Als Jessi beim Krankenflügel ankam, atmete sie erst einmal tief durch, dann öffnete sie die Tür, trat ein und schloss sie wieder hinter sich. Sie blieb abwartend stehen und als Dumbledore ihr zuwinkte, ging sie auf ihn zu und setzte sich auf die Bettkante von Lilys Bett. Sie sah ihre Freundin an und erschrak innerlich. Sie sieht so unnatürlich blass aus und ihre Haare kleben an ihrer schweißnassen Stirn. Oh Lily, was musst du im Schlaf während deiner Träume durchgemacht haben. dachte sie traurig, lächelte ihr aber aufmunternd zu.
Lily fasste nach ihrer Hand und drehte ihren Kopf zu Dumbledore.
„Miss Evans, ich weiß dass es ihnen schwer fallen wird, aber dennoch muss ich sie einiges fragen." erklärte er ihr und sah sie mit einem sanften Blick an.
Lily nickte und sah kurz zu Jessi. Diese konnte das Entsetzen in den Augen ihrer Freundin sehen und sie konnte sich gut vorstellen, was in ihr vorging. Sie drückte beruhigend Lilys Hand, als Zeichen, dass sie bei ihr bleiben und ihr beistehen würde. Lily wandte ihren Blick wieder Professor Dumbledore zu und nickte.
„Gut, fangen wir mit dem an, was sie vor zwei Jahren erlebt haben." sagte er und sah sie beruhigend an, als er das Entsetzen in ihren Augen sah.
Lily holte tief Luft und begann zu erzählen, was sie vor zwei Jahren durchmachen musste.
Mein Cousin Kai Brosley lud mich zu einem Eis in das Eiscafe´ in unserem Dorf ein. Wir gingen zu Fuß, da wir nur drei Straßen weiter laufen mussten, von dort aus, wo ich wohne. Plötzlich tauchten aus einer Nebenstraße 6 Schwarzgekleidete Männer vor uns auf und versperrten uns den Weg. Sie zogen Kai und mich in die Seitenstraße und drängten uns an eine Hauswand. Sie sagten, dass sie wüssten, dass wir Mugel wären und sie Spaß daran hätten, Mugelgeborene zu quälen und sie anschließend zu töten. Da sie der Auffassung sind, dass Mugelgeborene minderwärtige Subjekte wären. Der eine sah mich an und zischte mir ins Ohr: „Du bist doch dass Schlammblut, was nach Hogwarts geht! Es wird dem dunklen Lord gefallen, dass wir dich ausschalten, da Schlammblüter in der Zaubererwelt nichts zu suchen haben, sie beschmutzen das Ansehen der Hogwartsschule." Dann sagten sie, dass… dass…" schluchzte Lily und Tränen liefen ihre Wangen herunter. Jessi nahm ihre Freundin in den Arm und strich ihr beruhigend über den Rücken und sah Dumbledore ernst an.
Dumbledore ließ Lily Zeit sich wieder zu beruhigen und fragte dann ruhig, wobei er ihr tief in die Augen sah: „Was passierte dann?"
„Sie… sie sagten, dass sie mit mir ihren besonderen Spaß haben würden, da sie für Schlammblüter etwas besonderes, vor allem für weibliche, auf Lager hätten. Kai schrie sie an, als er das hörte, was sie doch für Schweine wären." erzählte Lily und holte tief Luft.
„Darf ich fragen, wie alt ihr Cousin war." fragte Dumbledore und sah ihr wieder tief in die Augen.
„Er war 20 und wie ein Bruder für mich, er hat sich mit mir gefreut, als ich meinen ersten Brief von Hogwarts bekam." erklärte Lily mit Tränen in den Augen.
„Was geschah weiter?" fragte Dumbledore ruhig, hielt aber den tiefen Augenkontakt zu Lily aufrecht.
