Disclaimer:
Mir gehört nichts, außer des Plots, JKR gehört alles andere. Ich habe nicht vor, damit Geld zu verdienen.


Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd' geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke

Kapitel 20

Es war etwa einen Monat her, dass er mit seiner Tante Petunia das erste Mal ein gutes Gespräch geführt hatte, es war auch einen Monat her, dass sie angefangen hatten Mitglieder für den neuen Orden zu sammeln. Dieser Orden beinhaltete mittlerweile 211 Zauberer und Hexen und 392 Muggel. Der Einfachheit halber hatten sie den Namen ‚Orden des Phönix' beibehalten.

Voldemort hatte sich seitdem ruhig verhalten, genauso wie Harry. Doch es war nur eine scheinbare Ruhe, denn sie alle arbeiteten im Stillen, bereiteten sich vor – auf den Endkampf. Harry wusste – es ging jetzt nicht mehr darum, Voldemort für die nächsten Monate aufzuhalten. Es ging jetzt darum, Voldemort zu vernichten.

Draußen wurde es immer kälter, der Herbst wurde immer stürmiger. Halloween hatte Harry mit Mona, Ginny, Ron und Hermione in Hogwarts verbracht. Sie hatten mit Hagrid gelacht, sie hatten Kürbiskuchen gegessen und über Dumbledores Halloweenscherze geschmunzelt. Und am Ende hatte Harry das Gefühl gehabt, nie erwachsen geworden zu sein. Nie gelernt zu haben, dass Voldemort sein Leben bestimmte. Vielleicht lag es an dem guten Essen, oder daran, dass Snape nicht da gewesen war oder auch daran, dass er über die weißen Tanzmäuse genauso hatte lachen müssen wie Mona. Er wusste es nicht. Fakt war, dass er so glücklich gewesen war wie schon lange nicht mehr. Und Fakt war auch, dass er erst wieder so glücklich werden würde, wenn Voldemort nicht mehr existierte. Fakt war, dass er sich jetzt beeilen musste, denn mit jedem Tag würde es wohl schwerer werden ihn zu besiegen.

Deshalb stand er heute hier. Vor mehr als 600 Menschen, die alle in den letzten Wochen einen unbrechbaren Kodex gesprochen hatten, der besagte, dass sie stürben, wenn sie den Orden mit freiem Wille verraten würden. Vor mehr als 600 Menschen, die zu ihm aufsahen.

Es war das erste Mal, dass er vor ihnen allen sprechen würde, es war auch das erste Mal, dass alle gemeinsam zusammen waren.

Als Ort hatten sie die Große Halle gewählt, denn Dumbledore hatte noch kein passendes Hauptquartier gefunden.

Harry sah hinunter auf die Menschenmassen und fühlte sich schlecht. So schlecht, wie er sich das letzte Mal in seinem sechsten Schuljahr gefühlt hatte. Er konnte sie nicht in den Krieg schicken. Er konnte nicht ihren Tod auf dem Gewissen haben.

Und doch sahen sie ihn alle entschlossen an. Er sah in ihren Augen, dass sie kämpfen wollten. Dass sie ihm folgen würden. Wohin auch immer.

Und genau das machte alles am Schwersten.

Er holte tief Luft und begann: „Seid bereit! Ihr wisst, es wird bald soweit sein. Und... als Erstes möchte ich euch allen danken. Ihr setzt euer Leben aufs Spiel und das ist das Höchste, was man von euch erwarten kann, denke ich. Und ich möchte euch auch sagen, dass jeder, wirklich jeder von euch sich wirklich sicher sein sollte, das zu tun. Ich lasse jedem die Wahl, ich kann und will euch nicht zu irgendetwas zwingen. Es ist allein eure Entscheidung. Ihr habt alle den Kodex ausgesprochen. Ihr kennt die Regeln, ihr kennt die Verantwortung. Es macht..."

Er seufzte.

Eine Frau in der ersten Reihe sah ihn strahlend an, als würde sie sich darauf freuen, zu kämpfen. Zu sterben.

„Seid bereit!", sagte er ruhig, statt seines angefangenen Satzes.

„Seid bereit für alles, was euch erwartet. Ich will offen sein: Es erwarten euch keine schönen Dinge. Schrecken, Leid, Tod. Doch denkt wenigstens an die schönen Dinge des Lebens. Denkt bei allem, was ihr tut daran, dass ihr es für euch selbst und die lachenden Gesichter eurer Kinder tut. Das ist das Wichtigste. Denkt an die Zukunft und haltet an diesem Gedanken fest, dann werdet ihr auch eine Zukunft haben. Seht nach vorne, denkt an die vielen glücklichen Augenblicke in eurem Leben. Und kämpft. Kämpft, bis euer Mut belohnt wird – und das wird er, da bin ich mir sicher.

Jeder von euch hat eine Aufgabe. Und ich vertraue darauf, dass jeder von euch diese Aufgabe erfüllen wird.

Ich fordere von euch nur eines: Zusammenhalt.

Wir werden das schaffen. Wenn wir zusammenhalten. Wenn wir eine Familie sind. Und ich glaube, wir sind eine Familie. Wir müssen uns nur etwas anstrengen, um sie aufrecht zu erhalten.

Kämpft bis euer Potential erschöpft ist, tut alles, was in eurer Macht steht. Tut es für euer Leben.

Das Gute wird triumphieren. So oder so."

Er glaubte nicht, dass irgendeiner außer vielleicht Albus Dumbledore die Worte ‚So oder so' in diesem Zusammenhang verstehen würde. Doch er sprach auch zu sich selbst.

Eine Tür klapperte, doch er achtete nicht darauf.

„Seid bereit. Und –", schloss er mit einem kurzen Blick zu Alastor Moody, „– immer wachsam."

Er sah, wie Moody breit grinste. Er hatte wohl davon gehört, dass sein Doppelgänger in Harrys viertem Schuljahr eine Art Parole hatte. Einige seiner ehemaligen Mitschüler lachten leise, verstummten aber sofort wieder. Einen Moment lang war alles still.

Ginny starrte auf ihre Hände, Ron sah zu ihm auf, stille Angst in seinen Augen. Hermione biss sich auf die Lippen. Viele hatten die Augen geschlossen oder starrten ihn an.

Dumbledore erhob sich und sah ihn lächelnd an.

„Das werde ich sein", sagte er.

Und plötzlich fingen alle an zu klatschen und zu rufen: „Ich auch!" Manche kamen zu Harry und schüttelten ihm kräftig die Hand. Ohne etwas zu sagen. Eine Welle der begeisterten Unbeugsamkeit ging durch die Menschen. Sie fühlten sich unbesiegbar, waren mutig entschlossen, in den Kampf zu ziehen.

