Nun ist es soweit, das letzte Kapitel kommt samt Epilog! Vielen Dank für die Rückmeldungen Feetsi! (Die erotischen Anspielungen wurden vielfach von anderer Seite gewünscht, da mußte ich irgendwie einen noch jugendfreien Kompromiß finden! g)! Auch an alle stillen Leser vielen Dank!
Viel Spaß bei der Abschiedsvorstellung meines Lieblingsopaares Frederica und Logan! Ich werde die beiden vermissen! "schüff"
Some Kind of Magic ongoing
Kapitel 15
X X X
„Kitty, wo ist mein Blumenbouquet?", rief Rogue aufgeregt und wanderte suchend durch das Zimmer, das sie sich mit Kitty und Jubilee teilte.
Sie war versucht, sich ihre Haare zu raufen, bis ihr einfiel, daß sie schon hochgesteckt worden waren und sie die Prozedur nicht noch einmal über sich ergehen lassen mochte.
Kitty betrachtete sich gerade im großen Standspiegel, den sich die Mädchen angeschafft hatten, weil sie damit ihre Outfits besser checken konnten.
Sie grinste Rogue kopfschüttelnd an: „Im Badezimmer, im Waschbecken, damit sie nicht welken! War doch deine eigene Idee!"
Kitty schob eine vorwitzige Haarsträhne ihres weichen, dunkelblonden Haares hinter ihr Ohr und war dann mit ihrer Erscheinung im Spiegel endlich zufrieden. Neben Rogue und Jubes kam sie sich oft unscheinbar und blaß vor, da die beiden aufgrund ihrer Herkunft so kräftige Farben hatten. Aber Miss Grey hatte ihren Blumenmädchen traumhafte Kleider spendiert, die genau auf die jungen Mädchen zugeschnitten waren. Die aquamarinfarbene Seide stand Kitty am besten und ihr Kleid besaß einen geraden Schnitt und endete an den Fußknöcheln. Es betonte ihre grazile Figur und ihre Freundinnen hatten nicht mit großzügigem Lob gegeizt. Kittys Wangen brauchten heute kein Rouge, um von einem rosigen Hauch überzogen zu werden, sie strahlte regelrecht von Innen heraus. Und Rogue und Jubilee hüteten sich, sie damit aufzuziehen, daß Colossus sich endlich getraut hatte, Kitty um ein Date zu bitten. Ihre Freundin war in solchen Dingen sehr zurückhaltend und sie wollten nicht, daß Kitty es sich womöglich im letzten Moment noch anders überlegte.
Zu dem Ensemble der Blumenmädchen gehörte auch ein flauschiges, weißes Felljäckchen, das bis zur Taille reichte. Die Damen sollten schließlich nicht frieren, denn die Trauung von Jean und Scott fand im Freien statt, und es war schließlich Weihnachten entsprechend kalt.
Jubes kam eben ins Zimmer gestürzt und es war ein Glück, daß ihr Kleid nur einen Minirock hatte, denn in einem längeren Rock wäre sie bei all der Hektik, die sie verbreitete, unweigerlich gestolpert. Jean Grey kannte die Mädchen ziemlich gut und wußte, daß die kecke Asiatin es liebte, ihre wohlgeformten Beine zu zeigen.
„Das wird ein Spektakel! Professor X hat mich leider erwischt, bevor ich richtig schauen konnte, er muß einen mentalen Radar um den Raum gelegt haben, oder so! Der Festsaal sieht aus wie ein Traum! Sogar der Weihnachtsbaum wurde in den Farben von Miss Grey umdekoriert!"
Jubilee ließ sich völlig außer Atem aufs Bett fallen und grinste über das ganze Gesicht. Rogue schüttelte den Kopf und betrachtete noch mal ihr weitschwingendes Kleid im Spiegel. Sie sah damit ganz so aus wie die Südstaaten-Schönheit, die sie ja auch war.
„Ich hab' dir doch gesagt, daß Du erwischst wirst. Entspann dich und genieß die Vorfreude. Ich möchte lieber überrascht werden. Deine Neugier wird dich eines Tages in Teufels Küche bringen."
Jubes zog Rogue eine Grimasse, entspannte ihr Gesicht aber gleich wieder, als ihr einfiel, daß sie ihr Make-up schon aufgelegt hatte und es nicht sofort wieder ruinieren mochte.
„Na schön! Warten wir also noch eine Stunde!", klagte Jubes genervt.
„Scott! Was machst Du hier? Du darfst die Braut nicht in ihrem Hochzeitskleid sehen!"
Frederica räusperte sich, weil sie vor Schreck beinahe wie ein Quietsche-Entchen geklungen hatte, das gerade heftig gedrückt wird.
Sie, die Brautjungfrau, und Ororo, die Ehrenjungfrau, hatten Jean beim Anlegen der Hochzeitsrobe geholfen, nun wollte sie in ihr Zimmer gehen und selbst letzte Hand an sich anlegen. Ihre langen Haare waren schon zu einer komplizierten Hochsteckfrisur zusammengesteckt, das Werk eines hippen Starfriseurs aus New York, den Xavier samt Crew angeheuert hatte, um den Damen damit eine Freude zu bereiten. Der eleganten Frisur zum Trotz trug sie noch einen legeren Sweatanzug, da sie ihr Kleid erst kurz vor dem Ereignis anziehen wollte. Sie hätte sich damit schlecht vor Jean hinknien können, um ihr beim Ankleiden behilflich zu sein.
Frederica zog die Tür zu Jeans Zimmer fest ins Schloß und lehnte sich dann mit vor der Brust verschränkten Armen daran.
„Ähm, ich… Ich wollte nur meine Manschettenknöpfe holen!", beendete Scott sein Gestammel etwas lahm.
Frederica registrierte grinsend, daß der mächtige Cyclops wenigstens den Anstand besaß, bei dieser infamen Lüge zu erröten.
„Wenn Du in deinem vornehmen Cut nicht so süß aussehen würdest, dann würde ich dich für diese fette Lüge bis zur Zeremonie in ein Häschen verwandeln!"
Frederica stieß sich von der Tür ab und hängte sich bei dem nervösen Anführer der X-Men ein. Mit sanfter Gewalt schaffte es Frederica, Scott von der Tür weg zuziehen, durch die er so gerne einen Blick geworfen hätte.
Es war für Scott eigenartig so lange von Jean getrennt zu sein, denn sie hatte auch den telepathischen Link zu ihm blockiert. Sie hatten gemeinsam beschlossen, die letzten 24 Stunden vor der Trauung, wirklich ohne einander zu verbringen und Scott brachte die Trennung schier um.
„Jean hat Ro und mir erzählt, daß sie den Link zum ersten Mal seit Jahren wieder unterbrochen hat. Das muß vollkommen ungewohnt für dich sein."
Sie waren an der Treppe angekommen und Scott ließ sich mit einem herzergreifenden Seufzen auf die oberste Stufe gleiten.