„Die Männer lachten und sagten zu ihm, was ihm den einfallen würde, so mit ihnen zu reden und was er den dagegen unternehmen wollte, um das zu verhindern. Kai schrie ihnen entgegen, dass er nicht zulassen würde, dass sie mir etwas antun. Einer der Männer hob statt einer Anwort seinen Zauberstab, zielte auf Kai und rief „Crucio." Da wusste ich mit Sicherheit, dass sie keine Mugel waren. Kai fiel schreiend zu Boden. Er schrie und schrie und der Zauberer hielt den Fluch, ich weiß nicht wie lange, aufrecht. Ich wollte ihm helfen, doch als ich mich bewegte, griff einer von ihnen mich am Hals und hob mich ein Stück hoch. Er sprach einen Fluch und ich hing bewegungslos an der Wand, als wenn ich an einem Hacken aufgehängt wäre. Mit einem weiteren Fluch, zwang er meinen Kopf, den ich weggedreht hatte, in die Richtung, wo Kai am Boden lag, so dass ich gezwungen war, alles Mitansehen zu müssen. Die Männer jagten immer wieder Flüche auf ihn. Ich schrie sie sollen aufhören, doch sie lachten nur darüber. Einer der Männer drehte sich zu mir, hob seinen Zauberstab und murmelte etwas, was ich nicht verstand. Dann strich er mit seinem Zauberstab und der anderen Hand grinsend über meinen Körper, ich schrie so laut ich konnte. Er sprach den Silencio Zauber und ich merkte, dass kein Ton mehr aus meiner Kehle kam. Er zwang mich wieder zu meinem Cousin zu sehen, damit ich ihnen dabei zusah, wie sie ihn weiterhin qoälten. Sie sagten, dass ich sonst die Premiere verpassen würde. Kai schrie immer noch, er hätte nicht aufhören können, auch wenn er es gewollt hätte, sie zielten immer wieder mit Flüchen auf ihn, er konnte nur schlecht zwischendurch Luft holen. Ich weiß nicht wie lange sie ihn gequält haben, da ich jegliches Zeitgefühl verloren hatte. Ich schloss die Augen, um dass alles nicht mehr mit ansehen zu müssen, da meine Schreie niemand hören konnte. Ich hörte, wie jemand „Flexo" rief und meine Augenlider öffneten sich ohne dass ich etwas dagegen tun konnte und wurde durch diesen Fluch gezwungen, weiterhin zuzusehen, was sie mit Kai machten. Ich wünschte mir Ohnmächtig zu werden, wie ich Kai auf dem Boden liegen sah, als er aus Mund, Nase und sogar aus den Augen zu bluten begann. Das reichte ihnen nicht, sie quälten ihn weiter, erst als er sich nicht mehr bewegte, ließen sie von ihm ab. Ich fühlte, wie die erlösende Ohnmacht über mich kommen wollte, doch dies, muss einer von ihnen bemerkt haben, denn es wurde etwas gemurmelt und die Ohnmacht trat nicht ein. Einer dieser Männer sagte: „Wenn du Ohnmächtig werden würdest, hätten wir ja nicht so viel Spaß mit dir!" Und alle 6 kamen auf mich zu, ich versuchte verzweifelt mich zu bewegen, doch ich konnte es nicht. Sie kamen immer näher und ich schrie ohne einen Ton von mir zu geben. Als sie nahe bei mir standen, fassten sie mich überall an, sie…" Lily konnte nicht weiter sprechen, da sie sich in eine Schüssel, die Madame Pomfrey schon führsorglich bereitgestellt hatte, übergeben musste. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich ihr Magen wieder beruhigt hatte.
Dumbledore sah ihr weiterhin tief in die Augen und sagte: „Erzählen sie weiter."
„Sie ließen plötzlich von mir ab. Der Zauber, der mich an der Wand festhielt, löste sich und ich fiel zu Boden. Ich wusste nicht, warum sie von mir abgelassen hatten, aber als ich zu ihnen sah, erkannte ich, dass sie sich alle auf den linken Arm fassten und apparierten. Kaum dass sie weg waren, tauchten irgendwelche Leute auf und suchten alles ab. Einer von ihnen kam zu mir und fragte: „Sind sie nicht Miss Lily Evans?" Ich versuchte ihm zu antworten, bekam aber keinen Ton heraus. Ich sah zu meinem Cousin, doch sie hatten eine Decke über ihn gelegt. Dann muss ich wohl Ohnmächtig geworden sein, denn ich wachte im St.- Mungos Hospital, wie man mir erklärte, wieder auf." beendete Lily ihre Erzählung.
Jessi nahm sie in den Arm und spürte, wie Lily am ganzen Körper zitterte. Sie sah Dumbledore mit einem flehenden Blick an, doch dieser schüttelte mit dem Kopf.