Er dagegen fühlte sich immer schlechter. Mit hängenden Armen wich er Tonks aus, die ihm anscheinend auch die Hände schütteln wollte und verschwand lautlos. Er ging durch eine Nebentür, durch die er schon einmal in seinem vierten Schuljahr gegangen war, aus der Großen Halle hinaus und setzte sich in die Ecke des kleinen Raumes.

Das Zimmer war dunkel, rote Vorhänge verdeckten das einzige Fenster und im Kamin brannte kein Feuer. Neben ihm stand ein altes Sofa. Außer einem kleinen Tisch an der Wand das einzige Möbelstück im Raum. Er fand es komisch, dass der Raum sich so verändert hatte, seit dem er mit den anderen Champions hier gewartet hatte, doch er fand jetzt nicht die Ruhe, sich darüber zu wundern.

In seiner Ecke gekauert schloss er müde die Augen. Er konnte nicht mehr, er wollte nicht mehr.

Wie hatte er das nur tun können? Wie? Wieso erzählte er ihnen Lügen? Wieso sprach er von etwas, was er doch selbst nicht glaubte? Warum war er nur zurückgekehrt? Wie konnte er diese Menschen in den Krieg führen? Sie konnten nicht gewinnen, sie würden nicht gewinnen. Sie würden alle sterben.

Er verbarg sein Gesicht in den Händen. Plötzlich hörte er, dass die Tür aufging und jemand herein kam. Er rührte sich nicht. Hoffentlich sah ihn niemand, hoffentlich blieb er unentdeckt. Er wollte nicht wissen, wer es war. Er wollte niemanden sehen, mit niemandem sprechen. Er wollte jetzt alleine sein. Eine Hand berührte seine Schultern.

„Harry?", fragte Hermione und strich ihm sanft über den vorgebeugten Rücken, als würde sie damit jede Last wegstreichen können. Sie hockte sich neben ihn. „Erzähl es mir. Erzähl mir einmal, was dich bedrückt", bat sie ruhig.

Harry blickte auf und sah in ihr ernstes Gesicht, in die schmerzvollen Augen, auf den zusammengekniffenen Mund, auf die viel zu bleichen Gesichtszüge.

„Ich fühle mich wie der letzte Abschaum", sagte er mit gebrochener Stimme.

„Warum?", fragte sie. Hohl lachte er auf. „Warum? Ich schicke sie in den Tod. Sie sehen in mir einen Anführer. Einen Anführer wie Voldemort persönlich. Hast du ihre Gesichter gesehen, Hermione? Hast du in ihre Augen geblickt? Sie würden alles tun. Ich weiß ganz genau, dass sie alle lieber bei ihren Familien bleiben würden. Stattdessen schicke ich sie in das Leid, in den Krieg. Ich... ich bin wie Voldemort. Ganz genau so. Die Absichten mögen verschieden sein, doch ich fordere dasselbe von ihnen: den Tod."

Hermione nahm seine Hand und drückte sie, während sie den Kopf schüttelte. „Nein, Harry. Der Krieg ist schon bei ihnen. Unter ihnen. Du motivierst sie nur. Du bist nicht wie Voldemort, du könntest es nie sein. Du bist stark, Harry. Viel stärker, als die meisten es je geahnt hätten. Als ich es je geahnt hätte und ich habe eigentlich immer große Stücke auf dich gehalten. Trotz..." Sie stockte. „Du hast in ihre Gesichter gesehen, sagst du? Hast du auch in Snapes Gesicht gesehen? Hast du in Dumbledores Augen gesehen? Snape würde es nie zugeben, vermutlich ist es ihm noch nicht einmal selbst bewusst, aber er bewundert dich, er weiß, dass du Recht hast und er weiß auch, dass es kein anderer so gut könnte wie du, Harry Potter. Dass niemand in der Lage wäre, diese Situation so gut zu meistern. Das kannst du mir glauben. Und Dumbledore ist stolzer auf dich, als er es je war. Dumbledore…" Sie lächelte. „Dumbledore sah dich an, als wärest du sein eigener Sohn, als könnte nichts ihn stolzer machen. Du bist der geborene Führer. Du bist der Einzige, der diese Menschen in den Krieg führen kann – und sie auch wieder sicher hinausführt."

„Das ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass es der Tod ist, in den ich sie führe." Er vergrub sein Gesicht wieder in seinen Händen.

„Du rettest ihre Leben. Ohne dich würden sie sowieso sterben. Nach und nach. Langsam. Qualvoll. Ohne Hoffnung. So sind sie bereit zu kämpfen. Wegen dir. Nein, mit dir."

Harry sah auf und bemerkte, dass Hermione weinte. Sie lächelte ihn unter Tränen an. „Entschuldige. Entschuldige für alles", flüsterte sie.

Harry wusste genau, was sie meinte und zum ersten Mal seit langem hatte er das Gefühl, dass es wieder wie früher sein könnte. Nein, nicht wie früher. Anders. Besser. Er hatte das Gefühl, die Vergangenheit könnte endlich vergessen werden, endlich nicht mehr in ihren Köpfen herumspuken wie Peeves, der Poltergeist. Die Vergangenheit würde endlich Vergangenheit sein und eine neue Zukunft anbrechen. „Ich muss mich auch entschuldigen.", erwiderte er. Sie schluckte und lachte. „Es hätte nie soweit kommen dürfen, was?", sagte sie und schüttelte über sich selbst den Kopf. „Nein, das hätte es nicht." Sie nickte und auch auf sein Gesicht stahl sich ein Lächeln.

Harry sah sie an, betrachtete sie näher. Ihre Wangen rötlich, das braune Haar ungeordnet zu einem Zopf gebunden, die Tränen traten schimmernd aus den Augenwinkeln hervor. Er wusste nicht, warum jetzt, er wusste nicht, warum überhaupt, doch er fand sie plötzlich wunderschön. Zerbrechlich und trotzdem stark. Wie aus einem Instinkt heraus, wischte er ihre Tränen fort und zauberte ein leichtes Lächeln in ihr Gesicht, als er mit seiner Hand ihren Mund berührte. Dann näherten sich ihre Gesichter, bis ihre Nasenspitze die seine traf.

„Hermione, ich...", fing er leise an, doch er kam nicht weiter, denn ihr Zeigefinger legte sich auf seinen Mund.

„Shh", machte sie.

Harrys Herz schien zu explodieren, als sie sich küssten.

