Einladung zum Tanz
Kapitel 3
„Ist das eine Einladung, Kanzler?"
Ihre Stimme war weich, klang aber überrascht. Er war über sich selbst verwundert, dass der Gedanke schwer erschien, die Einladung auszusprechen jedoch leicht gewesen war. Nun war abzuwarten, was sie antwortete.
„Nun, in gewisser Weise schon", antwortete er, „Möchtet Ihr?"
Sie nickte: „Gerne."
Er begleitete sie zurück in die Menschentrauben, zurück zu seinem Gesprächskreis, zurück zu seinen Freunden. Möglicherweise wurde ihr rasch langweilig und sie würde von sich aus gehen, vielleicht aber fand sie auch Anschluss an ein Gespräch und war zu beschäftigt, als dass sie sich weiter ihm widmete.
Von einem Servicedroiden nahm er zwei Gläser Rotwein und reichte ihr eines der Gläser. Erneut eine Berührung. Dieses Mal jedoch hatte er versucht, gerade solche zu verhindern. Mon Mothma nahm dankend an, sie tranken beide einen Schluck. Ohne Prost, ohne gute Wünsche, einfach, um die Situation zu überbrücken, bis sie wieder Anschluss im Gesprächskreis bekommen hatten.
Er beschloss, dass solange sie in seiner unmittelbaren Nähe war, diverse Streitthemen nicht anzuschneiden und auch nicht zu kommentieren. Er wollte um alles in der Galaxis verhindern, dass sie länger hier blieb als nötig und dass sie beide auf gar keinen Fall miteinander stritten.
Nicht hier, nicht heute, nicht jetzt!
Eine Weile konnte er sich von ihr fernhalten, einige Minuten, vielleicht auch eine Standartstunde. Dann jedoch bemerkte er ihre Blicke an ihrer Seite, er spürte die Blicke fast schon. Er antwortete ihrem Blick.
„Ihr seid heute so still", bemerkte sie lächelnd.
Na wunderbar! Erneut eine falsche Entscheidung.
„Um ehrlich zu sein, Senatorin, ich bin heute nicht auf einen Ball gegangen, um mich über Politik zu unterhalten. Aber da bin ich wohl einige der Wenigen, die ihr Amüsement suchen."
„Amüsement? Auf einem Senatsball?", sie musste lachen.
„Ich weiß, dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf."
Natürlich! Er wusste, dass die Bälle des Senats hinreichend als sehr langweilig und langatmig bekannt waren. Wenn er sich hätte amüsieren wollen, wäre er ins Theater gegangen!
Er versuchte es mit einem Grinsen oder doch nur einem Lächeln. Das sollte seine onkelhafte Maske selbst entscheiden. So oder so würde es den gewünschten Effekt erzielen. Er kannte die Wesen um ihn herum sehr gut, zu gut.
Manche ließen sich gut manipulieren, manche weniger, einige kaum und andere gar nicht. Die Leute, die gar nicht zu manipulieren waren, räumte er aus dem Weg, so früh wie möglich, oder aber er spielte sie gegeneinander aus, damit sie sich beide ins politische Abseits manövrierten. Das klappte in der Regel hervorragend und ohne großartige Anstrengungen oder gar Probleme.
Mon Mothma hingegen, die Senatorin von Chandrila, gehörte in die Kategorie „Kaum manipulierbar". Das lag an ihrer Erziehung. Ihre Mutter war Gouverneurin gewesen, der Vater war, so glaubte er in Erinnerung behalten zu haben, bei der Armee oder in der Diplomatie oder war in beiden Bereichen tätig gewesen. Und leider war sie im Loyalistenkomitee.
Offiziell unterstütze er dieses Komitee, inoffiziell jedoch…kein Kommentar!
Mon schmunzelte.
„Es ist der Optimismus, der zählt, hm?"
„Nun, ich wäre lieber ins Theater gegangen oder hätte den Abend gemütlich ausklingen lassen", gab er zu und das entsprach sogar der Wahrheit. Wesen verkrafteten seine Wahrheit durchaus, zumeist allerdings nur in kleinen Dosen.
Er widmete sich seinem Wein, trank einen Schluck.
„Wäret Ihr nicht auch lieber woanders?", meinte er plötzlich.
Das wäre interessant zu erfahren!
„Woanders?"
„Ja, zum Beispiel in der Oper, auf Eurem Heimatplaneten oder sonst wo?"
