Stumme Schreie
PG-12
Kapitel 3: Sorgen
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"Legolas, mein Freund, du bist sehr schweigsam. Sag mir, was bedrückt dein Herz?" Aragorn war neben den Elben getreten und legte ihm nun seine Hand freundschaftlich auf die Schulter.
Legolas blickte gedankenversunken in die Ferne. Durch einen flauen Wind bewegten sich seine langen Haare in einem sanften Rhythmus hin und her.
"Nichts bedrückt mein Herz, Estel. Ich bin glücklich darüber, hier bei euch in Minas Tirith weilen zu dürfen. Nichts Geringeres ist es und nichts, worüber du dir Gedanken machen solltest." sprach der Elb in einem ruhigen Ton.
"Und dennoch sagt mir mein Gefühl, dass da noch etwas ist. Selten habe ich mich geirrt, das weißt du." ergriff der Mensch erneut das Wort.
Aragorn
trat etwas näher an die Brüstung des Balkons, auf dem sie
sich befanden, und zugleich auch näher an Legolas heran.
Die
Sonne war seit einiger Zeit hinter den Gebirgen verunken und
Dunkelheit über das Land hergezogen. Einzig die Sterne spendeten
etwas Licht.
Estel musterte seinen Freund skeptisch, hielt es aber für besser, ihm nicht zu einer Antwort zu drängen.
"Der
Nachtwind ist eisig, zu eisig für einen alten Mann wie mich."
Aragorn sah ihn weiterhin an und wartete erneut auf eine
Reaktion.
Nun erwiderte der Elb seinen Blick ebenfalls mit
Skepsis. "Niemals bist du ein alter Mann, mein Freund."
Der König schmunzelte. "Doch wenn ich dich ansehe ..." begann er und wurde sogleich von Legolas unterbrochen: "Achte nicht auf das Äußere, Estel."
Legolas legte seine Hand auf Aragorns Brustkorb. "Das, was sich hier drin befindet ist das, was zählt, mein Freund. Nichts Geringeres."
Estel nickte. Er liebte die Gesten und Worte seines Freundes. Legolas verstand es, in wenigen Worten sehr viel ausdrücken zu können.
"Ich danke dir. Deine Worte sind weise gesprochen. Dennoch fröstle ich hier draußen. Ich sehne mich nach einem Kelch guten Weines und einem warmen Feuer. Ich würde mich freuen, wenn ich dabei deine Anwesenheit genießen könnte."
Legolas blickte noch einmal in die Nacht hinaus und deutete dann mit einem Kopfnicken an, dass er ihm Gesellschaft leisten würde.
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"Ich mache mir Sorgen."
Arwen nickte verstehend. "Auch ich habe bemerkt, dass er in seinen Gedanken oftmals nicht anwesend ist."
Sie überlegte kurz, bevor sie dann weitersprach: "Er war viele Jahr auf Reisen. Vielleicht sehnt sich sein Herz nach der Ferne. Er hat selber gesagt, er habe seit langer Zeit nicht für mehrere Wochen am selben Ort verweilt. Sein Herz muss sich wieder daran gewöhnen. Estel, lass ihm die Zeit."
"Das ist wohl möglich und das will ich auch machen aber zu gerne würde ich dennoch erfahren wollen, was der wahre Grund dafür ist. Ich will ihn nicht dazu drängen. Doch was bedrückt ihn? Wenn ich ihn danach frage, erhalte ich keine Antwort." sagte Aragorn sorgevoll zu seiner Gemahlin.
"Er hält die Zeit noch nicht für reif. Gedulde dich und ich bin sicher, Legolas wird es dir anvertrauen."
"Das hoffe ich." Aragorn zog Arwen noch etwas näher an und küsste sie zärtlich.
"Das hoffe ich." flüsterte er noch einmal gedankenversunken.
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Er saß auf seinem Bett. Die Beine an den kleinen Körper gezogen. Ein leises Schluchzen verlies seinen Mund und er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Immer wieder blickte er ängstlich zu der verschlossenen Türe. Er durfte nicht weinen das gehörte sich nicht. Was würde sein Vater wohl dazu sagen, wenn er ihn so sehen würde? Erneut wurde sein Blick von Tränen getrübt.
