Disclaimer:
Mir gehört nichts, außer des Plots, JKR gehört alles andere. Ich habe nicht vor, damit Geld zu verdienen.
Pairing: wird noch nicht verraten.

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd' geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke

Kapitel 18

Als Harry wieder aufwachte, musste er erst nachdenken, bevor er die leichten Schmerzen in seiner Narbe und Albus Dumbledores Gesicht über ihm zuordnen konnte. Natürlich, er lag auf seiner eigen heraufbeschwörten Liege, war ohnmächtig geworden, nachdem Dumbledore den Zauber wieder rückgängig gemacht hatte, der Voldemorts und seine Verbindung getrennt hatte.

„Wie lange war ich bewusstlos?", fragte er, seine Stimme krächzte ein wenig.

Dumbledore lächelte leicht. „Nicht lange", sagte er, „was ist passiert?"

Harry seufzte und setzte sich auf. „Voldemort weiß jetzt, dass ich lebendig bin, das ist passiert. Und wenn ich ehrlich bin, war ich noch nie so zufrieden mit diesem Fakt." Er musste grinsen. Wenn er wirklich ehrlich war, war er bis jetzt überhaupt noch nie damit zufrieden gewesen, dass Voldemort um seine Existenz wusste.

Dumbledore lächelte und gab Harry den zerknitterten Zettel, auf dem der Zauberspruch stand, zurück. „Hier, vielleicht brauchst du das noch mal. Wie ging es mit den Schmerzen? Und warst du in Voldemorts Gedanken?"

„Nein." Harry schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin nicht in seine Gedanken eingedrungen. Das Einzige, was ich ganz sicher weiß ist, dass Voldemort ebenfalls Schmerzen hatte. Möglicherweise so heftige wie ich selbst. Obwohl ich zugeben muss, dass die Schmerzen wohl nur deshalb so heftig waren, weil ich sie nicht mehr gewöhnt bin. Schließlich bin ich damals sehr gut damit zurechtgekommen." Das war eine Lüge, wohl um sich selbst zu beruhigen, denn Harry war sich ziemlich sicher, dass Dumbledore die Wahrheit ohnehin kannte. Er war nie gut damit zurechtgekommen, mit den Schmerzen vielleicht, ja. Aber er wollte die vielen Male nicht einmal zählen, in denen er schweißüberströmt in seinem Bett gelegen hatte und sich hatte übergeben müssen.

„Wie geht es jetzt weiter?", fragte Harry, nach einigen Minuten Stille, in einem plötzlichen Anfall von Hilflosigkeit. Vielleicht lag es an den Schmerzen, an seiner Bewusstlosigkeit, vielleicht lag es aber auch nur daran, dass er wirklich nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Sollte er Voldemort suchen? Ihn jagen? Sollte er erst seinen Plan verwirklichen? Sollte er ihn überhaupt jemals verwirklichen? War er nicht zu lächerlich und kindisch? Und was würde von jetzt an mit seiner Narbe passieren? Würde es wieder so wie früher werden? Oder ganz anders?

„Das wirst du dann sehen, Harry. Erst einmal gehst du nach Hause und legst dich hin. Schlaf ein wenig. Oder unternimm etwas mit Mona oder deinen Freunden. Heute Abend ist das nächste Ordentreffen. Wir werden dort ein bisschen über deinen Plan reden, ich habe eingesehen, dass wir Voldemort wohl angreifen müssen und dass kein Weg daran vorbei geht, neue Mitglieder aus ganz Großbritannien zu suchen. Wir werden das auch tun. Außerdem würde ich dich bitten, dich dem Ministerium zu zeigen. Du musst ihnen ja nicht die wahre Geschichte erzählen. Aber es wäre wichtig für die Menschen in ganz England. Damit sie wieder Hoffnung schöpfen. Denk darüber nach, das muss nicht morgen passieren."

Harry nickte. Er hatte damit gerechnet. Er musste früher oder später an die Öffentlichkeit gehen. Es war nicht angenehm, aber die Presse würde in der Zukunft sein geringstes Problem darstellen. Und er war doch ein Gryffindor, ein Löwe. Ein Potter. Er würde das durchstehen.

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Ron stand neben Ginny in dem kleinen Krankenzimmer und lächelte seit einigen Minuten ununterbrochen, einfach, weil er es nicht mehr abstellen konnte. Er wollte es auch nicht abstellen, denn das hier gerade war das Beste, was ihm seit Tagen passiert war. George ging es wieder gut. Er war geheilt, er musste zwar noch drei Tage bleiben, aber nur zur Beobachtung und weil Alicia ihn so gerne hatte und so lange nicht mehr gesehen hatte, dass sie ihn nicht gehen lassen wollte.

„Tja", hatte sie vor wenigen Minuten noch gesagt, „ich weiß gar nicht was ich sagen soll, außer dass es neben Magie auch noch Wunder geben muss. Den Cruciatus-Fluch in solchem Ausmaße überleben viele nicht und dieser besondere Zwilling hier hat noch nicht einmal einen einzigen bleibenden Schaden davongetragen. Die temporären Verletzungen sind auch soweit geheilt und eigentlich kannst du schon wieder zu deinen Scherzen zurückkehren, George." Damit zwinkerte sie ihrem Patienten zu, der wach in seinem Bett saß und grinsend zurückzwinkerte. Neben ihm stand Fred, der ebenfalls strahlte und zu Georges Füßen saß seine Mutter, die vor Freude schluchzte. Fast die gesamte Weasley-Familie plus Anhang war anwesend. Katies Hand war umschlossen von Freds, Fleur stand vor Bill, der seine Arme um sie gelegt hatte. Ginny hatte ihren Freund nicht mitgebracht, worüber Ron ganz froh war, er mochte diesen Schnösel aus dem Ministerium nicht. Doch das war gerade alles egal, wäre ihr Freund da gewesen, Ron hätte vermutlich sogar ihn umarmt, so fröhlich war er momentan. Und doch, in einem geheimen Winkel seines Herzens, war er gerade nicht fröhlich, auch wenn er das nicht zugeben würde.

