Disclaimer:
Mir gehört nichts, außer des Plots, JKR gehört alles andere. Ich habe nicht vor, damit Geld zu verdienen.
Pairing: wird noch nicht verraten.
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Der Panther



Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd' geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke
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Kapitel 10

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Als Harry viele Stunden später in das Haus seiner ehemaligen Freunde apparierte, fand er es leer vor.
Die letzte Tür, die er probierte, war die Küchentür.
„Ah, da bist du ja", begrüßte ihn eine sehr ernste Ginny.
Er sah sich um, es war niemand sonst im Raum.
„Ja, da bin ich. Wo sind die anderen, Ginny?", fragte er kühl, jedoch innerlich sehr verwirrt und setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber.
Er hatte sich ein weiteres Mal vorgenommen, mit niemandem Freundschaft zu schließen. Das war nicht gut.
Voldemort war auf der Höhe seiner Macht und er musste ihn stoppen. Da konnte er niemanden gebrauchen, der um ihn weinte, wenn es vorbei war.
„St. Mungos", sagte sie knapp.
Harry erschrak.
„Was? Aber... Wieso denn das?"
Sie seufzte und umwickelte ihren linken Zeigefinger mit einer Strähne ihrer roten Haare.
„Vor etwa drei Stunden hat Dumbledore sich bei uns gemeldet. Er sei in St. Mungos wegen Mrs. Pannet und wir sollten doch bitte auch kommen. Und das kleine Mädchen mitbringen, Mona.
Die anderen sind sofort los, ich habe mich erboten, hier auf dich zu warten. Lass uns sofort gehen, ja?"
Harry stöhnte lautlos auf.
Was war mit Monas Mutter?
„Wie wollen wir denn hinkommen?", fragte er.
„Na, per U-Bahn zu dem offiziellen Eingang, wie denn sonst?"
Sie sah ihn verständnislos an, während Harry den Kopf schüttelte.
„Hier, nimm meine Hand. Wir apparieren."
Ginnys Augenbrauen begegneten sich in der Mitte.
„Wie sollen wir das denn anstellen? Erstens kann man von hier aus nicht apparieren und zweitens bin ich im Moment echt zu geschafft um –"
Er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
„Du musst nichts machen, nimm meine Hand. So geht es am Schnellsten, verstehst du? Wir dürfen keine Zeit verlieren."
Zweifelnd ergriff Ginny seine Hand.

