Einladung zum Tanz

Kapitel 20

Es lief ihm eiskalt den Rücken herunter. Nichts, was Mon oder seine kleine Familie betraf, schien nach Plan zu laufen. Eher im Gegenteil: Er saß mit seiner Frau in der eigenen Wohnung fest. Sie in den Preßwehen, das Baby bereits auf dem halben Weg nach draußen. Und, sie waren allein. Seine Leibgardisten, die draußen ihren Dienst schoben, zählte er nicht.

Die Hilfe, die er angefordert hatte, würde wohl zu spät eintreffen. Es ah ganz so aus, als würde Mon dort niederkommen, wo sie das Baby auch gezeugt hatten: In ihrem Bett!

„Hol schnell so viele Handtücher wie möglich,…bitte!", flüsterte sie matt. Sie atmete ganz nach Vorschrift ihrer Hebamme, Schweiß ließ ihre Stirn glänzen. Sie musste Schmerzen ertragen, aushalten. Er nickte nur, stand schnell auf und suchte Handtücher zusammen. Er durchsuchte Schränke, fand aber zuerst nicht das Gesuchte.

Wo, verdammt noch mal, waren noch gleich…? Ah, da!

Die Gefühle, die plötzlich über ihn hereinbrachen, gefielen ihm nicht.

Überhaupt nicht!

Nicht im Mindesten!

Angst.

Besorgnis.

Panik…er spürte Panik in ihm anschwellen. Er wusste nicht, wie er ihr helfen konnte. Er hatte sich über die Jahre einiges an Wissen angeeignet, aber Geburtshilfe war nicht darunter gewesen! Er versuchte, sich durch bewusstes Atmen zu beruhige. Es gelang ihm nicht wirklich. Diese Situation war zu extrem und lief gerade komplett aus dem Ruder. Er war überfordert.

Mon entledigte sich auf dem Bett gerade ihres Slips. Sie war ungewöhnlich ruhig geworden, atmete brav.

„Die Handtücher", er befolgte Mons Anweisungen, legte ihr etliche der Handtücher unter, zog ihren Saum bis zur Hüfte hinaus. Deutlich erblickte er zwischen ihren weit auseinander klaffenden Schamlippen ein kleines Bisschen eines Kopfes. Das Baby!

Bei der Macht…!

„Ich kann es sehen, Mon."

Das darf alles nicht wahr sein! Bitte…

Plötzlich wurde es unruhig. Zwei der Leibgardisten ließen die Hebamme und jemandem vom Medteam durch. Die Hebamme erkannte, und sagte, dass ein Transport auf gar keinen Fall in Frage käme. Das Baby sei jeden Moment auf der Welt.

Er blieb. Er hatte jetzt schon so viel gesehen, dass er den Rest der Geburt ohne weiteres wegstecken würde. Mon schrie nicht mehr, sie stöhnte nur noch, hielt seine Hand. Ihre Finger waren mit den Seinen verharkt.

Die Hebamme übernahm da Kommando. Kurze Zeit später glitt das Baby aus ihrem Körper und schrie gellend. Die Hebamme säuberte das Neugeborene kurz und legte es dann seiner Mutter an die Brust. Die Eltern sollten das junge Leben begrüßen können.

Seine Frau weinte. Er wusste nicht, was er fühlen sollte.

Glück…?

„Ein gesundes Mädchen. Gratulation, Eure Exzellenzen!", meinte die Hebamme lächelnd zu ihnen.

Damit war auch klar, wie das Baby heißen würde: Lieda. Der Name war Mons Idee gewesen und er hatte ihn als passend erachtet. Gut, also ‚Lieda'.

Er starrte das Bündelchen Mensch an. Seine Tochter. Er hatte eine Tochter! Lieda. Das Mädchen blickte auch ihn an, fixierte ihn regelrecht. Er musste lächeln. Das gefiel ihm.

„Ich bin sehr stolz auf dich, Mon", flüsterte er ihr zu und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund. Er war wirklich sehr stolz, schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass er Vater wurde! Er lächelte, musste auch in seinem Innern lächeln. Möglicherweise war er gerade so glücklich wie noch nie zuvor in seinem Leben.

Er spürte wie die Macht durch seine kleine Tochter floss, sie würde eines Tages, bei besonderer Förderung, sehr mächtig werden. Aber daran sollte er jetzt noch nicht denken. Kaum ein paar Minuten alt wie sie erst war. Gerade erst ihre ersten selbstständigen Atemzüge machend.

Mon beantwortete seinen Kuss, sie lächelte und weinte zugleich.

Die Kleine wurde gewaschen, dann auch wurde Mon gesäubert, das Bett abgezogen. Er landete vor der Tür.


Unschlüssig hatte er sich in sein privates Arbeitszimmer zurückgezogen. Er hatte sogar schon in seinem Büro angerufen. Pestage würde an diverse Holonachrichtensender die Mitteilung schicken, dass der Oberste Kanzler Palpatine und die Senatorin von Chandrila, Mon Mothma, soeben Eltern einer kleinen Tochter mit dem Namen ‚Lieda' geworden waren.