Er hatte heute frei bekommen, aus ‚familiären Gründen', wie sie es so schön ausdrücken konnten. Er war ganz froh darüber, denn er brauchte nicht nur Zeit, um seine Familie wieder zusammenzupuzzeln, sondern auch für sich selbst. Um nachzudenken. Um zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Er war unsicher, was die Zukunft betraf, aber er war vor allem unsicher, was die Vergangenheit betraf.

Harry.

Das war einfach ein großes Thema im Moment, nicht nur für ihn, sondern auch für alle anderen. Harry hier, Harry da, hatten sie alles richtig gemacht, warum war er wohl verschwunden, warum konnte er stablose Magie, wie konnte Ron ihm verzeihen und warum konnte Harry nicht Ron verzeihen. Und was hatte er überhaupt falsch gemacht.

„Ron?", fragte Ginny leise, während Fred gerade irgendetwas erzählte und alle lachten, „Geht es dir gut?"

Er zuckte zusammen, hatte die anderen ganz vergessen. „Ja", sagte er hastig und sah sie lächelnd an, „klar geht es mir gut. Es geht ja auch George wieder gut. Und Mum."

Ginny lächelte. Er hätte schwören können, dass sie ihm nicht glaubte. „OK", sagte sie und drehte sich wieder herum, um Fred weiter zuzuhören. Manchmal erstaunte sie Ron völlig. Manchmal war sie ganz anders als seine kleine Schwester Ginny, manchmal war sie größer als er, erwachsener als er und vor allem ein besserer Mensch.

Manchmal konnte er einfach nur den Hut vor ihr ziehen.

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Harry hatte den Tag Zuhause verbracht. Nicht in der WG, wie Harry mittlerweile das Haus nannte, in dem er mit den anderen wohnte, nein, in seinem richtigen Zuhause. Hogwarts. Er hatte Hagrid besucht, hatte heimlich Schulstunden beobachtet und den Tag einfach nur genossen.

Die Schmerzen in seiner Narbe waren die ganze Zeit über präsent gewesen, manchmal etwas schwächer, manchmal etwas stärker, aber immer da. Es hatte ihn kaum gestört, es war wieder so wie damals, er fühlte sich fast schon gut. Er fühlte sich, als hätte er gewonnen. Deshalb lächelte er auch zuversichtlich, als Ginny ihn gerade besorgt und fragend ansah. Sie waren im Hauptquartier des Phönixordens, Grimmauld Platz, Nr.12. Er saß auf einem Stuhl relativ weit hinten im Raum. Stetig schwirrten Menschen ein und aus, ein paar saßen schon, ein paar redeten angeregt miteinander, manche waren aber auch stumm, so wie er. Er hatte vor einer halben Stunde Seamus abgeholt und hatte ihm alles erklärt, dabei kam es ihm komisch vor, dass Seamus erst gestern in den Orden aufgenommen wurde. Es kam ihm vor, als wäre es schon Monate her. Als hätte er heute morgen ein neues Leben begonnen.

Er hatte schon mitbekommen, dass George endlich aufgewacht war und keinerlei bleibende Schäden davongetragen hatte, was ihn sehr erleichterte. Gerade kam Albus Dumbledore herein und damit legte sich das Stimmengemurmel und die Menschen nahmen Platz. Das war einfach so, wenn Dumbledore den Raum betrat, ihn umgab eine Art von natürlichem Respekt. Harry bewunderte das, und er fragte sich, ob Dumbledore je ersetzt werden konnte. Vor allem ob er ihn ersetzen konnte. Der Sprechende Hut hatte ihm zwar gesagt, dass er einmal der Führer des Ordens werden würde, doch er konnte es einfach nicht glauben. Wie sollte er allen Ernstes den Platz Dumbledores einnehmen? Wie konnte das überhaupt jemand schaffen? Dumbledore war so groß, das würde nach ihm keiner je erreichen können.

Seine Gedanken wurden unterbrochen von einem Räuspern. Dumbledore wollte anfangen.

„Es ist kein besonders guter Grund, warum wir uns heute zusammengefunden haben", begann er und ließ seinen Blick ernst durch die Menge schweifen, „aber es gibt nun mal einen Grund und man soll ihn beim Namen nennen. Voldemort hat vor zwei Tagen die Winkelgasse überfallen. Nicht nur überfallen, sondern in Rauch und Asche verwandelt. Allen, die einen geliebten Menschen verloren haben, möchte ich erst einmal mein Beileid aussprechen." Er schwieg für einen Moment. „Es sind auch mehrere Ordensmitglieder verletzt worden, zwei sogar ums Leben gekommen. Mr. Ollivander und Florian Fortescue, beides ehrenwerte Menschen und Zauberer, der Eine etwas länger, der Andere seit kurzem erst aktiv im Orden des Phönix tätig. Ich bin traurig, und noch trauriger bin ich, dass wir jetzt hier andere Dinge besprechen und die Toten nicht vergessen aber für heute außer Acht lassen müssen. Um das Aufräumen der Winkelgasse kümmert sich das Ministerium. Es gibt gute Gründe, die ich hier nicht weiter ausbreiten möchte, anzunehmen, dass sich Voldemort in den nächsten Tagen ruhig verhalten wird. Wir müssen unseren nächsten Schritt planen." Er schwieg wieder für eine Weile, sah ein paar Mitgliedern fest in die Augen, blieb bei Harry etwas länger. Harry nickte, als Zeichen des Verständnisses. Ja, er hatte verstanden. Er würde jetzt erwähnt werden. Schaffst du das alles?, fragten die Augen. Und Geht es dir gut? Auf all das nickte Harry. Und lächelte leicht. Dumbledore nickte ebenfalls und fuhr fort: „Wir haben an Harrys Plan gearbeitet, und dieser wird ab heute in Kraft treten. Mitglieder sammeln. Das ist das Allererste, was wir tun werden. Und vor allem ein Hauptquartier finden, das groß genug ist für Tausende. Hogwarts steht nicht zur Debatte, es ist und bleibt eine Schule. Nun ja, darum werde ich mich kümmern. Ich bitte jetzt, jeden, der von Muggeln abstammt, oder bei ihnen aufgewachsen ist, die Hand zu heben."