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Und ließ sie mit geweiteten Augen ein paar Momente später wieder los.
Sie standen in der Eingangshalle von St.-Mungo-Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen.
Harry stellte sich bereits ungeduldig hinter einen Mann mit fünf Armen und wartete darauf, mit der Empfangsdame reden zu können.
Merkwürdig, wie sich hier alles verändert hatte.
Es waren viel mehr Menschen hier, die Halle war überfüllt mit weinenden oder schreienden Menschen, gleich ob Zauberer oder Muggel.
Vor ein paar Jahren noch hätte es niemand für möglich gehalten, dass Muggel in St. Mungos ein und aus gehen würde wie Zauberer.
Natürlich wussten die meisten Muggel noch immer nichts von ihnen, nur diejenige, die schon mit Todessern in Berührung gekommen waren.
„Wie hast du das gemacht?", fuhr Ginny ihn leise an.
Er sah sie mit gerunzelter Stirn an.
„Was gemacht?"
Sie grunzte laut.
„Was wohl? Appariert! Und warum hat es sich anders als mein Apparieren angefühlt?", fragte sie und sah ihn ungeduldig an.
„Das liegt daran, dass wir die Schutzzauber durchbrochen haben. Es ist nicht so schwer, wie jeder glaubt, man muss nur wissen, wie. Hast du auch dieses Kribbeln gespürt?", erkundigte er sich.
Sie nickte leicht, ihre Augenbrauen waren vor Erstaunen erhoben.
„Das... das passiert immer, wenn ich... irgendwie sehr emotional... aufgeregt bin", sagte er und räusperte sich, als wäre es ihm peinlich, eine solche Schwäche zu zeigen.
Ginny schüttelte ihre roten Haare.
„Also echt", sagte sie.
„Der Nächste", rief die blondhaarige Empfangsdame gelangweilt und Harry trat vor.
„Ich möchte zu Mrs. Pannet, bitte. Sie ist hier mit Albus Dumbledore, falls Ihnen das weiterhilft."
„Station Drei, vierte Tür links, fragen Sie nach Heilerin Alicia Spinnet. Der Nächste bitte!"
Erstaunt sah er Ginny an.
„Alicia ist Heilerin geworden?"
Sie nickte und sah ihn etwas vorwurfsvoll an.
Als hätte er das wissen müssen.
Als würde er das alles nur nicht wissen, weil er sich davon gemacht hatte.
Harry fühlte sich plötzlich unwohl in ihrer Gegenwart.
Er hatte sie zwei Jahre lang nicht gesehen und es war etwas anderes, Ron und Hermione wieder gegenüber zu treten, als Ginny.
Er war mit ihr in seinem sechsten Schuljahr zusammen gewesen.
Er bezweifelte selbst, dass er damals Gefühle wie Liebe richtig empfinden konnte.
Diese Beziehung war aus dem Drang entstanden, allen zeigen zu wollen, dass er normal war. Dass er alles verkraftete und locker wegsteckte.
Es war gelungen.
Er war sich nicht sicher, ob Ginny das gewusst hatte, wenn ja, hatte sie erfolgreich mitgespielt.
Überhaupt war es ihm immer so vorgekommen, als wäre das Leben nur ein Spiel für sie.
In gewisser Weise bewunderte er das.
Sie beugte sich nicht, wenn sie nicht wollte, brauchte keine Regeln, sagte immer, was sie dachte.
Manchmal fragte er sich, ob das kleine, schüchterne Mädchen von damals heute wirklich Ginny war.
Aber sie gefiel ihm. Er hatte sie immer als eine gute Freundin betrachtet, nie mehr, nie weniger.
Und doch kannte sie ihn in mancher Hinsicht besser, als andere.
Denn sie durchschaute ihn, damals wie heute.
Plötzlich bemerkte er, dass sie ihn fragend ansah.
„Hast du etwas gesagt?", fragte er brüsk.
Sie lachte auf.
„Drei Sickel für deine Gedanken", sagte sie grinsend.
„Die würdest du nicht für 100 Galleonen bekommen", erwiderte er sarkastisch.
Sie schnalzte missbilligend mit der Zunge, während sie die Treppe vom zweiten zum dritten Stock hinaufgingen.
„Mach nur weiter so, damit verscheuchst du irgendwann jeden. Obwohl ich ja kaum glaube, dass du innerlich der gleiche kalte Holzblock bist, wie du vorgibst", bemerkte sie trocken.
Er sagte nichts.
Sie hatte Recht. Mal wieder.
Aber verstand sie denn nicht?
Er musste es doch tun, er musste kalt sein. Sonst würden die Gefühle ihn überwältigen, sein Temperament und seine Stimmungen ihn leiten. Das konnte er nicht zulassen.
Der Verstand musste führen, nicht das Herz, wenn er am Ende gewinnen wollte.
Doch dabei vergaß Harry Potter gänzlich, dass ihm sein Herz schon öfter geholfen hatte als sein Verstand.