„Miss Evans, ich muss auch noch wissen, was sich heute in der Freistunde auf der Lichtung beim See zugetragen hat." Sagte er sanft und schaute ihr, nachdem sie sich wieder mit dem Kopf auf ihr Kissen gelegt hatte, tief in die Augen.
„In der Freistunde ging ich zuerst zum See, setzte mich unter die alte Buche ins Gras und schaute über den See. Doch vom Schloss hörte ich laute Stimmen und so beschloss ich, zu der kleinen Lichtung am See zu gehen. Auf der kleinen Lichtung setzte ich mich ins Gras und war plötzlich von sechs Schülern umringt." erzählte sie.
„Konnten sie sehen, wer es war?" fragte Dumbledore ohne seinen Blick von ihren Augen abzuwenden.
„Ja, es waren Lestrange, Malfoy, Bellatrix Black, Crabbe, Goyle und Strew. Bevor ich jedoch schreien konnte, jagten sie mir den Selencio Zauber entgegen und begannen mit allen möglichen Flüchen auf mich zu zielen. Der letzte Fluch den ich noch hörte, bevor mir schwarz vor Augen wurde, war Crucio." sagte Lily und fing an zu weinen.
Jessi strich ihr beruhigend über den Arm und sah Dumbledore fassungslos an. Dumbledore deutete ihr nichts zu sagen und rief: „Poppy kommst du Bitte."
Madame Pomfrey kam mit einem Glas, was eine pinkfarbene Flüssigkeit enthielt zu ihnen und reichte es Lily. Diese trank es dankbar aus und nur Sekunden später fielen ihr die Augen zu.
„Professor, wie…" begann Jessi, doch Dumbledore unterbrach sie mit einer Handbewegung.
„Sie wollen mich sicherlich fragen, warum es möglich war, dass Miss Evans den Rest ihrer Erzählung ohne Unterbrechung erzählen konnte." sagte er mit seiner ruhigen Stimme.
„Ja." antwortete Jessi und nickte bestätigend.
„Nun, es ist so, ich habe durch den konstanten Blickkontakt, eine leichte Hypnose bei ihr angewandt." erklärte er. „Nur, wie sie dieses starke Empfinden bei ihrem
Erlebten hatte, sprich, als sie sich Übergeben musste, ließ die Hypnotische Wirkung etwas nach." fügte er seiner Erklärung hinzu und stand auf. Er ging zu Madame Pomfrey und sprach kurz mit ihr, bevor er den Krankenflügel verließ.
Madame Pomfrey kam auf Jessi zu und sagte: „Miss Brown, sie sollten jetzt auch zu Bett gehen, Miss Evans wird vor Morgenfrüh nicht mehr aufwachen."
Jessi nickte, warf Lily noch einen mitfühlenden Blick zu und verließ den Krankenflügel, um in den Gryffindore Gemeinschaftsraum zu gehen.
Als sie den Gemeinschaftsraum betrat, schaute sie sich um und entdeckte Remus bei den anderen Maraudern am Kamin. Sie ging zu ihnen hinüber und legte Remus eine Hand auf die Schulter. Er sah von seinem Buch hoch und begrüßte sie: „Hi Jessi." Sie nickte ihm stumm zu und er stand auf, um mit ihr zusammen in eine ruhige Ecke des Gemeinschaftsraums zu gehen.
„Du siehst blass aus." Sagte er besorgt.
„Es war für Lily nicht einfach, als ich sie sah, erschrak ich regelrecht. Remus es war schlimm, sie musste Dumbledore alles erzählen, doch das Schlimmste war, dass sie uns nicht alles, was vor zwei Jahren passiert ist, erzählt hat." erzählte sie mit einem traurigen Ausdruck in den Augen. „Es war schrecklich…"
Sie erzählte Remus, was Lily Dumbledore alles erzählt hatte.
„Er hat sie in eine leichte Hypnose versetzt?" fragte Remus fassungslos.
Jessi nickte und stand auf. „Remus, sei mir nicht böse, aber ich möchte jetzt allein sein, wir sehen uns morgen." sagte sie und ging zur Treppe, die zum Mädchenschlafsaal führte.
Remus ging zurück zu seinen Freunden. „Ich gehe nach oben in den Schlafsaal und werde zu Bett gehen." teilte er ihnen mit und verließ den Gemeinschaftsraum in Richtung Schlafsaal.