Harry und einige andere, darunter natürlich auch Hermione und Dean, hoben die Hand. Dumbledore nickte, schwang seinen Zauberstab und auf dem Pergament vor ihm, erschienen all ihre Namen, jeweils mit einem M oder Z dahinter. M stand für Muggel. Z für Zauberer. Er erklärte, während er den Zettel aufhängte, dass jeder, unabhängig von dem Buchstaben, zuerst einmal in die Heimatstadt gehen sollte, um dort Menschen zu suchen und zu überzeugen. Allerdings sollten sich immer zwei zusammentun, die verschiedene Buchstaben hinter dem Namen hatte. „So sind beide Seiten abgedeckt, so könnt ihr auf Muggel und Zauberer gleichermaßen zu- und eingehen. Außerdem werdet ihr euch zu zweit im Ernstfall besser verteidigen können. Das ist die Aufgabe für die nächste Woche. Wir werden uns in einer Woche um dieselbe Zeit wieder hier treffen und Erfolge so wie Misserfolge aufzeichnen. Bis dahin wird eine Liste von Städten und Dörfern existieren, die wir uns vornehmen. Ich danke euch allen schon einmal im Voraus, dass ihr dafür bereit steht, dass ihr eure Leben opfert, dass ihr hier seid. Bleibt zusammen. Seid nicht alleine. Und vielleicht können wir gemeinsam dafür sorgen, dass so etwas wie in der Winkelgasse nie wieder geschieht."

Harry sah sich um. Überall waren betroffene Gesichter, manche weinten leise. Er schloss für einen Moment die Augen. Es war schwer, anderen beim Weinen zuzusehen und gleichzeitig zu wissen, dass sie nicht das letzte Mal weinen würden. Dass es keine Garantie für eine gesicherte und freudige Zukunft gab. Es gab nur Hoffnung darauf.

„Nun noch zu einem anderen Thema heute Abend, ein etwas Erfreulicheres. Es gibt ein neues Mitglied unter uns", begann Dumbledore wieder und lächelte, „Seamus Finnegan."

Seamus wurde rot und stand auf. Einige klatschten, manche lächelten nur. Manche trockneten noch die Tränen von vorhin. Harry bemerkte amüsiert, dass sogar Draco Malfoy etwas spöttisch zweimal in die Hände klatschte. Dumbledore erklärte noch ein wenig die Umstände um Seamus Beitritt, seine Vergangenheit und warum er ein Gewinn für den Orden war. Harry hörte nicht zu. Er beobachtete Hermione, die noch immer leise weinte. Sie sah ein paar Mal auf, wischte sich hastig über die Augen, nur um dann wieder Tränen zu vergießen. Harry erinnerte sich an das letzte Mal, vor seinem Weggehen, dass sie geweint hatte. Es war ein Abend im siebten Schuljahr gewesen, kurz vor den NEWT-Prüfungen. Sie hatten geredet, zu dritt, Ron, Hermione und er. Sie hatten darüber geredet, was nach Hogwarts sein würde. Über Träume und Wünsche und Visionen. Und Harry hatte die meiste Zeit über geschwiegen, war doch sein Plan schon ausgereift, wusste er doch genau, dass er ihnen seinen Zukunftsplan nicht verraten durfte. Und plötzlich hatte sie angefangen zu weinen, Ron und er hatten sich erschrocken angesehen und sie gefragt, was los sei. Sie hatte nur noch mehr geschluchzt. Heute erst verstand Harry den Grund. Die Zukunft war so ungewiss, so unsicher. Sogar die Gegenwart war unsicher, niemand konnte mehr den Fuß vor die Tür setzen ohne die Angst von einem Todesfluch getroffen zu werden. Hermione hatte wegen allem geweint. Wegen der Vergangenheit, wegen der Zukunft und wegen der Gegenwart. Dieser Gegenwart auf Hogwarts, mit Prüfungen, die einem zwar Stress bereiten konnte, doch keine Lebensgefahr. Wegen der Gegenwart dort draußen, mit Todessern und Schmerzen und Tod. Wegen Voldemort, denn eigentlich war doch alles auf Voldemort zurückzuführen. Er hatte sein Ziel im Grunde schon erreicht, auch wenn er es nicht bemerkte. Denn er beherrschte die Welt. Wer Angst hervorrufen kann durch den bloßen Namen, der beherrscht die Welt schon lange. Harry wollte mit Hermione weinen, wollte mit allen weinen, wollte herausschreien, dass sie doch zumindest den Namen sagen sollten. Doch er konnte nicht, er saß stumm auf seinem Platz, beobachtete Hermione und wartete darauf, dass Dumbledore sein Schlusswort endlich abschloss.

Damit war der Abend beendet, zumindest für Harry. Die anderen standen noch beieinander, redeten, tranken das Butterbier, das Molly aus der Küche geholt hatte. Doch Harry kümmerte sich nicht darum. Er wollte jetzt schlafen und das möglichst schnell.

Er kam nicht weit. Als er gerade seine Jacke anzog und apparieren wollte, legte sich eine Hand auf seine Schulter. Harry fuhr herum. „Bleib noch hier, Harry", sagte Remus lächelnd und streckte ihm mit der anderen Hand eine Flasche Butterbier entgegen. „Ich würde gerne mit dir reden."

Harry war schon versucht, Butterbier und Gespräch abzulehnen, doch Remus' bittende Augen hinderten ihn an einer Ablehnung. Außerdem spürte er plötzlich ein Verlangen, sich in Remus' Arme zu werfen und sich vorzustellen, es wären die Arme seines Vaters. Daher nickte er und nahm die Flasche entgegen. „Wollen wir in die Bibliothek gehen?", fragte er leise.

Einige Minuten später saßen sie in der leeren Bibliothek der Familie Black und tranken Butterbier. Es war kein weiteres Wort zwischen ihnen gefallen, nur lächelnde, und manchmal auch scheue Blicke.

„Was ist passiert, Harry", fragte Remus schließlich und stellte seine Flasche auf den kleinen Tisch, „dass wir uns nur noch anschweigen können?"

Harry lachte humorlos auf. „Alles ist passiert. Ich bin passiert."