Nun versuchte er, seine Schwiegereltern zu erreichen, die eigentlich übermorgen hätten eintreffen sollen. Um auf Mon Acht zu geben. Damit jemand bei ihr war, wenn…

Nun, das war jetzt nicht mehr nötig.

Meriss nahm an und erriet sofort, dass etwas nicht stimmte: „Ist etwas mit Mon?"

„Nun, ja…das Baby ist gerade eben zur Welt gekommen. Ihr und Muriel habt eine Enkeltochter, Meriss."

„Das Baby ist schon da?"

Sonst hätte ich euch freiwillig auch nicht angerufen! Zumal, wenn ihr übermorgen gekommen wärt…?

„Ja, ein Mädchen. Kräftig und gesund. Ihr Name ist Lieda."

Meriss und Muriel Mothma beschlossen, sofort nach Coruscant zu fliegen. Sie würden gegen Mitternacht auf Coruscant ankommen.

Kaum hatte er das Gespräch beendet, als auch schon die Hebamme eintrat und ihm ein Bündel in den Arm drückte. Seine Frau würde gerade gebadet, sagte sie, er könne sich derweil einwenig um das Töchterchen kümmern.

Darth Sidious lächelte, als er allein mit seiner Tochter war. Er würde ihren Midichlorianeranteil in den nächsten Tagen messen. Gewiss würde dieser sehr hoch sein. Er blickte sie an, sie starrte aus blauen Augen zurück, seinen Augen. Gähnte müde, ballte die Händchen zu winzigen Fäustchen.

„Ich hoffe, meine Tochter, dass deine Geburt der einzige Anlass gewesen ist, der meine Pläne hätte beeinträchtigen können!"

Die Kleine verstand ihn nicht, dass wusste er. Sie war zu klein. Zu klein, um alles zu verstehen. Sie blickte ihn an, schloss die Augen. War zufrieden mit ihrer kleinen Welt.

Die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft.

Die Galaxis änderte sich von Tag zu Tag, minütlich, sekündlich.

In weniger als einem Jahr war sein Leben komplett auf den Kopf gestellt worden.

Ja, das Baby war eine Gefahr für ihn und den Orden der Sith. Gleichzeitig war es aber auch die Zukunft der Sith. Er wollte keine Visionen über Liedas Zukunft erhaschen, nein. Man würde sehen, was die Zukunft brachte. Aber was auch immer es sein würde, alles würde stets nach seinem Plan gehen.

Endlich wieder.

Hoffte er.

Wünschte er.


Mon lag erschöpft im Bett, im weiten Nachthemd, die Wiege neben dem Bett. Die Hebamme hatte empfohlen, das Mädchen die ersten Nächte bei ihnen nächtigen zu lassen. Ein praktischer Grund, denn so würde keiner von ihnen großartig aufstehen müssen. Mon sollte nicht aufstehen. Sie schien schwach zu sein. Auch in seinen Augen. Müde, kraftlos, matt.

Sie würde erst einmal etwas schlafen müssen.

Demnach fiel das Vergnügen das Empfangskomitee für seine Schwiegereltern zu spielen, zwangsläufig an ihn. Das war ihm nun unwichtig. Wichtiger war, dass sie sich rasch erholte und dass sich mit dem Kind alles einspielte. Denn je zügiger dies geschah, desto schneller waren Meriss und besonders Muriel wieder auf dem Rückweg nach Chandrila.

„Sie sind gegen Mitternacht hier", er trat zu ihr und legte ihr Lieda in den Arm. Er gab ihr einen langen Kuss. „Vielleicht solltest du bist dahin etwas Schlaf suchen."

„Und was machst du derweil? Zurück in den Senat? Die Debatten…"

„Ich bin entschuldigt. Ich hatte doch versprochen, mir frei zu nehmen."

Schließlich hast du mir doch versichert, wie wichtig für so einen Winzling die ersten Tage waren!

Mon lächelte ihn offen an, öffnete dann mit leicht zittrigen Händen das Oberteil ihres Nachthemds und bot der Kleinen die Brust an. Mit Erfolg. Lieda begann zu Nuckeln. Zwar schoss die Milch erst in ein oder zwei Tagen ein, doch die Hebamme hatte ihr hierzu geraten.

„Cos?"

„Ja?"

„Ich befürchte…, ich liebe dich…"

Er musste leise lachen, beugte sich zu ihr, streichelte ihre Wange, küsste sie warm. Sie hatte die drei Worte gesagt, laut und deutlich. An ihn adressiert. Zwar im Nachklang zur Geburt, aber…sie würde es nicht sagen, wenn sie nicht daran glaubte, davon überzeugt war, ihn tatsächlich zu lieben.

Das war gut, sehr gut.

Und nun?