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Ron hatte die Arme vor dem Körper verschränkt und starrte auf die zarte Muggelfrau, die tief schlafend in einem der sieben Betten im Zimmer lag.
Sieben Betten. Vor vier Jahren noch hätte es das nicht gegeben. Schon gar nicht Zauberer und Muggel gemeinsam in einem Zimmer.
„Doch in der Not frisst der Teufel Fliegen", murmelte Ron sehr leise vor sich hin.
Viele der Patienten in diesem Zimmer schliefen, zwei warfen sich fieberhaft hin und her, einer hatte am ganzen Körper grün glühende Pusteln, die sehr jucken mussten, denn er hielt mit nur einer Hand seine Zeitung, während die andere unaufhörlich zu den verschiedensten Stellen seines Körpers wanderte und dort wie verrückt kratzte.
Mrs. Pannet selbst besaß keinerlei äußere Merkmale, davon abgesehen, dass sie seit Stunden schlief.
Alicia hatte sie schon untersucht, war aber kurz vor der Diagnose zu einem Notfall gerufen worden.
Seitdem standen sie alle hier. Und warteten.
Dumbledore sah schweigend aus dem Fenster, Kat hatte Mona fest umklammert und die beiden saßen auf dem einzigen Stuhl, der ihnen zur Verfügung stand.
Mona weinte lautlos, Kat sah starr vor sich hin.
Neben ihnen auf dem Boden saß Hermione, die Beine angezogen und mit einem grübelnden Gesichtsausdruck.
Dean stand neben ihm und wirkte ebenfalls sehr nachdenklich.
Ron seufzte leise und musterte Monas Mutter.
Sie war sehr zierlich und hatte blonde lange Haare.
Mona und Kat glichen ihr auffallend.
Das schmale Gesicht, die etwas zu große Nase...
Er wusste nicht genau, was geschehen war. Nur dass Mr. Pannet tot war, Harry aber die anderen beiden hatte retten können.
Und danach war er verschwunden.
Ron fragte sich, warum. Und wohin.
Brauchte er mal wieder Zeit für sich? Konnte er jetzt nicht Mona beistehen, die ihren Retter in der kurzen Zeit in der sie ihn kannte wohl sehr lieb gewonnen hatte? Ihn brauchte?
Andererseits weckten tote Menschen wohl verborgene Gefühle in Harry.
Und trotzdem: War es denn keine Flucht?
Rannte Harry, trotz seines Gryffindormutes, der ihn dazu brachte andere ohne vorheriges Nachdenken zu retten, nicht immer vor sich selbst davon?
Ron wusste es nicht. Er kannte sich nicht aus mit des Menschen Gefühlen, war er doch schon immer eher der logische Typ gewesen.
Schach, ja das war sein Element. Austüfteln, was der andere vorhat, jeden Zug voraussehen – das mochte und konnte er auch.
Er war sich nicht sicher, auf welcher Seite er stehen sollte.
Harrys oder Hermiones.
Er verstand beide in gewissem Maße.
Er war neugierig, oh ja. Neugierig auf Harrys Geheimnis, auf das, was er jedem verheimlichte.
Und wo er gewesen war, warum er plötzlich so mächtig war.
Ron hätte das nie erwartet. In der Schule waren sie immer ungefähr gleich gewesen. Stärken und Schwächen hatten sie beide gehabt.
Umso überraschender war Harrys Lerneifer gekommen nachdem Sirius gestorben war.
Aber Hermione hatte so oft Ron gegenüber betont, dass er nur den Schmerz damit hatte verdrängen wollen, dass er mittlerweile auch überzeugt davon war.
Trotzdem – war da noch etwas anderes?
Bestimmt.
Ron selbst hatte sich damals etwas ausgeschlossen gefühlt.
Harry und Hermione – die beiden Schulsprecher, die Besten des Jahres. Bei Hermione war es ja klar gewesen.
Aber bei Harry?
Oder hatte er das alles wirklich nur bekommen, weil er ‚Dumbledores Liebling' war, wie Snape des Öfteren bissig bemerkt hatte?
Ron glaubte das nicht, er war nicht neidisch. Nicht mehr.
Luna hatte ihm viel geholfen, hatte ihm die Augen für das Wichtige im Leben geöffnet.
Es war gut, ein wenig verrückt zu sein. Sonst hielt man das alles nicht aus.
So hatte er seine beiden letzten Schuljahre überstanden.
Verrückt sein. Auf eine andere Art als Luna natürlich.
Auch ihm hatte Sirius gefehlt. Aber er hatte sich gefühlt, als wäre das Privileg zu trauern nur Harry zugute gekommen.
Schließlich hatte er im Grunde nichts mit Sirius zu tun gehabt.
Außer, dass er auch für ihn ein Freund gewesen war.
Ron seufzte wieder.
Er dachte daran, dass er eher Witze gemacht hatte, als richtig getrauert.
Witze machen – ja, das war eine Spezialität seiner Brüder.
Zumindest die Zwillinge konnten vom Lachen nicht genug bekommen.
Nun ja, Luna hatte auch immer über seine Scherze gelacht.
Aber sie hatte ihn auch weinen lassen.
An ihr hatte er sich ausprobieren können, so hart das auch klang.
Er hatte sie wirklich geliebt und der Raum der Wünsche war oft benutzt worden.
Im Nachhinein glaubte er, dass er damit seinen Kummer hatte verdrängen wollen.
Seinen Schmerz, weil Sirius tot war, seinen Schmerz, weil Hermione ihn zurückgewiesen hatte.
Luna hatte jetzt Neville. Und Neville hatte Luna.
Sie ergänzten sich auf eine merkwürdige Art und Weise.
Ron fand, sie passten gut zueinander.
Er selbst war alleine. Obwohl er ein Auge auf Lisa geworfen hatte. Lisa Turpin, die ihm in Hogwarts nie aufgefallen war. Eine Ravenclaw, mittlerweile ebenfalls Aurorenschülerin.
Er lächelte etwas bei dem Gedanken an sie.
Sie wusste natürlich noch nichts von seinen Gedanken und er hatte nicht vor, ihr es demnächst zu sagen.
Doch ihr lachendes Gesicht machte auch ihn glücklich.
Rons Gedanken verweilten noch eine Weile bei Lisa, als es plötzlich an der Tür klopfte und gleich darauf Harry mit Ginny im Schlepptau erschien.