„Was meinst du damit?", fragte Remus.

„Ich meine, dass soviel ohne dich passiert ist, nur bei mir passiert ist, dass wir nichts mehr gemeinsam haben, außer Erinnerungen. Und ja, das ist meine Schuld, und ja, ich musste es tun und ja, alles Leid auf der ganzen Welt tut mir leid", sagte Harry und reagierte damit aggressiver, als beabsichtigt. Ein weiteres Mal, dass Harry sich schon am Anfang des Satzes am liebsten die Zunge abgebissen hätte.

„Ach Harry", sagte Remus und nahm einen großen Schluck Butterbier. Harry wünschte sich, sein Butterbier wäre Feuerwhiskey. Und musste lachen. Es war so lächerlich, das alles. Alles um ihn herum. Er saß hier mit einem seiner besten Freunde, einem Menschen, den sein Vater schon zu schätzen gewusst hatte, und er konnte sich nicht mehr normal mit ihm unterhalten. War es nicht Ironie, wenn er die Welt retten wollte und seine eigene Welt in Trümmern lag?

„Warum lachst du?", fragte Remus verwirrt, aber schmunzelnd. Harry schüttelte nur den Kopf und grinste breit. „Möchtest du einen Feuerwhiskey?", fragte er und stand auf, „mir ist nämlich gerade eingefallen, dass Ron und ich hier mal eine Flasche vor den Zwillingen versteckt haben. Sie müsste hier noch sein, wir haben nie mehr außer einem Schluck davon getrunken."

Remus lachte auf. „Na dann reich mal rüber."

Harry sah sich einen Moment um und überlegte. Dann ging er zielsicher auf eines der Regale zu und zog ein Buch heraus, in dem es um dunkle magische Tränke und ihre Wirkungen, unter anderem auch unter Einfluss dunkler Flüche ging. Er hielt es einen Moment hoch, damit Remus den Titel lesen konnte. Sie lachten ein wenig, während Harry mit dem Finger dreimal auf das Holz klopfte, auf dem vorher das Buch gestanden hatte. Er wartete eine Sekunde und griff dann in die Lücke, die das Buch zurückgelassen hatte. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, hielt er eine verstaubte Feuerwhiskeyflasche in der Hand und grinste ein wenig stolz. „Ein gutes Versteck, nicht wahr? Fred und George wären nie auf die Idee gekommen, nach einem Zaubertränkebuch zu suchen, das einem weiterhilft, wenn man unter dem Einfluss von Flüchen steht", sagte er und pustete den Staub von der Flasche, „und mit Sicherheit ist er noch so genießbar wie mit 16."

Remus verzog das Gesicht zu einer kleinen Grimasse. „Und ich, als alter Rumtreiber möchte gar nicht erst wissen, woher ihr das hattet, wenn ihr doch noch minderjährig ward."

„Ach, glaub mir, Krone hätte das unterstützt", antwortete Harry und setzte sich wieder.

„Das ist ja das Schlimme", sagte Remus und lachte wieder. Sein Lachen verstummte, als er Harry dabei zusah, wie er mit der linken Hand leichtfertig zwei Gläser heraufbeschwor.

Harry bemerkte seinen Blick. „Frag mich jetzt bitte nicht, woher ich das kann und wer es mir beigebracht hat. Frag so was nicht", sagte er und schüttete den Alkohol in die Gläser.

„Ich wollte es nicht fragen", sagte Remus ruhig, „ich wollte etwas anderes fragen. Ich wollte dich fragen, wie es dir geht."

Harry sah auf. „Manchmal erschreckst du mich, wenn du so bist wie Dumbledore", sagte er leise und hob demonstrativ sein Glas. „Prost", sagte er. Remus hob sein Glas ebenfalls mit einem Lächeln. „Auf die Freundschaft", prostete auch Remus ihm zu. „Auf die Herren Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone", sagte Harry und nahm einen Schluck. Remus allerdings hielt inne. „Auch auf Wurmschwanz?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Auch auf Wurmschwanz", bestätigte Harry, „Denn als er noch Wurmschwanz war, war er noch euer Freund. Jetzt ist er Peter Pettigrew."

Und der hochwohlgeborene Herr Moony lächelte. Hob sein Glas. Und trank.

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Sie redeten noch lange, über dies und über das, über Wichtiges und Unwichtiges. Remus fragte nicht, wo Harry gewesen war, warum er gegangen war, warum er wie geworden war. Und Harry dankte es ihm im Stillen, indem er nicht ablehnend war, indem er so tat, als wäre alles wie früher. Und plötzlich war alles wie früher. Sie sprachen über Sirius, nur kurz, doch es tat beiden gut, sie sprachen über den Orden, das schon etwas länger und ernster. Und sie sprachen über Voldemort, wobei ihre Mienen noch ernsthafter und ihre Stimmen noch ruhiger wurden. Harrys Narbe war ein großes Thema und Harry tat es gut, seine Gedanken mit Remus teilen zu können, auch wenn dieser nicht viel mehr tat, als zustimmend zu nicken und einige Male „Ja, ich denke, du hast das Richtige getan", zu sagen. Doch das war auch genug.

Noch immer saßen die beiden in der Bibliothek, obwohl es bereits nach Mitternacht sein musste – keiner von beiden trug eine Uhr, so ließ es sich nur vermuten – und die Flasche Feuerwhiskey leer war. Sie saßen im Stillen, jeder seinen eigenen, etwas angetrunkenen Gedanken nachhängend.

Harry war mehr als zufrieden zufrieden. Der Alkohol hatte seine Sinne etwas benebelt, doch er merkte jetzt erst, dass er sich wohl seit Tagen in einer Daueranstrengung befunden hatte, die jetzt erst nachließ. Er war vollkommen entspannt. Remus schien es ähnlich zu gehen, denn er lächelte von Zeit zu Zeit zufrieden und die Falten, die sonst seine Stirn prangten, waren nur zu erkennen, wenn man wusste, dass sie da waren.