„Du findest meine Reaktion wohl sehr kindisch, was?"
Scott nahm in einer resignierten Geste seine Schutzbrille ab und bedeckte die geschlossenen Augen mit seiner Hand. Für einen kurzen Moment erhaschte sie das ganze Gesicht von Cyclops, den sie noch nie ohne seine Schutzbrille gesehen hatte.
Er sah so jung und verletzlich aus!
Sie vergaß immer, daß er nicht viel älter als sie selbst war und so unglaublich schwere Bürden trug. Sie legte ihm einen Arm tröstend um die Schultern.
„Nein, gar nicht. Ich finde bewundernswert, was ihr beide zusammen erreicht habt. Ihr beide seid schon so lange zusammen, teilt eure Gedanken miteinander und nun werdet ihr heiraten. Das ist einfach wundervoll."
Frederica küßte Scott spontan auf die Wange und lehnte ihren Kopf dann an seine Schulter.
„Nur noch eine Stunde, Scott. Haben die Jungs dir nicht die Zeit vertreiben können?"
Scott zog seine Brille zur Sicherheit wieder auf und knuffte Frederica freundschaftlich in die Seite.
„Dein Göttergatte kennt so viele zotige Witze, daß ich Reißaus genommen habe. Mein Bruder und er verstehen sich prächtig!", meinte Scott mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen.
Frederica mußte gegen ihren Willen lachen, aber Logan würde sie nachher für seine Frechheiten die Ohren lang ziehen. Sie hatte ihn gebeten, Scott von seiner Nervosität abzulenken, aber Logans Methoden ließen doch etwas zu Wünschen übrig.
Scotts jüngerer Bruder Alex, selbst ein X-Men, Codename Havok, war vor zwei Tagen aus Australien angereist, wo er im Team der X-Corporation in Sydney arbeitete. Er war ein blonder, gutaussehender Hüne, der ein sonnigeres Gemüt als der ernsthafte Scott hatte und mit seinen 24 Jahren noch ziemlich viel Unfug ausheckte. Die Clique der älteren Jungs hatte ihn gleich zum Ehrenmitglied ernannt, da er eine wahre Fundgrube für alle Arten von Streichen war.
„Das tut mir ehrlich leid, Scott! Aber auch wenn er es nicht offen zeigt, Logan freut sich sehr für euch beide."
„Ich weiß, er steht nur darauf, mich zu ärgern und ich falle immer wieder darauf rein. Hat er es dir eigentlich gesagt?"
Scott nahm Fredericas Hand in seine und betrachtete versonnen das einfache goldene Band, das ihren Ringfinger schmückte, Zeichen ihres verheirateten Status. Bald würden Jean und er auch so einen Ring tragen und er freute sich unsäglich darauf, sie endlich zu seiner Frau machen zu dürfen.
„Was soll mir Logan erzählt haben? Hat er etwas angestellt?", fragte Frederica alarmiert.
Scott schüttelte den Kopf: „Nein, das war gestern Abend auf der Kneipentour, die mein verrückter Bruder unbedingt machen wollte. Logans Sinne, Du weißt doch… Er hat mir nach einer Menge Bieren gesagt, daß er Bescheid weiß."
Frederica runzelte die Stirn und versuchte, Scotts Augen hinter seinen Brillengläsern auszumachen, denn sie verstand nicht, was er meinte.
„Jean ist im zweiten Monat schwanger, Logan kann solche Sachen riechen. Ich dachte, daß er es dir erzählen würde."
„Scott!", rief sie überrascht aus.
Frederica fiel ihm um den Hals und drückte ihn fest.
„Das ist wunderbar! Ich freue mich so für euch! Mein Gott, kein Wunder, daß Jean vorhin so überirdisch gestrahlt hat!"
Scott erwiderte ihre Umarmung und ein bißchen der Nervosität fiel von ihm ab. Irgendwie war er nicht sicher gewesen, ob seine Kollegen die Nachricht positiv aufnehmen würden. Immerhin waren sie nicht nur ein Paar sondern auch Mitglieder des X-Teams und Jean würde bald nicht mehr an Einsätzen teilnehmen können.
„Sieh nur, ich muß schon wieder heulen! Das ist wirklich ein Kreuz mit mir.", schniefte Frederica halb lachend und Scott stimmte erleichtert in ihr glückliches Lachen ein, das schließlich doch die Oberhand gewann.
„Das kannst Du laut sagen, Freddy! Laß den Mann los, er muß in fünfundvierzig Minuten vor den Traualtar treten."
Scott und Frederica erhoben sich von den Stufen und drehten sich zu Logan um, der ebenfalls einen Cut trug, obwohl er liebend gerne darauf verzichtet hätte, denn zu dem Outfit gehörte zu allem Übel auch noch ein grauer Zylinder!
Er verpaßte seiner Frau einen Klaps auf den Po, den sie mit einem strengen Blick quittierte.
„Du mußt dich noch umziehen. Ich kümmere mich schon um Cyke. Schau nicht so! Ich werde mich ab jetzt mit dreckigen Witzen zurückhalten, versprochen."
Er legte eine Hand auf seine Brust und sah sie fast treuherzig an, wobei seine wilde Frisur den Eindruck etwas störte.
„Na schön! Wir sehen uns dann am Altar und erinnere Alex an die Ringe. Jean killt ihn, wenn er sie tatsächlich verlegen sollte, und ich helfe ihr persönlich dabei!"
Beim Ausklingen ihres letzten Wortes war Frederica schon verschwunden. Sie mußte sich nun beeilen, wenn sie pünktlich fertig werden wollte.
„Forge, Du solltest den Professor nicht auch noch in seiner Halsstarrigkeit unterstützen! Ich kann keine Garantien geben, ich muß an das Wohl meines Patienten denken."
Die drei Männer in den schicken Cuts sahen in dem medizinischen Labor ziemlich deplaziert aus. Xavier saß fertigangezogen aufrecht auf dem Behandlungstisch und vor ihm standen Hank, der besorgt dreinschaute und ein großer, dunkelhäutiger Indianer, dessen schwarze Haare mit einem Band im Nacken zusammengebunden waren und ihm fast bis zur Taille reichten.
Der Indianer mit dem stolzen Gesicht ergriff mit ruhiger Stimme das Wort: „Hank, ich versichere dir, daß ich alle Eventualitäten abgewogen habe. Es wird funktionieren, es wird nicht mehr zu solchen Zwischenfällen kommen wie beim Prototyp. Wenn es dich beruhigt, dann setze ich die Elektroden erst kurz vor der Zeremonie unter Spannung."
Hank strich sich resigniert über die Haare und gab seufzend nach. Forge war ein enger Freund des Professors und würde nie das Wohl seines früheren Lehrmeisters aufs Spiel setzen.