Er hatte das Gefühl, nicht mehr denken zu können. Er wünschte sich weg, weit weg von diesem Ort. Mit ihr zusammen weg. Alleine. Ohne die übrige Welt. In eine andere Welt. Ohne Voldemort, ohne Dumbledore, ohne Menschen, ohne Krieg. Ohne Zerstörung. Ohne Gut und ohne Böse. Dann setzte sein Kopf ganz aus und seine Hand legte sich an ihre schlanke Hüfte. Er wollte sie berühren, überall. Er hatte das Verlangen, ihr Haar zu spüren, ihren Körper zu entdecken und ihr nahe zu sein. Ihr schien es ähnlich zu gehen, denn ihre Finger glitten über Harrys Brust und immer noch leidenschaftlich küssend streifte sie ihm den Umhang ab. Sanft öffnete er ihre Robe und sie standen auf. Ihre Münder verschmolzen, seine Hand vergrub sich erwartungsvoll in ihren Haaren.

Noch nie hatte er eine solche Sehnsucht verspürt, noch nie hatte er diesen leeren Punkt in seinem Leben so sehr füllen wollen. Doch während seine Hände unter ihre Robe wanderten, während sie leise stöhnte, während seine Finger ihre weiche Brust berührten und während sie ihm die Hose öffnete, hatte er zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, an einem richtigen Ort zu sein.

„Warte", sagte Hermione plötzlich und ließ mit einem leichten Grinsen von ihm ab. Leichten Fußes ging sie zur Tür und schloss sie mit einem leisen „Colloportus". Dann steckte sie ihren Zauberstab wieder in ihre Robe, streifte diese ganz ab und lächelte Harry zärtlich an. Er hob sie hoch und legte sie auf das Sofa, während er mit einer Bewegung seiner Hand ein Feuer im Kamin entzündete.

Das Feuer prasselte knisternd und im Raum wurde es langsam aber sicher wärmer.

ooooooo

Tonks sah sich in der Großen Halle suchend um. Eben noch hatte sie ihn erblickt, jetzt war er verschwunden. Wo war er nur so plötzlich hin? Sie musste doch unbedingt mit ihm über etwas Wichtiges reden. Plötzlich stand Charlie vor ihr. „Wie fandest du ihn? Und seine Rede?", fragte er und sah besorgt aus. Sie schluckte und ergriff seine Hand. „Schwer", sagte sie.

Charlie nickte und zog sie an sich. „Ja, es sind ja auch schwere Zeiten, nicht wahr?" Sie nickte leicht und schmiegte ihre Wange an die seine. Sie fühlte sich so gut, wenn sie mit ihm zusammen war. Sie fühlte sich, als ob alles in Ordnung kommen würde. Und doch wusste sie, dass seine Wange zwar diese Wirkung hatte, doch dass seine Wange nie dafür sorgen konnte. Das mussten sie selbst tun.

„Wusstest du, dass ich ihm und Ron in ihrem ersten Hogwartsjahr einen Drachen abgenommen habe?", fragte er plötzlich glucksend. Sie grinste unter Tränen. „Nein, erzähl mal."

„Hagrid hatte von irgendwoher ein Drachenei bekommen. Wollte ihn natürlich aufziehen in seiner kleinen Hütte, du kennst ja Hagrid. Ein Norwegischer Stachelbuckel. Und als der dann zu groß wurde, haben Harry, Ron und Hermione einen verzweifelten Brief an mich geschrieben, ob ich ihn nicht nehmen könnte. Ich habe dann ein paar Freunde geschickt, die ihn auf dem Nordturm abgeholt haben und Harry und Hermione sind am Ende wohl noch von Minerva erwischt worden. George hat mir erzählt, sie hätten gemeinsam ziemlich viele Punkte abgezogen bekommen. Ganz Gryffindor war sauer auf sie."

Tonks und Charlie lachten leise, während um sie herum noch immer Gedränge herrschte. Schlagartig wurde Charlie wieder ernst: „Hast du es ihm schon gesagt?" „Nein, ich kann ihn nirgendwo finden", entgegnete sie und strich ihm sanft über den muskulösen Arm. Sie sahen sich an. „Es ist ein so schlechter Zeitpunkt", flüsterte sie heiser.

Er nickte und küsste sie auf den Mund. „Keine Angst, meine kleine Tonks, es wird alles gut werden. Ich glaube, wir werden das schaffen." Seine tiefe, raue Stimme beruhigte sie etwas.

ooooooo

Weiter hinten im Saal saß Kat auf dem Boden und schluchzte hemmungslos.

Mark strich ihr unsicher über den Arm. Er getraute sich nicht, etwas anderes zu tun oder zu sagen, er wusste nicht, wie sie reagieren würde. „Es... tut mir... mir leid", schluchzte sie und sah ihn mit gefleckten Wangen und geröteten Augen an. „Nein, was soll dir denn Leid tun? Es ist... ehm... OK, in Ordnung...", erwiderte er hilflos.

„Es tut mir leid, dass ich so schwach bin. Aber ich habe nur solche Angst.", weinte sie. Er nickte verständnisvoll. Er hatte ja ebensoviel Angst wie sie, er zeigte es nur nicht. Sie schwiegen eine Weile bis Kats Tränen versiegt waren.

„Ich will meinen Vater rächen", sagte sie plötzlich mit festerer Stimme. Erschrocken sah er sie an. „Was? Aber du kannst nicht..." „Oh doch, ich kann und ich werde. Ich werde mit in den Krieg ziehen." Ihre Augen leuchteten beharrlich. „Aber... Wir dürfen nicht...", stammelte er. Sie sah ihn schief an. „Als ob dich so etwas je gestört hätte. Wir sind ja auch hierhin gekommen, obwohl es den Hogwartsschülern verboten war."

Mark seufzte schwer und musterte sie. Sie sah aus wie eine Blume. Nein, schöner. Wie eine perfekte Eisblume am Fenster, wie sich spiegelnde Sonnenstrahlen auf dem Wasser. Wie… Er wusste keinen Vergleich für sie, sie war schöner als alles, was er kannte.

Er wusste, er konnte sie nicht mehr davon abhalten. Das war immer so. Sobald sie einen Entschluss gefasst hatte, konnte man sie nicht mehr umstimmen. Das hatte er schon erkannt, als sie ihm während der ersten Hogwartsexpressfahrt die Schokofroschkarte von Harry Potter geschenkt hatte. Nur, weil er ihn aus der Nachbarschaft gekannt hatte. Diese Karte besaß er immer noch. „Wenn du gehst, gehe ich auch. Wir rächen deinen Vater gemeinsam", sagte er schließlich.

Sie lächelte. „Wir gemeinsam. Auf immer und ewig", sagte sie und nahm seine Hand.

„Auf immer und ewig", erwiderte er.

Anfangs etwas schüchtern und zurückhaltend, später leidenschaftlicher küssten sie sich und versiegelten damit ihre Worte.

ooooooo

Nach einiger Zeit lag Harry auf dem Sofa, eine schlafende Hermione im Arm und war glücklich.

Er wusste, es würde nicht ewig so bleiben, er wusste, alles, was er momentan tat, war irgendwie falsch und er wusste auch, dass sich seine Probleme dadurch nicht verringert hatten.