Plötzlich richtete sich Remus etwas aus seiner entspannten Lage auf und Harry zog fragend die Augenbrauen nach oben. „Ich wollte dir noch etwas sagen, Harry", fing Remus an. Harry sah ihn verwundert an. War nicht alles Wichtige heute Abend schon gesagt und alles Unwichtige noch dazu? „Ich muss dir etwas sagen, was ich dir noch nie gesagt habe, obwohl ich es schon vor langer Zeit hätte tun sollen. Ich wollte Entschuldigung sagen."

„Für was?", fragte Harry mit gerunzelter Stirn.

„Dafür, dass ich mich vor deinem dritten Schuljahr nie bei dir gemeldet habe. Dass ich versucht habe zu ignorieren, dass mein toter bester Freund einen Sohn hatte, der noch lebte. Dass ich nicht für dich da war. Es war klar, dass ich dich nicht aufnehmen konnte – ein Werwolf, der auf Harry Potter acht gibt? – doch ich hätte dich wenigstens besuchen können. Hätte mich bei Dumbledore nach dir erkundigen können, wo du bist, wie es dir geht und so weiter. Ich hätte dir von deinen Eltern erzählen können, davon, dass sie keinen Autounfall hatten. Ich hätte…"

„Hör auf", unterbrach ihn Harry und hob unterstützend die Hand, „Es ist in Ordnung, Remus. Lass gut sein. Ich habe dir das nie vorgeworfen und werde es dir nie vorwerfen. Du hattest deine eigenen Sorgen und Probleme. Ich verstehe das." Er lächelte Remus an. Doch bei diesem kamen die Stirnfalten wieder deutlich zum Vorschein. „Nein, Harry, du verstehst das eben nicht. Ich hätte es tun können, ich hätte dich aufsuchen können. Ich hatte Angst, einfach nur Angst. Angst, dass du dich als Ebenbild James' herausstellen würdest. Dass ich weinend vor dir zusammenbrechen würde, weil die einzigen Freunde, die ich je hatte, mich verlassen hatten. Dass ich dir etwas antun würde, weil ich damals auch deinem Vater gerne etwas angetan hätte, und Peter und Sirius auch. Ich dachte, dass sie mich im Stich gelassen hatten und war wütend auf sie. Und ich war der stillen Meinung, dass ein Kind und ein Werwolf mit Wut, Angst und Verzweiflung im Bauch nicht zueinander passten. Ich glaube, das war der drittschlimmste Fehler meines Lebens. Ich weiß auch, dass du mir schon längst verziehen hast. Ich wollte es nur noch einmal erklären."

Harry nickte leicht und sah in Remus' verzweifelte, graue Augen. „Was waren die beiden anderen schlimmsten Fehler deines Lebens?", fragte er ernst. Remus lächelte leise, ganz kurz nur. Wohl weil er mit einer anderen Antwort gerechnet, doch eigentlich eine solche Frage hätte erwarten müssen. Doch er wurde wieder ernst: „Der zweitschlimmste war, nicht das Offensichtliche zu erkennen. Nicht zu erkennen, dass Sirius nie jemanden hätte umbringen können, dass er nie Todesser gewesen sein konnte. Sirius war viel zu impulsiv dafür, viel zu freiheitsliebend, als dass er einer solchen Gruppe angehören konnte. Er hat seine Familie viel zu sehr gehasst. Und James hat er viel zu sehr geliebt. James und Lily. Und dich natürlich. Wusstest du, dass Lily regelmäßig samstags einen Herzinfarkt bekommen hat, weil Sirius irgendwie in Godric's Hollow aufgetaucht ist – trotz der sehr guten Schutzzauber übrigens, darin war Lily Meisterin – und dich in den Garten entführt hat, ohne jemandem Bescheid zu sagen? Er ist mit dir auf einem Besen geflogen, als du sechs Monate alt warst, hat dir einen Elefanten in Lilys Blumenbeete gezaubert, als du 9 Monate alt warst und hat dich mit den Regeln des Versteckens vertraut gemacht, als du gerade laufen konntest." Remus lächelte glücklich bei dieser Erinnerung. Nicht zum ersten Mal wünschte sich Harry, Voldemort hätte nie existiert. Vielleicht hätte er mit sechs perfekt auf einem Elefanten geritten, vielleicht wäre er mit acht für die Kinder-Quidditch-Mannschaft entdeckt worden, vielleicht wäre er ein Rumtreiber geworden, ohne Sorgen, ohne mehr Probleme als Strafarbeiten von Minerva McGonagall. Vielleicht…

„Und der schlimmste Fehler?", fragte er leise. Remus seufzte. „Das war, als ich fast ein Jahr lang dachte, meine Freunde hätten mich alle verraten. Als ich dachte, ich hätte sie verloren, sie würden mich nicht mehr mögen, fänden mich abstoßend. Dabei wurden sie für mich Animagi zu dieser Zeit. Im Endeffekt habe ich ihnen nicht vertraut und sie damit verraten. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als sie mir endlich ihre Tierformen zeigten." Remus sah träumerisch an Harry vorbei und wieder saßen sie da, ohne etwas zu sagen, jeder mit seinen Gedanken. Bis Harry nach der nur halb ausgetrunkenen Butterbierflasche griff. „Wie ich schon sagte", erhob er das Wort, „auf Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone."

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Als Harry am nächsten Morgen aufwachte, fand er sich in einem Bett im Grimmauld Platz Nr.12 vor. Wage erinnerte sich daran, dass Remus und er sehr spät in der Nacht dann doch noch beschlossen hatten, schlafen zu gehen und dass er keine Lust mehr gehabt hatte, zu apparieren. Also war er kurzentschlossen in sein früheres Zimmer geschlurft und da in eine Art komatöser Schlaf gefallen. Es musste schon nach Mittag sein, dachte er, nach einem Blick aus dem Fenster. Die Sonne schien strahlend, es war ein schöner Herbsttag. Er hatte zuviel getrunken gestern, das merkte er jetzt, doch er bereute es nicht. So gut hatte er sich lange mit niemandem mehr unterhalten.

