Nur noch ein kleines bisschen weiter und ihr habt' s geschafft und einen triftigen Grund mich umzubringen :-))...viel Spass!
6.Kapitel: Das Geständnis
Der nächste Morgen zog stürmisch und mit donnernden Blitzgewittern herauf. Schon zum Frühstück mussten die Fackeln in den Gängen angezündet werden und Filch, der es mithilfe von Slughorn geschafft hatte, den ekelhaften Geruch aus dem Schloss zu kriegen, hatte jetzt ein neues Problem: Peeves, der Poltergeist, der die Fackeln ausblies und in der Finsternis, die Schüler mit Tinte übergoss oder sie mit nassem Klopapier zu erwürge versuchte.
Doch trotzdem war die Stimmung so weihnachtlich – vorfreudig und aufgeheizt, dass es niemandem etwas ausmachte, sich durch ohrenbetäubenden Lärm hindurch einen Guten Morgen zu wünschen oder nach Marmelade zu verlangen.
Remus war es egal.
Er war früh aufgewacht und in Gedanken ganz bei seinem Plan.
Selbst als Bertram Aubrey, ein hinterlistiger Slytherin, ihm beim Frühstück einen Fluch auf den Hals jagen wollte und James und Sirius ihn retteten (Bertrams Kopf schwoll auf das Doppelte an), schaute er nicht einmal hin. Erst als er Slughorns Stimme hörte, der die beiden anbrüllte und ihnen Nachsitzen gab (allerdings erst nach den Ferien, es war schließlich Weihnachten) schaute er sich verwirrt um und wandte sich sofort wieder seiner Idee zu.
„Bedanken könntest du dich, du Dreckskerl!", schimpfte Sirius und lächelte Amanda zu. Diese rümpfte die Nase und schaute demonstrativ in die andere Richtung zum Hufflepuff- Tisch.
Remus nickte nur und zählte etwas an den Fingern ab.
„Lass ihn", sagte James und zog Sirius zurück, als der sich auf Remus stürzen wollte. „Besser, als dass er uns mit diesem traurigen Kulleraugenblick anschaut."
Sirius sprang sofort darauf an:
„Jaah", sagte gedehnt, „ wie kann man als Wolf solch, knuddelige Plüschtieraugen haben? Erinnert mich stark an den alten Schosshund meiner Urgroßtante. Das Vieh war so was von hässlich, aber es hatte wunderschöne Bernsteinaugen…"
Als Remus selbst darauf nichts sagte verschüttete James vor Erstaunen die Milch; normalerweise wurde Moony fuchsteufelswild wenn man ihn auf seine Augen ansprach, die nach Vollmond immer noch rund (Sirius nannte es „weibisch") und mit langen, sehr dunklen Wimpern ausgestattet waren. aussahen. Dass er von Natur aus schon dunkle und volle Wimpern hatte, machte die Sache nicht besser.
Kopfschüttelnd schauten sie Remus an, der ganz wie ein verrückter Professor aussah, mit seinem demolierten Gesicht, den wilden abstehenden Haaren und diesem unaufhörlichen Gemurmel.
Nach einer Viertelstunde verschwanden Sirius, James und Peter nach draußen. Sie versuchten ihn zum Mitkommen zu überreden, doch er schüttelte den Kopf und murmelte weiter vor sich hin. Als sie weg waren atmete er erleichtert auf. Er sah sich um und merkte, dass er der einzige war, der noch in der Großen Halle saß.
Er griff nach seinem Stock und stiefelte rasch in den Gryffindor- Turm.
„Kekse", keuchte er der Fetten Dame zu und wischte sich das Gesicht. Wütend stellte er fest, dass es Blut war, das ihm in die Auge tröpfelte.
‚Nichtsnutzige Missgeburt, du', dachte er zornig und achtete nicht auf das Protestgeschrei des Bildes, als er sich mit der Hand am Rahmen abstützte und Blutspuren hinterließ.
Der Gemeinschaftsraum war völlig leer, ebenso der Schlafsaal. Remus ließ den Stock fallen, legte sich hin und zog James' Koffer unter dessen Bett hervor.
Als er ihn öffnete, meldete sich sein Gewissen, doch er schob die Bedenken beiseite.
„Ich bring ihn ja zurück", murmelte er und wühlte zwischen Klamotten und Büchern herum, bis er endlich auf einen dünnen, silbrigschimmernden Stoff stieß, der sich wie in Seide eingewebtes Wasser anfühlte: James' Tarnumhang.