„Bitte versprechen Sie mir, bei den geringfügigsten Schmerzen sofort Bescheid zu geben, Charles.", meinte er zu Professor Xavier und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
Sein Vorgesetzter lächelte ihn erfreut an: „Ich werde nicht zu weit gehen. Das ist Jeans und Scotts Tag, aber ich möchte sie damit auch überraschen. Ich versichere dir Hank, daß der kurze Testlauf eben vollkommen schmerzfrei war. Auf Forge ist eben immer Verlaß. Mit der neuen Fernbedienung klappt die Regulierung der Impulse viel besser."
„Also schön! Ich werde nichts mehr sagen. Wir sollten wieder nach oben gehen, der Countdown läuft."
Hank und Forge hoben den Professor in seinen bereitstehenden Rollstuhl und gemeinsam bestiegen sie den Lift, der sie nach oben in die Eingangshalle bringen würde.
Charles lächelte erheitert, als er die bunten Girlanden um die Treppengeländer erblickte und irgendeiner der Jungs oder alle zusammen hatten überall Mistelsträuße aufgehängt. Sie hatten nicht einmal vor dem großen Lüster in der Halle Halt gemacht. Es war auf jeden Fall besser, als hätten seine Seniors die Schule mit Präservativen geschmückt. Er wußte von ein oder zwei Gedankenfetzen, die mit der Idee gespielt hatten. Anscheinend hatte der gute Geschmack gesiegt oder der Ansporn, daß man so wenigstens für seine Untaten mit Küssen belohnt wurde. Charles war sicher, daß Alex Summers der Initiator der Aktion gewesen war, Scotts jüngerer Bruder hatte es sehr mit den Damen.
„Die haben ganze Arbeit geleistet, Professor! Ich komme mir vor, als betrete ich ein Minenfeld!"
Forge sah schmunzelnd zur Decke hoch.
„Hank, Forge, könnt ihr darüber wachen, daß alle Gäste ihre Plätze einnehmen? Ich werde dann selbst zum Treffpunkt mit Jean fahren. Ich möchte noch einen Moment allein sein."
Die beiden taten wie geheißen und gingen zum Hinterausgang, von wo sie schneller den kleinen See erreichen konnten, auf dessen Steg die Trauung stattfinden würde.
Charles rollte langsam zu seinem Arbeitszimmer, wo er zum Fenster fuhr, von dem er einen Blick auf den Weg hatte, der zum Bootshaus und zum Steg führte. Er konnte gerade noch sehen, wie die breiten Rücken von Hank und Forge, die in elegantes Tuch gehüllt waren, um die Biegung des Weges verschwanden.
Xaviers Gedanken schweiften in die Vergangenheit, als er Scott buchstäblich von der Straße aufgelesen und in die Mansion geholt hatte… Scott hatte bei seiner Ankunft am Institut keine Kontrolle über seine Kräfte gehabt. Er hatte mit verbundenen Augen als Straßenkind in New York gelebt, nachdem er von der Schule ausgerissen war, wo man ihn nur mißhandelt und gequält hatte.
Erst nach Wochen intensiver Forschung hatten Forge, Hank und auch die frischgebackene Medizinstudentin Jean Grey die Wirkungsweise seiner Mutation verstanden. Der schüchterne, schlaksige Junge hatte sofort zu Jean Vertrauen gefaßt, bei Männern war er wegen seiner schlechten Erfahrungen mit ihnen viel zurückhaltender.
Wenn sie an den Wochenenden von der Uni nach Hause kam, dann verbrachte sie viel Zeit mit dem Lernen aber auch mit dem Neuzugang Scott, der ihr wie ein treues Hündchen überall hin folgte. Nachdem er mit Hilfe von Forges Erfindergeist endlich durch die speziell für ihn entwickelte Rubinquarzbrille sehen konnte, ohne tödliche Strahlen durch seine Augen zu schießen.
Scott erhielt seine Kräfte durch die Strahlung der Sonne, deshalb verbrachte er oft ganze Tage am Steg und ließ sich die Sonne auf den Bauch brennen. Sein Körper absorbierte die Sonnenenergie und wandelte sie in die tödlichen Lichtblitze um, die durch seine Augen geschossen kamen. Wenn man ihn nicht im Haus fand war er in neun von zehn Fällen am Steg und starrte gedankenverloren ins Wasser.
Dort fand ihn Jean auch, nachdem Scott schon fast zwei Jahre bei ihnen lebte und eine verblüffende Verwandlung durchgemacht hatte. Er hatte verbissen gelernt, trainiert und Rückschläge hatten ihn nicht aufhalten können. Er wollte der Mann werden, der Jeans Liebe würdig sein würde. Er hatte sie vom ersten Moment an geliebt, doch nie gewagt, etwas zu sagen. Scott hatte sich trotz seiner Jugend gegen Archangel und Beast behauptet und zum Anführer von der Truppe gemausert, die der Professor liebevoll seine X-Men nannte.
Jean hatte ihre Zwischenprüfungen geschrieben und war sechs Wochen nicht mehr zuhause gewesen. Als sie ankam stellte sie nur ihr Gepäck im Zimmer ab und machte sich auf die Suche nach Scott, den sie während ihrer Abwesenheit am meisten vermißt hatte.
Charles hatte die junge Frau, die wie seine Tochter war, zum See laufen sehen. Ihm war schon lange klar gewesen, daß Warren keine Chance bei Jean hatte, die sich jedoch ihrer Gefühle noch nicht ganz sicher gewesen war.
Zwei Stunden später hatten ihn die beiden aufgesucht, da jetzt für sie feststand, daß sie zusammen gehörten. Da hatte er ihnen zum ersten Mal seinen Segen gegeben und heute würden sie sich die Hand zum Bund der Ehe reichen, eben auf dem Steg, auf dem sie sich zum ersten Mal ihre Liebe gestanden hatten.
Xavier lächelte versonnen vor sich hin, als das Bild des jungen Pärchens vor seinem geistigen Auge aufstieg und genoß noch einen Moment das Schwelgen in der alten Erinnerung, bevor er in seinem Rollstuhl herumrollte und sein Büro verließ, um sich endlich der Hochzeitsgesellschaft anzuschließen.
Frederica und Ororo halfen, Jean die offene Kutsche zu besteigen und nahmen dann selbst ihr gegenüber Platz. Der Wagen wurde von vier perfekten Schimmeln aus den gutbestückten Xavier-Stallungen gezogen, die schwingende Federn als Kopfschmuck trugen. Jean bot einen spektakulären Anblick in dem elfenbeinfarbenen Hochzeitskleid von Balmain, dessen schulterfreie Corsage mit gold- und bronzefarbenen Stickereien verziert war. Der weite Rock lief in eine kurze Schleppe über und war am Saum mit derselben Stickerei versehen wie am Oberteil. Über dem Kleid trug Jean einen kostbaren farblich abgestimmtes Nerzcape, das sie vor der Kälte schützen sollte. Die Kleider der Brautjungfern waren aus bronzefarbener Seide und ebenfalls goldbestickt und auch sie trugen taillenkurze Pelzjacken. Ororo hatte dafür gesorgt, daß sie beim Wetter keine Überraschungen erleben würden, selbst wenn in New York ein Schneesturm ausbrechen sollte, würde Westchester davon verschont bleiben. Für die Hochzeit ihrer besten Freundin machte Ro eine Ausnahme ihrer sonst so strengen Grundsätze, sich nicht in den Lauf der Jahreszeiten einzumischen.