Doch er war glücklich.

Glücklich, weil er so schöne Gefühle in sich hatte, wie fast noch nie zuvor. Er hatte schon mit zwei Mädchen geschlafen, eine hatte er auch geliebt. Oder sich zumindest eingebildet sie zu lieben. Doch mit keiner war es wie mit ihr gewesen. Ginny, Cho – mit Hermione war es anders. Es fühlte sich besser und richtiger an. Er hatte keine Ahnung, wie es soweit hatte kommen können, aber es war einfach richtig und wahr. Tief in seinem Innern wusste er, dass Hermione genauso fühlte, genauso dachte. Und zum ersten Mal in seinem Leben, war er wirklich überzeugt davon, Voldemort schlagen zu können. Irgendwie.

Für Hermione.

Beware, Voldemort. (1)

ooooooo

Ron stand neben der Tür und beobachtete von weitem Tonks und Charlie, die sich fest umarmten. Tonks lief eine kleine und unscheinbare Träne über die linke Wange. Er fragte sich, was sie gerade dachte. Und was sein Bruder Charlie dachte. Etwa 10 Meter neben den beiden standen Fred, George und Katie und unterhielten sich leise. Sie sahen sehr ernst aus, was bei Fred und George schon fast an ein Wunder grenzte. Doch seit dem Vorfall in der Winkelgasse...

Fred würde Katie heute noch fragen, ob sie ihn heiratete. Den Ring versteckt in einer Wunderknalltüte aus ihrem Laden. Das wusste Ron, Fred war zu ihm gekommen und hatte es ihm erzählt. Heute noch. Denn morgen war es womöglich schon zu spät. Ron seufzte schwer.

Er sah sich nach Harry und Hermione um, aber er konnte sie nicht erblicken. Snape, Dumbledore und Draco waren ebenfalls verschwunden. Überall um ihn herum war auf irgendeine Art Liebe. Seine Eltern umarmten sich, seine Schwester küsste ihren Freund aus dem Appariertestzentrum, Remus Lupin und Minerva McGonagall nickten sich aufmunternd zu, eine fremde Frau schloss Millicent Bulstrode weinend in die Arme, Dean sah Lavender verliebt an...

Er könnte die Liste ewig fortsetzen. Die Familie, von der Harry gesprochen hatte, drückte sich noch ein letztes Mal, bevor jedes Mitglied im Kampf auf sich alleine gestellt war. Schließlich wusste niemand, wann es soweit sein würde.

„Hallo Ron", sagte plötzlich eine Stimme und er drehte sich nervös lächelnd um. Seine Handinnenflächen begannen feucht zu werden. „Lisa", brachte er heraus. Warum war er nur immer so aufgeregt und fahrig, wenn er sie sah? Das war ja wie in der Pubertät. Wie damals, bei Fleur Delacour. Oder bei Hermione.

„Wie geht es dir?", fragte sie und verknotete ihre Finger ineinander. Meinte sie, abgesehen von dem Fakt, dass er schwitzte und sich vermutlich gleich zum Affen machen würde? „Ehm... Gut, denke ich. Und... und dir?", stammelte er und fühlte sich wie 12.

„Oh", lächelte sie, „mir auch. Ich bin ein wenig... na ja, ängstlich was das alles hier angeht, aber ich denke, wir können gewinnen." Er nickte geistesabwesend. Dieser Kampf interessierte ihn plötzlich herzlich wenig.

„Ron?", fragte sie leise und mit einer anderen Stimme als zuvor. Er nickte und sah sie an. „Ich weiß, du bist nicht so gut in Gefühlsdingen und so weiter. Ich auch nicht…", sie lachte nervös, „…aber ich dachte eben daran, dass es die letzte Möglichkeit sein könnte…"

„Für was denn?", fragte er.

„Dir zu sagen... dass... dass ich dich mag."

Plötzlich wurde er ganz ruhig. Sie mochte ihn. Er mochte sie ebenfalls. Was hinderte sie beide daran, einen Schritt vorwärts zu machen? Was?

Er lächelte und nahm ihre Hand, mit der er sie zu sich heranzog. Sie sah ihn unsicher an, doch er schüttelte nur stumm mit dem Kopf. Niemand konnte ihn jetzt noch hindern, noch nicht einmal Voldemort persönlich. Denn Liebe oder Freundschaft waren Dinge, die Voldemort vollkommen fremd waren. „Ich mag dich auch", flüsterte Ron und ihr Gesicht näherte sich dem seinen.

ooooooo

Als Hermione erwachte, stand er nur mit einer Hose bekleidet vor dem Fenster und sah hinaus. „Hey", sagte sie sanft und ging auf ihn zu. Er drehte sich lächelnd um. „Du bist wach", sagte er. Sie nickte und sah ihn unsicher an. Hermione hatte keine Ahnung, was er dachte oder fühlte. Seine Augen waren so undurchsichtig. Allerdings wusste sie auch nicht, was sie selbst fühlte. Denn es war so befreiend gewesen, so ehrlich. Aber andererseits konnte sie nicht glauben, dass sie ihn... liebte. Schließlich waren sie nie zusammen gewesen, hatten nie auch nur das geringste Interesse aneinander gezeigt, das von der einfachen Freundschaft abwich. Und die Verbittertheit der letzten zwei Jahre – was waren das für Gefühle gewesen? Liebe auf eine besondere Art und Weise sicherlich. Aber Gefühle der Trauer, der nagenden Schuld hatten überwogen. Und diese Liebe – war sie je etwas anderes als freundschaftliche Liebe gewesen?

Hermione wusste es nicht, sie wusste gar nichts. Sie wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war oder wie sie überhaupt hier angelangt war, an diesem Punkt in ihrem Leben. „Ich...", fing sie an, doch er unterbrach sie. „Bereust du es?", fragte er monoton.

Etwas in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Würde er verletzt sein, wenn es so wäre? Sie wusste, er hatte schon mit Mädchen geschlafen, die letzten zwei Jahre mal außer Acht gelassen. Sogar mit Cho, was sie noch immer am meisten schockierte. Mit Ginny hatte sie sich einst sogar kichernd darüber unterhalten, wie er sich so anstellte, im Raum der Wünsche. Sie selbst hatte es auf Hogwarts nur einmal getan. Mit Viktor Krum, in ihrem siebten Schuljahr. Er hatte sie besucht, das erste Wiedersehen seit dem Trimagischen Turnier. Nach dem so genannten Akt der Liebe hatten sie beide einstimmig beschlossen, sich zu trennen. Es hätte nicht funktioniert. Und nach Harrys Verschwinden... Nun, sie hatte ihren Frust auf verschiedene Weise ausgelebt. Eine davon war Sex mit Fremden gewesen. Sie wusste nicht ganz, warum, aber es hatte wohl damit zu tun, dass sie sich immer mehr in eine Person verwandelt hatte, die sie vorher verabscheut hätte. Diese ganzen Moralvorstellungen und Lebenseinstellungen waren plötzlich weg gewesen und sie hatte sie auch nicht wieder gewollt. ‚Vielleicht', dachte sie, ‚wollte ich mich selbst zerstören, subtil.' Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie noch immer vor ihm stand und er noch immer auf eine Antwort von ihr wartete. „Nein", sagte sie bestimmt und trat neben ihn ans Fenster, „Du?"

