PG-12
Kapitel 2: Rose
Hier nun nach langem Unterbruch endlich das zweite Kapitel für euch.
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"Vater, sieh mal, was ich draußen im Garten gefunden habe." Der kleine Junge kam ins Arbeitszimmer seines Vaters gestürmt und hielt ihm eine Rose entgegen.
Der Ältere nickte geistesabwesend, wandte seinen Blick aber nicht von dem Buch ab, welches vor ihm auf dem Tisch lag.
Als der Junge dies merkte, trat er noch einmal etwas näher an ihn heran.
"Ich habe sie gefunden, als ich gespielt habe. Die Wurzeln sind noch alle dran, sie ist noch sehr jung. Ich möchte sie Nan (1) schenken."
Der Junge strahlte über beide Ohren, hielt die Blume sanft in einer Hand und wartete auf eine Reaktion seines Vaters. Dieser schloss aber, sichtlich desinteressiert für die Freunden seines Sohnes, das Buch und legte es zurück in eines der zahlreichen Regale des Raumes.
"Ich brauche einen Topf und etwas Wasser. Mom wird sich sicher sehr darüber freuen. Ada, schau nur wie die Farben leuchten!"
Das Licht sammelte sich in den kleinen Tautropfen, welche sich auf den Blättern der Rose angesammelt hatten und funkelten in allen Farben. Fasziniert von diesem Lichtspiel hielt er die Blume gen Fenster zu, drehte sich wie ein Wirbelwind um sich selber und summte dazu eines, der vielen Kinderlieder, die ihm seine Mutter beigebracht hatte. Plötzlich riss er im Eifer des Spielens eine hölzerne Figur vom Arbeitstisch seines Vaters. Die Figur, welche einen Mann mit Pfeil und Bogen darstellte, fiel auf den Boden und zerbrach in zwei Stücke.
Das Kind kniete entsetzt auf den Boden und hob die zwei Stücke auf und reichte sie seinem Vater hin.
Noch bevor aber der Junge registrieren konnte, was geschah, spürte er schon einen stechenden Schmerz in seinem Gesicht.
Er fiel hart gegen das Regal, welches hinter ihm stand und sank daran zu Boden. Erschrocken sah er zu seinem Vater hoch und tastete mit der einen Hand über seine schmerzende Wange.
Tränen sammelten sich in seinen großen blauen Augen.
"Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du hier nicht spielen sollst? Sag mir, wie oft? Du willst es nicht begreifen ..."
Der Junge richtete sich etwas auf, hatte aber seinen Blick zu Boden gerichtet. Er traute sich nicht, dem Älteren in die Augen zu sehen. "Ada, es ..."
"Nein, das will ich nicht hören. Ich will für den Rest des Tages nichts mehr von dir hören. Das ist die Strafe für dein törichtes Handeln, Sohn. Hast du verstanden? Geh in dein Zimmer!" Der Ältere blickte auf seinen Sohn nieder und deutete auf den Ausgang hin.
Der Kleine stand langsam auf und nickte. Seinen Blick immer noch gen Boden gerichtet. Still wandte er sich der Türe zu als er sich noch einmal kurz umdrehte.
"Was?" fragte der Ältere kalt. Er hatte sich derweil schon wieder hingesetzt.
"Meine Rose ..." wisperte der kleine Junge, während er sich mit einem Ärmel die Tränen in seinem Gesicht wegwischte. Mit wässrigen Augen sah er noch einmal zum Regal zurück. Da lag sie: Der Stängel war geknickt und ein paar der roten Blätter lagen verstreut auf dem Boden. Nichts mehr erinnerte an die wunderschöne, zarte Blume, die der er noch vor wenigen Augenblicken in seinen Händen gehalten hatte.
Er griff mit beiden Händen nach ihr und hob sie sanft hoch. Der Kleine sah noch einmal zu seinem Vater. Eine einsame Träne fiel von der Wange des Jungen auf seine Robe. Er hatte doch die Blume seiner Mutter schenken wollen. Jetzt war sie tot. Er drückte sie an sich und machte sich dann auf den Weg zu seinem Zimmer.