Er presste ihn an sich und robbte weiter zu Sirius' Bett. Er kroch darunter, löste eines der Bretter, die die Matratze hielten und kratzte mit dem Zauberstab ein ‚T' auf das Holz. Sofort erschien eine Klappe und er zog ein Stück Pergament hervor.
„Danke, Jungs", flüsterte er und kam wieder auf die Beine. Er schob den Koffer unters Bett zurück, legte den Tarnumhang um und ging die Stufen zurück in den Gemeinschaftsraum.
„Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin."
Sofort erschienen kleine Linien und Tintenpunkte auf der Karte des Rumtreibers und zeigten ihm alle Personen auf dem Hogwartsgelände, einschließlich der Geheimgänge.
Das interessierte Remus aber nicht.
Er tippte die Karte erneut an und murmelte: „Pyrus".
Kleine grüne Tintenfeuer prasselten plötzlich auf der Karte auf, zumeist in den Gemeinschaftsräumen oder Lehrerbüros. Und neben einem Feuer stand…
„Aha", sagte Remus und lief zum Portraitloch. Die Fette Dame war zum Glück nicht da und er rannte so gut es ging durch die Gänge; den Stock hatte er im Zimmer liegen gelassen.
Er erreichte die Tür im siebten Stock und warf einen weiteren Blick auf die Karte. Professor Flitwick, dem der Raum gehörte, war unten in Slughorns Büro, also weit genug weg.
So leise es ging, öffnete Remus die Tür des Büros. Sie war nicht verschlossen und er konnte auch keine Schutzzauber erkennen, also löschte er schnell die Karte und sprang zum Kamin.
Er ließ den Umhang von den Schultern gleiten, sah sich um und versteckte ihn schließlich hinter einer großen gelbblättrigen Pflanze, die wie eine Muschel aussah und drehte sich wieder um.
Er ergriff den Topf, der auf dem Sims stand, schaute noch einmal um sich, dann warf er das Pulver ins Feuer.
Smaragdgrüne Flammen schossen ihm entgegen, er stellte sich mitten hinein und rief:
„St. Mungo Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen, Abteilung für Werwolfbisse."
Die Flammen schossen empor, dann begann sich Remus im Kreis zu drehen und war aus Flitwicks Kamin verschwunden.
Die Blutspur, die er vom Gemeinschaftsraum an hinterlassen und die sich vor dem Kamin zu einem großen Fleck ausgebreitet hatte, sah er nicht.
Das Drehen und der Farbenrausch nahmen langsam ab und Remus fühlte plötzlich festen Boden unter den Füßen. Er schüttelte die Asche aus den Haaren und sah sich um.
Es hatte funktioniert.
Er stand direkt vor Mr. Gribbles' Büro und links gingen die Untersuchungssäle und Ausnüchterungszellen ab, wie Mr. Lupin es nannte.
Das waren kleine, fensterlose Räume, die soviel Magie enthielten, dass sich jeder Werwolf abreagieren konnte. Remus wusste, dass eine Zelle stets für Greyback reserviert war und er wollte sich nicht vorstellen, wie viele andere Werwölfe bald dort hinein gesperrt würden, sobald man sie angeschossen und dem Krankenhaus übergeben hatte.
Er schüttelte den Kopf. Deswegen war er nicht hier. Er ging nach rechts und schwang die Glastür auf, seltsam erstaunt über die Ruhe, die hier herrschte.
Dann fiel es ihm ein.
Vollmond war erst vor ein paar Tagen gewesen und alle schlimmer Verletzten oder Gebissenen würden auf öffentlichen Stationen liegen. ‚Viel Spaß beim Suchen', dachte er grimmig.
Er ging eine weitere Treppe hinunter, um eine weitere Ecke…
RUUMS
Remus taumelte zurück. Er war gegen etwas Weiches und Warmes geprallt. Er schaute auf, musste jedoch den Kopf in den Nacken legen, um in das Gesicht der Person vor ihm sehen zu können.
Es war eine sehr große Frau mit langen, schwarzen Haaren und einem bildschönen Gesicht, dass Remus seltsam bekannt vorkam. Irgendwo hatte er schon mal jemanden gesehen, der dieser Frau sehr ähnlich sah. Sie war offensichtlich hochschwanger, ihr wallendes, blaues Kleid stand über ihrem dicken Bauch hervor. Sie atmete schwer und blickte Remus wütend an.