Er schüttelte langsam den Kopf. „Nein, obwohl ich mir nicht sicher bin, was es zu bedeuten hat."

Sie lächelte. „Ich auch nicht, Harry. Aber lassen wir es auf uns zukommen, ja?"

Er nickte und sagte: „Du sollst nur wissen, dass ich... dass ich dich nicht verletzen wollte. Mit meinem Verschwinden. Ich wollte niemanden verletzen. Es war... nur eine Art Selbstfindung. Du weißt nicht, welcher Druck auf mir liegt, niemand weiß das. Na ja, Dumbledore schon. Und Mark." Er sah sie verzweifelt an.

Erstaunt darüber, dass er jetzt damit anfing, ergriff sie seine Hand. Eine Geste, die so normal war und so freundschaftlich, dass sie schon fast nicht mehr zu ihnen passte. Sie wusste nicht, wann sie das letzte Mal seine Hand gehalten hatte. „Ich will dich nicht schon wieder drängen, mir etwas zu erzählen", sagte sie, „doch weißt du, manchmal wird die Last auf den Schultern leichter, wenn man sich jemandem anvertraut. Wenn du nicht magst, dann erzähle es mir nicht. Aber erzähle es jemand anderem. Ron vielleicht. Oder Ginny, irgendjemandem."

Er nickte leicht und rieb sich seine berühmte Narbe auf der Stirn. Sie hatte ihn das oft tun sehen und sich immer gefragt, was das bedeutete. Hatte er Schmerzen, gesandt von Voldemort? Oder war er unsicher und hielt sich damit an etwas fest, was ihn erinnern ließ? Hatte er Kopfschmerzen von zuviel Stress? Waren es die vielen Gedanken, die ihm durch den Kopf schwirrten? Wollte er sie damit ordnen? Sie seufzte. Sie hatte sich das schon immer gefragt und nie eine Antwort gefunden. Auch heute nicht.

„Es ist schon okay", fing er an, „ich hätte es dir viel früher erzählen sollen. Mittlerweile denke ich, dass ich deinen scharfen Verstand in den letzten zwei Jahren öfter hätte gebrauchen können." Er seufzte und sie lächelte. Als er nicht weiter sprach und scheinbar nach Worten suchte, fragte sie ruhig: „Warum bist du wiedergekommen? Warum bist du nicht einfach weggeblieben?"

Er biss sich auf die Lippen. „Es gibt da eine Prophezeiung. Sie wurde kurz vor meiner Geburt gemacht. Erinnerst du dich an unser fünftes Schuljahr? In der Mysteriumsabteilung?"

Sie nickte mit einem traurigen Lächeln. Wie könnte sie nicht? Sirius war gestorben, alles hatte angefangen, alles. Der offene Krieg, die Veränderung Harrys. Einfach alles hing mit dieser Nacht zusammen.

„Alle Prophezeiungen, die gemacht werden, werden dort aufbewahrt. Die über Voldemort und mich wurde zerschmettert, wie du weißt. Aber es gibt natürlich immer den, der eine Prophezeiung macht und den, der sie hört. Professor Trelawney hat sie gemacht und Albus Dumbledore hat sie gehört.

Er erzählte mir noch in jener Nacht, wie sie lautete. Ich kann sie fast auswendig, so oft habe ich sie mir vor Augen geführt, in meinem Gehirn wieder und wieder gehört. Sie sagt aus, dass Ende Juli ein Junge geboren wird, dessen Eltern schon dreimal Voldemort in die Quere gekommen sind. Dieser Junge wird von Voldemort als ebenbürtig markiert und am Ende muss einer den anderen umbringen. Keiner von beiden kann leben, während der andere überlebt. Die Prophezeihung ist etwa 20 Jahre her."

Sie sah ihn schockiert an und beim Anblick ihres Gesichts musste er trocken lachen, obwohl ihm nicht nach Lachen zumute war. „Wie du dir denken kannst, bin ich dieser Junge gewesen. Allerdings nur, weil Voldemort mich markiert hat", er deutete auf seine Narbe, „er hätte auch Neville markieren können."

„Was?", rief Hermione und fragte sich, ob er phantasierte oder es wirklich alles ernst meinte, was er sagte. „Warum denn Neville?"

Harry lächelte bitter und nickte einige Male. „Nevilles Eltern haben ebenfalls Voldemort dreimal gegenüber gestanden, Neville ist ebenfalls Ende Juli geboren. Nun, er hat mich ausgewählt, nicht Neville. Er hat mir damit einen Teil seiner Macht übertragen. Zum Beispiel die Fähigkeit der Schlangensprache, wie du weißt. Und ich muss nun Voldemort umbringen. Oder von ihm getötet werden. Deshalb hat er mich immer wieder aufgesucht, immer wieder versucht, mich umzubringen. Ich bin angeblich der Einzige, der es kann. Deshalb konnte ich dem Druck nicht mehr standhalten. Deshalb bin ich wieder hier. Immerhin kann ich nicht darauf warten, dass er mich umbringt. Oder den Rest der Welt. Verstehst du? Verstehst du es nun?"

Hermione nickte und schluckte ihre Tränen herunter. Ja, jetzt machte alles Sinn. Jetzt verstand sie seine Verbitterung, jetzt verstand sie seine Entschlossenheit, seinen eisernen Willen zu lernen und mehr zu wissen. Er hatte wirklich keine Wahl. „Wo warst du?", flüsterte sie.

Er schluckte: „Ich... ich lebte sehr zurückgezogen. Habe mich hauptsächlich in zwei Räumen aufgehalten. Der Bibliothek und einem Übungsraum. Die Einsamkeit tat mir gut." Starr blickte er nach draußen, als würde allein der Gedanke an diesen Ort schmerzen.

„Du hattest keinen Lehrer? Du hast dir alles selbst beigebracht?", fragte sie leise, ihren Schock verdauend.

Er nickte wieder: „Wer hätte mich unterrichten sollen? Gerade du solltest wissen, dass man fast alles in Büchern finden kann. Stablose Magie trainiere ich schon seit vier Jahren, du glaubst gar nicht, wie nützlich der Raum der Wünsche und die Heulende Hütte waren. Nachts, als alle schliefen, schlich ich mich dorthin und trainierte, soviel ich konnte. Ich schwor mir selbst, Sirius zu rächen. Und meine Eltern. Dieser Hass wurde zu groß, fast übermannte er mich."