„Bereit?", fragte Ororo mit einem schelmischen Lachen auf ihrem freudestrahlenden Gesicht.
Jean nickte lächelnd: „Ja, lassen wir Scott lieber nicht länger warten."
Frederica gab dem Kutscher ein Zeichen, daß die kurze Fahrt von den Stallungen zum See beginnen konnte.
„Sie kommen!", rief Bobby den wartenden Gästen zu, als er das Klingen der Glöckchen vernahm, die zum Schmuckgeschirr der Pferde gehörten.
Alle Augen waren auf die herannahende Kutsche gerichtet und als Jean mit Hilfe ihrer Brautjungfern die Stufen Kutsche herabstieg, ging ein bewunderndes Flüstern durch die Menge. Jean sah aus wie eine märchenhafte Königin inklusive ihres edlen Gefolges.
Die Blumenmädchen stellten sich in Position und Jean schritt zum Anfang des Ganges, wo extra ein roter Teppich zwischen den Besucherreihen ausgelegt worden war. Von dort aus gelangte man geradewegs auf den T-förmigen Steg, an dessen Ende Scott und seine Trauzeugen auf sie warten würden.
Der Steg war mit Blumengirlanden und -bögen verziert, die in den Gewächshäusern der Mansion im Überfluß wuchsen. Jean würde Scott durch eine blumige Liebeslaube hindurch entgegenlaufen.
„Jean, darf ich um deinen Arm bitten?", sprach der Professor mit bewegter Stimme, während er sich von seinem Rollstuhl erhob und zwei Schritte auf sie zuging.
Jeans Augen weiteten sich überrascht, als ihr Mentor ihr bald Auge in Auge gegenüberstand.
„Professor! Wie…?"
Jean blinzelte gerührt ein paar Tränen weg, die in ihren Augen glitzerten.
„Frag nicht, liebes Kind. Ich wollte dich an den Altar führen und habe einen Weg gefunden, es auch zu tun. Und ich verlange auch den zweiten Tanz mit der Braut, ganz wie es die Tradition verlangt."
Ororo und Frederica und auch die Blumenmädchen waren vollkommen überwältigt von dem Anblick des Professors, der fest auf seinen eigenen zwei Beinen stand. Es war wie ein Wunder!
Auf das Zeichen des Professors spielte ein Streichquartett den „Hochzeitsmarsch" an. Jean hängte sich bei ihm ein, mit langsamen Schritten folgten sie den Mädchen, die zarte Blüten auf den Teppich streuten, die beim Drauftreten einen betörenden Duft absonderten.
Jean würde nie vergessen, was der Professor für sie getan hatte und nun krönte er das Alles noch mit dem Gang zum Altar. Er stand wahrhaftig aufrecht neben ihr und würde sie an Scott übergeben wie es die Tradition verlangte. Sie öffnete ihren mentalen Block, damit Scott an ihrer überschäumenden Freude teilnehmen konnte, die ein Echo in Scotts eigenen aufgewühlten Gefühlen fand.
Sie sprachen ihre Gelübde frei und ohne Zögern und dann schritten Jean und Scott als Ehepaar den roten Teppich zurück, wo sie in die wartende Kutsche stiegen, die sie zum Haupteingang der Mansion fahren würde. Die Jubelschreie ihrer Freunde, Familien und Schüler begleiteten sie.
Die Gesellschaft begab sich nun auch ins Haus, wo der riesige Festsaal in Jeans Farben dekoriert im hellen Glanz der glitzernden Kronleuchter erstrahlte. Die Jungs hatten irgendwie einen Weg gefunden, auch hier überall Mistelzweige geschmückt mit goldenen und bronzefarbenen Bändern aufzuhängen.
Die Damen wurden bald von den übermütigen Schülern mit Küssen attackiert, die jedoch meist gutmütig lachend entgegengenommen wurden.
Rogue und Jubilee lachten ausgelassen, als sie entdeckten, wie Kitty den zurückhaltenden Piotr, der zufälligerweise unter einem der berüchtigten Mistelzweigsträuße zum Stehen gekommen war, zu sich herunterzog und ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuß verschmolzen. Sie hatten schon überlegt, wie sie den beiden nachhelfen könnten, zueinander zu finden, und konnten sich nun erleichtert ganz ihren eigenen Begleitern, Bobby und John, widmen.
Ein klares Highlight der Feierlichkeiten waren die beiden ersten Tänze der Braut, zuerst mit ihrem frischangetrauten Ehemann und dann mit Xavier, der die Stelle ihres verstorbenen Vaters vertrat. Zum zweiten Mal hatte er sich aus seinem Rollstuhl erhoben und Jean in einem langsamen Walzer über die Tanzfläche geführt. Am Ende hatte ihn Jean fest umarmt und innig auf die Wange geküßt, wobei bei vielen Anwesenden mehr oder weniger verstohlen die Tränen geflossen waren.
„Hier nimm mein Taschentuch, Freddy."
Logan grinste seine weinende Frau an, die in ihrem winzigen Abendtäschchen nach einem Taschentuch gewühlt hatte. Sie riß es ihm pikiert aus der Hand und tupfte sich die Tränen ab.
„Du bist unmöglich!", schimpfte sie in Ermangelung an anderen Anklagenpunkten.
Logan warf lachend den Kopf zurück und nahm dann Fredericas glühendes Gesicht zwischen seine Hände.
„Hey, ich bin Wolverine. Mein Ruf wäre auf ewig ruiniert, wenn ich beim Anblick von Charles und Jean in Tränen ausbrechen würde. Dafür weinst Du für uns beide, ma chère."
Logan küßte ihr den aufgebrachten Protest mit einem heißen Kuß von den Lippen, der sie tatsächlich zum Schweigen brachte.
Etwas aus dem Konzept gebracht schaute sie nach der Uhrzeit und stellte fest, daß Scott und Jean bald auf ihre kurze Hochzeitsreise aufbrechen würden. Der Professor hatte alles arrangiert und den Wünschen des Paares entsprechend eine einsame Berghütte gebucht, die weit ab von der Zivilisation lag.
Nachdem die meisten Paare auf der Tanzfläche tanzten, erhoben sich die Brautleute und gingen unauffällig die lange Tafel entlang. Bei Logan blieben sie kurz stehen, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, dann gingen sie weiter und hatten den Festsaal bald verlassen.
