas zu Essen besorgt. Als sie beim Anblick von gewöhnlichen Brezeln fast in Tränen ausbrach, wurde ihr klar, daß sie ziemlich durch den Wind war.

Es war einfach zuviel auf einmal passiert, und sie hatte noch keine Zeit gehabt, alles zu verarbeiten. Die Brezeln erinnerten sie an die alte Heimat, während ihres Studiums waren sie ein Teil ihrer Grundnahrungsmittel gewesen. Sie waren ein Symbol für eine unbeschwerte Zeit ohne Bedrohungen und Sorgen.

Sie schlüpfte auf den Beifahrersitz und stellte die Tüte mit den Brezeln auf ihren Knien ab, während Logan den Wagen geschickt auf den Highway lenkte. Frederica nahm einen tiefen Schluck von dem heißen Kaffee. Auch wenn sie im Augenblick kein Koffein nötig hatte, um wach zu bleiben, war doch der belebende Geschmack des heißen Getränks sehr angenehm auf ihrer Zunge.

Logan zog die Brauen hoch, als er zusah, wie Frederica die Augen schloß und einen kleinen zufriedenen Seufzer ausstieß.

„Das ist bloß Kaffee, Freddy! Du klingst, als ob Du gerade...!"

Er ließ den Satz bedeutungsvoll offen und grinste sie frech an. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie sie sich aufrichtete und ihn mit gerunzelter Stirn verärgert anblickte.

„Ach, halt die Klappe, Logan! Wie ich klinge, geht dich gar nichts an!"

Hoppla, woher war das gekommen?

Sie hatte ihn noch nie so angefahren und wunderte sich über sich selbst. Trotz allem, was sie seit dem Morgengrauen durchgemacht hatte, wollte sie Logan immer noch provozieren. Und sie Hühnchen ließ es zu, weil es die einzige Methode war, wie sie etwas der erotischen Spannung abbauen konnten, die zwischen ihnen herrschte, auch nach diesem nervenaufreibenden Einsatz.

Logan grinste zufrieden, die kleine Hexe war immer noch die Alte. Er liebte es, wenn sie ihn mit ihren Schokoladenaugen anblitzte und dabei streng zu wirken versuchte, wobei sie immer kläglich versagte. Das mußte die feurige Zigeunerin in ihr sein, auch wenn es wie ein blödes Klischee klang.

Frederica hatte eine der Brezeln aus der Tüte genommen und betrachtete sie versonnen. Sie wollte gerade etwas von den groben Salzkörnern entfernen, als Logans Stimme sie zurückhielt.

„Das würde ich nicht tun, Freddy! Ohne das Salz schmecken die Dinger scheußlich!"

„Ich hab' das Zuhause immer gemacht, ich weiß, es ist eine dumme Angewohnheit!"

Logan mußte lachen, weil sie wie ein ertapptes Schulmädchen blickte.

„Dummerchen! Der Teig wird nicht gesalzen, wenn Du die Körner abmachst, dann ißt du Brot ohne Salz!"

Sie sah ihn mit großen Augen an und nahm dann probeweise ein Stück Brezel, an dem kein Salzkorn haftete. Sie rümpfte die Nase und schluckte das Stück schnell herunter.

„Bäh! Du hast recht! Wie können die Amerikaner die Brezeln nur so vergewaltigen! In den Teig gehört doch Salz, die Würze des Lebens!"

Logan lachte noch heftiger. Das Lachen war wie Balsam für sein Unterbewußtsein, es spülte etwas von den düsteren Erinnerungen weg, die dort brodelten.

„Hey, ich bin unschuldig! Ich bin Kanadier! Gib mir mal ein Stück, Honey! Das wird mich schon nicht killen!"

