Einladung zum Ball

Kapitel 5

Sein ganzer Körper setzte sich, zumindest innerlich zu wehr. Er erstarrte fast und fühlte sich noch weniger wohl in seiner Haut als zuvor. Mit ihr zusammen, allein wohlgemerkt, dicht an dicht, in einer einsamen, dunklen Laube zu sitzen, war nicht unbedingt seine Vorstellung von einem ruhig ausklingenden, gemütlichen Spaziergang. Aber es war schon zu spät. Sie zog ihn weiter in diese Richtung und seine Füße setzen ein Bein vor das andere und trugen ich dorthin. Und plötzlich befand er sich in dieser besagten Laube wieder, auf einer Bank sitzend, ganz nah bei ihr.

Was, verdammt noch mal, will sie von mir? Mich in diese dunkle Laube zu schleppen, wird ja wohl einen Grund haben!

Er beruhigte sich nur langsam und betrachtete die Situation mit aufkommender Unsicherheit und Besorgnis. Sollte sie jetzt jemand hier finden, würde es mehr als Klatsch geben. Nämlich handfeste Gerüchte.

Gerüchte, dass er und Mon Mothma ein intimes Verhältnis miteinander hätten!

Ihm kam der Wein hoch, allein wenn er daran dachte! Ein Verhältnis? Er würde die Senatorin niemals beschlafen oder sonstige Zärtlichkeiten mit ihr austauschen. Das würde seinen Gegnern zugute kommen und sein Ansehen schmälern. Verheiratet zu sein war etwas anderes, oder auch eine Verlobung. Aber eine Affäre? Nein, unmöglich! Mal abgesehen davon, dass er Mothma zwar attraktiv fand, aber sie sonst nur bedingt leiden konnte. Und in den Augen eines Sith war sie eine Plage, die man loswerden musste. Sie gefährdete seine Pläne ernsthaft, sollte sie ihm tatsächlich Avancen zu machen versuchen. Er konnte es sich nicht leisten, sich in der Leidenschaft zu verlieren, auch wenn es durchaus Nächte gab, in denen er sich danach sehnte. Außerdem, so wie er Mothma einschätzte, würde sie etwas von Liebe faseln, während er sie nur als Zeitvertreib oder als Spielzeug sehen würde.

Aber…Mothma sollte weise und pragmatisch genug sein, um selber zu wissen,…ach was, wahrscheinlich hatte sie tatsächlich nur nach einem windgeschützten Platz gesucht und die Laube entdeckt.

Dennoch mussten sie hier so schnell wie möglich verschwinden.

„Ich habe mal gehört, dass diese Lauben teilweise mehrere hundert Jahre alt sind und etwa zeitgleich mit dem Senatsgebäude errichtet worden seien", meinte sie in die Stille hinein.

„Möglich. Vor zwei Jahren stellte jemand den Antrag, sie doch abzureißen, aber das wurde sofort abgelehnt."

„Wäre auch zu schaden drum!", sie lächelte leise, „Ich bin hier ab und zu schon gewesen. In manchen Nächten kann man von hier sogar etwas vom Sternenhimmel sehen."

Nein…bitte nicht. Das hier ist noch schlimmer als Smalltalk, und es nimmt gar kein Ende.

„Den Sternenhimmel? Ich sehe mir meist den Sonnenuntergang an; vom Büro aus. Oder auch den Sonnenaufgang."

„Was ist mit Euren freien Tagen, Eurem Urlaub?"

„Was soll damit sein?"

„Ihr nehmt sie Euch nicht, obwohl sie Euch zustehen."

„Nun,…Urlaub kann ich machen, wenn ich nicht mehr Kanzler bin. Und was die freien Tage angeht, Senatorin: Ab und zu gönne ich mir einen dieser Tage."

„Wann zum Beispiel?"

Himmel, war sie hartnäckig. Was sollte dieses Thema überhaupt?

„An meinem Geburtstag", gab er bereitwillig zu. Über den Rest schwieg er.

Er wurde sehr müde, Mitternacht rückte in greifbare Nähe. Zeit, um endlich zu gehen. Sie endlich los zu werden.

Morgen war Sonntag. Aber nicht für ihn. Er hatte zu tun. Während andere mit ihrer Familie frühstückten, würde er schon einige Stunden in seinem Büro verbracht haben.