Eine halbe Stunde später bat Logan Frederica, ihm nach draußen zu folgen. Sie hatte nicht bemerkt, daß der Professor den Saal ebenfalls verlassen hatte. Er erwartete sie in seinem Büro, wo auch Scott und Jean schon in ihrer Reisekleidung saßen.
Frederica blinzelte verwirrt, sie befürchtete schon, daß ein Vorfall das Fest stören könnte, doch keiner der Anwesenden sah im Entferntesten besorgt aus.
„Nehmt doch Platz, ihr beiden.", forderte sie Xavier freundlich auf.
Frederica fühlte sich an das Gespräch erinnert, das sie vor einer Woche in Xaviers Büro geführt hatte und ihr Herz begann, vor Nervosität schneller zu schlagen.
Womit wollte der Professor sie diesmal überraschen?
Sie hatte das Gefühl, daß sie noch eine weitere freudige Nachricht über eine Grenze in ihrem Gefühlsleben führen würde, die sie bisher noch nie überschritten hatte.
„Professor?", fragte Frederica ängstlich und sah ihn mit großen Augen an.
Ihr Blick schweifte zu den Frischvermählten, doch sie waren dem Anschein nach auch überfragt, die zwei zuckten nur hilflos mit den Schultern.
„Macht euch bitte keine Sorgen! Es ist alles in Ordnung, das versichere ich euch. In dem Trubel der letzten Woche ist nur etwas untergegangen, was ich nachholen möchte, bevor ich Jean und Scott ihr Hochzeitsgeschenk überreiche. Schließlich habt ihr beide den Bund der Ehe zuerst geschlossen."
Der Professor legte seine Hände auf ein paar Dokumente, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen.
„Wo soll ich anfangen? Ihr wißt ja, daß ich auf der ganzen Welt Schulen eröffnet habe, die jungen Mutanten als Zufluchtsort dienen und einen Grundstein für ihre spätere Zukunft legen sollen. Das Unternehmen ist einigen Politikern ein Dorn im Auge, bisher hatten wir jedoch nie ernsthafte Schwierigkeiten mit den Regierungen. Vor einigen Wochen wurde ich auf einem Kongreß von einer Delegation deutscher Regierungsbeamter angesprochen, die mit mir über die Eröffnung einer solchen Schule in Deutschland verhandeln wollten. Das ist ein absolutes Novum. Die Regierungen der Länder, in denen wir Vertretungen haben, sind bisher nie direkt mit mir in Kontakt getreten. Wie es scheint, ist der deutsche Bundeskanzler ein sehr fortschrittlich denkender Politiker, dessen Familie während des Zweiten Weltkrieges KZ-Erfahrungen gemacht hat. Er weiß also, was es heißt, ausgestoßen zu sein. Er hat sich die Schule in Paris angesehen und war von dem Konzept begeistert. Er stellte nur die Bedingung, daß die Schule von einer deutschen Lehrkraft geleitet werden soll, damit die Lehrpläne des Landes dort vermittelt werden können."
Der Professor unterbrach seinen Bericht kurz, um tief durchzuatmen und die Reaktionen seiner Zuhörer genauer zu beobachten. Jean hatte ihm schon auf telepathischem Wege gratuliert und Scott lächelte ihn erfreut an. Logan zog nur kurz eine Augenbraue hoch und sah skeptisch zu Frederica hinüber, die etwas verwundert schien.
Sie sah zwischen ihren Kollegen hin und her und lächelte etwas verlegen: "Ich habe den Eindruck, daß ihr alle über einen Witz lacht, den ich nicht verstehe. Habe ich irgend etwas nicht mitbekommen?"
Logan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, er wußte schon längst, was der Professor vorhatte und seine Frau würde vor Überwältigung vom Stuhl fallen. In weiser Voraussicht legte er ihr einen Arm um die Taille, um ihr, falls nötig, Halt zu geben.
„Darling, sieh mich an!"
Logan wartete, bis sie ihm direkt in die Augen sah, bevor er weitersprach: „Du weißt doch noch, daß der Professor zusammen mit Kurt deine Tante Sybelia nach Hause geflogen hat, weil sie das Teleportieren nicht verträgt?"
„Ja, natürlich. Das war sehr nett von Ihnen, Professor Xavier."
Logan stöhnte innerlich auf und bat den Professor in Gedanken, die Sache zu übernehmen.
„Frederica, das war eine kleine Notlüge. Ich wußte nicht, ob ich in Deutschland mit meiner kleinen Geheimmission Erfolg haben würde. Logan hat mir am Tag eurer Hochzeit erzählt, daß Du sehr traurig darüber bist, daß das Kloster verkauft wird, in dem deine Tante arbeitet. Ich habe gestern die offizielle Besitzurkunde zugeschickt bekommen. Als ich in Deutschland war, habe ich alle nötigen Formalitäten erledigt. Das Kloster in Trautheim gehört jetzt offiziell der X-Corporation."
Frederica wußte in dem Moment nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
Der Professor hatte einfach so dieses uralte Gemäuer gekauft? Es mußte ihn ein Vermögen gekostet haben!
Sie sprang auf die Füße und rannte um den Schreibtisch herum, um Xavier herzlich zu umarmen.
„Das ist wirklich eine Überraschung! Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll. Ich meine, Sybelia kann doch bleiben, oder?"
Sie sah den Professor fragend an und wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln. Der nahm eine ihrer Hände und hielt sie fest umfangen.
„Ich habe sie mir von ihrem Konvent auf Lebenszeit ausgeliehen, Frederica. Das ist alles schon geklärt. Sie wird der neuen Schulleitung zur Hand gehen, sie ist trotz ihres Alters eine sehr patente Frau. Weißt Du Frederica, ich konnte die deutsche Regierung besonders schnell von meinem Konzept überzeugen, weil zwei meiner X-Men Deutsche sind und eine davon sogar eine ausgebildete Lehrerin, die perfekt für die Rolle der Schulleiterin geeignet wäre. Was sagst Du dazu Frederica? Würde es dir gefallen, in der nahen Zukunft das „Trautheimer Institut für Hochbegabte" zu leiten?"
Frederica war aber nicht mehr dazu fähig, ihm zu antworten, sie war absolut fassungslos über das Angebot, das Xavier ihr eben gemacht hatte. Sie konnte nur ein paar Mal blinzeln, bevor sie in der Magengegend ein flaues Gefühl verspürte und ihr alles Blut aus dem Gesicht wich.
Die Ärztin in Jean reagierte instinktiv, sie sprang von ihrem Stuhl auf und zog aus einem Geheimfach in dem Bücherregal hinter ihnen eine Flasche Scotch. Sie goß ein Glas halbvoll und ging damit zu Logan, der seine Frau zu ihrem Stuhl zurückgeführt hatte und vor ihr kniete.
„Hier, das wird ihren Kreislauf wieder auf Touren bringen, Logan."