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Als sie eintraten, wandten sich alle um, insbesondere Albus Dumbledore sah ihn traurig lächelnd an.
Harry fand es merkwürdig, dass der Schulleiter hier war.
Es war ein Tag vor Beginn des neuen Schuljahres, warum blieb er beim Krankenbett einer Muggel?
Dean war ebenfalls im Raum und sah ihn mit weit geöffneten Augen an.
„Gott, ich wollte es fast nicht glauben", murmelte er.
Harry machte eine abwertende Handbewegung. Es ging jetzt nicht um ihn, es ging um Monas Mutter.
Er sah, dass Kat und Mona auf einem Stuhl saßen, beide umklammerten sich, als würden sie damit sichergehen, sich nicht auch noch gegenseitig zu verlieren.
Erst der Vater, jetzt die Mutter.
Harry warf einen Blick auf das Bett, indem die blondhaarige Frau lag.
Sie schlief tief und Harry konnte keine Merkmale einer Krankheit erkennen.
Was war hier los?
„Harry, lass uns draußen darüber reden", meldete sich Albus Dumbledore ruhig zu Wort, als wüsste er, was in dem jungen Mann vorging.
Harry nickte knapp und folgte dem Professor durch die Tür.
„Was ist hier los? Was ist mit Monas Mutter passiert?", fragte er unverzüglich, kaum dass sie auf dem Flur standen.
„Wir wissen es nicht. Ihr wurde vermutlich ein Trank eingeflößt. Die Heilerin – Alicia Spinnet, übrigens – konnte sie noch nicht fertig untersuchen. In St. Mungos regiert momentan eher das Chaos."
„Und was ist mit der Meinung eines Direktors und großen Magiers?", fragte Harry.
Dumbledore lächelte leicht.
„Die Meinung eines alten, fehlerhaften Greises zählt heutzutage nicht mehr allzu viel, Harry."
„Ich möchte sie trotzdem hören."
Müde nickte Dumbledore und sah Harry durchdringend an.
Es kam Harry nicht zum ersten Mal so vor, als könne der Mann Gedanken lesen.
Und er war sich sicher, dass er kein Legilimentik anwandte, da Harry mittlerweile Okklumentik perfekt beherrschte.
„Ich denke,", fing Dumbledore an, „dass Mrs. Pannet ein Zaubertrank eingeflößt wurde. Unter Zwang vermutlich. Ich kenne diese Art von Tränken. Ein allzu gefährlicher Schlaftrank. In kleinen Mengen bewirkt er einen friedlichen Schlaf, in großen den Tod. Wir können nur spekulieren, wie viel sie bekommen hat, doch ich denke, sie wird wieder aufwachen. In ein paar Wochen. Oder Monaten. Oder Jahren."
Harry knetete mit seiner rechten Hand seine Narbe und sog ein paar Mal ruhig die Luft ein.
„Aber sie bleibt am Leben?", fragte er schließlich.
Dumbledore nickte leicht.
„Ich denke schon. Lass uns noch auf die Meinung von Alicia warten, sie wird bald hier erscheinen.
Ich muss noch etwas anderes mit dir besprechen, Harry."
Der alte Schulleiter sah ihn fragend an, wohl darauf wartend, dass Harry sein Einverständnis gab.
Dieser nickte unwirsch.
„Ich möchte dich fragen, was passiert ist."
Harry hatte so etwas erwartet.
Leise und sehr knapp erzählte er Dumbledore, was sich in Bellatrix' Quartier abgespielt hatte.
Auch seinen eigenen Cruciatus-Fluch ließ er nicht aus.
Jeder sollte wissen, welche Wut er hatte.
Besonders Dumbledore.
Und er scherte sich kaum darum, nach Azkaban geschickt zu werden. Er wusste, er konnte ausbrechen.
Azkaban war schon lange nicht mehr von Dementoren bewacht. Es waren jetzt normale Auroren und dadurch, dass den Gefangenen der Zauberstab abgenommen wurde, rechnete niemand mit einem Angriff durch die Insassen.
Es war nur natürlich, dass das Ministerium eher schwächere Auroren Azkaban bewachen ließ, die starken mussten gegen Todesser antreten.
Als er mit seinem Bericht geendet hatte, nickte Dumbledore.
„Sieben Todesser... Das hätte nicht jeder geschafft, Harry", sagte er ruhig und sah Harry tief in die Augen.
Harry wandte den Blick ab.
„Voldemort ist so schlimm wie 15 Todesser und gegen den muss ich ja schließlich auch antreten", erwiderte er brüsk.
„Und das wirst du auch schaffen, Harry."
Dumbledore legte eine Hand auf Harrys Schulter.
„Seien Sie sich da mal nicht so sicher, Professor."