„Pass doch auf, wo du hinläufst", rief sie und presste die Hand auf ihren Unterleib.
„Entschuldigung", murmelte Remus, doch sie schien ihn nicht zu hören. Rote Flecken tauchten auf den Wangen der Frau auf und er fragte sich, ob er jetzt auch noch Geburtshelfer spielen müsse.
„Kann ich Ihnen helfen?", fragte er vorsichtig und spannte die Arme, bereit die Frau aufzufangen, sollte sie einknicken.
„Nein, nein, schon gut…außer, kannst du mir den Weg in einen belebten Teil zeigen? Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin, aber dass scheint eine Station für Aussätzige zu sein…so weit abseits", sagte sie schwer atmend, schien sich jedoch wieder zu beruhigen.
Remus widerstand der Versuchung, ihr zu sagen, dass es keinesfalls eine Aussätzigenstation war, sondern nickte nur und bedeutete der Frau ihm zu folgen.
Zusammen gingen sie durch einen weiteren verlassenen Korridor und mehrere Türen.
„Junge oder Mädchen?", sagte Remus neugierig und versuchte, den bohrenden Schmerz in seinem Rücken zu ignorieren.
Die Frau starrte ihn an und er deutete auf ihren Körper.
„Ach so", lachte sie, „ja, ich werde etwas langsam, jetzt wo die Hormone verrückt spielen. Es wird ein Mädchen, sagen die Heiler. Aber so wie es sich bewegt, wird es eher ein Hippogreif."
Remus lächelte und beglückwünschte den Mann, der mit dieser schönen Frau verheiratet war.
„Und warum bist du hier?", fragte sie.
Remus guckte hinauf zu ihr und sie sah sein Gesicht an. „Oh, verstehe, tut mir Leid. Mantikor- Opfer?"
„Freundin beleidigt", log er und fragte sich, was für einen Blödsinn er daherquatschte.
Die Frau lachte wieder: „ Mach einer Frau niemals falsche Komplimente, du verlierst den Kampf…oder beide Augen."
Kichernd öffnete er eine weitere Doppelflügeltür und plötzlich standen sie in einem hellerleuchteten Raum, in dem es von Leuten nur so wimmelte, die meisten mit dem Emblem des St. Mungo gekennzeichnet.
„Ach Andromeda, da bist du!", rief plötzlich jemand und kam auf Remus und die Frau zu. Es war ein kleiner, muskulöser Mann mit einem Stiernacken und einem herzförmigen Gesicht.
„Hey, Ted. Entschuldige, ich hab mich verlaufen, doch dank der Hilfe dieses, netten jungen Mannes hier…", begann sie, doch Albert unterbrach sie, misstrauisch erst auf Remus und dann auf das Schild zu ihrer Rechten blickend.
„Was hast du denn auf der Werwolfstation gemacht?"
Da war er wieder, dieser Blick, irgendwo zwischen Abscheu und Mitleid liegend. Andromeda rückte erschrocken ein Stück von Remus weg und legte die Hand auf ihren Bauch.
Traurig aber irgendwie verständnisvoll, zuckte Remus mit den Schultern und sagte:
„Viel Glück bei der Entbindung, Miss Andromeda, viel Glück."
Dann ging er weiter und hörte noch die letzten Worte ihres Mannes:
„Andromeda Tonks, du bist im neunten Monat schwanger und treibst dich mit Werwölfen herum? Also wirklich…"
„Halt den Mund, Ted. Ob ich ihn beleidigt habe? Er war so liebeswürdig…"
„Ich bitte dich, ich bin zwar nur ein dämlicher Muggel, aber dass Werwölfe eine Gefahr für die Gesellschaft und verseuchte mörderische Biester sind sogar mir bewusst."
„Autsch, das hat gesessen", murmelte Remus und ging weiter.
Seltsamerweise bereute er seinen Abschiedsgruß nicht, er wünschte Mrs. Tonks wirklich alles Gute, schließlich konnte er ihre Angst beinahe verstehen. Aber verseuchtes, mörderisches Biest war wirklich heftig.
Egal! Remus schüttelte den Kopf. Er musste Isabella finden.
Nach einer halben Stunde hatte er immer noch nicht die leiseste Ahnung wo er suchen sollte und setzte sich in die Eingangshalle. Es war sehr wenig Betrieb und es gab nicht viel zu sehen, außer einem Mann, der zwei Kinder unter dem Arm trug, die anscheinend ihre Köpfe vertauscht hatten und zwei miteinander verwachsene Hexen, beide gelbgrün im Gesicht. Die Empfangsdame quittierte beides mit einem gelangweilten Blick und sagte die Stockwerke an.