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und hielt es Frederica an die Lippen. Zuerst wollte sie das starke Getränk ablehnen, doch Logan blieb eisern und schließlich hatte er ihr ein paar Schlucke soweit eingeflößt, daß sie wieder Farbe auf den Wangen bekam. Logan kippte den Rest auf ex und stellte das Glas dann auf Charles' Schreibtisch ab.
„Haben Sie das ernst gemeint, Professor? Ich soll wirklich eine Schule leiten, die mit dieser hier vergleichbar ist?"
Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern, so überwältigend war die Vorstellung, einen solch verantwortungsvollen Posten zu übernehmen.
„Natürlich, ist das mein voller Ernst. Das heißt, wenn dein Mann damit einverstanden ist, die USA zu verlassen und dir in deine Heimat zu folgen."
Charles blickte Logan fragend an, der sich eben wieder erhoben und neben Frederica gesetzt hatte.
„Verdammt, das heißt wohl, daß ich Deutsch lernen muß?"
Logan verzog gespielt verzweifelt den Mund und sah Frederica neckend an, die jedoch seinen Blick mit so großer Besorgnis erwiderte, daß er sehr schnell dadurch ernüchtert wurde. Er nahm ihre Hand, an der sie den einfachen Goldring trug, den er ihr vor einer Woche an den Finger gesteckt hatte. Er konnte spüren, daß sie zitterte und drückte sie fest.
„Wenn Du die Leitung der Schule übernehmen möchtest, dann stehe ich voll hinter dir. Ich habe im Laufe meines Lebens an so vielen verschiedenen Orten gewohnt, daß ich mir keine Sorgen darüber mache, ob ich mich in deiner Heimat wohlfühlen werde. Das wichtigste ist, daß ich an deiner Seite sein kann! Du weißt, daß ich kein Mann der großen Worte bin, Freddy."
Logan hauchte ihr einen Kuß auf den Ringfinger und hielt ihren Blick gefangen, daß Zuschauer anwesend waren, war jetzt nicht mehr wichtig. Frederica brauchte jetzt seine bedingungslose Unterstützung.
„Ich wußte schon vor fast einhundert Jahren, daß Du mein Schicksal sein wirst, das hat mir unsere gemeinsame Zeitreise wieder eröffnet. Ich werde immer an deiner Seite sein, egal wie Du dich entscheidest."
Frederica umarmte Logan fest und schmiegte sich an seine starke Brust, die sich wie ein sicherer Hafen für sie anfühlte. Er hatte es nicht laut ausgesprochen, doch zwischen seinen Worten und in seinen dunklen Augen hatte sie genau lesen können, daß er sie liebte. Sie hatte die Grenze jetzt weit überschritten und ihr Herz fühlte sich mit einem mal sehr leicht an.
„Professor, wie lange habe ich Zeit, mir die Sache zu überlegen?", fragte sie ihn schon etwas zuversichtlicher.
„Solange wie Du für die Entscheidung brauchst. Der X-Men-gerechte Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes wird mindesten ein Jahr in Anspruch nehmen. Nightcrawler wird übrigens ebenfalls nach Deutschland gehen, er würde sich sehr darüber freuen, wenn Du seine Vorgesetzte wirst. Bei der Wahl der restlichen Teammitglieder hast Du freie Hand. Aber das Prozedere können wir an einem anderen Tag besprechen."
Frederica nickte zustimmend und der Professor übergab endlich sein Geschenk an die Frischvermählten. Jean und Sott bekamen die Besitzurkunde für ein Haus überreicht, das auf dem Grundstück der Schule gebaut werden würde, damit sie genug Platz und Privatsphäre für ihre wachsende Familie hatten. Danach verabschiedeten sich Jean und Scott, die im Foyer von den ledigen Damen erwartet wurden, die gewillt waren, um den geworfenen Brautstrauß zu kämpfen.
Frederica und Logan zogen sich von den Feierlichkeiten zurück, während der Professor wieder zu seinen Gästen rollte.
Er konnte Fredericas Reaktion auf sein Angebot jetzt viel besser nachvollziehen, da Jean ihm beim Abschied mitgeteilt hatte: Du wirst bald Großvater werden, Professor.
Ein Glück saß er wieder in seinem Rollstuhl, er hätte in dem Moment wirklich das Gleichgewicht verlieren können. Er beobachtete amüsiert, wie Warren blaß wurde, als Ororo den Brautstrauß geschickt auffing, den Jean mit einem Augenzwinkern in ihre Richtung beeinflußt hatte.
Charles hätte nichts gegen eine weitere Hochzeit einzuwenden, wenn sie nicht gleich in den nächsten Wochen stattfinden würde, sie hatten erst einmal genug Trubel für eine ganze Weile in der Mansion gehabt.
Logan hatte Frederica in eines der beheizten Gewächshäuser geführt, er wollte nicht, daß sie sich in ihrem dünnen Kleidchen der nächtlichen Kälte aussetzte. Ororo hatte in der Mitte des Glashauses so etwas wie eine Liebeslaube aufstellen lassen, die sehr oft von den jugendlichen Pärchen aufgesucht wurden, die etwas Privatsphäre suchten. Er setzte sich auf die gepolsterte Bank und zog Frederica auf seinen Schoß.
„Nun, Frau Direktor? Geht es dir wieder besser?"
Er strich ihr zart über die Wange, die immer noch von einem rosa Hauch überzogen war.
„Laß uns nicht mehr darüber sprechen, bis ich etwas Zeit hatte, mich an den Gedanken zu gewöhnen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt dazu fähig bin, so etwas Großes auf die Beine zu stellen."
Frederica lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schloß behaglich seufzend die Augen.
„Du bist doch nicht allein, Kurt wird dir genau wie ich beistehen und dann sind da noch der Professor und das Team in Frankreich. Das ist doch das Phantastische an Xaviers Unternehmen, die ganzen Einzelabteilungen sind miteinander verknüpft und die Teams helfen sich gegenseitig, wenn das nötig sein sollte. Erinnere dich nur an unseren Aufenthalt in der École St.Croix."
Frederica öffnete die Augen und sah ihren Mann ziemlich überrascht an, weil sie gar nicht an ihre Kollegen in Paris gedacht hatte. Logan hatte absolut recht, die Aufgabe war eine Herausforderung, aber eine, die zu bewältigen sein würde. Ein glückliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, das es regelrecht zum Strahlen brachte. Sie beugte sich zu Logan vor und küßte ihn zärtlich.
„Du bist einfach phantastisch, Logan."
Sie ließ ihre Finder in sein dichtes Haar gleiten und hielt seinen Blick so gefangen.
„Ich liebe dich. So sehr, daß ich manchmal Angst vor meinen eigenen Gefühlen habe."
Diesmal war sie es, die seinen Einwand von den Lippen küßte.
„Scht, sag nichts, ich weiß, daß Du Angst hast, diese Worte auszusprechen. Ich fühle sie dafür, jede deiner Berührungen, deiner Blicke und deiner Taten sprechen von deinen tiefen Gefühlen zu mir. Du machst mich unsagbar glücklich."
