Einladung zum Tanz
Kapitel 8
Für Mothma stand sehr viel auf dem Spiel, sehr viel. Ihre politische Laufbahn, die so viel versprechend begonnen hatte, würde jäh enden, käme heraus, dass sie eine Affäre mit ihm unterhielt. Egal ob Zuneigung oder nicht. Man würde ihr nachsagen, sie habe sich hochgeschlafen.
Ihm konnte das herzlich egal sein, und es war ihm egal. Seinem Ansehen würde es zwar schaden, doch im schlimmsten Falle zog dies Klatsch, Tratsch und weitere Jahre politischer Arbeit nach sich. Seine Ziele würde er wegen ihr nicht aus den Augen verlieren, ganz und gar nicht.
Weshalb eigentlich keine Affäre auf Zeit? Menschliche Wärme war gut und so habe ich sie unter Kontrolle. Ich habe sie in der Hand! Ihre politische Zukunft hängt jetzt von mir ab!
Damit hatte er eine potentielle Gegnerin weniger. Er hatte sie und möglicherweise sogar das Loyalistenkomitee unter Kontrolle. Zumindest würde Mon ihm mehr erzählen, als dass er es so vom Komitee selbst hören würde.
Niemand würde von ihrer Affäre erfahren, und er konnte sie beenden, wann immer es wollte.
Vorausgesetzt, Mothma ließ sich vollends auf ihn ein.
Und es hatte ganz den Anschein.
Er führte sie in das kleine Esszimmer und bat sie, doch platz zu nehmen. Er setzte sich ihr gegenüber und ließ den Servicedroiden das Essen auftragen.
Beide waren ruhig, sehr ruhig. Beide wussten nicht, was sie einander erzählen sollten.
Alles war so frisch, noch unwirklich. Oder war es das tatsächlich noch? Zumindest war mehr zwischen ihnen passiert, als hätte passieren dürfen. Und dieses Mal…würde alles anders werden.
Mon Mothma stocherte im Essen herum. Wahrscheinlich war sie mit den Geschehnissen nun endgültig überfordert. Möglicherweise versuchte sie heraus zu finden, welche möglichen Vorteile es haben könnte, ließe sie sich mit ihm ein. Für einen emotional handelnden Menschen hielt er sie nicht, sie überlegte genau. Sie war durch und durch Politikerin.
Wie dem auch sei…
„Niemand darf hiervon etwas erfahren", meinte sie plötzlich und aß einen Bissen.
Er nickte: „Der Meinung kann ich mich nur anschließen. Zumal es sich hierbei um eine private Angelegenheit handelt."
„Ja…"
Die Konsequenzen blieben unausgesprochen, da von beiden gewusst. Keiner von beiden würde etwas ausplaudern, es konnte ihnen nur Schaden. Verschwiegenheit würde sich auszahlen.
Aber er behielt es sich vor, irgendwann darüber zu plaudern,…um sie los zu werden, wenn sie ihm nicht mehr nützlich war. Oder lästig. Oder beides zusammen.
Er behielt die onkelhafte Maske auf und würde sie auch in ihrer Gegenwart ständig auflassen. Er würde charmant sein, liebenswert, liebenswürdig, vertrauensvoll. Und Mon würde nicht merken, wer hinter der Maske hervorlugt und ihr auflauerte.
Ich werde das Beste aus dieser Situation machen, ganz einfach. Mein Plan hat sich geändert. Der Weg dorthin ebenso. Das Ziel hingegen nicht.
Er würde mit dem Feuer spielen, wie er schon oft mit dem Feuer gespielt und sich noch nie verbrannt hatte. Er würde von den verbotenen Früchten naschen, und genießen, ohne Sorge, sich den Magen zu verderben.
Er war sicher. Das Einzige, wovor er sich fürchten musste, war die Klatschpresse. Die Aufdeckung seines Privatlebens.
Nach dem gemeinsamen Essen lud er sie noch auf ein Glas Wein ein. Er wollte sicher gehen, dass alles so verlaufen würde, wie er es sich wünschte…ohne weiteren Zwischenfälle oder Planänderungen.
Er wurde offensiv. Wollte wissen, wie es dazu gekommen war, dass genau das gerade mit ihnen passierte, was mit ihnen passierte. Das war doch alles allein ihre Schuld, ihr Verdienst!
„Ich wollte wirklich nur mit dir tanzen", sagte sie, wie am Vorabend bereits, „Um dich kennen zu lernen."
„So?", er goss ihr ein Glas Rotwein ein und reichte es ihr.