„Willst du denn diesmal nicht die Meinung eines alten Zauberers hören?", fragte Albus Dumbledore und seine blauen Augen funkelten vergnügt.
„Nein", entgegnete Harry, „das muss ich schon selbst wissen."
Sie sahen sich eine Weile still an.
„Wie auch immer", sagte Dumbledore schließlich, „was sind deine Pläne für die nächsten Tage?"
Harry sah überrascht auf.
Er hätte nicht geglaubt, dass Dumbledore ihn freiwillig entscheiden lassen würde.
Er räusperte sich.
„Nun... Ich würde mich gerne mit Mark treffen. Und für Mona da sein. Wird Kat morgen schon in die Schule gehen?"
„Das wird ihre eigene Entscheidung sein. Doch ich denke, sie möchte in die Schule. Ich schlage vor, du kommst morgen Abend nach Hogwarts und nimmst Kat mit, wenn sie das möchte. Dann kannst du auch sogleich mit Mark sprechen."
Harry nickte.
„In Ordnung. Beim nächsten Ordentreffen möchte ich gerne dabei sein und den Mitgliedern meine Wiederkehr offenbaren. Ich freue mich nicht darauf, aber es muss sein."
„Das Treffen findet am Donnerstag statt, im Grimmauld Platz Nr. 12. Wirst du weiter bei Ron und Hermione wohnen?"
„Ja. Was... was haben Sie für Mona geplant, Professor?"
„Ich dachte daran, dass sie mit dir zusammen wohnen könnte."
„Das wäre mir auch am –"
„Professor Dumbledore", unterbrach ihn eine weibliche Stimme, die er nur allzu gut kannte.
Sie drehten sich um und Harry blickte in das nette Gesicht von Alicia Spinnet, die sie freundlich anlächelte. Bei Harrys Anblick runzelte sie erst die Stirn, bevor sie aufschrie und die Hand vor den Mund schlug.
„Merlin. Ist das – ? Ist das – ?"
„Ja, ich bin es, Alicia. Ich war nie tot, ich bin aus freien Stücken gegangen und Professor Dumbledore hat mir bei dem Vortäuschen meines Todes geholfen", erklärte Harry etwas barsch.
Er konnte sie nicht mehr sehen, diese geschockten Gesichter.
Dabei wusste er ja genau, warum sie so schauten und er verstand es auch. Wie würde er wohl aussehen, wenn Sirius jetzt vor ihm stände?
Und trotzdem, er mochte es nicht. Dieses Weiten der Augen, die schnelleren Atemzüge, die wahlweise blasse oder rote Hautfarbe, während des Begreifens.
Er fühlte sich schuldig dadurch.
Sie stieß laut Luft aus.
„Das ist –! Ich kann es kaum glauben. Das ist Wahnsinn. Ich war auf deiner Trauerfeier", stammelte sie.
„Beruhigen Sie sich, Alicia", sagte Dumbledore.
Die junge Frau nickte geistesabwesend.
„Ja, ja natürlich, Professor. Es ist nur... Ich... Harry?"
„Hm?", brummt er.
„Es ist schön, dass du nicht... ich meine... dass du wieder da bist. Du hast die Fähigkeit Menschen
zusammenzuhalten. Und das können wir gebrauchen."
Verdutzt sah er sie an.
Er hatte ein vorwurfsvolles ‚Warum' erwartet, aber nicht das.
„Danke, Alicia", sagte er, „Kann ich... Kann ich dich um etwas bitten?"
„Sicher, Harry."
Sie sah ihn fest an.
„Tu alles erdenkbar mögliche für Mrs. Pannet, ja?"
Jetzt war es an ihr, ihn erstaunt anzusehen.
„Ihre beiden Töchter haben gestern erst ihren Vater verloren", erklärte er.
Alicia seufzte.
„Ja, der Krieg fordert Opfer, besonders von Kindern. Ich kann dir nichts versprechen, Harry. Sie hat den Soporus-Mortuum-Trank verabreicht bekommen. Sie wird vermutlich noch mehrere Monate wie tot schlafen. Der Trank führt dazu, dass der Körper sich alle paar Stunden dagegen wehrt, sie wird also Schmerzen haben. Aber die können wir mildern. Todesser?"
Harry nickte kurz.
„Ich frage mich, warum sie ihr nicht mehr von dem Trank gegeben haben. Normalerweise achten sie darauf, dass die Opfer auch wirklich sterben. Es bringt ihnen nichts, wenn sie so lange schlafen."
„Sie... Sie wollten sie sowieso mittels Avada Kedavra umbringen. Vermutlich wollten sie einfach nur die Familie quälen, die natürlich geglaubt hätten, sie sei tot."
Alicia nickte traurig.
„Lasst uns wieder hineingehen", sagte Dumbledore sanft.
Harry wollte nicht. Er konnte Mona nicht weinen sehen. Sie hatte schon zuviel verloren.
Doch er ging mit. Und setzte wieder die Maske auf.

