Einladung zum Tanz
Kapitel 35
Nach seiner Entführung war es plötzlich gar kein Problem mehr für seine Frau, Lieda privat unterrichten zu lassen. Selbst Mon hatte eingesehen, dass ihrer Familie Gefahr drohte. Jederzeit. Die Tage des Unbeschwertseins waren langen vorüber und vorbei.
„Wenn Count Dooku nun tot ist", meinte Mon beim Frühstück, drei Tagen nach seiner Rettung, „dann sind doch die Klonkriege zu Ende?"
Er schüttelte den Kopf: „Wie ich bereits sagte: Nein. General Grievious ist noch da draußen…und der Separatistenrat…General Kenobi kümmert sich darum. Aber, hatten wir nicht gesagt, dass wir das Thema Politik zuhause nicht anschneiden?"
„Oh,…entschuldige."
Er lächelte nur, gab ihr einen Kuss. Die Kinder verzogen das Gesicht. Mal wieder. Gaeron spielte mit seinem Frühstück herum und Lieda zappelte herum. Alles war wie immer. Und doch anders. Nur noch wenige Tage bis…. Manchmal überkam ihm ein gewisses Gefühl: Vorfreude. Euphorie. Ungeduld. Letzteres war nicht gerade das, was er gebrauchen konnte. Es war gefährlich, konnte seine Pläne in letzter Minute vereiteln. Natürlich musste er Risiken eingehen, überschaubare Risiken. Traute er sich zu weit vor, würde er abstürzen. Und er würde tief fallen, sehr tief. Und mit ihm seine Familie. Dabei hatte Mon in der letzten Nacht einen besonderen Wunsch geäußert. Sie wollte nun doch noch ein drittes Kind.
Er war aus den Kissen hochgefahren: „Dir ist nicht entgangen, dass ich über 60 bin, mein Schatz?"
„Ja, ich weiß, Cos, aber…es ist noch nicht zu spät!"
„Wir hatten doch eigentlich die Familienplanung beendet."
„Ja, weil die Zeiten so unsicher waren. Aber jetzt! Wenn der Frieden kommt, trittst du doch sowieso zurück. Wir könnten uns eine Auszeit nehmen, ein paar Wochen, und mit den Kindern fortfliegen. Wenn Lieda zuhause unterrichtet wird, ist es doch ganz egal, wo wir sind."
Er hatte ihre rot-braunen Haare gestreichelt, sie geküsst und vertröstet: „Lass uns das alles besprechen, wenn der Frieden wirklich da ist, ja?"
Sie hatte genickt, ihm einen Kuss gegeben und war eingeschlafen. Wie wunderbar naiv sie doch war. Glaubte immer noch, dass er die erhaltene Macht ohne weiteres an den Senat zurückgeben würde.
Armes, kleines, naives Mädchen.
Das Thema Familienplanung war für ihn abgeschlossen, eigentlich. Sollte Mon allerdings tatsächlich schwanger werden, würde er aber sofort dahin schmelzen. Sie würden das Baby bekommen.
Die Kinder waren mit in den Senat gekommen. Es waren Ferien. Einige Stunden konnten sie sich in diesem Gebäude aufhalten. Mons Assistentin würde auf sie Acht geben, wenn sie nachher in die Rotunde mussten. Die Kleinen konnten sich gut selbst beschäftigen und störten nicht. Lieda erreichte, dass sie bei ihm, ihrem Vater, bleiben durfte. Sie wollte ihm helfen.
„Ich kann ganz toll Papier ordnen", bot sie ihm an. Er lachte und reichte ihr dann einen Stapel. Er hatte Lieda Lesen beigebracht, da sie von ihm hatte wissen wollen, was unter den Bildern stehe. „Wonach soll ich ordnen, Papa?"
„Nach Farbe."
Lieda nickte und machte sich sogleich auf dem Fußboden an die Arbeit. Sie war sehr konzentriert. Und sie war stolz, als sie mit ihrer Aufgabe fertig war. Er nahm die Unterlagen an, dankte ihr.
„Möchtest du jetzt etwas malen? Oder doch lieber lesen?"