„Ja", sie nahm das Glas an, „Du kennst scheinbar jeden und alles, nur niemand schein zu wissen, wer genau du bist."
Das wirst du früh genug erfahren, meine Kleine! Sei nicht so ungeduldig…
„Unsinn. Es fragt nur keiner."
Das war eiskalt gelogen. Diejenigen, die ihm zu nah gekommen waren, ruhten unsanft. In der Hüttenstadt, in Naboos Erde. Durch ihn, durch seine Schüler. Es war gefährlich, sich ihm in den Weg zu stellen! Kleine, unauffällige Unfälle. Seine Geburtsurkunde war verbrannt, als das Rathaus in Theed durch einen defekt in einer Leitung vor einigen Jahren vollständig abgebrannt worden war. Seine Familie bestand nur noch aus weit entfernten Cousins und Cousinen. Menschen, die ihn nicht kannten. Menschen, die er niemals kennen lernen wollte.
Es gab unterlagen über ihn, allerdings. Doch die befanden sich in seinem Besitz, gut versteckt.
„Da du kaum Antworten gibst."
Die Antworten würden dir nicht gefallen, „mein Engel"!
„Ich spreche nicht gerne darüber", gab er zu, ohne zu lügen, „Und ich habe meine Gründe."
„Ich verstehe", antwortete sie und trank einen Schluck Wein.
Er nickte: „Vielleicht, eines Tages…"
Eines Tages wirst du die Wahrheit erkennen, doch dann wird es für dich, und all die Anderen, zu spät sein. Wir werden mit dem Feuerspielen, aber nur du wirst dich verbrennen.
Was passiert, das passiert.
Er konnte wieder planen, da ihm die Ausmaße dieses Zwischenfalls bekannt waren. Er wusste, was passierte, passieren würde und in Zukunft geschah. Er konnte die Augen schließen und die Zukunft erkennen. Er konnte die Augen schließen und die Vergangenheit verspotten.
Er hielt ihre Zukunft in Händen, und sie würde erst die Ausmaße erkennen, wenn sie schon fiel. Tief hinab in die Bedeutungslosigkeit. Bald, schon bald. Wenn er sein Ziel erreicht hatte, das von Tag zu Tag näher rückte.
Sobald er Skywalker zu seinem Schüler gemacht hatte, sobald der Orden der Jedi vernichtet war, sobald er legitim Imperator geworden war. Dann hatte sie ausgedient, dann würde er entscheiden, was mit ihr geschehen würde.
Jetzt hingegen war sie nicht vielmehr als ein Spielzeug, ein Zeitvertreib.
Nicht mehr, nicht weniger.
Kostete er eben seine menschlichen Schwächen aus. Lust war bei den Sith nicht verboten, sie war nur lästig. Gelegentlich jedoch sehr nützlich. Und befriedigend.
Sie hatte jegliche Vernunft abgelegt, jegliche Vorsicht, jegliches Kalkül. Stattdessen hatte sie sich, wie er der Situation ergeben. Er verlor die Kontrolle, bewusst, weil er es wollte, weil er wusste, dass ihm das dann Passierende sehr nützlich sein würde. Mon hingegen verlor die Kontrolle, weil sie anscheinend meinte, dass es richtig war, was sie taten. Was sie tun würden.
Es war unwichtig zu wissen, wie lange sie bereits dabei waren, einander viel näher zu kommen. Wie viele Küsse sie ausgetauscht hatten, welche Streicheleinheiten sie sich geschenkt hatten, wie lange sie einander schon in den Armen lagen.
Es fiel ihm schwer, diese Nähe zu zulassen, sehr schwer. Von ihr berührt zu werden und sie zu berühren, als gäbe es nichts anderes, als sei es ganz normal.
Es war nicht mehr wichtig, was zu diesen Geschehnissen geführt hatte. Es war nur wichtig, dass er jetzt das Richtige tat, um die zukünftigen Ereignisse allein unter seiner Kontrolle zu behalten.
„Ich muss gehen", brachte sie hervor.
Es war Abend geworden, es war dunkel draußen, das Wochenende zu ende, die Nacht stand vor der Tür.
Er würde diesen Abend nicht allein verbringen. Er würde den Abend auch anders als sonstige Abende verbringen.
„Wirst du noch erwartet?", antwortete er und entließ sie nur scheinbar widerwillig aus seinen Armen.
„Nein, es wird nur spät. Ich würde gerne bleiben…"
Er gab vor, unschlüssig zu sein, mit sich zu hadern, mit sich zu ringen. Seine Maske tat wie immer ihren Dienst gut.
„Dann bleib hier! Bei mir."