Er wollte gehen, jetzt, auf der Stelle. Nur konnte er sie nicht so ohne weiteres hier sitzen lassen und fortgehen. Das war gegen seine Erziehung, gegen die Etikette. Man geleitete eine Dame stets zurück, um zu gewährleisten, dass sie unbeschadet ankam.

„Vielleicht sollten wir zurück in den Saal", schlug er leise vor, „Es ist spät geworden."

„Ja, wahrscheinlich werdet Ihr bereits vermisst", sie erhob sich zeitgleich mit ihm. Beide strebten dem Ausgang entgegen….

Stimmen! Er hörte näher kommende Stimme zweier Individuen. Wenn sie sie entdeckten! Er musste rasch handeln. Die verwirrte Mon Mothma zog er zurück in die Dunkelheit der Laube, in die letzte Ecke, ihren Schrei, der ihr fast über die Lippen gekommen war, konnte er unterdrücken, da er ihr den Mund zuhielt. Sie war über seine schnelle Aktion erschrocken, doch verstand sie, als er ihr deutete, still zu sein.

Sie standen nah bei, er konnte ihren Körper spüren, sie den Seinen. Beide atmeten leise und lauschten, ob sich die Stimmen entfernten, an ihnen vorüber gingen. Die Stimmen schienen stehen zu bleiben. Er schloss die Augen.

Lachen. Geschnatter. Erneutes Lachen. Die vom Wind rauschenden Blätter der Büsche verfälschten die Stimmen, er konnte sie nicht zuordnen. Wollte es auch nicht.

Geht weiter!

Die Stimmen schienen noch näher zu kommen. Betraten sie etwa gleich diese Laube? Es gab keinen zweiten Ein- oder Ausgang. Instinktiv presste sich Mon Mothma an ihn, sie schien sich ebenfalls der Tragweite ihrer Entdeckung bewusst, obwohl wirklich nichts zwischen ihnen passiert war! Zumindest noch nicht. Seine Hand war an ihrem Arm, hielt sie noch immer. Beide waren fast starr vor Furcht, entdeckt zu werden.

Geht endlich weiter!

Die Stimmen entfernten sich, die Schritte verhallten, es wurde wieder still. Sie beide atmeten auf…


Er wusste nicht, wie ihm so etwas geschehen konnte. Es war falsch, absolut falsch. Nur fühlte es sich so verdammt gut an. So verdammt gut! Es hatte bei ihm ausgesetzt, ebenso bei ihr. Sie hatte diesen Kuss ebenso wenig geplant wie er. Es war einfach passiert. Aus der Situation heraus. Aus dem Körperkontakt, der Wärme des anderen, dem Aufatmen, nicht entdeckt worden zu sein.

Einfach so.

Von einem Moment auf den nächsten.

Und sie waren hungrig, sehr hungrig. Beide. Er wollte es nicht zulassen, dennoch tat er es. Sie schmeckte wunderbar und fühlte sich so weich in seinen Armen an. Und es war doch schon so lange her, da er dieses hatte erleben, spüren und schmecken dürfen. Er war lange schon nicht mehr von einer Frau umarmt worden…

Der Kuss entdeckte abrupt, so wie er begonnen hatte.

Beide blickten sich verwirrt an, lösten sich voneinander. Sie biss sich auf die Lippen. Sie murmelte irgendetwas unverständliches, blickte zu Boden und suchte dann das Weite, ließ ihn allein.

Er konnte nichts sagen, war noch zu erstarrt, zu überwältigt, zu überrascht, von dem, was da gerade zwischen ihnen passiert war. Ob nun beabsichtigt oder nicht.

Lord Sidious lachte innerlich auf, die Maske verzog die Muskeln des Gesichtes zu einem leicht spöttischen Grinsen. So wollte er sie zwar nicht loswerden, aber zumindest war sie nun endlich fort. Aber jetzt stand da etwas anderes im Raume! Die Maske ging zurück in ihre Starre.

Der Kuss!

Was geschah nun mit ihnen? Mothma würde eine Aussprache wünschen, schon recht bald. So seine Befürchtung. Morgen?

Er hatte von verbotenen Früchten genascht und hoffte nun, sich nicht den Magen verdorben zu haben. Sie hatte ebenfalls von verbotenen Früchten genascht! Nun hoffte er, dass sie daran keinen Gefallen finden würde.


So, Kapitel 6 in Vorbereitung. Wie soll's weitergehen? Für Anregungen bin ich sehr dankbar.