Lange Zeit schwiegen sie und Hermione ließ ihre Gedanken wandern, dachte darüber nach, wie merkwürdig Farben doch waren. Harry, der Junge mit den tiefschwarzen Haaren, würde die schwarze Seite zu Fall bringen. Harry, der Junge mit den grünen Augen, war ein wahrer Gryffindor, wobei doch jeder wusste, dass Grün die Farbe Slytherins war. Und Voldemort hatte rote Augen – die Farbe Gryffindors. Sie musste lächeln, als ihr plötzlich ein neuer Gedanke kam. „Kannst du mir noch etwas verraten?", fragte sie. Er sah sie fragend an und nickte.

„Ich würde gerne wissen, wie man nach Hogwarts apparieren kann", sagte sie schmunzelnd.

Er lachte auf. „Ich wusste, dass du mich das eines Tages fragen würdest. Ich wusste, dass dich das am meisten schockt", sagte er grinsend und drückte ihre Hand, die noch immer in seiner lag.

„Jetzt sag schon", drängte sie.

„Na ja, im Grunde ist es ganz einfach. Du musst nur die Magiefelder der jeweiligen Zauberbanne sehen und spüren", sagte er und lächelte.

„Magiefelder spüren?", fragte sie verständnislos. Was meinte er damit?

„Ja, warum nicht? Man muss sich nur ganz darauf konzentrieren, überall ist Magie in der Luft. Hogwarts ist voll davon. Und dann muss man die ältesten Zauber aufspüren, sie haben diese reine Farbe, meistens fast weiß, da Magie früher noch anders ausgeführt wurde. Das Antiapparierfeld ist wie ein Netz aus hellen Linien, die sich über den gesamten Hogwartsgrund erstrecken. Siehst du sie? Konzentrierst du dich?"

Sie schüttelte langsam den Kopf und schlug dann die Hand vor den Mund. „Harry!", rief sie schockiert, „du kannst Magie sehen."

Er hielt seinen Kopf schief. „Ja, warum denn nicht? Das kann doch jeder, wenn er sich darauf konzentriert, oder nicht?"

Sie schüttelte aufgeregt den Kopf. „Nein, das kann kaum jemand. Ich habe in einem Buch darüber gelesen. Magie zu spüren oder zu sehen ist ein starkes Stück. Wenn man gut ist, schafft man es, gerade ausgesprochene Zauber für kurze Zeit zu sehen. Aber nicht welche, die Tausende von Jahren zurückliegen. Und du kannst..." Sie sprach nicht weiter. Niemals hätte sie gedacht, dass Harry sie noch einmal so schockieren könnte. Er musste mächtiger sein, als er selbst wusste. Magie zu spüren war schon sehr schwer, sie zu sehen fast ein Stück der Unmöglichkeit.

Er sah sie sehr verwirrt an, hatte er tatsächlich nicht gewusst, wie außergewöhnlich er war?

„Nun, auf jeden Fall," sprach er weiter, den Kopf schüttelnd, als wolle er nicht daran denken, noch eine außergewöhnliche Gabe in sich zu tragen, „muss man dann mit dem Zauber, den man ausspricht auf eine Farbebene kommen, die diese Farbe von den Schutzzaubern durchbricht. Weiß durchbricht alles. Schwarz auch. Also wenn zum Beispiel ein Bannzauber die Farbe hellrot hat, muss der eigene Zauber entweder heller als hellrot haben oder dunkler als das normale Rot. Jeder Zauberer hat seine eigene Farbe und die Stärke des Zaubers sieht man an der Helligkeit oder Dunkelheit. Also je heller oder dunkler eine Farbe ist, desto mächtiger ist der Zauberer. Man sieht auch, ob ein Zauberer gut oder böse war, denn man erkennt an den Farben die Absichten und nicht die Art des Zaubers. Das mit den hellen und dunklen Künsten der Zauberei hat sich erst später jemand ausgedacht, das gab es damals noch nicht und man sieht es auch nicht an den Farben. Wenn jemand einen Fluch ausspricht, sieht man an der Farbe nur, ob derjenige dem anderen damit schaden wollte. Die Gründer waren mächtige Zauberer und man sieht hier überall Magie von ihnen. Im Übrigen gibt es keinen von ihnen hier, dessen Absichten böse waren, auch nicht Salazar Slytherin. Der Mann hat vermutlich einen viel schlechteren Ruf als er wirklich war. Mit etwas Übung kann man auf jede Farbebene kommen, wenn man einen Zauber durchbrechen möchte. Also auch wenn deine Farbe Hellblau ist, kannst du sie trainieren, dass sie dunkler wird oder eben heller. Ich musste lange üben, bis ich das hinbekommen habe und mit dem Apparieren ist es leider noch etwas schwerer, als mit den herkömmlichen Zaubern. Die Gründer haben damals ganze Arbeit geleistet. Aber auch das kann man schaffen. Kein Zauber ist unbrechbar."

Immer noch fassungslos sah sie ihn an. Sie konnte das nicht begreifen, nicht verstehen. Er sah die Magie? Er spürte und sah die Magie von Rowena Ravenclaw? Von Salazar Slytherin, von Helga Hufflepuff und von Godric Gryffindor? Es war unglaublich. Nach einigen Minuten der Stille fragte sie ruhig: „Welche Farbe haben deine eigenen Zauber?"

„Meistens... Weiß", sagte er und senkte den Kopf, als wäre es ihm nicht recht, scheinbar gute Absichten zu haben. Im gleichen Atemzug fügte er hinzu: „Und deine leuchten

in einem sehr hellen Goldgelb."

Sie lächelte und zog ihn mit ihrer Hand näher zu sich heran. „Ich habe dich vermisst", sagte sie. Sie hatte es noch nie zuvor zu ihm gesagt, noch nie zuvor hatte sie ihm gestanden ihn vermisst zu haben. Und es tat gut, es auszusprechen. So gut.

„Ich dich auch", erwiderte er und ihre Lippen beugten sich der Sehnsucht ein weiteres Mal.

ooooooo

Draco Malfoy stand auf dem Astronomieturm und sah auf den See herunter. Er dachte an seinen Vater. An die Nächte, in denen er zitternd wach gelegen hatte. Zitternd vor Schmerzen und vor Angst. An die Nächte, in denen er von bösen Trollen geträumt und daraufhin zu seinem Vater gelaufen war, schutzsuchend. Und an die Stimme seines Vaters, die sagte: „Du bist ein Nichts, wenn du Angst hast. Du enttäuschst mich wirklich, Draco." Oder sie sagte: „Nur wer Schmerzen erleidet, wird groß, Draco. Und nur wer ein Malfoy ist, wird jemals groß sein."