Er setzte das hinzu, weil Frederica ihm davon abgeraten hatte, etwas zu essen. Sie war nicht sicher, wie gut er innerlich verheilt war und leider mußte er ihr recht geben. Die Wunden mochten zusammengewachsen sein, aber das ganze Blut mußte durch seinen Organismus verarbeitet werden, bevor es auf mehr oder minder natürlichem Wege ausgeschieden wurde.

Frederica brach ein Stück des Gebäcks auf ihrem Knie ab, doch Logan war schneller und schnappte sich ein größeres von ihrem Schoß, das er sich genüßlich in den Mund schob und dann zufrieden darauf herumkaute. Es ging eben nichts über die orale Bedürfnisbefriedigung!

Seine Reflexe waren einfach besser als ihre und sie wollte ihn schon in die Seite knuffen, hielt sich im letzten Moment aber zurück. Nicht nur, weil ihr eingefallen war, daß er wohl innerlich noch heilte, sondern weil plötzlich ein sehr helles Licht Logans kräftige Gestalt einhüllte. Bei jedem anderen hätte sie es als eine Art Heiligenschein bezeichnet, doch nicht bei Logan.

Sie hielt also erschrocken in der Bewegung inne, während das Licht sich im Inneren der Fahrerkabine ausbreitete. Es erreichte ihre Fingerspitzen und ihr schien als kröche eine prickelnde Wärme durch sie hindurch. Sie blinzelte zwei Mal, dann war das Lichtphänomen verschwunden.

„Logan, ist alles in Ordnung mit dir?"

Sie suchte mit prüfendem Blick nach Anzeichen von Schwäche oder von Schmerzen in seinen markanten Gesichtszügen, doch er sah eigentlich putzmunter aus, als wäre er nie von Sabretooth durchbohrt worden.

Er lächelte sie richtig strahlend an: „Ja, sicher! Mir geht's prächtig, Süße! Hör auf, dir Sorgen zu machen!"

Frederica nahm nachdenklich einen weiteren Schluck Kaffee.

Was hatte dieses Licht für eine Bedeutung? War es nur das Nachhallen des von ihr eingesetzten Zaubers?

Sie hatte diese Abwehrstrategie ja noch nie zuvor eingesetzt und konnte gar nicht wissen, ob die Magie Nachwirkungen mit sich bringen würde.

XXX

Logan hatte den Van direkt in die Garage der Mansion gefahren, nachdem sie ihr Kommen am Tor gemeldet hatten. Die Schüler waren beim Mittagessen und Hank erwartete sie schon. Einer der Aufzüge aus den geheimen Kelleretagen führte direkt in die Garage.

Er checkte Frederica und Logan mit einem schnellen Blick und stieg dann in den Fond des Wagens, um sich um den am schwersten Verletzten zu kümmern. Er hob den schläfrigen Jungen mit Leichtigkeit in den bereitgestellten Rollstuhl.

„Ich kümmere mich gleich um ihn! Frederica, Logan, wie sieht es bei euch aus?"

Sein Blick blieb fragend an der beschädigten Uniform Logans haften.

„Mir fehlt nichts! Der Heilungsprozeß dürfte ziemlich abgeschlossen sein! Freddy?"

„Ich bin okay! Nur etwas müde. Alles, was ich brauche, ist ein heißes Bad und ein Bett!"

Hank lächelte sie aufmuntern an: „Das Gefühl kenne ich! Ihr solltet euch umziehen und auf eure Zimmer schleichen, bevor die Kids eure Ankunft bemerken! Sie brennen darauf, euch mit Fragen zu bombardieren!"

„Danke für die Warnung, Hank!"

Sie fuhren gemeinsam in die Katakomben und Logan und Frederica begaben sich zu den Umkleiden. Sie begnügte sich mit einer heißen Dusche, doch als sie umgezogen aus der Umkleide trat, war Logan nirgends zu sehen.

Sie zuckte mit den Schultern, auch gut, sie konnte sich sowieso kaum noch auf den Beinen halten und schlich sich hinauf in ihr Zimmer.

TBC