„Lesen", meinte Lieda, schnappte sich ihr DataPad und zog sich zum Lesen zurück.
Er erwartete Gäste, Senatoren. Es ging natürlich um die Beendigung der Klonkriege. Bittersüß. Er lächelte, obwohl ihm nicht dazu zumute war. Plötzlich hatten es alle eilig, ihn los zu werden! Kaum schien die Krise vorbei,… Nun gut, sie würden sich noch wundern. Die meisten Senatoren waren treue Anhänger seiner Person, nur wenige kritisierten ihn öffentlich. Mon hatte es in den letzten Monaten oft unterlassen. Als er sie fragte weshalb, hatte sie geantwortet, dass andere sie anfeindeten, da sie ihre eigene Ehe in den Schmutz zöge.
„Seit wann hindert dich das?", hatte er gefragt.
„Ich werde meine Meinung vertreten, wie zuvor auch, nur werde ich nicht mehr in vorderster Front stehen", lautete ihre Antwort.
Gut, dann zog sie sich also aus der Opposition zurück. Zumindest etwas. Er hatte noch immer seinen Alptraum von vor vielen Jahren vor Augen. Möglicherweise musste dieser Alptraum nun niemals zur Realität werden. Persönlich wollte er das nicht mehr. Mon und er waren nun seit fast sieben Jahren verheiratet, hatten zwei gemeinsame Kinder. Es lief gut für sie, zumindest auf privater Ebene. Sie „liebten" sich,…zumindest liebte Mon ihn sehr. Er,…nun…doch, da war etwas. Da war sehr viel, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Früher hatte er es vor sich verleumdet. Heute musste er sich den Gefühlen stellen.
Meine Gefühle sind ein Buch mit sieben Siegeln. Breche eines davon aus, gehe ich einen Schritt vorwärts. Aber gehe ich auch in die richtige Richtung?
Anakin Skywalker war nicht ganz auf seiner Seite. Er sah immer nur ‚Padme'. ‚Padme' hier, ‚Padme' da. Gut, sie war seine Frau, er wollte sie schützen. Vor dem Tod, oder was auch immer! Aber die Dimensionen, die ihm Darth Sidious gab, konnte er scheinbar nicht begreifen. Zu schade. Nun gut, Anakin wusste, was und wer er war. Der Junge schien fassungslos, hatte das Lichtschwert auf ihn gerichtet, diskutierte aber mehr, als dass er ihn vernichten wollte. Anakin war nur damit zu ködern gewesen, dass Sidious ihm beibrachte, wie er seine über alles geliebte ‚Padme' retten konnte. Sidious hatte natürlich sofort die Möglichkeit beim Schopf ergriffen und ihm dies angeboten. Der junge Jedi wollte Sidious aber erst lieber dem Rat ausliefern.
Na wunderbar! Der Macht sei Dank bin ich im Training…möglicherweise hilft Anakin mir ja…zumindest möchte er ja meine Fähigkeiten nutzen, der Narr.
Anakin musste ihm helfen. Denn würde Sidious sterben, starben mit ihm die Geheimnisse der Sith. Besonders ein Geheimnis: Das Erhalten von Leben. Daran lag Anakin sehr viel.
Gut, mein Lichtschwert…
Es war vorbei. Endgültig vorbei.
Zumindest für den Orden der Jedi!
Sein Plan war aufgegangen. Ja! Aufgegangen, nach Jahrzehnten der detaillierten Planung. Endlich.
Oh, Anakin hatte ihm geholfen, als er scheinbar hilflos, bedroht von einem aufgebrachten Meister Windu mit dem Lichtschwert bedroht wurde. Windu wollte ihn töten. Verständlich. Aber Anakin wollte, dass Sidious den Gerichten übergeben wurde. Windu wollte dies nicht. Er tat so als sei er geschwächt. Von den Machtblitzen, die er auf Windu gefeuert und geschleudert hatte. Anakin hatte Windu die Hand abgeschlagen, dann hatte er, als geschwächter alter Mann, den verfluchten Jedimeister mit der dunklen Seite der Macht aus dem zerstörten Fenster seines Büros in den strömenden Regen befördert.