„Na ja", sie dachte nach, zögerte lange, bis sie schließlich meinte: „Einige Studienfreunde sind zur Zeit zu Gast auf Coruscant…"
Ach, sieh an! Noch jemand, der dem gesellschaftlichen und amtlichen Zwang nicht hatte entkommen können. Dabei hatte ich fast schon angenommen, ihr würden diese Bälle gefallen.
Stille. Er blickte sie, starrte nicht und verhielt sich insgesamt neutral. Sie würde aus seinem Gesichtsausdruck nichts lesen können, absolut nichts. Und das war auch ganz gut so. Seine Gedanken gingen niemanden etwas an. Er hatte sie noch nie mit jemandem geteilt und würde es auch niemals tun.
„Noch ist ausreichend Zeit."
„Wofür? Um hier zu verschwinden, Kanzler?"
Das würde mir sehr entgegenkommen!
„Als ob irgendjemand länger bleiben möchte, als notwendig! Selbst ich werde die ersten Gelegenheit nutzen, um nach hause zu finden."
Er versuchte, etwas offener zu sprechen, zumal er sich etwas abgenabelt hatte vom Gesprächskreis. Und seine Berater würden nichts dazu sagen, die wollten auch am Liebsten von hier fort.
Er langweilte sich noch immer, obwohl das, gut nannte er es Gespräch mit Mothma durchaus leichte interessante und amüsante Nuancen aufkommen ließ. Obwohl er noch immer absolut nichts dagegen hatte, wenn sie endlich ging!
Allein worüber sie sprachen war mehr als lächerlich und hatte nicht einmal das Niveau von Smalltalk erreicht, es war mehr als überflüssig!
„Erwartet Euch denn jemand?"
Er zuckte innerlich zusammen. Was war denn das jetzt für eine Frage?
Das wird mir eindeutig zu persönlich, zu intim. Was geht sie mein Privatleben an? Frage ich etwa nach dem Ihren?
Nun war es angebracht, sich besonders freundlich und ohne weitere Fragen aus der Misere heraus zu reden.
„Meine Servicedroiden, schätze ich", er setzte ein Lächeln auf, obwohl seine Laune sich verfinsterte. Diese Fragen ihrerseits waren mehr als unangebracht.
„Werdet Ihr erwartet?"
Eine Gegenfrage war immer gut, zumal er es ihr so heimzahlen konnte. Sein Privatleben war tabu. Für jedes Wesen. Für die Holonews, für seine Berater, für den Senat und auch für sie!
„Nein. Sonst hätte ich ihn auch als meinen Begleiter hierher mitgenommen."
„Wobei wir dann wieder beim gleichen Thema wären wie bei unserem Tanz", meinte er nüchtern, „Wir sollten es ad acta legen, schlage ich vor."
Sie nickte nur. Erneutes Schweigen. Seine Berater schnatterten in unmittelbarer Nähe.
Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er hier ganz dringend raus musste.
Frische Luft. Das würde ihm nun gut tun. Aber wie sollte er Mothma loswerden? Schließlich konnte er kaum mit hier hinunter in den Park gehen. Oder etwa doch?
Einige andere „Paare", Freunde, Bekannte, Senatorenkollegen waren bereits in Richtung Park gestrebt. Dieser befand sich auf einer der Terrassen des großen Gebäudes und beherbergte sogar einige seltene Pflanzen und Bäume. Wenn er sie mitnahm, würde es keinem weiter auffallen. Hoffte er. War er sich aber sicher? Nein, absolut nicht.
Aber, wie gesagt, geklatscht wurde so oder so bereits. Schließlich war er mit ihr auf der Tanzfläche erschienen und sie waren ohne streitende Worte heil wieder in den Gesprächskreis zurückgekehrt.
Wenn er sie solange langweilen würde, wie er es selbst gerade noch aushielt, wäre die Chance, dass sie danach verschwand enorm ansteigen. Außerdem war dies eine Gelegenheit, Mothmas Schwächen kennen zu lernen, um diese in der näheren Zukunft gegen sie einzusetzen. Im günstigsten Fall.
Im ungünstigsten Fall erfuhr er einfach einige interessante Dinge über sie, oder sogar über das Loyalistenkomitee. Gut, Interna wohl kaum…dazu war Mothma viel zu sehr Politikerin. Aber einen gewissen, wohl aber minimalen Einblick in einige Interna würden durchaus dabei herauskommen.
Dann sei es!
„Interesse an einem Spaziergang?"