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Es war zehn Minuten vor elf Uhr am nächsten Morgen.
Schülermengen drängten sich auf dem Bahnsteig, viele verabschiedeten sich von ihren Eltern.
Mark stand neben der Absperrung und beobachtete die anderen.
Die Abschiede wurden jedes Jahr tränenreicher, trauriger.
Niemand wollte die Familie verlassen.
Er hatte sich schon verabschiedet.
Seine Eltern gingen nie mit auf den Bahnsteig von Gleis 9 ¾.
Mit jeder Minute, die verging wurde sein Herz schwerer, mit jeder Sekunde die Vorahnung deutlicher.
Sie hatten sich am ersten Tag auf dem Bahnsteig kennen gelernt.
Beide Muggelgeboren, beide ängstlich, was passieren würde. Beide auf sich alleine gestellt.
Um Zehn vor Elf am anderen Ende der Absperrung.
Die Gemeinsamkeiten hatten sie schon am ersten Tag zusammengeführt.
Jedes Jahr hatten sie sich um dieselbe Zeit am selben Ort wiedergetroffen.
In Hogwarts waren sie nie sehr gute Freunde gewesen. Nur die Fahrt dorthin war eine Art Ritual für beide.
Nach Harrys Tod hatte er sich ohnehin zurückgezogen.
Und jetzt wusste er gar nicht mehr, wie alles angefangen hatte.
Mit der zufälligen gemeinsamen Strafarbeit? Mit dem gemeinsamen Lernen für die Abschlussprüfungen im dritten Jahr?
Egal wie der Anfang war, nun waren sie zusammen. Untrennbar.
Nur trennbar durch den Tod.
War sie tot?Er war sich sicher, dass es ihr Haus gewesen war, in der Zeitung.
Bewohner unauffindbar.
Großer Gott, war sie wirklich tot?
Er vermisste den Duft ihrer blonden Haare, die Grübchen, wenn sie lächelte, ihre schönen Finger, die ihm unsicher über das Gesicht streichelten, ihre blauen, kristallklaren Augen, ihr Lachen, ihre Gesten.
Er vermisste sie.
Sie konnte nicht tot sein. Gleich würde sie auftauchen.
Ganz bestimmt.