Sie senkte ihren Mund wieder auf seinen und diesmal brandete ihr Verlangen füreinander heftig auf. Frederica hatte ihn erkannt, und er war froh, daß sie ihn nicht zwang, die Worte laut auszusprechen. Er wollte ihr im Augenblick lieber durch seine Taten beweisen, daß ihr sein gesamtes Denken und sein ganzes Herz gehörten.
Vielleicht verlor er in der Zukunft die Scheu davorüber seine Gefühle zu reden, bis dahin würde ihn Frederica ihn so akzeptieren, wie er war. Das machte ihn frei und band ihn sogleich tausend Mal stärker an seine angetraute Hexe.
Im Schutz der Dunkelheit versanken die beiden Gestalten ineinander, taumelten gemeinsam über den Abgrund und fingen sich gegenseitig wieder auf.
xxX Epilog Xxx
Frederica stand im Kräutergarten des Klosters, wo alles einmal angefangen hatte, und überblickte mit vor der Brust verschränkten Armen zufrieden das Werk der Restauratoren. Die Struktur des Gebäudes war erhalten worden, die größten Umbaumaßnahmen und Modernisierungen gingen ihrem Ende zu. Jetzt mußten sie sich nur noch um die Beschaffung der Inneneinrichtung kümmern.
Inzwischen war fast ein Jahr vergangen und Logan, Frederica und Kurt verbrachten nun mehr Zeit in Deutschland als in der Mansion. Kurt und Frederica wechselten sich dabei ab, Logan mit auf die Reise zu nehmen, er konnte sich nicht immer noch nicht dafür entscheiden, welche Transportart ihm weniger behagte.
„Ja?", fragte Frederica und ihre Hand fuhr zu dem Miniatur-Kommunikator, der in ihrem Ohr steckte.
Sie hörte aufmerksam zu und sagte dann kurz: „Ich komme."
Frederica teleportiert sich zu Logan, der mit Kurt und mehreren Architekten, die Charles zusammen mit Forge handverlesen hatte, im komplett modernisierten Refektorium über Plänen und Blaupausen brütete.
„Freddy, mir wäre lieb, wenn Du das entscheidest."
Logan tippte auf einen Gebäudeteil, der ihre Wohnung beherbergen würde.
„Die Herren möchten wissen, wie viel Platz unser Wohntrakt insgesamt einnehmen wird und wie die Zimmer im Besonderen eingeteilt werden sollen."
Logan grinste sie spitzbübisch an und deutete mit seinen Armen das Wiegen eines Kindes an. Frederica blitzte ihn vorwurfsvoll an und besah sich dann nachdenklich die Baupläne, während sie sich neben ihren Mann stellte, der einen Arm um ihre Schultern legte und sie an sich drückte.
„Hm, ich sage, lieber zu viele Zimmer als zu wenig. Von diesen speziellen Zimmern wären drei angebracht, was meinst Du?"
Logan hob die Augenbrauen und wandte sich dann an die wartenden Fachmänner, die auf eine baldige Entscheidung ihrer Auftraggeber hofften. Charles Xavier hatte ihnen nämlich eine fette Prämie versprochen, wenn sie die Bauarbeiten vor dem vereinbarten Termin abschlossen.
„Nehmen wir doch zur Sicherheit vier Zimmer, man kann nie wissen, meine Herren.", sagte Logan auf Deutsch, das er mit einem so süßen Akzent sprach, daß Frederica immer weiche Knie bekam, wenn sie ihn reden hörte.
Kurt betrachtete das Ehepaar gedankenvoll, wie sie so innig beieinander standen und verliebte Blicke tauschten. Die Architekten verließen aufeinander einredend die Küche, um ihren Mitarbeiter die Wünsche ihrer Kunden zu übermitteln.
„Frederica, Logan? Hat dieses Gerede über spezielle Zimmer etwas zu bedeuten?"
Frederica lachte abwehrend: „Nein, das ist pures Wunschdenken, wahrscheinlich liegt das daran, daß der kleine John Henry so süß ist."
Frederica sprach auf Jeans Sohn an, der Mitte August zur Welt gekommen und schon der umschwärmte Liebling aller Frauen und Mädchen in der Mansion war.
Logan verdrehte die Augen zur Decke und schüttelte resigniert den Kopf, er wechselte dann ins Englische, weil er noch nicht so sattelfest auf Deutsch war, um mit Frederica Wortgefechte auszutragen.
„Kurt, ich sage dir, der kleine John Henry wird bald einen Spielgefährten bekommen, meine Frau ist nur zu stur, um das zu begreifen."
Fredericas Wangen verfärbten sich und sie gab Logan einen Klaps gegen die Schulter.
„Das kannst Du nicht wissen, ich habe einen Termin mit Jean ausgemacht, dann können wir weiter darüber sprechen."
Sie warf den Kopf in den Nacken und stolzierte hocherhobenen Hauptes aus der Küche. Kurt machte große Augen und besah sich Logan selbstgefälliges Grinsen.
„Wow! Ihr werdet Eltern?"
Kurt hatte keine Probleme damit, zu akzeptieren, daß Logans Mutation ihm einen Vorsprung im Wissen schaffte. Seine Glückwünsche an den werdenden Vater kamen von Herzen, Kurt liebte Kinder über alles. Die arme Frederica hatte sich bestimmt nur geärgert, daß sie ihren Mann mit der Neuigkeit nicht hatte überraschen können. Logan würde solche Dinge eben immer als Erster erfahren. Fluch oder Segen seiner einzigartigen Mutation.
„Kurt, Logan, kommt ihr bitte nach Hause? Xavier hat mich eben gerufen. Ich gehe schon mal vor, ein kleiner häuslicher Notfall!", kommunizierte Frederica über die Funkverbindung, die die drei miteinander verband und teleportiert sich dann kurzerhand nach Amerika.
Sie war inzwischen so routiniert in diesem Vorgang, daß er sie kaum noch Anstrengung kostete und sie präzise ihren Zielort bestimmen konnte.
Sie tauchte wie gewünscht im Kinderzimmer von Jean und Scotts neuem Heim auf und wurde gleich von Schreien empfangen, die einem das Trommelfell zum Platzen bringen konnten.
„Gott sei Dank, daß Du da bist, Frederica! Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll, John will einfach nicht aufhören zu schreien. Jean und Scott sind auf einer Mission, Hank, Warren und Ororo sind mit den Seniors auf einer Exkursion und sonst kennt sich hier kein Mensch mit Babies aus."
Frederica mußte ein Lächeln unterdrücken, weil sie ihren Vorgesetzten noch nie so aus der Fassung gebracht gesehen hatte. Das kleine schreiende Bündel in seinen Armen, der nach Jeans verstorbenem Vater benannt worden war, schien seine sonst so unerschütterliche Seelenruhe, hart auf die Probe zu stellen.
