Das ist das letzte Kapitel vor der Sommerpause, weil ich jetzt für drei Wochen im Urlaub bin. Bis dahin dürft ihr euch hierüber freuen, extra für euch noch heute Abend getippt

Anne: Dankeschön - woher ich die "Zeit"-Sache habe, weißt du ja ;) Na, ich hoffe ich habe José einigermaßen gut mit diesem Kapitel getroffen...

Murmel: Schön, dass du keine Schwarzleser bist Und natürlich danke für das Lob!

sarah.easy: Ja, die Hermine eben ;) Ich hoffe, es hat nicht allzu lange gedauert mit dem Kapitel!

helenna: Dankeschön, und hier ist auch schon das nächste Kapitel!


Kapitel 5

Auch wenn Ron die Hütte von José noch nie betreten hatte, vermittelte sie ihm doch ein Gefühl von Heimat. Vielleicht lag es wirklich daran, dass er in seiner Lebensweise Hagrid ähnelte, oder daran, dass es in der Hütte aussah wie eine Zeichnung aus einem Märchenbuch, das wusste er nicht.

An den Wänden hingen Bilder von großen Schiffen (er erkannte die „Titanic" und die „Mayflower"), Buddelschiffe in Flaschen standen auf den Kommoden und Tischen.

Er formte ein lautloses „Wow" mit den Lippen – wer hätte gedacht, dass jemand so verrückt nach Schiffen und Seefahrt seien konnte.

„Na, wie gefällt es dir, mein Junge?", fragte José, der hinter ihn getreten war und ihm auf die Schulter klopfte.

„Ich hätte nie gedacht, dass es Schiffe in so vielen verschiedenen Ausführungen gibt", erklärte Ron verlegen.

„Ron, das ist José. José, das ist Ron", stellte Hermine vor. „Ron wollte uns ein wenig beim Schiff helfen, wenn dir das Recht ist."

„Jede Hilfe ist Willkommen, das weißt du doch, Hermine. Willst du dir das Schiff mal ansehen?", fügte er dann an Ron gewandt hinzu.

„Klar!"

-

Das Schiff sah eigentlich schon ziemlich seetauglich aus.

Es war ein kleiner, alter Fischkutter. Er war aus Holz gemacht und eine kleine Kabine war auf dem Deck aufgebaut. Es war weiß gestrichen – offensichtlich ein neuer Anstrich – doch an einigen Stellen war noch keine Farbe aufgetragen worden. Am Bug waren einige Bretter weg gebrochen, das musste noch gerichtet werden. Auch die Scheiben an der Kabine waren zersprungen oder fehlten ganz.

Aufgebahrt war das ganze Schiff in dem Anbau an Josés Haus.

„Nun, es gibt noch eine Menge zu tun…", murmelte Hermine.

Ron nickte. „Dann lass uns mal anfangen!"

Zuerst flickten sie die Löcher am Bug. José hatte mehrere Holzplatten besorgt und für sie bereit gelegt. Mit einem gekonnt platzierten Zauber schnitt Ron die richtigen Stücke zurecht und Hermine befestigte sie – ebenfalls mit Magie – am richtigen Platz.

José gesellte sich nach einer Weile zu ihnen. Er hatte Limonade und Säfte mitgebracht und bat die beiden, eine kleine Pause zu machen.

Die kühlen Getränke waren wirklich wohltuend, und eigentlich hatten Ron und Hermine gar keine Lust mehr, irgendetwas am Boot zu machen. Doch José hatte eine Idee. „Was haltet ihr davon, wenn ich euch von meiner großen Liebe erzähle, dann geht euch die Arbeit gleich leichter von der Hand."

Dieser Deal war zwar nicht unbedingt gut, aber sie konnten dem ältlichen Herrn nichts abschlagen. Also nahmen sie Farbe und Pinsel und warteten auf Josés Geschichte.

„Ihr Name war Maria", begann er, die Augen nachdenklich geschlossen. Ron quittierte das mit einem Augenrollen zu Hermine, doch die schüttelte nur kurz den Kopf und tauchte den Pinsel in die weiße, leicht zähflüssige Masse.

„Wir trafen uns zum ersten Mal in der kleinen Spelunke hier im Dorf. Zu unserer Zeit durften Frauen dort nicht herein, und sie war nur dort, weil sie als Kellnerin arbeitete. Der Pub hieß „Zur einsamen Meerjungfrau", und so kam sie mir auch vor. Sie hatte langes, glattes schwarzes Haar, und sie trug diese Kellnerinnenuniform. Also den kurzen Rock und eine weiße Bluse. Die Männer starrten ihr sehr unzüchtig nach. Sie war wohl nicht gerade begeistert davon, was ich auch verstehen kann. Mir wäre auch nicht wohl gewesen, vor allem nicht zu dieser Zeit. Frauen galten als eine Art Eigentum. Wer sie wollte, konnte sie auch haben.