Wie oft war die Hand seines Vaters peitschend auf seinem Rücken gewesen, wie oft hatte er den kalten Zorn seines Vaters zu spüren bekommen...

Draco hatte Angst. Angst vor jedem nächsten Morgen, Angst Lucius Malfoy irgendwann gegenüber zu stehen. Normalerweise verdrängte er den Gedanken an seine Familie, doch bei Harrys Rede war alles wieder hochgekommen, alles, was ihm je zu schaffen gemacht hatte. Er war noch vor Ende der Rede gegangen. Er hatte es nicht mehr ertragen können.

Immer hatte er Angst gehabt. Immer, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Er hatte es nur nie gezeigt. Doch nachts, ja nachts hatte er oft wach gelegen, sich gefragt, ob sein Vater je zufrieden mit ihm sein würde, ob er irgendwann der perfekte Sohn sein würde. Er hatte geglaubt, darüber hinweg zu sein. Schließlich hatte er, Draco, sich von seinem Vater abgewandt und größeren Mut bewiesen als jemals zuvor. Schließlich war er jetzt Lehrer auf Hogwarts, Lehrer. Und er kämpfte, er kämpfte für die gute Seite, für die richtige. Er duckte sich nicht, hatte kein brennendes Mal am Arm und er tötete keine Menschen.

Und trotzdem kam es immer wieder hoch, dieses Gefühl seinem Vater kein guter Sohn zu sein, nicht gut genug zu sein, den hohen Ansprüchen der Familie Malfoy nicht zu genügen. Er hatte Sirius Black nie gekannt, ihn nie getroffen, doch er fühlte sich oft, als wären sie eine Art Brüder. Er hatte viel von diesem Sirius gehört, durch seine Mutter, durch seine Tante Bellatrix Lestrange und schließlich auch durch Harry. Auch Sirius hatte sich von seiner Familie abgewandt, auch Sirius hatte sich irgendwann gewehrt gegen die dunkle Seite, hatte sich Dumbledore angeschlossen. Er stellte sich vor, dass Sirius einst genauso gefühlt hatte wie er jetzt. Die Parallelen waren eindeutig, sie waren ja sogar verwandt. Sirius war der Cousin seiner Mutter gewesen.

Seine Mutter, Narcissa Malfoy, geborene Black. Wenn er an sie dachte, sah er unwillkürlich einen Eisblock vor sich. Er konnte sich nicht daran erinnern, je ihre Arme um sich herum gespürt zu haben und manchmal fragte er sich, ob sie ihn als Baby überhaupt getragen hatte. Hatte sie ihn überhaupt geboren? Natürlich hatte sie das, doch es fühlte sich nicht so an. Narcissa Black zeigte keine Gefühle, noch nicht mal vor ihrer eigenen Familie.

Draco seufzte und beobachtete einen Adler, der über dem Wald seine Kreise zog. Manchmal fühlte er sich wie dieser Adler. Um sich selbst kreisend und kein Ziel findend. Und manchmal fühlte er sich wie die Maus, auf die der Adler sich jetzt stürzte. Voller naiver Angst, hilflos und gefangen. Gefangen von sich selbst, dem Adler.

ooooooo

Als er am nächsten Morgen erwachte, lag Hermione neben ihm, die Augen noch geschlossen, der Atem ruhig und gleichmäßig. Er sah sie an und erschrak. Wie hatte er das tun können? Wie hatte er mit Hermione schlafen können? Und warum um alles in der Welt hatte er Hermione von der Prophezeiung erzählt? Er konnte es nicht glauben. Weg war das warme Gefühl, weg waren Verlangen und Sehnsucht. Das Einzige, was noch da war, war Angst. Er wusste nicht genau, wovor, doch er war nicht versucht, es herauszufinden.

Er lag noch immer neben ihr. Er war hellwach, aber sie schlief ja noch. Sie hatte sich an ihn gekuschelt und er wusste nicht mehr ob bewusst oder im Schlaf, doch es interessierte ihn auch nicht. Er wusste, er war noch nicht bereit hierfür. Es war alles nicht richtig so. Er sollte Voldemort bekämpfen und nicht mit der ehemaligen besten Freundin ins Bett steigen. Ehemalig. Wirklich? War sie das? Gestern hatte er das Gefühl gehabt, es wäre wieder alles klar zwischen ihnen, alles in Ordnung, zwar anders als früher, aber doch irgendwie besser. Und jetzt? Er erinnerte sich nicht daran, sich je so unwohl in Hermiones Gegenwart gefühlt zu haben. Merlin, er hatte mit ihr geschlafen. Wie... Wie hatte er das nur tun können? Wie?

Sie bewegte sich und murmelte etwas. Lass sie weiterschlafen, dachte er, bitte, lass sie weiterschlafen. Doch dieser Gefallen wurde ihm nicht getan, sie öffnete langsam ihre Augen. Erstaunt sah sie ihn an, während er versuchte ein wenig zu lächeln. „Hallo", flüsterte sie und küsste ihn nach einigem Zögern auf den Mund. Er ließ es geschehen, doch küsste nicht zurück. Ihm war kalt.

Sie ließ von ihm ab. „Was?", fragte sie. Er setzte sich auf und zog seine Hose an, die neben dem Sofa lag. „Was ist?", fragte sie noch einmal, diesmal ein wenig leiser. Ein wenig wissend. Er antwortete nicht, wie einfach war es doch, nicht zu antworten. Er stand auf, hob sein T-Shirt vom Boden auf und zog auch das an. Er fühlte, dass sein Zauberstab noch in der Hosentasche steckte, doch er zog ihn nicht heraus, sondern öffnete die Tür mit stabloser Magie. Dann drehte er sich zu ihr herum. Sie weinte.

„Ich kann das nicht, tut mir leid, Hermione, ich glaube ich kann das nicht, es war ein Fehler", sagte er, während eine merkwürdige Taubheit sich über seine Gefühle legte, „Es geht einfach nicht." Einen Moment lang musterte er sie, während sie leise weinte, als hätte sie das alles kommen sehen. Dann schnappte er sich seinen Umhang vom Boden, ging hinaus, zog sich im Gehen das schwarze Kleidungsstück an und disapparierte.

.tbc.


(1) Beware ist Englisch und bedeutet ‚sich in Acht nehmen'. Vielleicht erinnert ihr euch, dass Voldemort dieses Wort als Botschaft an Harry hinterlassen hat, bei dem Winkelgassenangriff. Ich habe das englische Wort damals genommen, weil es kürzer ist als ‚Nimm dich in Acht' :D Niemand kann einen ganzen Satz aus Häusern darstellen, ein Wort ist zumindest ein wenig möglich (mit Magie ;)) Deshalb auch hier wieder die englische Fassung.

Vielen Dank für die (diesmal wenigen, aber ich will nicht meckern :p) Reviews.