Er stand auf, zog seinen Umhang an, der auf dem zweiten Bett im Zimmer lag, und ging hinunter in die Küche. „Mist", hörte er Tonks schon, bevor er die Küchentür öffnete und als er eintrat, sah er, warum sie geflucht hatte. Sie hockte auf dem Boden, mit einem Bademantel bekleidet, und sammelte Scherben eines Glases oder einer Kanne auf. Sie waren vermischt mit brauner Flüssigkeit, Kaffee vermutlich.

„Guten Morgen", sagte Harry und ließ grinsend die Scherben mit seinem Zauberstab verschwinden.

Tonks sah auf. „Ach, Harry", sagte sie überrascht, „dich hätte ich hier nicht erwartet. Guten Morgen." Er sagte nichts darauf, er wollte nicht erklären, dass er gestern mit Remus noch viele Stunden geredet und getrunken hatte. Stattdessen füllte er Bohnen in ein Gefäß, mahlte sie mit Magie und schüttete das Pulver in die Kaffeemaschine. Tonks stand neben ihm und sah zu. „Der Plan ist gut", sagte sie wie aus heiterem Himmel. „Welcher Plan?", fragte er zurück, während er die Kaffeemaschine richtig einstellte. „Na der, den du neulich vorgestellt hast. Den wir jetzt angehen. Der Plan dieses Netz aufzubauen, mit Zauberern und Muggeln. Ich finde ihn gut." Er drehte sich zu ihr herum. „Danke", sagte er und lächelte. Sie hatte momentan braunfarbene, kurze Haare und die Lippen waren ein wenig voller, als sonst. Harry fragte sich unwillkürlich, ob sie ihr Erscheinungsbild nach ihren Gefühlen änderte oder ob sie einfach ausprobierte. Ob Tonks sich wohl heute nach vollen Lippen und braunen Haaren gefühlt hatte?

Stattdessen fragte er etwas anderes: „Wie bist du mit Charlie zusammengekommen?" Er wusste gar nicht so genau, warum er es fragte. Er wollte es einfach nur wissen.

Sie lachte und zog das Band des Bademantels ein bisschen enger, da es sich gelockert hatte. „Wir sollten gemeinsam Bellatrix und Rudolphus Lestrange bewachen und es war wirklich totlangweilig, weil die beiden nur miteinander redeten oder sich küssten. Nichts interessantes, wenn man mal davon absieht, dass es wirklich erschreckend eklig sein kann, Bellatrix küssen zu sehen." Harry grinste. „Das kann ich mir bildlich vorstellen", murmelte er. Tonks sprach weiter: „Wie auch immer, wir kamen also auch ins Gespräch und wir sprachen über die unterschiedlichsten Sachen. Das war der Anfang irgendwie. Wir begannen uns kennen zu lernen. Danach gingen wir immer zusammen auf Missionen, ich erzählte viel über meine Arbeit, er viel über seine, wir redeten über Familien und Zukunftswünsche, Ängste…" Sie stockte und sah kurz aus, als würde sie das Gespräch über ihre Ängste noch einmal erleben. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ja. Und wir haben irgendwann bemerkt, dass… dass wir uns lieben." Sie lächelte glücklich und zeigte ihm ihre Hand, an der ein Ring steckte. „Wir sind verlobt", sagte sie dazu. Harry lächelte ebenfalls und nahm ihre Hand in seine. „Glückwunsch", sagte er und drückte ihre Hand. Dann wandt er sich von ihr ab und drehte sich einige Sekunden später wieder herum, mit zwei Tassen in der Hand. „Kaffee?", fragte er und sie nahm leicht lachend an.

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Der Panther war schon wieder traurig. Er wusste nicht mehr, was falsch oder richtig war, er wusste nicht mehr, wer er überhaupt war. Das Tier, der Panther? Oder vielleicht doch eher der Mensch?

Er fühlte sich wohler in seiner Tierform, war jemand anderes, und wenn das Wort nicht mit Negativem verbunden wäre, würde er sagen, es grenzte an Schizophrenie. Und doch war er als Mensch geboren und nicht als Tier, und manchmal war das Wort Flucht in seinem Kopf riesengroß geschrieben.

Es hatte ihn jemand gesehen, neulich. Dieses Mädchen. Er kannte sie, das wusste er, doch in seiner Tierform erinnerte sich oft nicht an Namen. Nur an Gerüche und sie hatte gerochen wie jemand, den er ein bisschen besser kannte, vielleicht aus der Schule, vielleicht auch nur so, von der Straße. Er wusste es nicht mehr. Vielleicht erinnerte er sich als Mensch wieder besser an sie. Sie hatte ihn gesehen und auch, wenn er gehofft hatte, sie würde ihn als Einbildung oder Wahnvorstellung betrachten, so war es doch eigentlich nicht schlimm, dass sie es nicht tat. Dass sie an den Verstand glaubte und wusste, was sie wusste. Er kannte sie ja. Sie war gut. Nicht in dem Sinne wie, dass der Phönixorden gegenüber Todessern gut war, und nicht böse. Sie war einfach gut, das hatte nichts mit Einstellungen zu tun, oder Meinungen, und weiß Merlin auch nicht mit Politik. Er hatte es schon früh bemerkt, doch jetzt roch er es auch, wenn jemand gut war. Sie würde ihm nicht schaden, nicht mit Absicht.

Manchmal fragte er sich, ob es nur ihm so ging. Dass nur er mehr Mensch als Tier war, oder ob es vielleicht noch andere gab. Doch dann erinnerte er sich wieder – es gab ja andere.

Wie auch immer, es gefiel ihm nicht, dass überhaupt jemand von ihm wusste. Er wollte unerkannt bleiben, er fühlte sich weder als Mensch, noch unter großen Menschenmassen wohl und wenn es öffentlich wurde… nein.

Sein Herrscher war er selbst und doch diente er jemandem. Jemand Großes war da und er war willig, ihm zu folgen, wohin auch immer. Er war ihm sogar damals gefolgt, in seiner langen Abwesenheit, damals, als er fast tot gewesen war. Damals, als er ihn gesucht, und doch nicht gefunden hatte, trotz Tiergestalt.

Der Panther lag jetzt da, und er war traurig. Was war richtig, was war falsch, wo waren Antworten, was war die Welt?