Remus kam sich plötzlich dumm vor. Erstens würde Isabella wohl kaum mit ihm reden wollen und zweitens hätte er doch einfach fragen könnenin welchem Zimmer sie lag.
Fünf Minuten und eine gewaltige Lügengeschichte später war Remus auf dem Weg in ihr Zimmer, im dritten Stock. Allerlei Gedanken und Szenen, wie das Gespräch ablaufen könnte, schossen durch seinen Kopf, eine fürchterlicher als die andere.
Viel zu schnell stand er schon vor ihrer Tür und starrte das schwarze Holz an. ‚Mut Remus', sagte etwas in ihm. Er holte tief Luft und hob die Hand, dann klopfte er.
Zu seinem Erstaunen antwortete eine kichernde Stimme „Herein" und er stieß sanft die Tür auf.
Rechts und links standen jeweils zwei Betten, genau gegenüber der Tür waren zwei große, eisverkrustete Fenster zu sehen. Remus schaute nach links zu dem einzigen besetzten Bett – und taumelte rückwärts vor Entsetzen.
Isabella lag in dem Bett, gekleidet in ein weißes Krankenhausnachthemd, den Arm immer noch verbunden. Sie war sehr blass und schaute Remus erschrocken aus blutunterlaufenen Augen an, die fast sofort gehässig aufblitzten, als sie ihn erkannte. Doch es war nicht ihr Aussehen, was ihn so schockte.
Es war die Tatsache, dass Fenrir Greyback an ihrem Bett stand, beziehungsweise, halb darauf saß und sie umarmte.
Remus dachte, der Boden wäre plötzlich weg und nur ein schneller Griff an den Türrahmen, verhinderte einen Sturz.
„Nein", keuchte er, auch wenn sein Gehirn nichts von dem aufnehmen konnte, was er da sah. Er hatte alles erwartet: Isabella, totenbleich und schlafend, umringt von ihrer Familie, Isabella etwas farbiger aber immer noch blass genug in einem Meer aus Blumen, oder das Beste, Isabella wach und bereit mit Remus zu reden.
Alles, alles, nur nicht, dass Greyback langsam den Kopf drehte und ihn aus seltsam gierigen und selbstzufriedenen Augen anstarrte.
„Reeeemuuuus?", fragte er nicht minder erstaunt und krabbelte vom Bett herunter. Niemand sagte etwas, alle starrten einander an. Nach einer Ewigkeit bewegte sich Isabella und wischte sich das Gesicht. Sie sah seltsam gelangweilt aus.
„Remus, willst du, dass ich dir das erkläre?"
Er starrte sie an.
„Wie…wie bist du in der Lage, das zu erklären?", keuchte er und fragte sich, warum diese Stimme sich so gar nicht wie die seine anhörte. „Wie kannst du mir das erklären wollen? Wie kannst du sagen, du erklärst mir, warum du hier sitzt und dich von diesem Monster umarmen lässt?"
Sofort wurden ihre Augen hart und kalt.
„Du wagst es von Monstern zu sprechen? Was bist du denn? Ein Heiliger?", schrie sie und sah dabei fast so wahnsinnig aus wie Greyback, der immer noch von einem zu anderen blickte. „Wer hat mich denn gebissen?", fragte sie.
Remus taumelte erneut und ein heftiger Schmerz im linken Bein erinnerte ihn an den grässlichsten Vollmond seines Lebens. Sie hatte Recht, er war ein Monster… ein verseuchtes, mörderisches Biest um Mr. Tonks' Worte zu gebrauchen.
„Remus", sagte Isabella leise und klang fast wieder, wie das Mädchen, dass er zu kennen geglaubt hatte, „ es gibt da ein paar Dinge die du wissen solltest." Sie holte tief Luft und zählte dann auf:
„Erstens: Ich weiß dass du mich gebissen hast." Ein Schlag in seine Magengegend, der ihm die Luft raubte.
„Zweitens: Vor vier Nächten hast du mein Leben zerstört."
Das wusste er, doch er fragte sich, in wie weit er noch ein Leben zerstören konnte, in welchem sich Greyback befand.
Isabella stoppte, sah ihm geradewegs in die Augen und sagte dann:
„Und drittens: Ich liebe Fenrir Greyback."