„Der arme Kleine, gib ihn mir bitte. Ich glaube, daß es die Drei-Monats-Koliken sind, die ihm zu schaffen machen. Da gibt es ein einfaches Mittel dagegen, ich habe es in meiner Destille in weiser Voraussicht auf Vorrat zubereitet."
Frederica drückte dem schreienden Baby einen Kuß auf die von der Anstrengung erhitzte Stirn.
„Du bist jetzt ein braver Junge, bis ich mit dem Mittel wiederkomme. Du erschreckst deinen Patenonkel mit dem Geschrei zu Tode, mein Schatz."
Frederica streichelte den Bauch den Jungen und sprach einen kleinen Zauber aus, der ihm für die Zeit, die sie brauchte, um das Mittel zu holen, den Schmerz vertreiben würde. Nach einem kleinen Hickser verebbte Johns Weinen und er sah aus großen, blauen Augen zu ihr auf, die er wohl von seinem Papa geerbt hatte. Dafür würde er später wohl Jeans feuerrote Haare bekommen.
Frederica legte den Kleinen wieder in Charles Arme, der erleichtert aufseufzte. Bei Babies funktionierte seine Fähigkeit nicht und er konnte dem kleinen John Henry nicht auf telepathischem Wege die Angst nehmen. Das funktioniert erst ab etwa neun bis zwölf Monaten, je nachdem wie schnell sich das Kind entwickelte.
„So, ich werde die Medizin holen, John wird für den Moment keine Schmerzen verspüren."
Sie sah einige Augenblicke ergriffen zu, wie Xavier Jeans und Scotts Erstgeborenem zärtlich über das Gesichtchen strich und ihm eine für sein Alter viel zu komplizierte Geschichte erzählte und ihr wurde ganz warm ums Herz. Der Mann war der perfekte Großvater und sie freute sich darauf, ihm einen zweiten Enkel zu schenken, wenn die Zeit dafür gekommen war.
Sie hatte John Henry mit der Medizin versorgt und ihn in Xaviers Obhut gelassen, um einen kleinen Spaziergang zum See zu machen, wo sie sich auf den Steg setzte, auf dem Jean und Scott sich vor fast einem Jahr das Ja-Wort gegeben hatten. Sie würde die Schule und all die besonderen Orte darin, die so voller glücklicher Erinnerungen für sie waren, schrecklich vermissen.
„Hier steckst Du also. Was war denn los?"
Logan setzte sich hinter seine Frau, so daß sie sich an seine Brust schmiegen konnte, und er sie mit seinen Armen umschlingen konnte.
„John Henry hat eine kleine Magenverstimmung gehabt, und Charles war als Babysitter in Nöten."
Frederica drehte den Kopf, so daß sie Logan breit angrinsen konnte. Er lachte mit ihr und drückte ihr einen kleinen Kuß auf die Schläfe.
„Gut, daß Du dich mit so was auskennst, das Wissen wird uns später das Leben retten, Mummy."
Das letzte Wort flüsterte er in ihr Ohr und vergrub dann sein Gesicht in ihren duftenden Haaren. Frederica klammerte sich an ihn und genoß das Glücksgefühl, das sie wie ein warmer Sommerregen umhüllte, so daß sie die Kälte des Novembernachmittages gar nicht spürte.
Wenn Logan so darauf beharrte, dann mußte er ziemlich sicher über ihren Zustand sein.
„Du bist nicht darüber böse, daß es nicht geplant war, oder?", fragte Frederica etwas nervös, da sie nie über Kinder gesprochen hatten.
Logan hob den Kopf und sah ihr tief in die Augen, damit sie die Freude darin lesen konnte, die ihm die Tatsache bereitete, daß unter ihrem Herzen ihr gemeinsames Kind heranwachsen würde.
„Ich muß dir ein Geständnis machen, Liebling. Seit der kleine John auf der Welt ist, habe ich beobachtet, wie Du mit ihm umgangen bist und angehimmelt hast. Ich konnte deinen übermächtigen Wunsch nach einem eigenen Kind fast körperlich spüren. Zuerst hat es mich erschreckt, aber mit der Zeit wuchs derselbe Wunsch auch in mir. Ich habe dich deshalb einmal angeschwindelt. Du weißt, vor drei Wochen, als Du gefragt hast, ob wir bedenkenlos…"
Logan ließ den Satz offen, damit Frederica ihre eigenen Schlüsse ziehen konnte. Sie starrte ihn sprachlos vor Überraschung an, als ihr dämmerte, was er getan hatte.
„Du hast dafür gesorgt, daß ich schwanger werde? Aber warum hast Du nichts gesagt?"
Sie umfaßte sein Gesicht und sah ihm vollkommen von seinem Geständnis überwältigt in die Augen.
„Warum?", fragte sie leise aber eindringlich.
„Ich glaube, daß es meine Art ist, dir zu sagen, daß ich dich von ganzem Herzen liebe."
„Oh, Logan! Ich liebe dich auch, so sehr!"
Frederica fiel ihm um den Hals und hielt ihn fest umklammert, er drückte sie an sich und sah versonnen auf das Wasser hinaus. Seine Welt war jetzt vollkommen, er hatte den letzten Schritt getan. Frederica hatte ihm mit ihrer unerschütterlichen Geduld ermöglicht, zu erkennen, daß er sich nicht davor fürchten mußte, diese bedeutungsvollen Worte laut auszusprechen.
Sie würden bald eine eigene Familie haben, nach Deutschland ziehen und in der Schule eine Umgebung schaffen, in der Mutanten lernen und leben konnten, ohne Angst davor haben zu müssen, als Bedrohung wahrgenommen zu werden.
Er dankte dem Schicksal dafür, daß es ihn hierher geführt hatte, wo er endlich einen Sinn in seinem Leben und Menschen gefunden hatte, die er ins Herz geschlossen hatte.
Früher hatte er hinter seinem grimmigen Äußeren immer den verängstigten, unsicheren Jungen verstecken müssen, der dazu verdammt war, sich niemals mit seiner schwierigen Vergangenheit auszusöhnen.
Frederica hatte ihn aus seinem Käfig befreit, seine verzweifelte Suche nach seiner Vergangenheit war endgültig zuende, nun würde er im Jetzt und für die Zukunft leben, an der Seite der Frau, die er von Herzen liebte…
. . . THE END . . .
All other things to their destruction draw,
Only our love hath no decay;
This no tomorrow hath, nor yesterday;
Running it never runs from us away
But truly keeps his first, last, everlasting day.
Dorothy Leigh Sayers: A Busman's Honeymoon
(Ein jedes Ding hat seinen Untergang,
Nur unsere Liebe kennt nicht den Verfall;
Sie hat kein Morgen, hat kein Gestern;
Eilend, eilt sie doch nie von uns fort,
Bewahret den ersten, letzten, den ewigen Tag.)