Eine weitere Nach, in der Aragorn von diesen geheimnisvollen Träumen heimgesucht wurde.
Langsam öffnete der König die Augen und blickte sich um. Er bemerkte, dass Arwen nicht im Bett war. Sein Blick wanderte suchend durch das Zimmer und blieb an der geschmeidigen Gestalt, welche am Fenster stand, haften.
"Du hast gesprochen, im Schlaf." Hörte er nun die zarte Stimme seiner Frau. Aragorn blieb stumm. Die Halbelbin war inzwischen wieder zurück ins Bett gekommen und schmiegte sich nun an ihren Mann.
"Du hast Träume, seit einigen Wochen schon." sprach sie weiter.
"Du hast es bemerkt?"
"Wie könnte ich nicht. Ich kann doch sehen und auch fühlen, dass deine Gedanken am Tage viel zu oft abwesend sind und in der Nacht sprichst du in wirr klingenden Wörtern die ich nicht zu verstehen mag." antwortete Arwen und sah dabei in die tiefblauen Augen ihres Gemahlen.
Dieser nickte und küsste sie auf die Stirn.
"Was kann es nur sein, das dich um deinen Schlaf bringt, mein Geliebter." fragte Arwen. In ihrem Gesicht spiegelte sich Sorge wider.
Aragorn schüttelte den Kopf und seufzte leise. "Ich kann es selbst nicht mit Gewissheit sagen. Ich sehe in meinen Träumen einen Jungen und ich träume oft von seinem Vater, seiner Mutter und davon ..." der Mensch hielt kurz inne und suchte nach den richtigen Worten. "Ich hören den Jungen weinen, eingesperrt in seinem Zimmer, abgewiesen von denen, die ihm wichtig sind und um Beachtung kämpfend ..."
"Einen Jungen? Wer ist er?"
"Ich kann mich nicht an Gesichter erinnern und auch nicht an Namen. Jedoch fühle ich mich von Mal zu Mal näher zu diesem Jungen hingezogen. Ich kann seinen Schmerz fühlen, seine Angst und seine Trauer. Ich möchte ihm helfen, ihn beschützen doch bin ich dazu nicht in der Lage. Stumm und, so scheint es mir, für die anderen nicht sichtbar, beobachte ich jedes Mal die Geschehnisse. Als wäre ich zusammen mit diesem kleinen Jungen jede Nacht erneut in diesen Visionen, diesen Träumen eingesperrt."
Aragorn sah zu seiner Frau, Ratlosigkeit spiegelte sich in seinen Augen. "Was kann ich bloß machen, damit dieser Spuk endlich ein Ende findet?"
Arwen strich ihm mit der Hand über sein Haar und Küsste ihn zärtlich. "Viele Dinge geschehen aus einem bestimmten Grund. Denkst du nicht, dass dieser Traum ein Zeichen sein könnte?"
"Ein Zeichen? Aber wofür und wieso in meinen Träumen?" erwiderte Estel.
Die Halbelbin zuckte mit den Schultern. "Vielleicht solltest du dich versuchen an Dinge zu erinnern, die dir unwichtig vorkamen. Dinge, die du in deinen Träumen gesehen, du dich aber nicht darum gekümmert hast. Orte und Begebenheiten, kannst du dich daran erinnern?"
"Wage, ich sehe Wälder. Oftmals befand sich der Junge in meinen Träumen in einem Wald und da war ein Haus, ich weiß nicht genau, ich kann mich nur an wage Bruchstücke erinnern. Ich denke es ist ein Haus oder eine Burg, inmitten grüner Blätter. Ich sehe andere Kinder und fühle die Traurigkeit des Jungens in mir. Es ist ihm untersagt, mit ihnen zusammen zu sein. Ich denke, er seht nicht danach."
Arwen blickte ihrem Mann erneut in die Augen. "Vielleicht ist es der Junge, der dich zu sich gerufen hat. Kannst du dich wirklich nicht an seinen Namen erinnern?"
Aragorn schüttelte den Kopf. "Weder Namen, noch Gesichter ..."
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1 Nan (Naneth, sin.) Mutter
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tbc