Er hatte das Zeitgefühl verloren, hatte es schon immer verloren, Vergangenheit war Zukunft und umgekehrt und er sah etwas, das gestern geschehen war, als weit zurückliegend an.

Aber Zeit war auch nicht im Entferntesten wichtig. Es kam doch nur darauf an, wer und was. Nicht wann und wo. Und auch nicht warum.

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Severus Snape tat das, was er immer tat. Und doch mit einem Unterschied. Er braute diesmal nicht für den Dunklen Lord, oder Albus Dumbledore, oder für sich selbst. Nein, er braute diesen Trank für Lucius Malfoy. Der war zu ihm gekommen. „Severus", hatte er gezischt, so gezischt, dass es beinahe wie ein Flehen geklungen hatte, in dieser billigen Imitation des Lords. „Severus, brau mir diesen Trank hier." Und er hatte ihm den Zettel in die Hand gedrückt. Nach nur einem Blick war Severus klar gewesen, was Malfoy wollte. Und warum er deshalb extra nach Hogwarts gekommen war, nachts, wo doch jeder Todesser die Nähe Dumbledores mied. Dass es so wichtig war, dass nur ein Meister der Zaubertränke hier heran durfte. Und er wusste auch, warum er selbst nie im Leben abgelehnt hätte. Er konnte ihn schließlich auch gebrauchen.

Trotzdem war seine Miene kalt geblieben, seine Augen hatten das Pergament nur kurz gestreift. „Wieso sollte ich, Lucius?", hatte er langsam gefragt und beobachtet, wie die Augenlider von Lucius Malfoy geflackert hatten. Doch nichts hatte Lucius Malfoy geantwortet, er hatte ihm einfach weiter in die Augen geschaut, immer noch mit flackernden Lidern. Dann hatte er die Kapuze wieder tiefer in das Gesicht gezogen und war verschwunden. Hatte Severus alleine gelassen, alleine mit diesem Zettel in der Hand und der Frage, ob er zu Dumbledore gehen sollte.

Jetzt braute er. Er war nicht zu Dumbledore gegangen, doch hatte seinen fehlenden Schlaf vergessen, das Kitzeln seines Unterarmes ausgeblendet und ein paar Phiolen geholt.

Gerade fügte er Weihrauch dem Trank hinzu, nur damit es schneller ging heute Nacht und damit er es später nicht noch einmal erhitzen musste. Denn Weihrauch sorgte für die nötige Hitze, es reagierte mit den anderen Zutaten sehr günstig. Er seufzte leise, während er viermal nach links umrührte. Konzentration machte sich auf seinem Gesicht jetzt breit, der schwierige Teil begann.

Manchmal, wenn er viel nachdachte, wenn die Gedanken ihn nicht losließen, dachte er über James Potter nach. Nein er dachte nicht, er fragte. Er fragte sich selbst und die Welt, wie ausgerechnet James Potter Animagus hatte werden können. Wie er den Trank hatte brauen können, warum er in fast allen Fächern so gut gewesen war. Er war überzeugt davon, dass James den Trank für die beiden anderen mitgebraut hatte. Sirius Black war zwar auch sehr gut in der Schule gewesen, doch für Zaubertränke zu impulsiv und ungeduldig. Black hatte keine fünf Minuten ruhig stillsitzen können. Pettigrew schloss er ebenfalls aus, aus Gründen, die nicht näher erläutert werden mussten. Doch Potter. Potter hatte immer das Zeug dazu gehabt, ein Meister der Zaubertränke zu werden. Potter hätte auch das Zeug dazu gehabt, Meister der Verwandlungen zu werden. Potter hätte das Zeug dazu gehabt, Meister der Zauberkunst zu werden, der Verteidigung... Das Einzige, was Titel wie diese wohl immer verhindert hätte, war sein Mut. Sein Lebensmut, wenn man es so ausdrückte. Seine Unerschrockenheit. Unvorsichtigkeit auch genannt. James Potter waren in seinem Leben wohl mehr als 200 Kessel explodiert, und davon natürlich 150 mit voller Absicht. Er hatte nichts geschätzt, hatte nie die Faszination von Zaubertränken sehen können. Nur Verwandlungen hatten ihn fasziniert und, ja, Lily Evans natürlich. Mehr nicht. Potter hatte seine Talente weggeschmissen, Severus' Meinung nach, und manchmal dachte er, dass das der Grund für seinen Hass auf Potter gewesen war. Er, Severus, hatte immer kämpfen müssen. Schon früh gegen seinen Vater, der jeden, der ihm nicht gehorchte, schlug, sich selbst wohl eingeschlossen. Dann hatte er gegen seine Mutter kämpfen müssen, nachdem sein Vater Selbstmord begangen und seine Mutter die Rolle des ‚Mannes' in der Familie übernommen hatte. In der Schule hatte er kämpfen müssen, gegen die Slytherins, die ihn nicht akzeptierten, weil er eine dreckige Familiengeschichte hatte, gegen den Rest, weil er ein Slytherin war. Er hatte für gute Noten kämpfen müssen, die einzige gute Note, die er ohne Anstrengung immer bekommen hatte, war in Zaubertränke gewesen. Alles andere hatte er sich hart erkämpfen müssen. Später hatte er um Voldemorts Anerkennung gelämpft, dann um Dumbledores, als er seine Meinung geändert hatte… Und dann war da James Potter. Aus dieser Wunderfamilie, reich, beide Eltern begabte Auroren, immer gut, immer auf der Seite Dumbledores, immer für die Gerechtigkeit der Welt, dabei hatte sie leider immer vergessen, klein anzufangen und erstmal die Gerechtigkeit in einzelnen Familien zu schaffen. Severus schnaubte verächtlich. Aber daran hatten sie natürlich nie gedacht. James war also das Wunderkind, aus der Wunderfamilie, jeder wusste schon als er fünf war um seine wunderbare Zukunft. In Hogwarts stellte er sich dann als arroganter Alleskönner heraus, und freundete sich auch noch mit Black an, diesem Familienverräter. Zusammen mischten sie Hogwarts auf und bekamen dafür gute Noten. Keiner erkannte, was sie wirklich gewesen waren, nämlich lächerliche, arrogante Figuren, mit fehlender Vernunft. Und nie hatten sie ihre Talente geschätzt, um wirklich etwas daraus zu machen, das war erst viel später gekommen, als sie wegen des Krieges erwachsen werden mussten. Vielleicht hatte Severus Potter deshalb immer gehasst. Weil er alles gehabt hatte, was Severus sich gewünscht hätte. Weil er, im Gegensatz zu Severus, ein leichtes Leben gehabt hatte. Bis er starb, von der Hand des Dunklen Lords. Von einem seiner besten Freunde verraten.