Als um Punkt Elf Uhr der Hogwarts-Express von Gleis 9 ¾ abfuhr, rannte er blind vor Verzweiflung durch den Gang, warf mehrere Schüler und die Hexe mit dem Imbisswagen um, verlor seinen Umhang dabei und stürzte schließlich in die Toilette, wo er sich hoffnungslos übergab.

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Zur selben Zeit an einem anderen Ort übergab sich auch Kat.
„Bist du sicher, dass du heute Abend nach Hogwarts möchtest?", fragte die rothaarige, junge Frau, während sie besorgt durch die Klotür spähte, wo das zierliche Mädchen vor dem WC hockte und sich den Mund mit einem Ärmel ihres Pullovers abwischte.
Kat nickte schwach.
Ginny war ihr gefolgt, als sie aus dem Krankenzimmer gestürzt war.
Sie waren noch immer im St. Mungos. Dumbledore hatte gestern ein Bett für sie und ihre kleine Schwester Mona besorgen können.
So hatten sie bei ihrer Mutter bleiben können.
„Komm", sagte Ginny jetzt und reichte ihr die Hand.
Schwach ließ sie sich aufhelfen.
Sie wollte jetzt bei Mark sein. Ob er wohl an sie dachte? Ob er sich wunderte, dass sie nicht am Bahnsteig war?
„Es... Es ist schon gut. Ich habe nur... Warum hat sie solche Schmerzen? Ich dachte, sie liegt in einer Art Koma?", fragte sie Ginny wusch sich ihr Gesicht mit kaltem Wasser aus dem Waschbecken.
Die Rothaarige seufzte. Sie kam Kat viel älter als sie selbst vor, dabei waren es auch nur vier Jahre.
Sie konnte sich noch gut an sie erinnern, erst letztes Jahr hatte Ginny ihren Abschluss in Hogwarts gemacht.
Ebenfalls in Gryffindor, Ex-Freundin von Harry Potter. Harry Potter, dessen einzige lebende Verwandte Mark und sein Vater waren.
„Das ist dieser Trank. Du hast ja Alicia Spinnet gehört – sie können die Schmerzen lindern. Ich weiß nicht, warum sie es heute noch nicht getan haben. Vielleicht... Nein, ich weiß es nicht. Aber ich kann Alicia mal fragen, in Ordnung?"
Kat nickte und blickte sich selbst im Spiegel an.
Zwei stumpfe Augen starrten sie an, dunkle Ringe darunter waren deutlich zu erkennen.
Die blonden Haare hingen strähnig herunter.
Wenn sie heute noch nach Hogwarts gehen wollte, würde sie sich vorher noch duschen müssen.
Im gleichen Augenblick fragte sie sich, warum sie überhaupt an so etwas dachte.
War es nicht gleich, wie sie aussah?
Konnte ihr nicht alles egal sein?
„Wo bleibt meine Schwester, wenn ich heute zur Schule gehe?"
„Bei uns zu Hause. Bei Ron, Hermione, Dean, Bill und mir - und Harry", fügte sie nach einer Weile hinzu.
Bis auf diesen Bill kannte Kat alle. Sie waren gestern den ganzen Tag bei ihrer Mutter, Mona und ihr geblieben.
Harry Potter. Mark würde sich freuen, dachte sie bitter.
Sie hatte keine Ahnung, warum er wieder da war. Aber es war ihr auch egal.
Ihr Vater würde nicht wiederkommen.
Und ihre Mutter würde in der nächsten Zeit auch nicht wieder aufstehen.
Das war alles, was zählte.
Sie hätte nicht gedacht, auf einen Schlag soviel verlieren zu können.
Alles war zerbrochen.
Mona verstand es nicht.
Immer wieder fragte sie, warum Papa nicht käme. Und wann Mama aufwachen würde.
„Ich bin sicher, du kannst sie oft sehen in nächster Zeit. Dumbledore wird dir helfen. Er weiß, dass ihr beide euch jetzt gegenseitig braucht", sagte Ginny und drehte Kat mit sanfter Gewalt zu ihr.
Der Teenager nickte.
„Weine jetzt ruhig", sagte Ginny plötzlich und drückte das jüngere Mädchen fest an sich.
„Du darfst weinen, du musst weinen. Es erleichtert. Weine endlich."
Erst wehrte Kat sich gegen diese Umarmung.
Doch nur wenige Momente später ließ sie sich schluchzend fallen.
Und Ginny hielt sie. Hielt sie fest, bis die Tränen verklungen waren.

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.TBC.

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Ein herzliches Dankeschön an alle Reviewer :)

Tut mir leid, dass ich euch jetzt keine Reviewantworten geben kann, ich bin zu gestresst momentan.

Samstag abend fahre ich in den Urlaub für eine Woche, wird also bis zum nächsten Kapitel noch eine Weile dauern.

Die Reviewantworten hole ich dann auch nach.

Ich wünsche euch allen eine tolle Woche und hoffe, euch gefällt auch dieses Kapitelchen und ihr hinterlasst ein Review ;)

Bis übernächste Woche,

Mono.tonie