Anakin war nun sein Schüler, würde ihm gehorchen. Der Preis dafür war nicht sonderlich hoch: Das Leben von Padme Amidala. Sollte er sie doch bekommen. Was störte ihn dieses rebellische Gör?
Anakin Skywalker war Vergangenheit. Die Republik würde bald ebenso der Vergangenheit angehören. Darth Vader war geboren. Sein neuer Schüler. Er hatte ihn zum Tempel hinüber geschickt, er sollte das Werk der Sith vollenden. Danach sollte er nach Mustafar, der Republik den Frieden bringen.
Es war vollbracht.
Der Blick in den Spiegel zerstörte seine gute Laune.
Mein Gesicht…? Mein…?
Die Machtblitze! Verdammter Meister Windu! Er hat meine Machtblitze abgelenkt! Auf mich!
Sein Gesicht war eine Fratze! Eine hässliche Maske. Seine innere Einstellung, der Hass, die Verachtung, zeigte sich nun in seinem Gesicht. Es erfüllte in mit Schrecken, obwohl er wusste, dass er daran nicht würde ändern können. Seine Frau würde…, seine Kinder würden, nun, sie würden sich womöglich vor ihm fürchten.
Er saß in seinem zerstörten Büro, der schwarze Mantel über seinem Gewand, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Der Wind pfiff um das Senatsgebäude. Es war später Abend.
Sate Pestage stand plötzlich vor ihm. Er wusste von alledem, hatte schon immer alles gewusst, immer schon auf seiner Seite gestanden. Sein Sekretär, sein Berater, sein Freund.
„Es ist also wirklich geschehen?"
„Ja."
„Die Jedi haben dich angegriffen?"
Er nickte nur. Mon würde aus allen Wolken fallen, wenn er nun nach hause kam. Er hatte es ihr damals so verkauft. Dass die Jedi ihn angreifen würden, wüssten sie, wer und was er sei. Und sie hatten es tatsächlich getan!
Jeder Sieg bedeutet auch eine Niederlage. Ihr hattet Recht, Meister Plagueis. Ihr hattet recht…
Ein Attentat… Beweise hatte er genug. Sogar sehr gute Beweise. Er würde den letzten Schritt gehen. Imperator werden. Morgen früh. In der Rotunde des Senats. Endlich…
Ein Mediker hatte seine Frau darauf vorbereitet. Sie wusste, dass er Opfer eines Attentats geworden und dadurch entstellt worden war. Er hatte sich in medizinische Behandlung gegeben, obwohl er wusste, dass es zwecklos war. Aber es kaschierte die Wahrheit und ließ die Lüge zur Wahrheit werden. Perfekt für Palpatine, perfekt für Sidious.
Wahrheit…ein dehnbarer Begriff.
Es war weit nach Mitternacht, als die Mediker, die sein Gesicht behandelt hatten, endlich seine Frau zu ihm durchließen. Sie würde ihn mit nach hause nehmen dürfen, das wusste er. Aber erst musste sie erfahren, welche Ausmaße seine Entstellungen hatten.
Er hatte sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Einige Schwellungen waren abgeklungen, doch die Entstellung war weitestgehend so geblieben. Er sah alt aus, sehr alt. Tiefe Furchen durchzogen sein einst gutmütiges Gesicht.
Mon setzte sich zu ihm, berührte seine Schultern.
„Was ist passiert, Cos?"
Er holte Luft: „Sie haben versucht, mich umzubringen. Sie waren zu viert. Vier Lichtschwerter gegen mich. Anakin hat mir geholfen, sonst…"
Er schwieg, da Mon ihm die Kapuze aus dem Gesicht streifte. Sofort wich das Blut aus ihrem Gesicht. Sie wurde blas. Sie stockte sichtbar.
„Was…?"
„Ich bin in Ordnung, wirklich…", er ließ sich in den Arm nehmen.
Ja, Liebes, alles ist in Ordnung. In bester Ordnung. Meiner Ordnung.
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