Severus schluckte unwillkürlich, schluckte damit Reue und Schuld herunter. Er fügte seinem Trank noch etwas Belladonna-Essenz hinzu und atmete tief durch.

Er hatte eine ungefähre Vorstellung davon, warum Lucius Malfoy ein Animagus werden wollte. Er wusste nicht, wie sie hießen, doch er hatte, wie Malfoy, mitbekommen, dass es eine Gruppe Menschen gab, die dem Dunklen Lord wichtiger waren, als sein Innerster Zirkel. Er wusste auch, dass diese Menschen Animagi waren und dass sie sich nur als Tiere dem Dunklen Lord zeigten. Dass er sie als Menschen nicht kannte.

Snape machte zwei Portionen des Trankes. Und beschloss, nicht zu Dumbledore zu gehen.


So, großes Rätselraten jetzt vermutlich, wer ist der Panther, arbeitet er für Voldemort, was tut er, warum tut Snape das, WER ist der Panther :D

Ich werde nichts weiter verraten. Nur soviel, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. (Allerdings manchmal eben schon… also :D )

Ich hoffe einfach, es hat euch gefallen, des weiteren hoffe ich, dass ihr mir die Verspätungen mittlerweile mit einem genervten Augenhochziehen verzeiht :) und dass ihr weiterhin die Geschichte lest, denn ich werde sie auch so, nach meiner Idee, fortsetzen, wenn der sechste Band auf Englisch endlich erschienen ist (Merlin, wartet ihr AUCH schon so darauf? Ich lechze förmlich), egal ob JKR mir damit meine Story vielleicht gänzlich kaputtmacht :D Das verzeihe ich ihr und mache natürlich trotzdem weiter.

So, liebe Grüße jetzt noch, einen schönen Abend und VIELEN lieben Dank an meine Betaleserinnen Veronica Evans und HJ-HJ.

(Siriusisalive hat sich leider nicht mehr gemeldet, aber vielleicht war ich auch einfach zu ungeduldig. Also wenn du es noch schickst, es tut mir leid, ich wollte nur wegen des Verzuges so schnell wie möglich updaten. )

Danke fürs Lesen und ich würde mich über weitere Reviews sehr freuen.

Reviewantworten gibt's auch noch. Leider nicht für jeden, aber ich hoffe doch, ich habe alle Fragen beantworten können. Wenn nicht, stellt sie einfach noch mal :D

Mono.tonie

Veronica Evans: Danke noch mal fürs Beta-lesen. Zu deiner Frage wegen Dumbledores Bonbons. Die waren nicht verzaubert oder so, kein Zaubertrank drin – nichts. Das waren ganz normale, einfache Zitronenbrausebonbons. Und die Mauer um seine Gedanken herum war ja auch eher auf gedanklicher Basis, er hat sich halt verschlossen, wollte nicht nachdenken, keinen Schmerz fühlen und keine Freude. Doch indem er ein Zitronenbrausebonbon aß, erinnerte er sich an sovieles, Dumbledore, seine Freunde, bittersüss… Gefühle kamen hoch und dadurch zerbrach die ‚eingebildete' Mauer. Verstehst du?

Und das in Amerika war ein Schüleraustausch :)

Jdsmile Vielen vielen Dank für die lange Antwort, hat mich sehr gefreut. Und ich kann leider auch nicht mehr sagen als: Ich bemühe mich um eine recht schnelle Fortsetzung /

Voldemorts Gedanken, Ansichten und so weiter kommen im nächsten Kapitel

Inapichler Nein, ich habe Hermione nicht erwähnt bei der Aufzählung von Harry und ja, da steckt noch etwas dahinter. Schön, dass es jemand erkannt hat. Allerdings werde ich noch nicht sagen, was dahinter steckt. ;)

Schoggi Oh, ein kleines Gedicht :) Danke

Mohnblümchen: Vielen Dank für das große Lob :)

Torence Jaaa, das mit Lucius Malfoy ist mit diesem Kapitel hoffentlich noch ein wenig mysteriöser aber auch ein wenig klarer geworden…

HJ-HJ (oder HarryHermine… wie auch immer ;) ): In Amerika war es sehr toll :) Ich habe es echt genossen, auch wenn ich irgendwo im tiefsten Texas war. Aber es war warm, es war toll und ich habe sehr viel Spass gehabt.

Silver Snake: WOW, ein Gedicht klatsch Dankedankedanke.

Millicent-vs.-Hermione: Also um das mit George noch mal klar zu stellen: Er lag in einer Art künstlichem Koma und er ist wieder aufgewacht. Er war nie tot. Fred hat einfach die Hoffnung verloren, er glaubte nicht mehr daran, dass George aufwachen würde, er dachte, George würde bald sterben. Deshalb war er für ihn schon wie tot.

Und dass er aufgewacht ist, hatte nichts mit Voldemort oder Harry zu tun…

Aber vielen Dank für das Review :)

Kabrueggen: Vielen Dank, das freut mich. Und du kannst mich ruhig duzen ;)

IamFallen: Haha, also dass es dir leid tut, mir länger kein Review geschrieben zu haben, finde ich ja in Ordnung, aber erstechen musst du dich ja nicht gerade :D Denn dann kommt ja nie wieder ein Review von dir. Das wäre viel schlimmer

Avallyn Black: Vielen Dank, aber ich habe mittlerweile mehrere Betaleser gefunden.

Desweiteren vielen Dank für ihr Review an:

ArcadiaPirat, Roter Draconis, Harry Black Potter, Alex Black5, Miss Mess, Dax, Zerengeb, radagastCH