Reviewantworten von letzten und dem vorletzten Kapitel stehen unten.

Vielen Dank auch an meine Betaleserinnen SiriusIsAlive und HJ-HJ.

Jetzt noch etwas zu diesem Kapitel. Beide Betaleserinnen haben mich gefragt ‚Musste das sein am Ende?' Oder ‚Warum verspürt Harry in dem Augenblick Liebe und in dem Augenblick keine mehr?'

Daher dachte ich, ich beantworte dies mal für alle. ;)

In den Büchern werden Harry und Hermione wohl nie zusammenkommen und darüber bin ich froh. Harry und Ginny passen dafür zu gut zusammen und Hermione und Ron auch (an diejenigen, die diese beiden Kombinationen mögen: Freut euch auf Band 6, wenn ihr ihn noch nicht gelesen habt ;)).

Aber in dieser Geschichte habe ich die Figuren sich anders entwickeln lassen. Dadurch, dass Harry scheinbar tot war, konnten Ron und Hermione sich nicht näher kommen. Das wäre beiden falsch vorgekommen, das wäre irgendwie Betrug für sie gewesen, Betrug an den toten Harry. Das hört sich vielleicht unlogisch an, aber ich denke es wäre realistisch. Wenn man soviel zu dritt ist, soviel miteinander erlebt hat und einer dann tot ist, kann nicht aus einem Trio ein Duett werden. Das geht nicht.

Und Ginny ist weitergegangen. Sie liebt Harry sicherlich noch, aber nicht auf eine Art und Weise wie Mann und ´Frau sich lieben. Sie sorgt sich noch um ihn, sie vertraut ihm voll und ganz, sie ist noch traurig, wenn er traurig ist. Aber sie ist nicht stehengeblieben mit ihrem Leben, sie ist ohne ihn weitergegangen und hat sich nicht ihr Leben nehmen lassen. Daher sind Ginny und Harry in dieser Geschichte nicht mehr zusammen und daher sind auch Hermione und Ron in dieser Geschichte nicht zusammen.

Aber Harry und Hermione sind sich sehr ähnlich, nicht nur in ihren Talenten, sondern auch in ihren Eigenschaften. Daher finde ich diese beiden als Paar „realistisch" (:D Was ist schon realistisch?).

Sie haben aus einem Affekt heraus gehandelt an diesem Abend, sie haben auf ihre Instinkte gehört, auf ihre Bäuche. Sie haben die Vernunft ausgeschaltet. Doch am nächsten Morgen sieht alles anders aus, vielleicht kennt ihr dieses Phänomen, ich zumindest erfahre das oft ;)

Harry ist noch nicht soweit, sich fest zu binden. Er hat sich bisher fast nie feste gebunden und eigentlich hat er auch noch immer vor, wieder abzuhauen, wenn er Voldemort besiegt hat.

Das könnte er nicht, wenn er sich jetzt fest an Hermione binden würde. Das ist nur eins der Probleme, die für ihn auftauchen würden. Er müsste sich auch Hermione ganz anvertrauen. Harry ist eine Person, die meiner Meinung nach oft einen Schritt vor geht und zwei wieder zurück. Das liegt auch an seinen Erfahrungen. Jeder, den er sehr geliebt hat, ist aus seinem Leben getreten.

Also seid nicht böse, wenn ihr enttäuscht seid, dass Harry sich in diesem Kapitel schon wieder zurück zieht ;)

Er ist noch nicht bereit, aber die Betonung liegt auf dem noch.

So, mehr soll dazu nicht gesagt werden :p

Dieses Kapitel hatte seehr viel mit Lieben zu tun, wie ihr vielleicht bemerkt habt. Ich weiß, dass das manchmal etwas nerven kann, und es soll auch nicht zu 100 eine Liebesgeschichte sein. Aber wenn man leidet, rückt man näher zusammen. Und ich finde, dass jede Heldengeschichte auch ein wenig Liebe braucht ;) Wer existiert schon ohne Liebe?

Das nächste Kapitel dauert wohl noch ein wenig, da ich erstens nächste Woche weg fahre und zweitens wegen der Schule momentan sehr im Stress bin.

Aber ihr seid das ja leider gewohnt von mir /

Liebe Grüße,

Mono.tonie


Jdsmile: Also… Vielleicht war das im letzten Kapitel einfach ein Formulierungsfehler von mir. Das tut mir leid. Ich meinte es so, dass der Panther zwar ein Mensch ist, aber sich immer mehr als Tier fühlt und auch fühlen möchte, weil Tiere eben anders sind und auch anders empfinden. Viel klarer, nicht so kompliziert…

Lobarie: Haha, um zu wissen, wer der Panther ist, musst du wohl noch länger weiterlesen :p

Ich mache das geschickt, oder? ;)

Alex Black5: Und wer, denkst du jetzt, ist der Panther? ;)

Maegwin: Vielen Dank. Ich finds immer toll, wenn mir Leute sagen, sie haben die Geschichte in einem Rutsch gelesen :) (bezieht sich auf das erste Review, aber vielen Dank auch für das zweite ;))

Silver Snake: Also… ich will dich ja nicht enttäuschen ;) aber Hermione ist es nicht. Ich schließe nicht aus, dass es eine sie sein könnte, aber Hermione hat ihn ja bis jetzt als einzige gesehen, daher kann man sie schon ausschließen. Aber vielen Dank für das lange Review :) (für die beiden Reviews, wie ich gerade gesehen habe ;) Ach, und zu dem letzten Review: Mona wird noch mal auftauchen, ja, auf jeden Fall.)

Nyella: Wow, das Review war seeehr lange. Vielen lieben Dank dafür.

Ich denke die Frage mit Lisa Turpin ist mit diesem Kapitel beantwortet ;) Mona kommt auch bald wieder vor, und ja, ich verrate auch noch, wo Harry die zwei Jahre über war.

Vielleicht könnte ja mal jemand raten. Es ist zumindest ein Ort, der auch bei JKR auftaucht.

Hach, dein Review war so toll :) So motivierend irgendwie. (Also das bezieht sich auf dein erstes Review. :) )

Harry Black Potter: :) Also die Dursleys haben sich nicht um 180 ° gedreht. Vielleicht um 90° ;) Sie haben einen anderen Blickwinkel, dadurch dass Vernon tot ist, dass sie mitten im Krieg sind und dass sie jetzt sehr viel mehr über Harry wissen.

Firiel: Schön, dass du trotz deiner Abneigung gegen diese Art von Geschichten, meine trotzdem gerne liest :) Vielen Dank für das Review.

Fidi: Haha, wirklich? Vom Herrn Schröder? Na, vielleicht sollte er mal Literatur und Lyrik in seine Wahlversprechen mit einfließen lassen :D Das wäre mal gut.