„Ich war nur auf der Durchreise, damals noch als Bellboy und Page auf einem mittelgroßen Kreuzfahrtschiff für die oberen Zehntausend. Wisst ihr, damals zählte Ausbildung nicht so viel. Mein Vater, Gott hab' ihn selig, brachte mir alles an Magie bei, was ich nun weiß. Am nächsten Tag sollte das Schiff weiterfahren. Der Aufenthalt war nicht geplant. Der Frischwasservorrat musste aufgefrischt werden, und die Crew war angehalten worden, das Schiff nicht zu verlassen. Doch ich schlich mich herunter. Damals war ich gerade sechzehn Jahre alt. Maria war vielleicht fünfzehn, möglicherweise auch erst vierzehn.

„Ich betrat also die Kneipe, und wurde von dem ungeheuren Tabakgeruch fast umgehauen. Und da stand Maria hinter der Theke und füllte mehrere Biere ab. Sie sah mich an und lächelte. Ihr hättet sie lächeln sähen müssen. Sie war so wunderschön. Ich setzte mich an einen Tisch nahe der Theke und beobachtete sie. Irgendwann später am Abend kam ein Mann zur Theke. Er hatte lange, fettige Haare und ein schmutziges Lächeln. Er nahm Marias Kopf in seine Hand. Sie versuchte sich loszureißen. Doch er sagte, sie solle sich nicht so anstellen und mit ihm mitgehen. Er würde ihr nicht wehtun, es für ihr erstes Mal ganz sanft machen.

„Das war zu viel für mich. Ich sprang auf, mein Stuhl kippte um. Ich rief, er solle sie sofort in Ruhe lassen, der ekelhafte Sträfling. Ich meine, stellt euch das vor; ein eher schmächtiger 16-Jähriger sagt einem Mittdreißiger mit der Gestalt eines Bodybuilders, was er zu tun hat. Alle Augen in der „Meerjungfrau" richteten sich auf mich. Mir wurde urplötzlich klar, dass ich vielleicht einen Fehler gemacht hatte. Aber ich konnte Maria nicht von diesem Ekel anfassen lassen. Ich ging hinter die Theke, nahm ihre Hand und zog sie schnell mit mir nach draußen. Doch der Mann packte mich an der Schulter, drehte mich um und schlug mir ein richtig blaues Auge. Mir wurde richtig schwarz vor Augen und ich stolperte halb blind in einen anderen Tisch. Die Männer von dort sprangen sofort auf, doch Maria riss mich am Arm aus der „Schusslinie", und so schlugen sie ihren dreckigen Verehrer. Der fand das nicht so gut, und schon war die übelste Prügelei im Gang. Maria zog mich schnell nach draußen in die kühle Nacht und in eine Seitenstraße.

„"Danke", sagte Maria. Es sei schon in Ordnung, sagte ich. Sie strich kurz über meine schmerzende linke Gesichtshälfte. Und dann küsste sie mich.

„Ich sagte ihr, sie könne mit auf das Schiff kommen, sie müsste nicht hier bleiben, ich würde sie verstecken, ihr alles bringen, was sie bräuchte. Doch sie begann zu weinen und sagte, sie könne ihren Vater nicht im Stich lassen. Ihre Mutter war vor einigen Jahren gestorben, jetzt kümmerte sie sich um ihren kranken Vater, der sich mit der Arbeit übernahm. Die Kneipe wuchs ihm über den Kopf. Und sie wollte und konnte ihn nicht verlassen.

„Aber sie sagte, sie würde hier warten. Sie würde warten, bis das Schiff wiederkäme, bis ich zu ihr zurückkäme. Dann würde uns nichts im Wege stehen, sagte sie. Doch ich wusste schon von Anfang an, ich würde niemals an einem Platz leben können, der einen nicht an jedem Morgen wo anders aufwachen lässt. Damals noch nicht, auch heute fällt es mir schwer. Aber als 16-jähriger Bursche konnte ich es nie, ich hätte es nie gekonnt. Ich durfte ihr aber nicht das Herz brechen. Ich sagte ihr, ich würde kommen, nicht bald, aber ich versprach ihr zu kommen. Nun bin ich hier, aber ich kann sie nicht finden. Ich wünschte, ich wäre damals dort geblieben. Kein anderes Mädchen hätte je solche Gefühle in mir auslösen können."

José verbarg seine Augen hinter seiner Hand. Ron und Hermine sahen sich an. Sie wussten, was sie tun wollten. Sie wollten Maria finden. Sie wollten die beiden Liebenden wieder vereinen.


Kommt schon, gebt mir ein Review, eins für den Urlaub ;)