Er sah auf die Rose nieder, die er neben sich auf das Bett gelegt hatte und streichelte sanft über ihre Blütenblätter.
"Ada wollte das sicher nicht." sagte er leise.
Er griff nach der Blume und sah sie sich genauer an. "Ich werde mich um dich kümmern und wenn du wieder gesund bist, wirst du die schönste Rose sein und dann werde ich dich Nan schenken."
Die Traurigkeit in seinem Gesicht wich etwas bei dem Gedanken an seine Mutter. Ja, Nan würde sich darüber sicherlich freuen. Sie hatte ihn lieb und sie mochte Blumen!
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Legolas wachte auf. Die Sonne war noch nicht am Horizont aufgegangen, es war mitten in der Nacht. Die geschlossenen Vorhänge vor den Fenstern wurden von heftigen Windstössen nach innen geblasen und verursachten ein peitschendes Geräusch. Eine bedrückende Stimmung herrschte.
Der Elb versuchte die Fenster zu schließen, wurde aber beim ersten Versuch durch einen erneuten Windstoss von seinem Vorhaben gehindert. Erst durch größeren Kraftaufwand gelang es ihm, die Fenster entgültig zu verriegeln.
Für einen Moment herrschte eine seltsame Stille im Raum und auch draußen. Erst jetzt hörte er wieder das Prasseln des Regens gegen die Fensterscheiben. Ein heftige Unwetter war in der Nacht über Minas Tirith herangezogen.
Legolas setzte sich zurück in sein Bett und lauschte aufmerksam den Geräuschen. Ab und an wurde das dunkle Zimmer vom Leuchten eines, in der Ferne einschlagenden Blitzes, hell erleuchtet.
Langsam lies er sich zurück in sein Kissen sinken. Schlafen konnte er trotz seiner Müdigkeit jedoch nicht mehr, zu sehr hielten seine Gedanken an anderen Orten und Dingen fest.
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"Bist du hier, mein kleines, grünes Blatt?" mit leisen Schritten trat Lothien in das Zimmer ihres Sohnes.
Der kleine Junge lag schlafend auf seinem Bett.
Sie setzte sich auf den Rand des
Bettes und beobachtete den Kleinen. Er wirkte so zerbrechlich, so
zart und unschuldig. Lothien strich ihm mit der Hand sanft über
seine Wange und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
Lange Zeit
saß sie stumm da und beobachtete ihn nur. Seine kleine Brust
erhob und senkte sich bei jedem Atemzug. Seine Arme und Beine hatte
er fest an seinen Körper gewinkelt. Er lag da wie ein kleines
Bündel, ihr Bündel, ihr ein und alles.
"Träume etwas schönes mein kleiner Wildfang." wisperte sie leise und stand schließlich wieder auf um zu gehen.
"Nan?" hörte sie augenblicklich eine leise Kinderstimme und drehte sich wieder zu ihrem Sohn um.
"Hmm?"
"Ich habe dich lieb." Es war kaum mehr als ein Flüstern.
"Ich liebe dich auch!" erneut setzte sie sich zu ihm hin.
Der Junge richtete sich etwas auf, rutschte näher zu seiner Mutter heran und vergrub dabei seinen Kopf in ihrer Schulter. Mit seinen Armen umarmte er sie und drückte sich ganz nahe an sie heran. Lothien erwiderte die Umarmung und lächelte zufrieden.
"Mein kleiner Wildfang, wieso bist du zu so früher Stunde in deinem Bett? Geht es dir nicht gut?"
Es folgte keine Antwort nur ein leises Schluchzen. Die Rose. Der kleine Junge konnte seiner Mutter nicht die Wahrheit erzählen. Er würde doch so die Überraschung verderben.
Lothien sah ihrem Jungen in die Augen und bemerkte, dass er angefangen hatte zu weinen. "Nicht ... Bitte. Wenn du weinst, macht mich das traurig. Sonnenschein, erzähl mir was passiert ist."
Sie strich ihm die Tränen aus dem Gesucht und der Junge schmiegte sich wieder an sie, jedoch ohne zu antworten.
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tbc
